Libation

Libation
Darstellung eines Trankopfers auf einer attischen Phiale – um 480 v. Chr.
Sake-Fässer im Itsukushima-Schrein, Japan
Darstellung von lituus (Krummstab der Auguren) und gutus (gehenkelter enghalsiger Krug für Libationen) auf der Rückseite einer römischen Münze – 42 v. Chr.
keramischer Kernos aus Phylakopi auf der griechischen Insel Melos

Das Trankopfer oder die Libation ist eine Form des Opfers. Am Kultplatz, aber auch an profanen Orten werden Flüssigkeiten über einem geweihten Objekt vergossen, bei Viehzüchtern auch in die vier Himmelsrichtungen verschüttet, und so der göttlichen Sphäre übereignet.

Die Libation scheint bereits in einer frühen Phase der Religionsentwicklung aufgetreten zu sein. Merkmale prähistorischen Wasserkultes sind besonders gestaltete Libationsgefäße (z. B. Mehrtüllengefäße). In Lepenski Vir fand man die ältesten Libationsbehältnisse Europas, in Steine eingetiefte Mulden. Die chalkolithische Theiß-Kultur Ungarns schuf die Venusgefäße von Kökénydomb. Vieles spricht dafür, dass sie für Wasserkulte in Benutzung waren. Entsprechende Gefäße kennt auch die Bandkeramik.

Durch archäologische Funde sind Gefäße für Trankopfer im östlichen Mittelmeerraum (Ägypten, Kreta, Kleinasien) und in Mesopotamien aus frühgeschichtlicher Zeit belegt. Schriftzeugnisse geben Hinweise auf Verbreitung und Praxis der Libation. Der Göttin Hathor war ein eigener Hymnus über ihr Trankopfer (altägypt. „qbch“, die entsprechende Hieroglyphe zeigt einen Wasserspender) gewidmet, das Buch Numeri 28–29 wies die Israeliten detailliert an, wie sie ihre Trankopfer neben Feuer- und Speiseopfern durchzuführen hatten.

Eine Vielzahl von Religionen haben Trankopferformen entwickelt, die nicht selten auf einer langen Tradition beruhen. Das indische Ghee spielt häufig eine libatorische Rolle in vedischen Ritualen, die bis ins 13. Jahrhundert v. Chr. zurückdatieren. Beim japanischen Shintō, dessen Wurzeln in einem vor-buddhistischen agrarischen Animismus liegen, geschieht die Kulthandlung in einem Schrein üblicherweise mit geweihtem Sake (selten mit Bier), im privaten Bereich kann auch frisches Wasser zur Anwendung kommen, das in schmucklosen Porzellan- oder Metallschalen dargebracht wird.

In der griechischen und römischen Religion war das Trankopfer aus Flüssigkeiten wie Wasser, Milch, Honig, Wein oder Öl die häufigste Kulthandlung. Es geschah morgens und abends, zum Gebet, beim Eid, bei Antritt einer Reise oder auch bei Symposien und Gastmählern. Trankopfer gehörten so selbstverständlich zur religiösen Sphäre, dass selbst Götter bei dieser Kulthandlung dargestellt wurden und die Trankopferschale zum eigentlichen göttlichen Attribut wurde. Der große Bedarf an Trankopfern inspirierte Heron von Alexandria zu einem in seinem Werk Pneumatika beschriebenen Automaten: Eine lose Holzscheibe deckte ein gefülltes Spendergefäß ab; deren Gewicht drückte die Flüssigkeit, nachdem ein Geldstück eingeworfen worden war, durch ein Rohr nach oben, wo sie der Gläubige auffangen konnte.

Die beim Trankopfer verwendeten Gefäße unterschieden sich in der Regel von denen für den Alltagsgebrauch. Ein gängiges Gefäß war das Rhyton, libiert wurde auch mittels φιάλη (phialē) bzw. Patera (beides Opferschalen) und Guttus (eine Opferkanne). Die Begriffe für das Trankopfer hießen im Griechischen σπονδή (spondē, danach benannt auch der Spondeus als üblicher Versfuss der Trankopfergesänge), λοιβή (loibē) und χοή (choē) bzw. für das Weinopfer οἰνόσπονδα (oinosponda) und beim chtonischen Kult νηφάλια (nēphalia) sowie im Lateinischen libatio.

