Lasker-Schüler

Lasker-Schüler
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Else Schüler als Jugendliche. Der Ehering an der rechten Hand und die Rose in der anderen deuten darauf hin, dass dieses Bild kurz nach ihrer Hochzeit mit Berthold Lasker entstanden sein muss.

Else Lasker-Schüler (eigentlich Elisabeth Lasker-Schüler; * 11. Februar 1869 in Elberfeld, heute Wuppertal; † 22. Januar 1945 in Jerusalem) war eine deutsche Dichterin jüdischen Glaubens.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Kindheit und Jugend

Das Haus im Briller Viertel, in dem Else Lasker-Schüler aufgewachsen ist

Else Schüler wurde am 11. Februar 1869 als jüngstes von sechs Kindern in Elberfeld, einem heutigen Stadtteil von Wuppertal, von Jeanette Schüler, geb. Kissing, geboren. Sie wuchs im Briller Viertel auf. Die Mutter wurde zu einer zentralen Gestalt ihrer Dichtung. Ihr Vater war Aaron Schüler, ein jüdischer Privatbankier. Er wurde später Vorbild für die Hauptfigur aus Die Wupper. Else galt als Wunderkind der Familie, denn sie konnte bereits mit vier Jahren lesen und schreiben. Ab 1880 besuchte sie das Lyceum West An der Aue.

Als sie 13 Jahre alt war, starb ihr Lieblingsbruder Paul, ihre Mutter starb im Jahr 1890 und ihr Vater 1897. Der Tod ihrer Mutter bedeutete für sie „die Vertreibung aus dem Paradies“.

Ehen

Nachdem sie die Schule abgebrochen hatte und Privatunterricht im Hause ihrer Eltern erhielt, heiratete sie 1894 den Arzt Dr. Jonathan Berthold Lasker, einen älteren Bruder des langjährigen Schachweltmeisters Emanuel Lasker, und zog nach Berlin um. Dort arbeitete sie im Rahmen ihrer zeichnerischen Ausbildung.

Am 24. August 1899 wurde ihr Sohn Paul geboren, und die ersten Gedichte wurden veröffentlicht. Der erste Gedichtband Styx folgte 1902.

Am 11. April 1903 wurde Else Lasker-Schüler von Berthold Lasker geschieden, und am 30. November heiratete sie den Schriftsteller Georg Lewin, dem sie auch sein Pseudonym Herwarth Walden vorschlug.

Veröffentlichungen

1906 erschien Lasker-Schülers erstes Prosawerk Das Peter-Hille-Buch nach Hilles Tod, einer ihrer engsten Freunde. 1907 erschien die Prosasammlung Die Nächte der Tino von Bagdad. 1909 publizierte sie das Schauspiel Die Wupper, welches jedoch zunächst nicht zur Aufführung kam. Mit dem Gedichtband Meine Wunder (1911) wurde Lasker-Schüler zur führenden deutschen Expressionistin.

Zweite Scheidung

Nach der Trennung von Herwarth Walden 1910 wurde 1912 auch die zweite Ehe geschieden. Ohne eigenes Einkommen lebte Else Lasker-Schüler jetzt von der Unterstützung durch Freunde, insbesondere Karl Kraus. 1912 begegnete Else Lasker-Schüler Gottfried Benn. Es entwickelte sich eine intensive Freundschaft, die sich literarisch in einer großen Zahl Benn gewidmeter Liebesgedichte niederschlug. Der Tod ihres Sohnes 1927 stürzte sie in eine tiefe Krise.

Emigration

Obwohl die Dichterin 1932 mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet worden war, emigrierte sie am 19. April 1933 nach tätlichen Angriffen und angesichts der nationalsozialistischen Bedrohung ihres Lebens nach Zürich, erhielt dort jedoch Arbeitsverbot. Von Zürich unternahm sie zwei Reisen nach Palästina, 1934 und 1937.

Im Jahre 1938 wurde ihr die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, und 1939 reiste sie zum dritten Mal nach Palästina. Der Kriegsausbruch hinderte sie an einer Rückkehr in die Schweiz.

1944 erkrankte sie schwer. Nach einem Herzanfall am 16. Januar starb Else Lasker-Schüler am 22. Januar 1945. Sie ist auf dem Ölberg in Jerusalem begraben.

