Lev Landau

Lev Landau

Lew Dawidowitsch Landau (russisch Лев Давидович Ландау; * 9. Januarjul./ 22. Januar 1908greg. in Baku; † 1. April 1968 in Moskau, Russische SFSR) war ein russischer Physiker.

Leben und Werk

Landau, wie Edmund Landau der jüdischen Familie Landau entstammend, aus der viele namhafte Rabbiner und Gelehrte hervorgegangen sind, beendete bereits 1922 die Schule und studierte an der physikalisch-mathematischen und chemischen Fakultät der Universität Baku. 1924 wechselte er zur physikalischen Abteilung der Universität Sankt Petersburg, wo er Assistent von Abram Ioffe wurde. 1929 erhielt Landau ein Forschungsstipendium, das ihn zu Max Born, Paul Ehrenfest, Werner Heisenberg und Wolfgang Pauli führte. Außerdem besuchte er Niels Bohr und Ernest Rutherford. In dieser Zeit entwickelte sich auch die Zusammenarbeit mit Rudolf Ernst Peierls.

Nach seiner Rückkehr nach St. Petersburg (1931) übernahm Landau 1932 die Abteilung für Theoretische Physik am Physikalisch-Technischen Institut in Charkow, wo er 1933 auch eine Professur für Theoretische Physik am Institut für Mechanik und Maschinenbau übernahm. Aufgrund seiner Verdienste wurde ihm 1934, ohne Vorlage einer Dissertation, der Doktortitel verliehen. 1935 erhielt er eine Professur für Allgemeine Physik an der Universität Charkow, 1937 folgte er einem Ruf Pjotr Kapizas an das Physikalische Institut in Moskau und übernahm dort die Leitung der Abteilung Theoretische Physik. 1938 wurde Landau auf Veranlassung Stalins interniert. Nach seiner Entlassung, die nach einer mutigen Einmischung von Kapiza 1939 zustande kam, kehrte er an das Moskauer Institut zurück, wo er eine wissenschaftliche Schule gründete, aus der hervorragende Physiker hervorgingen. Landau war Mitglied vieler wissenschaftlicher Gremien, so gehörte er sowohl der sowjetischen Akademie der Wissenschaften an als auch der Dänemarks, der Niederlande und der USA. Außerdem war er Mitglied der Royal Society. Vielfach ausgezeichnet, erhielt er 1962 für seine richtungsweisenden Arbeiten zur Theorie der kondensierten Materie (insbesondere zum flüssigen Helium) den Nobelpreis für Physik.

Landau lieferte Arbeiten zu fast allen Bereichen der modernen Physik. Nach frühen Forschungen zur Quantenmechanik und zum Magnetismus untersuchte er 1930 die diamagnetischen Eigenschaften von Metallen (u.a. Landau-Quantisierung), 1935 formulierte er eine mathematische Darstellung der Magnetisierungsmechanismen bei Ferromagnetika. Bei einer Arbeit über Höhenstrahlung begründete er 1938 die Kaskadentheorie der Elektronenschauer. Im Anschluss daran begann Landau mit Forschungen auf dem Gebiet der Tieftemperaturphysik. Bei Phasentransformationen entdeckte er 1938 an flüssigem Helium das Phänomen der Suprafluidität, bei der ein Stoff ab einer bestimmten, stoffcharakteristischen Sprungtemperatur seine viskosen Eigenschaften verliert. 1941 formulierte er die Theorie der Suprafluidität auf quantenmechanischer Grundlage, mit der erstmals die Eigenschaften von Flüssigkeiten vollständig beschrieben wurden. 1950 stellte Landau zusammen mit Witali Ginsburg die phänomenologische Theorie der Supraleitung auf, welche die elektromagnetischen Eigenschaften dieser Leiter bei niedrigsten Temperaturen zusammenfasste. Gegen Ende der 1950er Jahren arbeitete Landau mit seiner Schule auch über Elementarteilchentheorien und Quantenfeldtheorien, ein Feld, das er vorher trotz der Erfolge von Richard Feynman und anderen im Westen gemieden hatte. Hier gelang ihm und einigen anderen sowjetischen Physikern wie z.B. Isaak Pomerantschuk die Entdeckung eines inhärenten Problems der Quantenelektrodynamik, die Divergenz der Kopplungskonstante mit zunehmender Energie (oder anders ausgedrückt des „Verschwindens der nackten Ladung“). Das führte dazu, dass die Quantenfeldtheorie allgemein in der russischen Schule, die stark von Landau dominiert war, noch lange Zeit mit starker Skepsis betrachtet wurde.

Zusammen mit Jewgeni M. Lifschitz und später noch einigen anderen Autoren verfasste er ein zehnbändiges, richtungsweisendes Lehrbuch der Theoretischen Physik (in Russland ab 1938), das als zeitloses Werk von hoher Qualität international einen großen Einfluss hat. In dem Lehrbuch wird ein sehr breites Spektrum der theoretischen Physik behandelt, entsprechend den weitgespannten Interessen der Landau-Schule. Es spiegelt mit seinen sorgfältig ausgearbeiteten Übungsaufgaben auch den Geist des Physik-Unterrichts in der Landau-Schule wider. Wer dort Zugang erhalten wollte, musste eine Reihe von Prüfungen privat bei Landau und seinen Mitarbeitern bestehen, die im Niveau weit über den staatlichen Prüfungen lagen ("Theoretisches Minimum" von Landau und seinen Mitarbeitern genannt). Prüfen lassen konnte sich jeder nach vorheriger Absprache, auch ohne universitäre Voraussetzungen.

Am 7. Januar 1962 ereignete sich ein tragischer Unfall: Auf dem Weg von Moskau nach Dubna stieß Landaus Auto mit einem entgegenkommenden Lastwagen zusammen. Er rang in den anschließenden Wochen mit dem Tode und musste mindestens vier mal wiederbelebt werden. Nach drei Monaten erwachte Landau wieder aus dem Koma. Von den Folgen des Unfalls jedoch konnte er sich nie wieder vollständig erholen, und er erlangte auch seine großartige Kreativität nicht annähernd zurück. Lew Landau starb letztlich an den Folgen des Autounfalls sechs Jahre später am 1. April 1968.

Landaus Forschergruppe wurde zum Kristallisationskeim des 1965 gegründeten, weltweit bekannten Landau-Instituts für Theoretische Physik in Tschernogolowka bei Moskau. Zu dessen ersten Mitgliedern gehört der spätere Nobelpreisträger Alexei Alexejewitsch Abrikossow, der dort bis 1988 forschte.

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