- Liga Espartaquista
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Der Spartakusbund war eine Vereinigung von marxistischen Sozialisten in Deutschland, die während des Ersten Weltkriegs am Ziel einer internationalen Revolution des Proletariats festhielten, um Kapitalismus, Imperialismus und Militarismus weltweit zu stürzen: ab August 1914 innerhalb der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) als zu deren Kurs oppositionelle Gruppe Internationale, ab 1916 als Spartakusgruppe, ab 1917 als linker Flügel der von der SPD abgespaltenen Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD). Während der Novemberrevolution 1918 war der Bund parteiunabhängig und strebte eine deutsche Räterepublik an. Am 1. Januar 1919 ging er in der neu gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) auf.
Inhaltsverzeichnis
Überblick
Die Gruppe Internationale ging auf eine Initiative Rosa Luxemburgs zurück, die am Abend des 4. August 1914 - direkt nach der Zustimmung der SPD-Reichstagsfraktion zu den Kriegskrediten am Vormittag desselben Tages - einige oppositionelle Funktionäre der Arbeiterbewegung in ihre Berliner Wohnung einlud. Diese Gruppe wandte sich gegen die Burgfriedenspolitik ihrer Partei mit der kaiserlichen Regierung und berief sich auf eine internationale Solidarität der Arbeiterbewegung gegen den Krieg, wie sie während der Julikrise in Großdemonstrationen der SPD-Anhänger beschworen worden war. In verbindlichen Beschlüssen der 1889 gegründeten Sozialistischen Internationalen hatte sich die SPD seit 1907 mehrfach zu gemeinsamem Handeln gegen einen europäischen Krieg der Großmächte verpflichtet; an ihrer Kriegszustimmung, die die der französischen Sozialisten nach sich zog, zerbrach diese Internationale.
Die Gruppe Internationale dagegen hielt an den Vorkriegszielen der europäischen Sozialdemokratie fest und lehnte den Krieg als gegen die Interessen der Völker und des Proletariats gerichteten imperialistischen Völkermord der herrschenden Bourgeoisie ab. Im März 1915 veröffentlichte sie ihre neugegründete Zeitschrift Die Internationale in einer Auflage von 9.000 Stück. Es konnte nur eine Ausgabe erscheinen. Ab Januar 1916 trat sie dann mit den Spartakusbriefen hervor. Dementsprechend wurde sie von deren Lesern Spartakusgruppe oder einfach Spartakus genannt.
Diesen Namen übernahm die Gruppe. Er bezog sich auf Spartacus, den Anführer eines Sklavenaufstands (73–71 v. Chr.) im antiken Römischen Reich. Er war Symbol für den andauernden Widerstand der Unterdrückten gegen ihre Ausbeuter und drückte die marxistische Auffassung des Historischen Materialismus aus, wonach die Geschichte von Klassenkämpfen vorangetrieben werde.
Die Spartakusgruppe trat im April 1917 der neugegründeten USPD bei, behielt aber darin ihren Gruppenstatus. Am 11. November 1918 benannte sich die Gruppe auf Initiative des in Erwartung des Kriegsendes im Oktober vorzeitig aus dem Gefängnis entlassenen Karl Liebknecht in Spartakusbund um. Dieser bildete nun eine eigenständige, reichsweite Organisation.
Der Bund kämpfte in der Novemberrevolution für Entmachtung des Militärs, Sozialisierung der Schlüsselindustrien und eine Räterepublik als künftige gesamtdeutsche Verfassung. Nach Zusammenstößen mit dem kaiserlichen Militär unter Befehl der provisorischen Regierung Friedrich Eberts bildete der Spartakusbund mit anderen linksrevolutionären Gruppen zum Jahreswechsel 1918/19 die KPD, die anfangs seinen Namen als Zusatz behielt.
