- Ligeia (Poe)
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Ligeia ist eine 1838 erschienene Erzählung von Edgar Allan Poe, in deren Mittelpunkt die Reinkarnation einer Person in einer anderen steht.
Inhaltsverzeichnis
Handlung
Der namenlose Ich-Erzähler hat in einer „alten, verfallenen Stadt am Rhein“ Ligeia kennen- und lieben gelernt und geheiratet, eine Frau von ebenso großer Schönheit wie Klugheit und Bildung. Er beschreibt sie als überaus groß gewachsen, Haare und Augen schwarz, Haut weiß, mit tiefer Stimme und von unglaublicher Ruhe und Gelassenheit, unter der ein Vulkan von Leidenschaft brodelt. Der Ich-Erzähler wird zu ihrem Schüler und überlässt sich ihrer Führung durch alle Gebiete des Geistigen. Besonders fasziniert ist sie von der Idee, dass alles Leben Wille ist und dass Sterben nur auf einem Mangel an Willenskraft beruht. Dennoch erkrankt sie, siecht dahin, schreibt noch ein resigniertes Gedicht über den „Sieger Wurm“ – und stirbt. Der verwitwete Ich-Erzähler hält es daraufhin in der alten Stadt am Rhein nicht mehr aus und kauft von dem reichen Erbe, das Lady Ligeia ihm hinterlassen hat, eine alte Abtei in England, die er antikisierend und ägyptisierend prachtvoll ausstattet, besonders das Eheschlafzimmer, nachdem er eine neue Partnerin gefunden hat: Die blonde und blauäugige Lady Rowena Tremanion von Tremaine. Aus Geldgier hat ihre Familie sie ihm überlassen – er aber befindet sich weiterhin im Bann Lady Ligeias und erträgt die neue Beziehung nur im Opiumrausch. Auch Lady Rowena erkrankt, erholt sich noch einmal, erkrankt erneut – und stirbt. Die Bestattung ist vorbereitet, der Ich-Erzähler sitzt an ihrem Leichnam, da scheint sie sich zu erholen – und fällt in Totenstarre zurück. Dieser furchtbare Vorgang wiederholt sich etliche Male, bis Rowena sich schließlich von ihrem Sterbelager erhebt, die Totenbinden fallen von ihr ab, sie scheint gewachsen, ihr Haar ist schwarz, ihre Augen sind schwarz, entsetzt erkennt der Ich-Erzähler in ihr Lady Ligeia, deren Willenskraft den Tod in ihrer Nachfolgerin besiegt hat.
Deutung
Wie in Eleonora und Morella geht es auch hier um den Verrat des Ich-Erzählers an einer geliebten Frau, der durch eine jenseitige Kraft überwunden bzw. verziehen wird. Lebte Morella in ihrer (gleichnamigen) Tochter fort und Eleonora in der Seele ihrer Nachfolgerin Ermengard, so gelingt es der bereits toten Ligeia, in Lady Rowena im wörtlichsten Sinne, als diese stirbt, wieder aufzuerstehen. Biografisch lässt sich das Zweifrauenproblem in Poes Erzählungen auf seine früh verlorene Mutter und seine Cousine Virginia beziehen, die er heiratete, oder auf diese und andere Frauenbeziehungen, die Poe entweder wirklich hatte oder auch nur in der Phantasie durchspielte. Für die erste Version spricht hier, dass der Ich-Erzähler sich Ligeias Führung und Erziehung unterordnet wie ein Kind der Mutter. Von einer erotischen Beziehung kann weder zu Ligeia noch zu Rowena gesprochen werden; letztere verfällt unmittelbar nach der Eheschließung dem expliziten Hass des Ich-Erzählers.
Motto und Sonstiges
Ligeia ist der Name einer der Sirenen.
Der Autor des Mottos, das im Text wiederholt wird, ist der englische Autor und Philosoph Joseph Glanvill (1636-1680), dessen Hauptwerk Sadducismus Triumphatus, eine Apologie des Hexen- und Gespensterglaubens, zu den wichtigsten Quellen des Romans „The Monk“ von Matthew Lewis gehört.
