Leslie Lautsprecher-Kabinett

Leslie Lautsprecher-Kabinett

Ein Leslie-Lautsprecher (Leslie speaker; auch als Rotationslautsprecher, Leslie-Tonkabinett, Leslie-Box oder kurz Leslie bekannt) ist ein Effektgerät zur elektroakustischen Klangveränderung musikalischer Tonsignale, in dem mithilfe eines durch Rotation ausgelösten Doppler-Effekts Schwebungen erzeugt werden.

Benannt ist das Leslie nach seinem Erfinder Donald Leslie (1911–2004).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ein Leslie-Lautsprecher im durchsichtigen Plastikgehäuse

Don Leslie bot seine Erfindung 1940 zunächst Laurens Hammond für seine Hammond-Orgel an, der es jedoch kategorisch ablehnte. Leslie gründete darauf hin die Firma Electro Music in Pasadena und baute für die Orgeln seine Systeme. Erst ab 1980 kam es nach Bildung der Firma Hammond Suzuki/USA durch die Übernahme der Firma CBS, zu der Electro Music inzwischen gehörte, zur direkten Zusammenarbeit mit Leslie.

Unabhängig von diesen Marketingproblemen wurden von findigen Musikern und Technikern beide Systeme seit den 1960er-Jahren miteinander kombiniert und prägen seitdem den Sound der Hammondorgel entscheidend mit.

Der ursprüngliche Name des Leslie-Lautsprechers war „Vibratone“, er wurde aber auch „Brittain-Lautsprecher“ genannt: 1941 begann Leslie eine Teilhaberschaft mit einem Lou Brittain, diese wurde nach dem Krieg wieder aufgelöst. Leslies waren auch als „Hollywood-Lautsprecher“ (sie wurden in Kalifornien nahe Hollywood gebaut) und „Crawford Lautsprecher“ (Organist Jesse Crawford war der erste Leslie-Verkäufer im New York-Bereich) bekannt. 1946 wurde der Name wieder in „Leslie-Vibratone“ geändert, um das Durcheinander zu beenden. Die meisten Leute nannten sie einfach „Leslie“ und 1949 ließ Leslie den Namen „Vibratone“ fallen.

Prinzip

Herausragendes Merkmal eines Leslie sind die rotierenden Lautsprecher. Sinn der Rotation ist die Erzeugung eines Vibratos, das heißt, eine Modulation der Tonhöhe durch Ausnutzung des Doppler-Effekts und daraus resultierender Schwebung.

Wenn sich der rotierende Lautsprecher vom Zuhörer entfernt, wird damit der Ton tiefer. Gleichzeitig nähert er sich aber der gegenüberliegenden Wand, die daher mit einem höheren Ton beschallt wird, den sie auch in Richtung des Zuhörers reflektiert. Dieses geschieht zu jedem Zeitpunkt in alle Richtungen des Raumes. Der Zuhörer erfährt damit ein sehr komplexes Klangbild, das weit über ein einfaches Tonhöhen-Vibrato hinaus geht und den Hammondsound bereichert.

Technik

Das Leslie ist als Zweiwege-System aufgebaut, mit getrennten Lautsprechern für den Hochton- und den Bassbereich. Der Hochtonbereich wird von einem Horn wiedergegeben, das als Doppelhorn ausgeführt ist. Dabei wird der Schall aber nur durch eines der beiden Hörner geleitet, das andere Horn dient als Gegengewicht. Der Hochtonrotor beschleunigt und verzögert schneller als der Bassrotor, da der Bassrotor aufgrund seiner höheren Masse ein größeres Trägheitsmoment besitzt. Die Rotation wird in zwei Stufen über einen Schalter an der Orgel oder über ein Vorverstärker-Pedal (Combo Preamp) gesteuert. Beim langsamen Drehen der Rotoren („chorale“) entsteht ein Chorusähnlicher Effekt. Beim schnellen Drehen („tremolo“) entsteht ein Effekt, der einem Tremolo ähnelt. Bei manchen Modellen kann die Rotation auch abgestellt werden. Akustisch besonders reizvoll sind die bei Beschleunigung und Verzögerung auftretenden Effekte. Die Motoren für schnelles und langsames Rotieren sind in älteren Leslie-Modellen aus zwei einzelnen mechanisch verkoppelten Motoren zusammengesetzt, während bei neueren Modellen meist nur ein einziger Motor eingesetzt wird, der mit einer entsprechenden elektronischen Steuerung versehen ist.