Geschichte
Gruppe Internationale
Rosa Luxemburg lud am Abend des 4. August 1914 unmittelbar nach der einstimmigen Zustimmung der SPD-Reichstagsfraktion zu den Kriegskrediten die befreundeten Kriegsgegner in der SPD in ihre Berliner Wohnung ein. An diesem Treffen nahmen sechs Gäste teil, die mit der Gastgeberin die Keimzelle des späteren Spartakusbunds bildeten:
In der Folgewoche traten folgende weitere Personen der Gruppe bei:
- Martha Arendsee, Fritz Ausländer, Heinrich Brandler, Käte Duncker, Otto Gabel, Otto Geithner, Leo Jogiches, Karl Liebknecht, August Thalheimer, Bertha Thalheimer
Spätere Mitglieder der Gruppe nach ihrer reichsweiten Organisierung waren unter anderen:
Verhältnis zur SPD
Mit der Zustimmung zur Kriegs- und Burgfriedenspolitik der kaiserlichen Regierung hatte die SPD-Führung und SPD-Reichstagsfraktion drei seit der Parteigründung geltende Programmpunkte aufgegeben: den proletarischen Internationalismus, die Opposition zum Militarismus – insbesondere die seit 1912 ausdrücklich vereinbarte Ablehnung eines Krieges zwischen den europäischen Staaten – und den Klassenkampf. Die Gruppe Internationale sah diese Abkehr als Verrat an den Zielen der Sozialdemokratie, die die Zweite Internationale bei internationalen Sozialistenkongressen (1907 London und Stuttgart, 1912 Bern) einmütig beschlossen und bis kurz vor Kriegsbeginn auf landesweiten Friedensdemonstrationen öffentlich bekräftigt hatte.
Der erwogene Austritt aus der SPD wurde jedoch rasch verworfen, da man mit einem baldigen Betätigungsverbot der Regierung für die SPD und darauf folgendem Abrücken der SPD-Mehrheit vom Burgfrieden rechnete. Man beschloss, den Kampf gegen den Krieg innerhalb der SPD zu organisieren, die SPD-Mehrheit zum Ablehnen weiterer Kriegskredite zu bewegen und die internationale Solidarität mit anderen europäischen Arbeiterparteien wiederherzustellen.
Als erstes versandte die Gruppe 300 Telegramme an SPD-Mitglieder, um sie zur öffentlichen Ablehnung des Beschlusses der SPD-Reichstagsfraktion vom 4. August zu bewegen. Nur Clara Zetkin reagierte darauf sofort und uneingeschränkt zustimmend. Die SPD-Ortsgruppen in Berlin-Charlottenburg und Berlin-Mariendorf waren zunächst die einzigen, die sich zu dem Aufruf der Gruppe bekannten. Am 30. Oktober 1914 distanzierte sich die Gruppe in der Schweizer Zeitung Berner Tagwacht öffentlich von der SPD-Führung, die zuvor ihrerseits die Zweite Internationale kritisiert hatte. Von da an wurden ihre Mitglieder polizeilich überwacht, bald darauf wurden einige festgenommen und inhaftiert.[1]
Im März 1915 gab die Gruppe eine Zeitschrift unter dem Namen Internationale heraus, die nur einmal erschien und sofort von der Polizei beschlagnahmt wurde. Im Jahr darauf, nachdem die Gruppe sich vergrößert und reichsweit organisiert hatte, gab sie unter Federführung von Rosa Luxemburg die illegalen Spartakusbriefe heraus. Deshalb gab der Volksmund der Gruppe den Namen Spartakus, den die Spartakusgruppe übernahm. Am 1. Januar 1916 wurden die von Rosa Luxemburg in der Haft verfassten Leitsätze über die Aufgaben der internationalen Sozialdemokratie als Programm der Gruppe angenommen.
Verhältnis zur USPD
Die Mitglieder der Gruppe Internationale waren nicht identisch mit denjenigen Angehörigen der SPD-Reichstagsfraktion, die sich erst nach ihrer Zustimmung zu den Kriegskrediten allmählich zu Kriegsgegnern wandelten. Karl Liebknecht war am 2. Dezember 1914 der erste SPD-Abgeordnete, der im Reichstag gegen weitere Kredite stimmte. Seit Januar 1915 gab es mit Otto Rühle und weiteren in der SPD-Fraktion eine innerparteiliche Opposition, die im November 1915 auf 20, später bis zu 45 Abgeordnete heranwuchs und schließlich im März 1917 von der SPD-Mehrheit ausgeschlossen wurde.