Werk

Else Lasker-Schüler hat ein umfangreiches lyrisches Werk, drei Dramen, als Prosawerke kürzere Skizzen und Erzählungen, sowie Briefe und Dokumente und zahlreiche Zeichnungen hinterlassen.

Zu ihren Lebzeiten erschienen ihre Gedichte sowohl in verschiedenen Zeitschriften, wie z.B. der Zeitschrift ihres zweiten Mannes Der Sturm oder der Fackel von Karl Kraus, als auch in einer ganzen Reihe von ihr selbst zusammengestellten und z.T. auch illustrierten Gedichtbänden, darunter:

  • Styx (erster veröffentlichter Gedichtband 1902)
  • Der siebente Tag (zweiter Gedichtsband 1905)
  • Meine Wunder (Erstausgabe 1911)
  • Hebräische Balladen (1913)
  • Gesammelte Gedichte (1917)
  • Mein blaues Klavier (1943)

Ihr erstes und wichtigstes Drama Die Wupper schrieb Else Lasker-Schüler 1908. Veröffentlicht wurde es 1909, die Uraufführung fand am 27. April 1919 im Deutschen Theater, Berlin statt.

In ihrem Werk nimmt Liebeslyrik einen breiten Raum ein, aber daneben finden sich tief religiöse Gedichte, Gebete. Die Übergänge sind dabei oft fließend. Vor allem das spätere Werk ist reich an biblischen und allgemeiner orientalischen Motiven. Lasker-Schüler ist sehr frei gegenüber den äußeren Regeln poetischer Form, dabei gelingen ihr aber Werke von großer innerer Konzentration. Auch vor sprachlichen Neuschöpfungen schreckt sie nicht zurück.

Ein hervorragendes Beispiel ihrer Dichtkunst ist Ein alter Tibetteppich, ein Gedicht, das nach seiner Erstveröffentlichung im Sturm viele Nachdrucke erfahren hat, den ersten davon in der „Fackel“:

Ein alter Tibetteppich
Deine Seele, die die meine liebet,
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet.
Strahl in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.
Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit,
Maschentausendabertausendweit.
Süßer Lamasohn auf Moschuspflanzenthron,
Wie lange küßt dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon?

Lasker-Schülers Theaterstück Artur Aronymus, das 1933 im Berliner Schillertheater kurz vor der Premiere steht, wird von den Nationalsozialisten sofort vom Spielplan genommen. In diesem Stück hat die hellsichtige Dichterin die Judenverfolgung vorweg genommen:

Unsere Töchter wird man verbrennen auf Scheiterhaufen
Nach mittelalterlichem Vorbild.
Der Hexenglaube ist auferstanden
Aus dem Schutt der Jahrhunderte.
Die Flamme wird unsere unschuldigen jüdischen Schwestern verzehren.

Der Bezug zum politischen Zeitgeschehen wird noch deutlicher im letzten, unvollendeten Drama der Dichterin -- IchundIch --, an dem sie im Jerusalemer Exil bis kurz vor ihrem Tod arbeitet. Mit IchundIch entstand eine vielschichtige Fortsetzung von Goethes Faust, in welcher Mephisto und Faust vom Höllengrund aus beobachten, wie Hitler Stück um Stück die Welt erobert. Schließlich muss auch Mephisto angesichts der Greueltaten erkennen, dass das Böse nicht unterstützt werden darf. Gemeinsam mit Faust bittet er Gott um Vergebung. Sie werden beide in den Himmel aufgenommen, während das Dritte Reich in einem Flammenmeer untergeht.

IchundIch führte zu zahlreichen Kontroversen unter Werkkundigen der Dichterin. Während die einen Else Lasker-Schüler nahezu prophetische Weitsicht unterstellten, da sie schon weit vor 1944 den Untergang des Nazi-Regimes beschrieb, sahen andere in dem Drama vielmehr Anzeichen geistigen Verfalls. So schrieb Armin Juhre voller Bewunderung: „Welcher der vielen deutschen emigrierten Schriftsteller hat sich je zu solcher Kühnheit aufgeworfen?“ Ernst Ginsberg bemerkt dagegen 1958 in einem Brief an den Nachlassverwalter Manfred Sturmann: „Ich habe es nur mit tiefster Erschütterung, ja ich gestehe: zuweilen nur unter Tränen lesen können. [...] Man spürt die geistige Nacht über die greise Dichterin hereinbrechen, über die nur noch seltene Sternschnuppen hinzucken.“ So war das Werk viele Jahre nur zu wissenschaftlichen Zwecken überhaupt einsehbar: IchundIch wurde zunächst gar nicht, 1961 in wenigen Ausschnitten und erst 1969 kritisch kommentiert vollständig im Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft veröffentlicht. Es wurde schließlich am 10. November 1979 im Großen Schauspielhaus Düsseldorf welturaufgeführt.

