- Laugenbreze
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Brezel (Althochdeutsch Brezitella), Bretzel, Brezl, auch Breze, in Bayern/Österreich Brezn, im Schwäbischen auch Bretzet oder Bretzga, im Badisch-Alemannischen oft Bretschl genannt, ist ein vor allem in Süddeutschland verbreitetes Laugengebäck.
Idealerweise hat der in sich symmetrisch verschlungene Teigstrang der Laugenbrezel außen eine knusprig-ledrige Salzkruste und innen einen weichen Hefeteigkörper, ist am sanft geschwollenen Bauch etwas aufgesprungen und saftig, in den dünnen Teigarmen kross, aber nicht trocken. Die übliche Größe beträgt etwa 15 cm im Durchmesser des Gebäckteiles, bei einem Durchmesser des Teigstranges von knapp einem bis vier Zentimeter.
Die Brezel ist seit Beginn des 14. Jahrhunderts bis heute das Zunftzeichen der Bäcker.
Die Brezel ist das häufigste Gebildbrot und wie auch andere Gebildbrote mit zahlreichen Sagen und Mythen behaftet. Meist geht es dabei um die Entstehung der Brezelform. Im Mittelalter war die Herstellung von Brezeln zeitlich reglementiert oder nur einem bestimmten Personenkreis vorbehalten.
Inhaltsverzeichnis
Zutaten - Teig und Lauge
Eine Brezel besteht traditionell aus Weizenmehl, Malz, Salz, Backhefe und Wasser. In manchen Regionen wird auch Fett, meist Schweineschmalz, zugegeben. Varianten sind aus Vollkorn-, Dinkel- oder Mischmehlen erhältlich. Zum Bestreuen des gelaugten Teigkörpers vor dem Backen verwendet der Bäcker grobes Salz oder auch Sesamsaat.
Die Brezel wird vor dem Backen für wenige Sekunden in Natronlauge (E 524), einer kalten Natriumhydroxidlösung (3 bis maximal 5 % Natriumhydroxid in Wasser, pH-Wert 13-14) getaucht. Es erhält dadurch beim Backen eine für Laugengebäck typische braune Färbung und einen speziellen, „seifigen“ Geschmack. Durch die Wärmeeinwirkung reagiert das Natriumhydroxid auf der Oberfläche des Gebäcks mit Kohlendioxid aus der Luft zu Natriumcarbonat und Wasser:
Seltener taucht der Bäcker den Teigrohling in kochende Natronlösung (E 500) (100 g Natron NaHCO3 auf 1 Liter Wasser), zuweilen auch in kochende Sodalösung.
Die Teigführung von Brezelteigen ist, aufgrund der langen Aufarbeitungszeit, im Unterschied zu anderen Hefeteigen meist sehr fest und kühl. Die sogenannte Teigausbeute liegt hierbei bei etwa 140.
Schlingen der Form
Bäcker verwenden zum Schlingen von Brezeln eine spezielle Wurftechnik.
- Ein Teigstrang wird mit beiden Händen gerollt und dabei nach außen gezogen, sodass er sich an den Enden verdünnt. Dann wird er an den beiden Enden gehalten und durch eine kurze, ruckartige Bewegung wird die verdickte Mitte in einen 180°-Drall versetzt und gleichzeitig auf der Arbeitsfläche abgelegt. Danach müssen die beiden Enden nur noch an den Seiten angedrückt werden.[1][2]
Dieser Vorgang dauert in der Praxis etwa eine Sekunde und bedarf längerer Übung. Es dauert oft Jahre, um eine „perfekte Brezel“ schlingen zu können.
In großen Betrieben werden auch spezielle Brezelschlingmaschinen verwendet.[3][4]
Form und Geschichte
Vor allem an der Form lassen sich lokale Unterschiede erkennen. Während bei bayrischen, österreichischen oder auch badischen Brezeln der Ansatz der Ärmchen weiter oben liegt, sitzen bei den typischen schwäbischen Brezeln die Ärmchen sehr tief, wobei der obere Bogen, auch Bauch genannt, sehr viel weiter ist. In den meisten schwäbischen und badischen Regionen wird dieser Bauch auch mit einem Schnitt versehen, der beim Backen zu einem klar gezeichneten Ausbund führen soll.
Die verschlungene Form entstand vermutlich aus antiken Kranzbroten. Die Brezel hatte in katholischen Klöstern eine große Bedeutung als Fastenspeise.
Zur Herkunft der Form sowie des Namens gibt es zahlreiche Theorien und Anekdoten. Auf Grund des klösterlichen Ursprungs ist, nach gängigen Erkenntnissen, der lateinische Begriff bracellus oder braciccum (= Ärmchen) namensgebend. Die Form soll angeblich ein Kind mit verschlungenen Armen symbolisieren. Andere Quellen besagen, es stelle einen Mönch beim Gebet dar.