Daraufhin gründeten die Kriegsgegner in der SPD im April eine eigene Partei: die USPD. Dieser schloss sich nun auch der Spartakusbund an, obwohl er die Parteispaltung nicht gewollt hatte. Er behielt aber seinen Gruppenstatus als „geschlossene Propaganda-Vereinigung“, um die USPD zu beeinflussen. Denn auch dort waren die konsequenten Internationalisten eine Minderheit. „Revisionisten“ wie Eduard Bernstein und Hugo Haase und „Zentristen“ wie der frühere Programmautor der SPD, Karl Kautsky, waren mit den Spartakisten nur in der Ablehnung der Kriegskredite einig.
Der Oktoberrevolution in Russland, bei der die Bolschewiki unter Lenin und Leo Trotzki das Parlament auflösten und die Staatsmacht eroberten, standen die Mitglieder des Bundes grundsätzlich bejahend, in Einzelfragen aber auch kritisch gegenüber. Vor allem Rosa Luxemburg sah bei Lenins Kaderkonzept die Gefahr einer Diktatur, die die demokratische Mitwirkung der Arbeiter an der Revolution verhindern und ersticken könne. Sie schrieb dazu im Winter 1917 im Gefängnis einen Aufsatz, den ihr Freund, der Spartakist Paul Levi, jedoch erst 1922, nach ihrem Tod, veröffentlichte.
Revolutionsprogramm
Am 7. Oktober 1918 reagierte die Spartakusgruppe auf die Verfassungsänderung und Regierungsbeteiligung der SPD in der Oktoberreform vom 5. Oktober 1918 mit einer illegal abgehaltenen Reichskonferenz in Berlin. Dort wurde ein Programm der Volksrevolution zum Sturz des imperialistischen und militaristischen Kapitalismus beschlossen. Gefordert wurden
- das sofortige Kriegsende,
- Annullierung sämtlicher Kriegsanleihen ohne jede Entschädigung,
- Erkämpfung demokratischer Rechte und Freiheiten,
- eine umfassende Justizreform zur Abschaffung des Klassenwahlrechts und der Klassenjustiz,
- die basisdemokratische Entmachtung und Entwaffnung des kaiserlichen Offizierskorps,
- die Sozialisierung der Produktionsmittel, die Enteignung des gesamten Bankkapitals, der Bergwerke und Hütten – also der kriegsentscheidenden Schwerindustrie, vor allem der Rüstungsindustrie,
- schließlich die Errichtung einer sozialistischen Republik.
Besonders detailliert waren die Forderungen zur Demokratisierung des Heeres, da diese als Schlüssel für eine erfolgreiche Revolution angesehen wurde:
- Verleihung des Vereins- und Versammlungsrechtes an die Soldaten in dienstlichen und außerdienstlichen Angelegenheiten,
- Aufhebung des Disziplinarstrafrechts der Vorgesetzten; die Disziplin wird durch Soldatendelegierte aufrechterhalten,
- Aufhebung der Kriegsgerichte,
- Entfernung von Vorgesetzten auf Mehrheitsbeschluss der ihnen Untergebenen hin,
- Abschaffung der Todes- und Zuchthausstrafe für politische und militärische Vergehen.
Die Spartakusgruppe gab ein reichsweites Flugblatt mit diesen Forderungen heraus. Sie betonte, diese seien ein Prüfstein für die tatsächlichen Demokratisierungsabsichten der MSPD, deren Eintreten in die kriegführende Regierung sie als Betrug an den wahren Arbeiterinteressen ansah.
Der Spartakusbund bekannte sich zur Diktatur des Proletariats im Sinne der demokratischen Kontrolle der Arbeiter über die Produktionsmittel und Betriebe. Er solidarisierte sich stark mit der Oktoberrevolution, verstand sich selbst jedoch nicht als Elite und Kaderpartei nach dem Vorbild der Bolschewiki, wohl aber als Hüter der Ideale der Sozialdemokratie aus der Vorkriegszeit und Antreiber zu deren Verwirklichung: Die weltweite Befreiung von der „Sklavenherrschaft des Kapitalismus“ war sein erklärtes Ziel. Damit bezog er sich auf das von Karl Marx und Friedrich Engels 1848 veröffentlichte Manifest der Kommunistischen Partei.
