Lauffeldröhre

Lauffeldröhre

Eine Wanderfeldröhre (englisch Travelling Wave Tube, Abkürzung TWT) ist eine Laufzeit-Elektronenröhre zur linearen und rauscharmen Hochfrequenz-Signalverstärkung für den Frequenzbereich 0,3 bis 50 GHz. Sie erreicht eine Verstärkung von 1000 bis 1'000'000 (30-60 dB) bei einem Wirkungsgrad von bis zu 70 %. Oberhalb 10 GHz ist eine TWT in den elektrischen Eigenschaften einem Halbleiter-Verstärker überlegen.

Querschnitt durch eine Wanderfeldröhre.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Funktion

Schnittbild einer TWT:
(1) Elektronenkanone
(2) HF-Eingang
(3) Magnet
(4) Abschwächer
(5) Helix-Wendel
(6) HF-Ausgang
(7) Glashülle für Vakuum
(8) Elektronenkollektor

An einer Glühkathode werden Elektronen emittiert, welche zunächst beschleunigt und gebündelt werden. Die dazu dienende Elektronenkanone (1) ist in der Schemazeichnung und auf dem Foto auf der linken Seite angeordnet. Der Elektronenstrahl durchläuft die Röhre bis zum Kollektor (8) auf der rechten Seite. Der Kontakt oben links (2) koppelt das zu verstärkende Signal auf die Drahtwendel (5) ein. Die Elektronen aus dem Strahl übertragen Energie auf die Welle in der Drahthelix, wenn deren Geschwindigkeit geringfügig höher ist. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit in einem geraden Leiter liegt bei 60-70% der Lichtgeschwindigkeit. Um eine solche Geschwindigkeit des Strahles zu erhalten, müsste die Beschleunigungsspannung auch aufgrund der Kinetischen Energie der Elektronen bei 100 kV liegen. Eine Alternative ist, den Weg der Elektronen im Leiter zu verlängern, indem dieser gewendelt wird. Auf dem Foto ist eine Windung ca. 9 x so lang wie der direkte Weg im Inneren der Röhre. Dadurch verringert sich die Betriebsspannung auf 2 bis 4 kV. Die Zahl der Elektronen bleibt am Ausgang (6) unverändert - nur wenige landen auf der Wendel. Die Energieübertragung erfolgt durch das elektrische Feld der sich aufgrund der anfangs stattfindenden Geschwindigkeitsmodulation zu Paketen formenden Elektronen.

Permanentmagnete im Röhrenmantel (3) erzeugen ein axiales Magnetfeld und bündeln auf diese Weise den Strahl, sodass er parallel bleibt und nicht auseinanderdriftet.

Ein Dämpfungsglied (4) in der Röhrenmitte verhindert eine Rückkopplung des verstärkten Signals auf den Eingang, sodass Selbsterregung durch auf der Wendel zurücklaufende Hochfrequenz vermieden wird.

Die Steigung der Helix (Windungen pro Länge) ist so eingestellt, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit des zu verstärkenden Signals entlang des Elektronenstrahls nur geringfügig unter der des Elektronenstrahls liegt.

Durch die gegenseitige elektrische Beeinflussung der Welle des zu verstärkenden Signals und der Wellen des modulierten Elektronenstrahls gleichen sich die Geschwindigkeiten der Wellenfronten an und das Eingangssignal wird verstärkt.
Im Sättigungsbetrieb sind beide Geschwindigkeiten am Ausgang gleich und es wird die maximale Ausgangsleistung erreicht. Dabei wird Energie vom Elektronenstrahl durch dessen elektrisches Feld in die Hochfrequenzwelle übertragen.

Die durch die Wechselwirkung mit der HF-Welle abgebremsten Elektronen werden im Kollektor aufgefangen.

Im Gegensatz zu Klystrons sind Wanderfeldröhren sehr breitbandig. Die Bandbreite hängt wesentlich von der Ein- und Auskoppelmethode in die Helix ab. Folgende Koppelmethoden sind gebräuchlich[1]:
Der direkter Anschluss der Helix an einen koaxialen Anschluss (Siehe Bild oben); Vorteil: breitbandig, Nachteil: schlechtes Stehwellenverhältnis aufgrund der hohen Leitungsimpedanz der Helix. Man kann mit einem daran angeschlossenen Hohlraumresonator eine Anpassung vornehmen, büßt dadurch jedoch Bandbreite ein. Eine weitere Methode ist das Hineinbringen der auslaufenden Helixenden in einen angepassten Hohlleiter; der Nachteil ist auch hier die geringe Bandbreite. Diese Methode wird bei den unten abgebildeten TWT in Vollglasausführung angewendet.
Eine nur für kleine Leistungen geeignete Methode ist, einen Koaxialanschluss mittels einer um Beginn und Ende der Helix liegende Koppelwicklung anzupassen.