Völlig gesicherte Quellen des Ursprungs gibt es allerdings kaum. Erste bekannte Erwähnung findet die Brezel bei der Synode von Estinnes im Jahre 743 n. Chr.
Einer Sage nach wurde die Brezel von einem Bäcker aus Bad Urach erfunden, der durch einen Frevel bei seinem Landesherrn sein Leben verwirkt hatte. Da der Bäcker jedoch vorher gute Dienste geleistet hatte, sollte ihm noch eine Chance gegeben werden. „Back einen Kuchen lieber Freund, durch den die Sonne dreimal scheint, dann wirst du nicht gehenkt, dein Leben sei dir frei geschenkt.“ Der Bäcker ging ans Werk und erfand dabei die Brezel.
Einer weiteren Sage nach wurde die Laugenbrezel (nicht deren Form) von einem Bäcker erfunden, dem ein Blech ungelaugter „Brezen“ in Natronlauge, welche zum Waschen und Desinfizieren der Gerätschaften diente, gefallen ist. Nachdem der Bäcker diese Brezen trotzdem gebacken hatte, hatten sie ihre bekannte braune Farbe und den heute bekannten Geschmack. Vorstellbar ist diese Theorie, da in manchen Teilen Bayerns, vor allem in Niederbayern auch heute noch ungelaugte, also weiße Brezen gebacken werden, die mit Salz und Kümmel bestreut werden. Sie ähneln den unten aufgeführten Fastenbrezeln, wobei diese jedoch ganzjährig gebacken werden. Im südlichen Oberbayern werden diese Brezeln auf die Palmbuschen gehängt.
Unklar ist auch die Orientierung: in vielen Abbildungen - z.B. im Bäckerzunftfenster im Freiburger Münster - liegt der verdickte Bauch oben, manchmal wird die Brezel aber auch mit den beiden dünnen Armen nach oben abgebildet.
Varianten
Die Butterbrezel, eine aufgeschnittene und mit Butter bestrichene Brezel, ist vor allem im süddeutschen Raum als Imbiss beliebt.
Besonders zur Wiesnzeit, wenn in München das Oktoberfest gefeiert wird, begegnen einem auch wesentlich größere Wiesnbrezn. Diese Brezel ist im Stil der Münchner Brezn, die im Vergleich zu ihren schwäbisch-alemannischen Nachbarn eine etwas hellere Kruste (hellgelb bis gebräunt statt rotbraun oder dunkelbraun) und eine schon eher in Richtung frischem Weißbrot oder Semmeln gehende Konsistenz aufweisen. Sie eignen sich damit beispielsweise gut zum Auftunken von Bratensaft. Die für das Allgäu typische Bretzga weist dagegen ein lange feucht bleibendes Inneres auf, das am ehesten mit dem einer ähnlich hergestellten Laugensemmel vergleichbar ist.
Die Anisbreze ist ein typisch oberfränkisches Gebäck. Eine Weidenberger Besonderheit sind die Brezenwochen. Der Name kommt daher, dass während der Brezenwochen, in der Faschingszeit, Anisbrezen auf jeden Tisch stehen, bzw. gereicht werden. In diesen Wochen haben die verschiedenen Wirtshäuser wochenweise nacheinander ‚Brezen‘. Damit verbunden sind besondere Gerichte, wie Krenfleisch und verschieden Braten. Es wird eine aufwändigere Küche als sonst betrieben.
Das größte Volksfest am Oberrhein ist das Speyerer Brezelfest im Juli, aber auch auf der Hauptstraße werden wie in Mannheim und Heidelberg Brezeln verkauft.
Eine weitere beliebte Variante ist die Partybrezel. Es handelt sich hier meist um eine große Brezel (Durchmesser von bis zu 50 cm oder mehr), die wie ein belegtes Brötchen befüllt wird. Bei der Bestellung kann man meist die Anzahl der Personen angeben, für die die Brezel bestimmt ist. Dementsprechend wird dann die Größe angepasst. Die größten Brezeln sind für rund 30 Personen bestimmt.
Die Palmbrezel aus süßem Hefeteig wird in Teilen Schwabens am Palmsonntag gebacken.
Beim Konditor findet man auch süße Brezeln, z. B. die oft auch noch gewendelte Blätterteig-Nussbrezel oder die Russenbrezel. Im Großraum Stuttgart und weiten Teilen Württembergs sind diese süßen Brezeln – benannt nach der württembergischen Königin Olga – auch als Olgabrezeln bekannt. Auch Brezeln als Dauergebäck sind beliebt, als Knabbersnack in Größen von wenigen cm bis knapp einem halben Meter.
