Le Boiteux

Le Boiteux

Karl II. von Anjou (frz.: Charles d'Anjou, ital.: Carlo d'Angiò; * 1254; † 6. Mai 1309 in Neapel), genannt der Lahme (franz.:le Boiteux; ital.: lo zoppo), war seit 1285 ein König von Neapel aus dem älteren Haus Anjou.

Karl II. von Anjou-Neapel
(Illustration von Bastian Biancardi, Le vite dei re di Napoli, Venedig 1737)

Inhaltsverzeichnis

Leben

Prinz von Salerno

Er war ein Sohn Karls I. von Anjou und dessen erster Ehefrau Beatrix von der Provence († 1267). Nachdem sein Vater 1266 das Königreich Sizilien übernommen hatte erhielt Karl den Titel eines „Fürsten von Salerno“ (Prince de Salerne). 1283 wurde Karl von seinem Vater mit der Regentschaft des Königreiches betraut und war mit der Verteidigung des festländischen Besitzes um Kalabrien und Apulien gegen den König Peter III. von Aragon beschäftigt, der die Insel Sizilien nachdem Ausbruch der sizilianischen Vesper 1282 besetzt hatte. Beim Versuch am 5. Juni 1284 die Seeblockade des Hafens von Neapel durch die aragonesische Flotte unter Ruggiero di Lauria zu beenden, geriet Karl in Gefangenschaft. Er wurde zuerst nach Cefalù und anschließend nach Katalonien gebracht, wo er noch beim Tod seines Vaters 1285 eingekerkert war. Die Regentschaft in Neapel übernahm für ihn Graf Robert II. von Artois.

König von Neapel

Erst nachdem Scheitern des aragonesischen Kreuzzuges seines Cousins König Philipp III. von Frankreich und der darauf folgenden Friedensinitiative Philipps des Schönen wurde Karl 1288, unter Vermittlung König Eduards I. von England, freigelassen. Er wurde unter der Auflage freigelassen, 30.000 Mark zu zahlen und in Gefangenschaft zurückzukehren, wenn die Bedingungen nicht innerhalb von drei Jahren erfüllt würden, und ließ dabei drei seiner Söhne und sechzig provenzalische Adlige als Geiseln zurück. Auch musste er seinen Vetter Karl von Valois dazu bringen gegen 20.000 Pfund Silber auf das Königreich Aragón zu verzichten, das Papst Martin IV. diesem im Vorfeld des aragonesischen Kreuzzuges zugesprochen hatte, im Gegenzug erhielt der Valois eine Tochter Karls mit den Grafschaften Anjou und Maine als Mitgift.

Karl ging nach Rieti, wo ihn der neue Papst Nikolaus IV. sofort von allen Verpflichtungen entband, ihn 1289 zum König der beiden Sizilien krönte und Alfons III. von Aragón exkommunizierte. Karl von Valois bereitete sich in einer Allianz mit Kastilien darauf vor, Aragón in Besitz zu nehmen, während Alfons unter dem starken Druck zusagen musste, seine Truppen zurück zu holen, mit denen er seinem Bruder Jakob II. auf Sizilien half, alle Rechte an der Insel aufzugeben und einen Tribut an den Papst zu zahlen. Alfons starb 1291 kinderlos, bevor der Vertrag ausgeführt werden konnte. Jakob nahm Aragón in Besitz und überließ die Regierung in Sizilien dem dritten Bruder, Friedrich II. (der sich selbst als Friedrich III. bezeichnete).

Der neue Papst Bonifatius VIII., der 1294 unter der Schirmherrschaft Karls in Neapel gewählt worden war, vermittelte 1295 zwischen Jakob II. von Aragon und Philipp IV. von Frankreich den Frieden von Anagni der auch eine höchst eigenwillige Lösung des Konfliktes um Neapel – Sizilien hervorbrachte: Jakob sollte Karls Tochter Bianca heiraten und bekam vom Papst die Investitur in Korsika und Sardinien zugesagt, wohingegen er Anjou freie Hand in Sizilien lassen und ihn sogar bei eventuellem sizilianischem Widerstand unterstützen sollte.