Novemberrevolution
Die Novemberrevolution ging vom Kieler Matrosenaufstand aus, als sich meuternde Schiffsbesatzungen gegen die militärisch sinnlose Fortsetzung des Krieges wehrten und dabei spontan, ohne Initiative und Leitung einer der Linksparteien, Arbeiter- und Soldatenräte ernannten oder wählten. Eine wesentliche Voraussetzung für dieses revolutionäre Zusammengehen von Arbeitern und Soldaten war der Januarstreik 1918 in der deutschen Rüstungsindustrie. Dabei waren von Parteien unabhängige, jedoch oft der USPD nahestehende Revolutionäre Obleute hervorgetreten, die nun die Revolution in die Großstädte trugen. Diese neu gebildeten Arbeiterräte griffen in ganz Deutschland einige der Forderungen des Spartakusbundes auf, ohne dass dieser sie dazu aufgefordert hatte oder organisatorisch auf sie einwirken konnte, da er bis dahin verboten gewesen war.[2]
Karl Liebknecht wurde am 23. Oktober 1918 aus dem Gefängnis entlassen, traf am 8. November in Berlin ein und übernahm dort die Leitung der Spartakusgruppe. Am 9. November 1918 rief er erst im Tiergarten, dann vom Berliner Stadtschloss aus die „freie sozialistische Republik“ Deutschland aus.[3] Kurz zuvor hatte der Mehrheitssozialdemokrat Philipp Scheidemann vom Balkon des Reichstags aus eine „deutsche demokratische Republik“ ausgerufen.
Am 11. November 1918 wurde der Spartakusbund als nun reichsweite Organisation neu gegründet. Der Name sollte eine höhere Organisationsstufe und zugleich Abgrenzung von der USPD ausdrücken. Rosa Luxemburg verfasste das Programm, das Sofortmaßnahmen zum Schutz der Revolution forderte:
- Entwaffnung der Polizei und aller Angehörigen der herrschenden Klassen,
- Bewaffnung des Proletariats und Bildung einer Roten Garde,
- Übernahme aller Gemeinderäte und Länderparlamente durch frei gewählte Arbeiter- und Soldatenräte,
- Sozialisierung (Enteignung) aller Banken, Bergwerke, Hütten und Großbetriebe,
- Kontaktaufnahme mit allen ausländischen Bruderparteien für eine Internationalisierung der Revolution.[4]
In den nächsten Monaten versuchte der Spartakusbund mit der täglich herausgegebenen Zeitung Die Rote Fahne die politische Entwicklung in dieser Richtung zu beeinflussen. Bei ersten Schießereien am 6. Dezember, vor allem aber bei den durch die versuchte Zwangsauflösung der Volksmarinedivision ausgelösten Weihnachtsunruhen zeigte sich, dass Friedrich Ebert die revolutionären Ziele blockierte. Seit dem 10. Dezember trat Rosa Luxemburg offen für eine Räterepublik und die kontrollierte Entwaffnung der Soldaten durch Arbeiterräte ein.
KPD-Gründung
Am 14. Dezember gab die Rote Fahne den von Rosa Luxemburg verfassten programmatischen Artikel Was will der Spartakusbund? heraus. Darin hieß es:[5]
„Der Spartakusbund wird nie anders die Regierungsgewalt übernehmen als durch den klaren, unzweideutigen Willen der großen Mehrheit der proletarischen Masse in Deutschland, nie anders als kraft ihrer bewußten Zustimmung zu den Ansichten, Zielen und Kampfmethoden des Spartakusbundes. [...] Der Sieg des Spartakusbundes steht nicht am Anfang, sondern am Ende der Revolution: Er ist identisch mit dem Siege der großen Millionenmassen des sozialistischen Proletariats.“
Nach den Weihnachtskämpfen in Berlin beschloss der Spartakusbund, einen Reichskongress vom 29. bis 31. Dezember 1918 in Berlin abzuhalten. Dort gründeten seine Mitglieder gemeinsam mit den Internationalen Kommunisten Deutschlands (IKD) am 1. Januar 1919 die KPD. Diese übernahm Rosa Luxemburgs Artikel vom 14. Dezember 1918 kaum verändert als ihr Parteiprogramm. Sie vertrat einen konsequenten Sozialismus und forderte, die begonnene Revolution durch die Machtergreifung der Arbeiterräte in den Betrieben fortzusetzen und auszuweiten.