Besonders wuchtig klingen sogenannte Rotosonic-Trommeln, die anstelle der Schallumlenktrommel als Bassrotor funktionieren. Bei diesen Trommeln sitzt tatsächlich ein 6x9" Lautsprecher in einer Trommel, und das Tonsignal wird über einen speziell hierfür entwickelten Quecksilber-Kontakt[1] geleitet. Der Modulationseffekt im Bassbereich ist bei diesen Modellen intensiver als beim Original-Leslie. Diese Trommeln sind um einiges schwerer als die Umlenktrommeln und beschleunigen oder verzögern entsprechend langsamer. Leslies mit Rotosonic-Bassrotoren haben einen zusätzlichen Basslautsprecher, der Frequenzen überträgt, die für den 6x9" Lautsprecher in der Trommel zu tief sind.

Weitere Bestandteile des Leslie sind der eingebaute Verstärker, sowie bei manchen Modellen eine Halleinheit, die mit einem Federhall aufgebaut ist. Außerdem ist eine Frequenzweiche (passiv oder aktiv) integriert, die den verschiedenen Lautsprechern die geeigneten Frequenzbereiche ausfiltert. Manche Leslie-Modelle besitzen zusätzlich feststehende Lautsprecher, die zur Wiedergabe von Nicht-Orgelklängen (z.B. String-Ensemble, Piano, Bass) oder eines Hallsignals dienen.

Auf einen systembedingten Nachteil des Leslie weist schon die Zusatzbezeichnung „Kabinett“ hin: Die Leslie-Einheit ist groß und schwer und dementsprechend schlecht zu transportieren. Das Leslie-Kabinett dient weiterhin nur der Schallerzeugung: es gibt die eingespeisten Tonsignale nach der Bearbeitung nicht, wie bei anderen Effektgeräten, wieder als elektrisches Signal aus, da es selbst keine Mikrofone besitzt. Die Mikrofon-Abnahme des Leslie ermöglicht somit weitere Einflussnahme auf den erzeugten Klang und spielt bei der Musikproduktion eine besondere Rolle. Es muss mit mindestens zwei Mikrofonen gearbeitet werden, um die Räumlichkeit des Leslie-Klangs aufzuzeichnen. Die Anordnung der Mikrofone und der Wiedergaberaum sind dabei kritische Größen.

Nachbauten

Verschiedene Hersteller haben immer wieder versucht, den Klangcharakter eines Leslies auf elektronischem Weg nachzubilden. Da jedoch der typische „schwebende, schwirrende“ Klang eine Kombination aus Vibrato, Tremolo und Phasenverschiebung darstellt, die noch dazu für hohe und tiefe Tonanteile unterschiedlich verläuft, ist es erst mit der Verfügbarkeit schneller und billiger Rechnerleistung auf digitalem Wege gelungen, den Effekt im Computer zu simulieren. Bei Live-Darbietungen ist ein originales Leslie-Kabinett für geübte Ohren jedoch leicht von der elektronischen Simulation zu unterscheiden. Unter den meisten Musikern ist die Benutzung eines simulierten Leslie jedoch verpönt. Ein Zitat des Keyboarders Bobby Sparks dazu lautet: „There's nothing like the real thing, man!” (Nichts ist wie das echte Ding, Mann!)

Hörbeispiele

Die nachfolgenden Beispiele wurden mit einer XB-1 aufgenommen, einer portablen volldigitalen Orgel aus dem Hause Hammond.

Das erste Beispiel macht anhand eines einfachen Akkordes hörbar, wie das Leslie erst mit niedriger Geschwindigkeit läuft (man muss genau hinhören, damit man die langsamen Rotationen der Lautsprecher hört). Dann wird das Leslie auf hohe Geschwindigkeit umgeschaltet, wobei man gut hören kann, dass der Hochtonrotor wesentlich früher die Endgeschwindigkeit erreicht als der Bassrotor. Anschließend wird wieder auf niedrige Geschwindigkeit umgeschaltet, wobei der Hochtonrotor wiederum wesentlich schneller in der Geschwindigkeit abfällt als der Bassrotor.

 Hammond-Orgel, Leslie-Effekt Slow-Fast-Slow?/i

Das zweite Beispiel besteht aus einer kurzen Akkordfolge, wobei an drei Stellen das Leslie beschleunigt wird.

 Hammond-Orgel, verschiedene Sequenzen mit Leslie-Effekten?/i

Literatur

  • Thomas Görne: Tontechnik. 1. Auflage, Carl Hanser Verlag, Leipzig, 2006, ISBN 3-446-40198-9

Einzelnachweise

  1. Mercotac-Produkte Aufbau und Anwendung der in Leslies verwendeten Quecksilberkontakte (englisch).

Weblinks


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