Das Trankopfer wurde selbständig oder zusammen mit anderen Opfergaben dargebracht (oft beim Speiseopfer), in Verbindung mit blutigen Opfern goss man die Flüssigkeit zu Anfang und Ende des Ritus über den brennenden Opfertieren aus. Selbständige Trankopfer geschahen beim griechischen Eid (σπονδή bedeutet auch Vertrag) oder im Totenkult mit dem Weihguss (χοή) aus ungemischtem Wein direkt auf den Erdboden. Das Ritual konnte von eigens dazugezogenen Weihgussträgerinnen vollzogen werden; nach diesen Choephoren ist der zweite Teil von Aeschylos' Orestie benannt.


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  • libation — [ libasjɔ̃ ] n. f. • 1488; lat. libatio 1 ♦ Antiq. Action de répandre un liquide (vin, lait, huile) en l honneur d une divinité. Les Grecs et les Romains faisaient des libations lors des sacrifices. 2 ♦ Loc. (1750) Faire des libations, de… …   Encyclopédie Universelle

  • Libation — Li*ba tion (l[ i]*b[=a] sh[u^]n), n. [L. libatio, fr. libare to take a little from anything, to taste, to pour out as an offering: cf. F. libation.] The act of pouring a liquid or liquor, usually wine, either on the ground or on a victim in… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • libation — (n.) late 14c., pouring out of wine in honor of a god, from L. libationem (nom. libatio) a drink offering, noun of action from pp. stem of libare pour out (an offering), from PIE * (s)leib to pour, drop (Cf. Gk. leibein to pour, make a libation ) …   Etymology dictionary

  • Libation — (v. lat.), Gebrauch, den Göttern zu Ehren bei Opfern, feierlichen Verträgen, Gastmahlen etc. Wein, Milch etc. auszugießen. Man goß dabei; bevor man trank, einen Theil ins Feuer od. auf die Schenkel des Opferthiers, od. man träufelte ihn, gen… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Libation — (lat.), Trankopfer der alten Römer, bestand im Ausgießen einiger Tropfen von einer Flüssigkeit (besonders Wein), um damit der Gottheit ihren Anteil zu widmen. Die Griechen hatten dieselbe Sitte und pflegten namentlich beim Übergang vom Gastmahl… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Libation — (lat.), Trankopfer, den Göttern oder Verstorbenen dargebracht durch Ausgießen eines Teiles des Weines vor dem Trinken; auch s.v.w. Gelage …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Libation — Libation, lat. dtsch., Trankopfer. religiöser Brauch bei den Alten, indem man Wein od. Milch auf den Altar der Götter goß, oder auch nur einige Tropfen aus dem Becher fließen ließ. L. bedeutet wohl auch im jetzigen Sprachgebrauche dasselbe was… …   Herders Conversations-Lexikon

  • libation — index grant Burton s Legal Thesaurus. William C. Burton. 2006 …   Law dictionary

  • libation — LIBATION. s. f. Effusion, espanchement de quelque peu de vin ou autre liqueur que les Payens offroient à leurs dieux. On faisoit des libations dans les sacrifices. il y avoit des libations particulieres pour les Dieux Manes …   Dictionnaire de l'Académie française

  • libation — ► NOUN 1) the pouring out of a drink as an offering to a deity. 2) a drink poured out as such an offering. 3) humorous an alcoholic drink. ORIGIN Latin, from libare pour as an offering …   English terms dictionary

  • libation — [lī bā′shən] n. [ME libacioun < L libatio < libare, to taste, pour out < IE base * lei , to pour > Gr leibein] 1. the ritual of pouring out wine or oil upon the ground as a sacrifice to a god 2. the liquid so poured out 3. an… …   English World dictionary

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