Das Verhältnis zum Parlamentarismus war dabei umstritten. Die führenden Spartakusmitglieder befürworteten alle eine Teilnahme der KPD an den kommenden Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung, wurden aber mit 62 zu 23 Stimmen der Delegierten überstimmt. Diese Parteitagsmehrheit teilte die von Liebknecht eine Woche zuvor formulierte Auffassung:[6]
„Die Nationalversammlung bedeutet aber nichts anderes als eine formelle politische Demokratie. Sie bedeutet durchaus nicht diejenige Demokratie, die der Sozialismus stets gefordert hat. Der Wahlzettel ist sicherlich nicht der Hebel, mit dem die Macht der kapitalistischen Gesellschaftsordnung aus den Fugen gehoben werden kann.“
Die Weimarer Verfassung garantierte schließlich das Privateigentum an Produktionsmitteln, den Fortbestand des Militärs und die Pensionsansprüche der kaiserlichen Beamtenschaft.
Januaraufstand
Schon wenige Tage später wurde die KPD vor eine Belastungsprobe gestellt: Seit dem 5. Januar 1919 propagierten die der USPD nahestehenden Revolutionären Obleute der Berliner Rüstungsbetriebe, die schon den Januarstreik 1918 organisiert hatten, den bewaffneten Aufstand gegen die Entlassung des Berliner Polizeipräsidenten Emil Eichhorn. Dem schloss die KPD sich an und versuchte, im irrtümlich so genannten Spartakusaufstand die Soldatenräte der Berliner Regimenter zur Beteiligung am Sturz der Restregierung Friedrich Eberts zu gewinnen. Dies misslang, so dass um Berlin zusammengezogene Einheiten des kaiserlichen Heeres und neu aufgestellte Freikorps den Aufstand niederschlugen.
Am 15. Januar wurden zudem die beiden wichtigsten Spartakisten und KPD-Führer, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, von Angehörigen der Garde-Kavallerie-Schützen-Division gefangen, schwer misshandelt und ermordet. Im März 1919 wurde auch Leo Jogiches ermordet. Damit endete die Geschichte des Spartakusbundes, und die eigene Geschichte der KPD in der Weimarer Republik begann.
Rezeption seit 1945
Der ursprüngliche Marxismus entwickelte sich in der Sozialdemokratie zu einem auf Abschaffung des Kapitalismus verzichtenden Reformismus, im sowjetischen Einparteiensystem zum staatsbürokratischen Stalinismus. Dies vertiefte die Spaltung der Arbeiterbewegung in verfeindete Lager und ihnen zugehörige Parteien. Nach Adolf Hitler, der 1933 die deutschen Arbeiterorganisationen und Linksparteien zerschlug und ca. 20.000 ihrer Vertreter ermorden ließ, ließ auch Josef Stalin spätestens mit der Säuberungswelle seit 1936 russische Bolschewiki, Anhänger Trotzkis und Sozialdemokraten massenhaft inhaftieren und ermorden. Viele europäische Sozialisten und Kommunisten sehen darin eine vollständige Abkehr von den Zielen von Marx und Engels, die die internationale Arbeiterbewegung nachhaltig geschwächt, gespalten und zerstört habe. Dies war das Gegenteil dessen, wofür der Spartakusbund sich gegründet und gekämpft hatte. Bei keiner der kommunistischen Nachkriegsorganisationen kann daher ohne weiteres eine Kontinuität zum Spartakusbund angenommen werden.
Im Kalten Krieg wurden in Westdeutschland kapitalistische, in der DDR staatsbürokratische Strukturen neu aufgebaut. Die Wiederbewaffnung im Westen und die verordnete Vereinigung von SPD-Ost und KPD zur faktisch alleinregierenden SED im Osten verfestigten die deutsche Spaltung.