Anwendung

Wanderfeldröhren werden zur Verstärkung schwacher Signale in Radargeräten, der Satellitenkommunikation und der Radioastronomie eingesetzt. Dabei finden sie sowohl in Sendern als auch in Empfängern Anwendung.

TWT können auch moduliert bzw. in ihrer Verstärkung gesteuert werden. Dazu kann der Elektronenstrom der Elektonenkanone mittels ihres Wehneltzylinders gesteuert werden.

TWT können auch als verstärkender Mischer beim Überlagerungsempfang (Superheterodyn) benutzt werden.

Versorgung

TWT erfordern eine Heizspannung (einige Volt) für die Glühkathode, ein axiales, durch Dauermagnete oder einen Elektromagneten erzeugtes Magnetfeld sowie eine Betriebsspannung im Kilovoltbereich. Hinzu kommen Steuer- und Fokussierspannungen für die Elektronenkanone sowie bei Leistungsanwendungen eine Kühlung des Kollektors und oft auch der Helix.
In der Satellitentechnik heißt diese elektrische Versorgungseinheit für Wanderfeldröhren-Verstärker (TWTA) Electronic Power Conditioner (EPC), die Einheit aus EPC und Verstärker auch Microwave Power Module (MPM).

Wanderfeldröhren im Vergleich zu Halbleiterverstärkern

Halbleiterverstärker, engl. Solid state power amplifier (SSPA), besitzen im Höchstfrequenzbereich von 30 GHz einen Wirkungsgrad von 25 bis 30 %, verglichen mit 50 bis 70 % für Wanderfeldröhren (TWTA). Die Linearität ist etwas geringer als bei TWTA. SSPA sind robust gegenüber mechanischer Belastung, aber anfällig gegenüber kosmischer Strahlung. Die Ausfallrate im Weltraum ist größer als die von TWTA. Das Verhältnis aus Nutzleistung und Gewicht ist bei TWTA bei einer Leistungsaufnahme ab ca. 200 W günstiger als bei SSPA. Erst bei kleinen Leistungen sind SSPA den TWTA überlegen. Sie sind preiswerter, benötigen keine schweren Metallröhren-Magnete oder Versorgungseinheiten für Kathodenheizung und Hochspannung.

Geschichte

Wanderfeldröhren (Sowjetunion 1970 bzw. 1972), die große Röhre ist ca. 400 mm lang

Erfunden wurde die TWT in Großbritannien während des 2. Weltkriegs von Rudolf Kompfner und von diesem später gemeinsam mit John R. Pierce bei Bell Labs vervollkommnet. Pierce steuerte die theoretische Darstellung der Wanderfeldröhre bei, die für die gezielte Weiterentwicklung des komplizierten Bauelements unabdingbar war. Um 1960 lag der Wirkungsgrad der Wanderfeldröhre noch bei 10-20%, verglichen mit 70% heutzutage. Die frühen Exemplare wurden noch mit Glasumhüllung gefertigt, während heute eine Metall-Keramik-Bauweise bevorzugt wird.

Siehe auch

  • Klystron
  • Gyrotron
  • Freie-Elektronen-Laser
  • Die Firma TESAT-Spacecom verwendet Wanderfeldröhren, produziert Stromversorgungen für diese
  • Die Firma Thales Electron Devices stellt Wanderfeldröhren her. Sie ist größter Anbieter in Europa.
  • BOEING Aerospace stellt Wanderfeldröhren insbesondere für Radaranwendungen her.

Weblinks

Literatur / Quellen

  1. Frederick L. Gould: Radar for Technicians - Installation, Maintenance, and Repair; Verlag McGraw-Hill Professional, 277 Seiten, ISBN 0070240620, 1995; Seite 64ff
  • Pierce, John R. (1950). Traveling-Wave Tubes. D. van Nostrand Co..
  • Kompfner, Rudolf (1964). The Invention of the Traveling-Wave Tube. San Francisco Press.

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