Leonhart Thurneisser zum Thurn

Leonhart Thurneisser zum Thurn
Leonhard Thurneysser

Leonhard Thurneysser (* 22. Juli 1531 in Basel; † 1595 oder 1596[1] bei Köln), eigentlich Leonhart Thurneisser zum Thurn, war ein Gelehrter und Wunderdoktor am Hofe des Brandenburger Kurfürsten Johann Georg.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Als Sohn eines Goldschmieds entwickelte er eine Interesse für zur Mineralogie und Alchemie. Er erlernte das Goldschmiedehandwerk und diente darüber hinaus dem Medizinprofessor Johannes Huber als Famulus und half Kräuter zu sammeln und Arzneien zuzubereiten. Diese Kenntnisse verwendete er später in seiner Schrift „Historia“. Bei Huber fand Thurneysser auch Zugang zu den Schriften des Paracelsus, welche ihn tief prägten.

Ab 1547 führte Leonhard Thurneysser ein Wanderleben, bis er 1555 in seiner Heimat Basel heiratete. Er wurde Mitglied der „Zunft der Hausgenossen“ (Geldwechsler und Goldschmiede. Jodoch ging Thurneysser 1558 wieder auf Wanderschaft.

1559 betätigte er sich erfolgreich als Metallurg im Tiroler Tarrenz und wurde Unternehmer eines Bergwerks. Bald galt Thurneysser bei dem Kaiser Ferdinand I. und dessen Söhnen, sowie bei Persönlichkeiten wie den Gelehrten Pietro Paolo Vergerio und Gerolamo Cardano und anderen als Experte in den Bereichen der Pharmazie, Chemie, Metallurgie, Botanik, Mathematik, Astronomie und Medizin. Die Frau von Erzherzog Ferdinand II. von Habsburg, Landesfürst von Tirol Philippine Welser veranlasste Thurneysser zu weiteren Reisen, unter anderem durch den Orient und Nordafrika. Er sammelte Mineralien, Pflanzen und Arzneirezepte. Nach diesen Reisen verstand er sich nicht mehr als Metallurge, sondern praktizierte nun als Apothekenarzt.

Von 1569 bis 1570 lebte Leonhard Thurneysser in Münster. Der dortige Bischof Johann Graf von Hoya erteilte seinem Leibarzt Thurneysser den Auftrag eine Apotheke einzurichten, jedoch überstiegen die Vorstellungen von Thurneysser über die Ausstattung der Apotheke die Mittel des Bischofs.

Das erste Zusammentreffen zwischen Thurneysser und dem barndenburgischen Kurfürsten Johann Georg fand in Frankfurt an der Oder statt, wo Thurneysser die kränkelnde Gemahlin des Kurfürsten heilte. Johann Georg ernannte ihn daraufhin zu seinem Leibarzt und nahm ihn mit nach Berlin bei einem Gehalt von 1352 Talern. Für seine Arbeiten stellte Johann Georg ihm einen Teil des ehemaligen Franziskanerklosters zur Verfügung, das heute als Graues Koster bekannt ist. Thurneysser leitete auch den Aufbau der Glashütte auf Burg Grimnitz.

Leonhard Thurneysser richtete im Grauen Kloster seine Wohnung, seine Bibliothek, eine Druckerei sowie seine Laboratorien ein. Aufgrund seiner selbst erstellten Medizin wurde er schnell zu einem reichen Mann, außerdem verkaufte er astrologische Kalender, Horoskope und Talismane zum Schutz vor dem Bösen. Er behauptete, in der Mark Brandenburg Orte zu kennen, an denen Saphire, Rubine und Smaragde zu finden seinen, außerdem enthielte der Schlick der Spree Gold. In seiner Druckerei produzierte er Schriften in unterschiedlichsten Alphabeten und nutzte dafür neben deutschen, lateinischen, griechischen und hebräischen Lettern auch solche mit arabischen Schriftzeichen. Er richtete das erste naturwissenschaftliche Kabinett in Brandenburg ein, legte einen botanischen Garten an und hielt exotische Tiere auf dem Hof.

Einen Wendepunkt in seinem Leben stellte eine Reise 1559 in seine Heimatstadt Basel dar. Hier heiratete er seine dritte Frau und holte einen großen Teil seiner Reichtümer nach Basel. Nach heftigen Streitigkeiten mit seiner Frau kehrte Leonhard Thurneysser 1580 nach Berlin zurück, verlor jedoch dabei seine Besitztümer in Basel, die beschlagnahmt und der Frau zugesprochen wurden. 1584 verließ er Berlin endgültig und ließ sich katholisch taufen. Kurze Zeit lebte er in Rom; 1595 starb er verarmt unter ungeklärten Umständen in einem Kloster nahe Köln. Am 8. Juli 1596 wurde er bei den Dominikanermönchen im Kölner Predigerkloster „ad latus Alberti Magni“ beerdigt.

Zu den beeindruckendsten Büchern aus seiner Werkstatt zählt gleichzeitig eines seiner Hauptwerke, seine Archidoxa, ein großformatiges Buch in Form eines Astrolabiums mit Planetentafeln, das es - den richtigen Gebrauch vorausgesetzt - dem Benutzer ermöglichen sollte, Vorhersagen zum persönlichen Schicksal oder zu Naturereignissen treffen. Die graphische Gestaltung übernahm der Radierer, Holzschnittmacher und Zeichner Jost Amman. Der vollständige Titel der zweiten Auflage in der damaligen Orthographie lautet:

Archidoxa. Dorin der recht war Motus, Lauff vnd Gang auch heimligkeit, Wirckung vnd Krafft der Planeten Gstirns vnd gantzen Firmaments Mutierung vnd ausziechung aller Subtiliteten vnd das Fünffte wesen auss den Metallen sampt dem auszug vnd Verstandt des Astrolabij vnd aller Zircklen Caracter vnd Zeichen.
Zum andern mal vnd jetz von newen gemert vnd sampt dem verstand der Caracter an tag geben. Durch Leonhart Thurneisser zum Thurn. Churfürstlichen Brandenburgischen Bestalten Leibs Medicum. Berlin: Im Grawen Closter. 1575

Weiterhin verfasste er 1583 eine einer Enzyklopädie ähnelnde Schrift Magna Alchymia, die ein Wörterbuch von Begriffen enthielt, wie sie von Paracelsus verwendet wurden. Diese Schrift enthielt aber auch die Sammlung seiner mineralogischen Kenntnisse[2].

Literatur

  • J. Heidemann: Thurneisser, Leonhard. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 38, Duncker & Humblot, Leipzig 1894, S. 226–229.
  • Peuckert, Will-Erich (Hrsg): Der Alchymist und sein Weib.
  • Will-Erich Peuckert:Der Alchymist und sei Weib. - Gauner- und Ehescheidungsprozesse des Alchymisten Thurneysser.(Dokumente der Leidenschaft, Band 1) Fr. Frommanns Verlag, Stuttgart 1956,
  • Eva Dannemann: Der Baseler Wundermann. In: Berlinische Monatsschrift. Heft 2/1995; S. 80 f.

Weblinks

Einzelreferenzen

  1. wikisource.org: Allgemeine Deutsche Biographie: Thurneisser zum Thurn, Leonhard
  2. Peter Rawert: Von der Errettung durch Einweihung, Artikel in der FAZ vom 17. Februar 2007

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