Nachleben

Gedenktafel am Haus Katharinenstraße 5 in Berlin-Halensee
Else-Lasker-Schüler-Stele in Wuppertal
Sonderbriefmarke
  • In Berlin-Halensee, Katharinenstraße 5 erinnert eine Gedenktafel an die Künstlerin, die hier von 1909 bis 1911 lebte und mit ihrem Mann Herwarth Walden die Zeitschrift Der Sturm herausgab.
  • In Berlin-Schöneberg, Motzstraße 7, erinnert eine Gedenktafel an Else Lasker-Schüler. Sie lebte hier von 1924 bis 1933.
  • Ebenfalls in Berlin-Schöneberg wurde die vormalige Mackensenstraße am Nollendorfplatz 1998 in Else-Lasker-Schüler-Straße umbenannt.
  • Eine Gesamtschule in Wuppertal-Elberfeld ist nach ihr benannt, die sich als Schule ohne Rassismus bezeichnet. Auch erinnert ein Gedenkstein in der Innenstadt Elberfelds, Nähe Casino-Kreisel, an sie.
  • In Göttingen wurde die Straße Else-Lasker-Schüler-Eck nach ihr benannt.
  • Auch in 64625 Bensheim gibt es eine Else-Lasker-Schüler-Strasse.
  • Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis
  • Amos Gitai (Drehbuch, Regie), Spielfilm: Berlin Jerusalem, GB, F, NL, Italien, 1989, 89' Der Film beruht auf den Biografien von ELS und der Russin Mania Shohat. UT: ...oder die Geschichte zerstörter Utopien.
  • Auf dem Album Ich träume so leise von dir (2005) vom „Else-Lasker-Schüler-Projekt“ interpretieren bekannte Sängerinnen (z.B Katja Riemann, Suzie Kerstgens von Klee, Mieze Katz von MIA. oder Elke Brauweiler von Paula) Gedichte von Lasker-Schüler als Lieder.
  • Das Theaterstück Verscheucht, eine szenische Hommage an Else Lasker-Schüler, von Gerold Theobalt wird 2006 am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt.
  • 1975 erinnerte die Deutsche Bundespost mit der Briefmarkenserie „Bedeutende Deutsche Frauen“ unter anderem auch an Else Lasker-Schüler

Ausstellungen

  • Zeichnungen (Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar, 22. Januar bis 2. April 1995)
  • Sieh in mein verwandertes Gesicht (Kunsthalle Barmen, 9. April bis 28. Mai 1995)
  • Else Lasker-Schülers Jerusalem (Hebräische Universität Jerusalem, 1995)
  • I and I, drawings by Else Lasker-Schüler (Israel Museum, 1997)
  • Schrift - Bild - Schrift (August-Macke-Haus Bonn, 29. Oktober 2000 - 18. Februar 2001)
  • Erbittert nicht, aber traurig war ich Ausstellung über E.L-S., 27. November 2006 bis 26. Januar 2007. Schweiz: Zentralbibliothek Zürich (Zähringerplatz 6) Unterstützt vom ELS-Archiv an der Nationalbibliothek Jerusalem
  • Der Prinz von Theben. Else Lasker-Schüler: Dichterin, Zeichnerin, Rebellin, (3. Juni - 9. September 2007, Felix-Nussbaum-Haus, Osnabrück)