Es wurde ein Versuch gemacht Friedrich, dessen Zustimmung vonnöten war, zu bestechen in dieses Arrangement einzuwilligen. Der aber widersetzte sich mit dem Rückhalt, den er im sizilianischen Volk hatte und wurde zum König von Sizilien gekrönt. Karl eröffnete sogleich einen Krieg gegen Friedrich, war aber trotz der Hilfe durch den Papst, Karls von Valois und auch Jakobs von Aragón, nicht in der Lage, die Insel zu erobern. Sein Sohn Philipp I. von Tarent geriet 1299 in der Schlacht von La Falconara in Gefangenschaft. Auf Betreiben des Papstes vernichtete Karl im Jahr 1300 mit Lucera (bei Foggia) das letzte Zentrum des Islam in Italien, die muslimischen Einwohner wurden massakriert oder versklavt. 1302 wurde mit dem Vertrag von Caltabellotta Frieden geschlossen. Karl gab darin endgültig seine Ansprüche auf Sizilien auf und stimmte der Hochzeit zwischen seiner Tochter Leonora mit Friedrich zu. Damit wurde die Teilung des alten normannisch-staufischen Königreichs von Sizilien in ein festländisches (Mezzogiorno/Neapel) und ein insulares (Trinacria/Sizilien) Königreich besiegelt, das erst 1816 mit der Gründung des Königreichs beider Sizilien wieder vereint werden sollte.

Karl verbrachte seine letzten Jahre ruhig in Neapel und befasste sich mit der Verschönerung seiner Stadt. Er konnte seine Herrschaft gegenüber der italienischen Bevölkerung stabilisieren, indem er sie im größeren Maße an der Macht beteiligte als sein Vater und senkte zudem die Steuerlast. In den politischen Wirren des Kirchenstaates und Norditaliens hielt er sich weitestgehend heraus und konnte somit auch nicht die Überführung des Papsttums nach Avignon durch Philipp dem Schönen verhindern. 1307 unterstützte er die Zerschlagung des Templerordens, dessen Vereinigung mit den Johannitern er zuvor gefordert hatte. Er starb 1309 und wurde in San Domenico beerdigt. Sein Sohn ließ den Leichnam später nach Aix-en-Provence überführen, wo er in der Kirche Saint-Barthélemi bestattet wurde.

Ehe und Nachkommen

Karl war seit 1270 mit Maria von Ungarn († 1323) verheiratet, einer Tochter König Stephans V. von Ungarn und der Elisabeth von Cumania. Diese Ehe leitete den Erbgang des Hauses Anjou in Ungarn ein, das dort von 1308 bis 1395 herrschte. Die Kinder des Paares waren:

  • Karl Martell (* September 1271; † 12. August 1295), Titularkönig von Ungarn
  • Margarete (* 1273; † 31. Dezember 1299), Gräfin von Anjou und Maine
  • Ludwig (* 1274 in Nocera die Pagani; † 19. August 1297 in Brignoles), Erzbischof von Toulouse, 1317 heilig gesprochen
  • Robert der Weise (* 1278; † 20. Januar 1343), König von Neapel
  • Philipp (* 1278; † 26. Dezember 1332), Fürst von Tarent, Achaia und Albanien
  • Blanche (* 1280; † 14. October 1310)
  • Raimund Berengar (* 1281; † Oktober 1305), Graf von Provence, Piemont und Andria
  • Johann (* 1283; † 1308), Geistlicher
  • Tristan (1284; † 1284/88), Fürst von Salerno
  • Leonore (* 1289; † 9. August 1341)
  • Marie (* 1290; † 1346/47)
  • Peter Tempesta (* 1292; † gefallen am 29. August 1315 in der Schlacht von Montecatini), Graf von Gravina
  • Johann (* 1294; † 1336), Graf von Gravina, Fürst von Achaia, Herzog von Durazzo
  • Beatrix (* 1295; † 1335), Gräfin von Andria
    • ∞ 1305 mit Azzo VIII. d'Este († 1308), Herzog von Ferrara
    • ∞ 1309 mit Bertrand des Baux († 1351), Graf von Montescaglioso, Großjustiziar von Neapel

Siehe auch: Geschichte von Tarent

Literatur

  • Andreas Kiesewetter: Die Anfänge der Regierung König Karls II. von Anjou (1278–1295). Das Königreich Neapel, die Grafschaft Provence und der Mittelmeerraum zu Ausgang des 13. Jahrhunderts. Matthiesen, Husum 1999, ISBN 3-7868-1451-1. (Dissertation Würzburg 1993)

Weblinks


Vorgänger Amt Nachfolger
Karl I. König von Neapel
1285–1309
Robert der Weise
Beatrix Graf von Provence
1267–1309
Karl I. Fürst von Tarent
1285–1294
Philipp I.
König von Albanien
Fürst des Königreichs Albanien

1285–1294
Graf von Anjou
Graf von Maine

1285–1290
Margarete
Fürst von Achaia
1285–1289
Isabella von Villehardouin
König von Jerusalem (Gegenkönig)
1285–1286
Heinrich II. von Lusignan

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