Leichtfertige Steuerverkürzung

Leichtfertige Steuerverkürzung
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Steuern sind nach deutschem Steuerrecht namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht.

Die Steuerverkürzung für sich alleine stellt keine strafbare Handlung oder ein Vergehen dar, sondern ist eine reine Begriffsdefinition.

Die Steuerverkürzung als objektiver Tatbestand ist eine der Voraussetzungen für die leichtfertige Steuerverkürzung und die Steuerhinterziehung.

Inhaltsverzeichnis

Leichtfertige Steuerverkürzung

Die Leichtfertige Steuerverkürzung ist ein Ordnungswidrigkeitentatbestand des deutschen Steuerrechts.

Voraussetzungen

In § 378 Abs. 1 AO ist geregelt, dass derjenige ordnungswidrig handelt, wer die Steuerverkürzung des § 370 Abs. 1 AO leichtfertig begeht. Diese Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 378 Abs. 2 AO mit einem Bußgeld von bis zu 50.000,00 Euro geahndet werden.

  • Subjektiver Tatbestand
    • Leichtfertigkeit: dies bedeutet mehr als nur einfache Fahrlässigkeit; es bedeutet Fahrlässigkeit mit einem besonderen Grad an Nachlässigkeit, vergleichbar der groben Fahrlässigkeit. Der Steuerpflichtige handelt leichtfertig, wenn es sich ihm geradezu aufgedrängt hat, dass seine Sorgfaltspflichtverletzung zu einer Steuerverkürzung führen wird.
  • Objektiver Tatbestand
    • Es tritt tatsächlich eine Steuerverkürzung ein.

Berichtigung durch den Täter

Ergänzt bzw. berichtigt der Täter seine Angaben, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens von seiten der Finanzbehörden mitgeteilt worden ist, wird gemäß § 378 Abs. 3 AO kein Bußgeld festgesetzt. Es wird in solchen Fällen also analog zur Selbstanzeige des § 371 AO verfahren.

Steuerhinterziehung

Die Steuerhinterziehung ist in Deutschland eine Steuerstraftat, die nach § 370 AO der Abgabenordnung (AO) mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren oder einer Geldstrafe geahndet wird. In der Schweiz wird zwischen der Steuerhinterziehung (lediglich mit Buße bedrohte Übertretung) und dem Steuerbetrug (auch mit Freiheitsstrafe bedrohtes Vergehen) unterschieden.

Charakter

Der Grundtatbestand der Steuerhinterziehung ist ein Vergehen (die frühere Qualifikation in § 370a AO a.F. war ein Verbrechen). Auch der Versuch ist strafbar. Trotz vollendeter Steuerhinterziehung tritt Straffreiheit ein, wenn der Täter sich selbst anzeigt, bevor die Tat von der Finanzbehörde entdeckt worden wäre (§ 371 AO). Die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige als eine Form der "tätigen Reue" existiert für den Grundtatbestand. Zu unterscheiden ist die Steuerhinterziehung auch von der leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO), die im Gegensatz zur Steuerhinterziehung lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellt und deshalb von den Finanzbehörden verfolgt werden kann, aber nicht muss (Opportunitätsprinzip), während die Ahndung von Steuerstraftaten zwingend vorgeschrieben ist (Legalitätsprinzip).

Voraussetzungen

  • Subjektiver Tatbestand
    • Den Finanzbehörden, namentlich den Finanzämtern und den Hauptzollämtern/Zollfahndungsämtern, oder anderen Behörden werden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht.
    • Die Finanzbehörden werden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen.
    • Die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstempeln wird pflichtwidrig unterlassen.
  • Objektiver Tatbestand
    • Zur Vollendung der Straftat ist es erforderlich, dass neben der Tathandlung (subjektiver Tatbestand) auch der Taterfolg, die Verkürzung der Steuern (objektiver Tatbestand) eintritt.
  • Auch der Versuch der Steuerhinterziehung ist strafbar (§ 370 Abs. 2 AO).