Im Rheinland sind süße Brezeln, deren beiden Kreise mit Vanillepudding gefüllt sind, eine weitere beliebte Variante. Sie heißen „Puddingbrezel“ oder „Puddingteilchen“ – umgangssprachlich auch „Eiterbrille“.
In der Form kleiner Brezeln wird auch Weihnachtsgebäck aus Mürbeteig gefertigt.
Die in Baden und Schwaben bekannten Neujahrsbrezeln sind ungelaugt. Sie werden meist aus einem Milchteig oder süßen Hefeteig hergestellt und sollen Glück und Wohlergehen verheißen. Sie haben einen Durchmesser von 30 cm bis über einem Meter. Sie wiegen bis zu 2,5 kg und sind meist mit Verzierungen wie etwa einem Zopfmuster und Jahreszahlen, versehen. Dabei gibt es regional den Brauch, dass die Kinder ihre Neujahrsbrezel (zusammen mit einem Spargroschen) bei ihren Paten abholen. Ähnliche Neujahrsbrezel kennt man auch im zentralen Rheinland. Sie ersetzen ein Frühstücksbrot und werden gern der Familiengröße entsprechend beim Bäcker vorbestellt. Sie messen etwa 40 Zentimeter bis einen Meter in der Breite und sind aus einem geflochtenen weichen Weckteig geformt, meist mit etwas Zuckerguß oder grobem Zucker oder Mandelscheiben besteut, manchmal mit Marzipan gefüllt.
In der Kurpfalz und den angrenzenden Gebieten wird im Frühjahr ein Sommertagszug veranstaltet, bei dem die Kinder mit einem geschmückten Stecken durch die Straßen ziehen, auf dessen Spitze eine ungelaugte Brezel aus süßem Hefeteig gesteckt wird, die sogenannte Sommertagsbrezel.
In Biberach an der Riß sind in der Fastenzeit die weißen Fastenbrezeln sehr beliebt. Sie werden vor dem Backen kurz in heißem Wasser gekocht und erst nach dem Backen gesalzen.
Schloss Burg an der Wupper bei Solingen ist für die Burger Brezel bekannt, deren Konsistenz und Geschmack an Zwieback erinnern. Um die Zutaten dieses absolut „staubtrockenen“ Gebäcks, das eigentlich nur mit reichlich Flüssigkeit verzehrt werden kann, machen die örtlichen Bäcker ein Geheimnis. So heißt es im Volksmund, die Burger Brezel seien aus „Wupperwasser und Lehm“. Es gibt sie auch in großer Form; diese Brezel haben ein Bändchen, so dass man sie an den Hals hängen kann. In Unterburg steht ein Denkmal für die Brezelbäcker, die früher ihre Waren in Kiepenkörben ausgeliefert haben.
Von Starkoch Alfons Schuhbeck wurde der Breznknödel „hoffähig“ gemacht, der wie ein Semmelknödel hergestellt wird, nur dass man dazu altbackene Brezen verwendet.
In den USA sind Pretzels vor allem als knuspriger Snack (ähnlich den Salzstangen) aus der Tüte bekannt (Dauerbackware). Die beiden Marktführer sind Rold Gold und Snyder’s of Hanover. In Philadelphia werden sie dagegen weich und frisch gebacken und mit Senf serviert.
Abgeleitete Bezeichnungen und Symbole
In Bayern wird die Bezeichnung Brezn vielerorts synonym für gelaugtes Gebäck gebraucht, also Brezn-Stangerl, Brezn-Semmerl, Brezn-Zopf für gelaugtes Kleingebäck in der jeweiligen Form.
Im süddeutschen Raum wird die Brezel, auf Grund ihrer markanten Form, gerne als Sinnbild im Firmenlogo von Bäckereien verwendet. Wegen ihres hohen Symbolwertes und ihrer Beliebtheit wird der Name der Brezel auch gerne zur Benennung verschiedenster Dinge verwendet. So gibt es wohl nicht nur in München (Brezn) und Neustadt an der Weinstraße (Brezel) gleichnamige Gasthäuser. Für eine Wohltätigkeitsveranstaltung der Unicef wurden 2004 in München Peace-Brezn in Form des Peace-Zeichens gebacken und verkauft. Auch zur Namensgebung für eine aufblasbare Regenwald-Forschungsstation, die in Form eines verschlungenen Wurms mit Netz als Plattform auf die Baumkronen gelegt wird, diente wegen der ähnlichen Form die Brezel als Namenspatin: Die Station heißt SolVin-Bretzel. Das Bremer Zentrum für Literaturdokumentation in der Germanistik des Fachbereichs Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Bremen nennt sich abgekürzt ebenfalls BreZeL. Es gibt auch eine Band „Die Brezn“. Für VW Käfer der ersten Bauserien hat sich wegen des senkrecht geteilten Heckfensters der Begriff „Brezelkäfer“ eingebürgert.