Der SDS vertrat zunächst mehrheitlich eine marxistisch-leninistische Geschichtssicht, wonach die Ziele der Spartakisten von der KPD nahtlos fortgesetzt und in der Sowjetunion gut „aufgehoben“ worden seien. Doch im Zuge der westdeutschen Studentenbewegung der 1960er Jahre setzte sich allmählich eine differenziertere Sicht durch: Man erkannte nun stärker die Problematik der „repressiven Toleranz“ (Herbert Marcuse), des „autoritären Charakters“ (Erich Fromm) und entsprechend rigider Gesellschafts- und Parteistrukturen, so dass nun der Neomarxismus der Frankfurter Schule an Einfluss gewann. Aber auch anarchistische und anti-marxistische Ideen und Gruppen entstanden und wurden stärker. Anstehende Bildungs- und Gesellschaftsreformen und die Opposition gegen den Vietnamkrieg wurden als Lernfeld für den Aufbau einer neuen radikaldemokratischen Internationale gesehen und genutzt.
Dabei wurde auch das auf die Spontaneität und Selbstorganisation der Arbeiterklasse bauende Revolutionskonzept von Rosa Luxemburg wiederentdeckt und als ein Impuls für neue politische Ansätze, etwa einer permanenten „Kulturrevolution“ zur Überwindung der allgemeinen Repression im verbürgerlichten Spätkapitalismus, aufgefasst (Hans-Jürgen Krahl). Eine wirksame Interessen- und Aktionsgemeinschaft von Arbeitern und Studenten zeigte sich jedoch nur in Ansätzen, etwa im Pariser Mai 68 und im Prager Frühling.
Während die Studentenbewegung zerfiel, entstanden Anfang der 1970er Jahre eine Reihe von sogenannten K-Gruppen. Von diesen reihten einige die Spartakisten in ihre marxistische Ahnengalerie ein, während andere sie ausdrücklich im Namen führten: so der Marxistische Studentenbund Spartakus, der der DKP nahestand. Diese war 1968 als Nachfolgepartei der 1956 verbotenen West-KPD neu gegründet worden. Der MSB Spartakus spielte in den 1970ern und 1980ern zeitweise in einigen Allgemeinen Studentenausschüssen verschiedener Universitäten eine Rolle, löste sich aber nach der Wiedervereinigung auf. Heute nimmt etwa die trotzkistische Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands namentlich auf die Spartakisten Bezug.
In der DDR wirkte die Tradition der Spartakisten latent weiter, weil sich sowohl systemkritische Bürgerrechtsgruppen als auch SED-Abweichler dort auf Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht beriefen: so der demokratische Kommunist Robert Havemann, der mit ihm befreundete Liedermacher Wolf Biermann und der SED-Dissident Rudolf Bahro.
Unabhängig davon ist fraglich, wo die Tradition des alten Spartakusbundes tatsächlich fortlebt: Denn dieser verstand sich bis zur Gründung der KPD immer als Teil der klassenbewussten internationalen Sozialdemokratie, die von den Arbeitermassen der Völker wirklich getragen wird, so dass deren Organisationen ihren Willen ausdrücken und durchsetzen müssen. Die Neubildung einer ähnlich entschlossenen „Speerspitze“ der internationalen, revolutionären Arbeiterbewegung wäre also nur als Ergebnis einer breiten, gesamteuropäischen proletarischen Massenbewegung mit sozialistischen Zielen denkbar.
Einzelnachweise
- ↑ Hugo Eberlein: Erinnerungen an Rosa Luxemburg bei Kriegsausbruch 1914 (pdf)
- ↑ Peter von Oertzen: Betriebsräte in der Novemberrevolution. Dietz, Berlin 1976. ISBN 3801210936
- ↑ Karl Liebknecht: Ausrufung der freien sozialistischen Republik, 9. November 1918.
- ↑ Heinrich Hannover, Elisabeth Hannover-Drück: Der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Dokumentation eines politischen Verbrechens. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972 (3.Aufl.), S.22. ISBN 3518102338
- ↑ Rosa Luxemburg: Was will der Spartakusbund? (Rote Fahne, 14. Dezember 1918)
- ↑ Karl Liebknecht: Was will der Spartakusbund? (23. Dezember 1918)
Literatur
- Wolfgang Abendroth: Geschichte der Arbeiterbewegung. Bd 1. Distel-Verlag, Heilbronn 1985. ISBN 3923208197
- ML-Institut der SED: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Bd 3. Dietz Verlag, Berlin 1966. (enthält originale Quellen-Dokumente)
Weblinks
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