Problematisch ist die Frage, wann eine Steuerstraftat vollendet ist, wenn keinerlei Erklärungen abgegeben wurden. Bei turnusmäßig abzugebenden Steuererklärungen (z.B. Einkommensteuererklärungen, siehe auch § 149 Abs. 2 AO) wird in aller Regel die Vollendung mit Abschluss der Veranlagungsarbeiten anzunehmen sein. Dabei ist zu beachten, dass die jeweiligen Länderfinanzbehörden festlegen, wann der Veranlagungsschluss eingetreten ist. Bei Voranmeldungen (insbesondere Umsatzsteuer, Lohnsteuer) geht die Finanzbehörde bereits dann von einer vollendeten Straftat aus, wenn der gesetzliche Voranmeldungstermin verstrichen ist.

Strafwirkung

  • Freiheitsstrafe bis 5 Jahre oder Geldstrafe
  • In besonders schweren Fällen (§ 370 Abs. 3 AO): Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren

Die Strafe ist von der jährlichen Steuerschuld abhängig und wurde am 2. Dezember 2008 mit einer neuen Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes festgelegt (Az: 1 StR 416/08), wonach die Steuerhinterziehung mit ähnlichen Strafen wie Betrug behaftet ist. Der Steuerschaden ist hochmaßgeblich für die Strafzumessung.

  • Bis 50.000 Euro werden normalerweise Geldstrafen verhängt.
  • Ab 50.000 Euro kann auch eine Freiheitsstrafe (auf Bewährung) verhängt werden.
  • Ab 100.000 Euro sollte in der Regel als besonders schwerer Fall eine Freiheitsstrafe verhängt werden.
  • Ab 1.000.000 Euro ist mit mindestens 2 Jahren Gefängnis zu rechnen, welche in der Regel nicht zur Bewährung auszusetzen sind. Dies wird in einer öffentlichen Hauptverhandlung ausgetragen.

Bei Schwarzarbeit ist außerdem § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV zu beachten. Der Schwarzlohn wird somit als Nettolohn angesehen, aus dem ein Bruttolohn berechnet wird. Somit fällt generell der hinterzogene Betrag höher aus.[1]

Dieses Strafrecht gilt ab sofort auch für schon laufende Verfahren. [2]

Verjährung

Steuerstraftaten verjähren nach fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit Beendigung der Tat, also in der Regel mit Ergehen des betreffenden Steuerbescheides. Mit dem Jahressteuergesetz 2009 soll die Verjährung auf zehn Jahre verlängert und damit an die steuerliche Festsetzungsverjährung angepasst werden.

frühere Qualifikation

Die frühere Qualifikation zu § 370 AO ist zum 1. Januar 2008 aufgehoben worden. Die Fassung lautete bis dahin:
Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird nach § 370a AO bestraft, wer in den Fällen des § 370 Abgabenordnung

  1. gewerbsmäßig oder
  2. als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,

in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Kritik

Kritisiert wird die Norm der Steuerhinterziehung, weil sie nicht den Anspruch auf die Steuern selbst beinhaltet, sondern lediglich in Beziehung mit den Steuergesetzen anwendbar ist. Fraglich ist daher, inwieweit die Steuerhinterziehung den Blankettdelikten zuzuordnen ist oder ob es sich um ein eigenständiges Strafgesetz handelt.

Stark kritisiert wurde auch der § 370a der Abgabenordnung, nach dem „gewerbs- und bandenmäßige Steuerhinterziehung“ ein Verbrechen ist und mit einer Freiheitsstrafe geahndet wird. Der Bundesgerichtshof hatte kritisiert, dass die „bandenmäßige Steuerhinterziehung“ nicht klar definiert und damit verfassungswidrig sei. Mit der Reform der Telekommunikationsüberwachung (BGBl. I 2007, 3198) ist § 370a AO gestrichen worden. Der Tatbestand wurde durch die Reform in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO überführt und erlaubt seitdem die verdeckte Ermittlung nach § 100a Abs. 1 StPO (Telekommunikationsüberwachung).