In Altbayern und Österreich ist eine Brezn, die man reißt, ein zumindest mittelschwerer Sturz oder Unfall, bei dem es einen zerbrezelt. Dieses Verb bedeutet daher „stürzen, verunfallen, zerstört werden“ (ea hod á [gscheide] Brezn grißn; aufpassn, sonst dabrezlt's di!), weil jemand, der gestürzt ist, verdreht wie eine Brezel am Boden liegt. Eine umgangssprachliche Bedeutung aus dem bayrischen Sprachraum ist: Jemandem eine Brezn geben für jemanden verbal oder körperlich attackieren. Das Verb sich aufbrezeln steht für „gut anziehen, schminken“. Oder man kann auch „eine Brezel haben“ bzw. in Schwaben „A Brezg em Gsicht“ („Eine Brezel im Gesicht haben“), das heißt dann so viel wie betrunken oder angeheitert sein.
Im Bayerischen bezeichnet der Ausdruck Breznsoizer (Brezensalzer) eine Person, die untergeordnete Tätigkeiten ausübt. Der Begriff stammt vermutlich aus der Umgangssprache der Bäcker, die das Salzen der Brezen gerne den Lehrlingen überließen. Zumeist wird der Begriff in der Redewendung „I' bin doch ned Eahna Breznsoizer!“ gebraucht, mit der man jemandem klarmachen möchte, dass man sich nicht von ihm herumkommandieren lässt. Gelegentlich wird der Begriff auch als bloßes Schimpfwort benutzt.
Brezeln in Norddeutschland
Auch im Brauchtum Norddeutschlands spielt die Brezel eine Rolle. So werden Kinder bei der Kringelhöge, dem Fest der Stecknitzfahrer in der Hansestadt Lübeck, seit dem Mittelalter mit Brezeln beschenkt. Erst seit 1948 besteht in Osnabrück (Niedersachsen) der Brauch, Kinder beim Steckenpferdreiten zur Erinnerung an den Westfälischen Frieden von 1648 mit süßen Brezeln zu beschenken.
Brezeln in anderen Ländern
Als deutscher Kulturimport ist die Brezel (als Pretzel) auch in den Vereinigten Staaten beliebt, allerdings wird sie dort – dem amerikanischen Geschmack entsprechend – üblicherweise als Weichgebäck und mit deutlich höherem Zuckeranteil als in Deutschland hergestellt. Eine Fastfood-Kette, die sich ganz auf die Herstellung von Brezeln spezialisiert hat und die in den USA Hunderte von Niederlassungen betreibt, ist das 1988 in Lancaster gegründete Unternehmen Auntie Anne's.
Nährwertangaben
1 Bayrische Brezel (93 g) enthält 8,2 g Eiweiß, 51,7g Kohlenhydrate, 2,2 g Fett und entspricht 1101 kJ (263 Kcal), 5.2 KHE, 4,8 BE
1 Schwäbische Brezel (100 g) enthält 8,1 g Eiweiß, 51,1g Kohlenhydrate, 4,8 g Fett und entspricht 1184 kJ (283 Kcal), 5.1 KHE, 4,7 BE (Herstellerangaben Ditsch)
Galerie
Biberacher Fastenbrezeln
Einzelnachweise
- ↑ Ausrollen und Schlingen der Form - Video (WMV, 1,83 MB)
- ↑ Brezel-Wurftechnik in einer Animation auf www.backstube-mack.de (GIF, 183 KB)
- ↑ Patentanmeldung für eine Brezelschlingmaschine bei der WIPO
- ↑ Bericht über einen Patentstreit über Brezelschlingmaschinen, Allgemeine Bäcker-Zeitung Ausgabe 2006/50.
Literatur
- Irene Krauß: Gelungen geschlungen. Das große Buch der Brezel. Silberburg-Verlag, Tübingen 2004, ISBN 3-87407-550-8
- Barbara Kosler, Irene Krauß: Die Brez’l – Geschichte und Geschichten. Verlag Edition Infotainment Verlags GmbH, München 1993 (zu beziehen beim Deutschen Brotmuseum Ulm)
- Brotrezepte aus ländlichen Backstuben. Landbuch Verlag, Hannover 2001, ISBN 3-7842-0614-X
Weblinks
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