Werkausgaben

  • Gesammelte Werke. 8 Bände. dtv, München 1986.
  • Werke. Lyrik, Prosa, Dramatisches. Hrsg. v. Sigrid Bauschinger. Artemis und Winkler, München 1991.
  • Werke und Briefe. Kritische Ausgabe. Im Auftrag des Franz Rosenzweig-Zentrums der Hebräischen Universität Jerusalem, der Bergischen Universität Wuppertal und des Deutschen Literaturarchivs Marbach am Neckar hg. von Andreas B. Kilcher [ab Bd. 9], Norbert Oellers, Heinz Rölleke und Itta Shedletzky. Bisher erschienen:
    • Bd. 1: Gedichte. Bearbeitet von Karl Jürgen Skrodzki unter Mitarbeit von Norbert Oellers. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 1996.
    • Bd. 2: Dramen. Bearbeitet von Georg-Michael Schulz. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 1997.
    • Bd. 3: Prosa. 1903–1920. Bearbeitet von Ricarda Dick. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 1998.
    • Bd. 4: Prosa. 1921–1945. Nachgelassene Schriften. Bearbeitet von Karl Jürgen Skrodzki und Itta Shedletzky. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 2001.
    • Bd. 5: Prosa. Das Hebräerland. Bearbeitet von Karl Jürgen Skrodzki und Itta Shedletzky. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 2002.
    • Bd. 6: Briefe. 1893–1913. Bearbeitet von Ulrike Marquardt. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 2003.
    • Bd. 7: Briefe. 1914–1924. Bearbeitet von Karl Jürgen Skrodzki. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 2004.
    • Bd. 8: Briefe. 1925–1933. Bearbeitet von Sigrid Bauschinger. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 2005.
    • Bd. 9: Briefe. 1933–1936. Bearbeitet von Karl Jürgen Skrodzki. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 2008.
    • Bd. 10: Briefe. 1937–1940. Bearbeitet von Karl Jürgen Skrodzki und Andreas B. Kilcher. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 2009.
  • Sämtliche Gedichte. Hrsg. v. Karl Jürgen Skrodzki. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 2004.

Literatur

  • Franz Baumer: Else Lasker-Schüler. Edition Colloquium, Berlin 1998, ISBN 3-89166-982-8
  • Sigrid Bauschinger: Else Lasker-Schüler. Biographie Wallstein-Verlag, Göttingen 2004, ISBN 3-89244-440-4
  • Walter Fähnders: Else Lasker-Schüler und „Senna Hoy“. in: Sarah Kirsch, Jürgen Serke, Hajo Jahn (Hrsg.): Meine Träume fallen in die Welt. Ein Else-Lasker-Schüler-Almanach. Hammer, Wuppertal 1995, ISBN 3-87294-690-0, S. 55-77
  • Iris Hermann: Raum – Körper – Schrift. Mythopoetische Verfahrensweisen in der Prosa Else Lasker-Schülers. Igel-Verlag, Paderborn 1997, ISBN 3-89621-047-5
  • Jakob Hessing: Else Lasker-Schüler. Biographie einer deutsch-jüdischen Dichterin. von Loeper, Karlsruhe 1985, ISBN 3-88652-100-1
  • Erika Klüsener: Else Lasker-Schüler. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek 1980, ISBN 3-499-50283-6
  • dies. & Friedrich Pfäfflin: Else Lasker-Schüler 1869 - 1945. 3. Auflage. Deutsche Schillergesellschaft, Marbach 1997, ISBN 3-929146-26-6
  • Margarete Kupper: Nachwort zu „IchundIch“. in: Else Lasker-Schüler: Die Wupper und andere Dramen, dtv, München 1986, ISBN 3-423-10647-6
  • Ulrike Schrader (Hrsg.): „Niemand hat mich wiedererkannt...“ ELS in Wuppertal. Trägerverein Begegnungsstätte Alte Synagoge, Wuppertal 2003
  • Hajo Jahn: Wo soll ich hin? Zuflucht Zürich - Fluchtpunkt Poesie, ELS-Almanach, Peter Hammer-Verlag, ISBN 3-7795-0158-9
  • Elfriede Jelinek: Liebeserklärung an Else Lasker-Schüler in: Hajo Jahn (Hrsg.) Zweiseelenstadt, ein ELS-Almanach, P. Hammer Verlag, ISBN 3-7795-0016-7
  • Reiner Kunze: Gegenwirklichkeit zur Waffe, in: Hajo Jahn (Hrsg.) Meine Träume fallen in die Welt, ein ELS-Almanach, P. Hammer-Verlag, ISBN 3-87294-690-0
  • Hajo Jahn/Petra Urban: Else Lasker-Schüler. Annäherung an eine Biographie, in: Hajo Jahn (Hrsg.) Momente in Jerusalem, Bleicher Verlag, ISBN 3-88350-059-3

Zeitschrift

  • Lothar Bluhm, Andreas Meier (Hrsg.): Else Lasker-Schüler-Jahrbuch zur Klassischen Moderne. Bislang 3 Bände (2000, 2003, 2006). WVT Wissenschaftlicher Verlag, Trier

Weblinks


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