Gesellschaftliche Bewertung

Bisweilen gilt Steuerhinterziehung als ein Kavaliersdelikt; ein Grund für das schwindende Rechtsbewusstsein ist, dass das herrschende Steuerrecht mit seinen unüberschaubaren legalen Gestaltungsmöglichkeiten und ständigen Änderungen zunehmend als ungerecht wahrgenommen wird. Die schwindende Steuermoral versucht die Finanzpsychologie aber auch mit negativen Vorbildern, geringer Entdeckungswahrscheinlichkeit, niedriger Straferwartung und nicht zuletzt mit mangelnder Transparenz der Ausgaben zu erklären. Insbesondere die niedrige Straferwartung im Vergleich zu Eigentumsdelikten wird oft auch sehr kritisch gesehen, da in der Folge tendentiell finanzstarke Täter trotz hoher Schadenssummen eher geschont werden.

Ein weiteres Problem bei der gesellschaftlichen Einordnung stellen die Steueramnestien (z.B. die Möglichkeit der strafbefreienden Nacherklärung bei pauschaler Besteuerung nach dem Gesetz über die strafbefreiende Erklärung, beendet mit dem 31. März 2005) dar, die Steuerhinterziehungen rückwirkend legalisieren. Diese werden damit aus Finanznot des Fiskus in Gesetzesform bagatellisiert und letztlich als Kavaliersdelikt bestätigt.

Eine gegenläufige Tendenz ist jedoch durch die Einrichtung der Kontenevidenzzentrale und der Neuregelung von § 93 Abs. 7 Abgabenordnung ansatzweise zu erkennen (Kontenabrufverfahren).

Steueramnestie

Das Bundesfinanzministerium bezeichnete das Strafbefreiungserklärungsgesetz als „Brücke zur Steuerehrlichkeit“. Laut Begründung zum Gesetzentwurf wurden während der Laufzeit dieses Gesetzes Steuermehreinnahmen von bis zu 5 Mrd. Euro erwartet, nach Pressemeldungen im April 2005 wurden jedoch insgesamt nur 1,24 Milliarden Euro Mehreinnahmen erzielt.

Mit dem Ablauf des Amnestiegesetzes traten zum 1. April 2005 umstrittene Kontrollbefugnisse der Finanzbehörden in Kraft (Kontenabfrage), z.B. die Möglichkeit des von der Bank und deren Kunden unbemerkten automatisierten Kontenabrufs nach § 24c KWG. Dabei erhält die Finanzbehörde vor allem Auskunft über Name und Kontonummer des Bankkunden, jedoch nicht über Kontostände und -bewegungen. Falls das Konto der Finanzbehörde bisher nicht bekannt war, kann sie anschließend zwecks Erlangung weiterer Informationen ein konkretes Auskunftsersuchen an das auskunftspflichtige Kreditinstitut richten, um die ordnungsgemäße Versteuerung eventueller Kapitaleinkünfte überprüfen zu können. Nach der früheren Reichsabgabenordnung (§ 363 RAO) konnte im Urteil angeordnet werden, dass die Bestrafung wegen Steuerhinterziehung auf Kosten des Verurteilten bekanntzumachen ist, wenn eine Geldstrafe von mehr als 5000 Mark oder neben Geldstrafe auch Gefängnisstrafe verhängt wurde. Diese moderne Form des "Prangers" erübrigt sich mittlerweile jedenfalls insoweit, als dass die Medien von sich aus über entsprechende Entscheidungen berichten und elektronische Archive diese Information auch nach Jahren noch mit wenigen Mausklicks zutage fördern können.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. rechtsprechung.com: BGH-Grundsatzentscheidung zur Strafhöhe bei Steuerhinterziehung
  2. Spiegel: Bundesgerichtshof verschärft Strafen für Steuersünder

Weblinks

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