Lord Verulam ist der Adelstitel von Francis Bacon.
Mit Ashtophet spielt Poe wahrscheinlich auf den hebräischen Namen der Astarte an: Ashtoret.
Azrael bezeichnet den Engel des Todes.
Trivia
- Roger Corman verarbeitete 1964 den Stoff in "The Tomb of Ligeia". Es war die letzte der acht Poe-Verfilmungen des Regisseurs.
Weblinks
- Englischer Originaltext
- Deutsche Übersetzung von Hedda Eulenberg bei Haus Freiheit
- Engl. Wikipedia über Joseph Glanvill
Edgar Allan Poes WerkeGedichtePoetry (1824) • O, Tempora! O, Mores! (1825) • Song (1827) • Imitation (1827) • Spirits of the Dead (1827) • A Dream (1827) • Stanzas (1827) • Tamerlane (1827) • The Lake (1827) • Evening Star (1827) • A Dream (1827) • To Margaret (1827) • The Happiest Day (1827) • To The River —— (1828) • Romance (1829) • Fairy-Land (1829) • To Science (1829) • To Isaac Lea (1829) • Al Aaraaf (1829) • An Acrostic (1829) • Elizabeth (1829) • To Helen (1831) • A Paean (1831) • Die Schlafende (1831) • The City in the Sea (1831) • The Valley of Unrest (1831) • Israfel (1831) • The Coliseum (1833) • Enigma (1833) • Fanny (1833) • Serenade (1833) • Latin Hymn (1833) • To One in Paradise (1833) • Hymn (Gedicht) (1835) • Politician (1835) • May Queen Ode (1836) • Spiritual Song (1836) • Bridal Ballad (1837) • To Zante (1837) • The Haunted Palace (1839) • Silence, a Sonnet (1839) • Lines on Joe Locke (1843) • Der Erobererwurm (1843) • Lenore (1843) • Eulalie (1843) • A Campaign Song (1844) • Dream-Land (1844) • Impromptu. To Kate Carol (1845) • To Frances (1845) • The Divine Right of Kings (1845) • Epigram for Wall Street (1845) • Der Rabe (1845) • A Valentine (1846) • Beloved Physician (1847) • An Enigma (1847) • Deep in Earth (1847) • Ulalume (1847) • Lines on Ale (1848) • To Marie Louise (1848) • Evangeline (1848) • A Dream Within a Dream (1849) • Eldorado (1849) • For Annie (1849) • The Bells (1849) • Annabel Lee (1849) • Alone (1875)
GeschichtenMetzengerstein (1832) • The Duc De L'Omelette (1832) • A Tale of Jerusalem (1832) • Loss of Breath (1832) • Bon-Bon (1832) • Das Manuskript in der Flasche (1833) • Die Verabredung (1834) • Berenice (1835) • Morella (1835) • Lionizing (1835) • The Unparalleled Adventure of One Hans Pfaall (1835) • King Pest (1835) • Shadow – A Parable (1835) • Four Beasts in One – The Homo-Cameleopard (1836) • Mystification (1837) • Silence – A Fable (1837) • Ligeia (1838) • How to Write a Blackwood Article (1838) • A Predicament (1838) • The Devil in the Belfry (1839) • The Man That Was Used Up (1839) • Der Untergang des Hauses Usher (1839) • William Wilson (1839) • The Conversation of Eiros and Charmion (1839) • Why the Little Frenchman Wears His Hand in a Sling (1840) • The Business Man (1840) • Der Mann in der Menge (1840) • Der Doppelmord in der Rue Morgue (1841) • A Descent into the Maelström (1841) • The Island of the Fay (1841) • The Colloquy of Monos and Una (1841) • Never Bet the Devil Your Head (1841) • Eleonora (1841) • Three Sundays in a Week (1841) • Das ovale Porträt (1842) • Die Maske des Roten Todes (1842) • The Landscape Garden (1842) • The Mystery of Marie Rogêt (1842) • Die Grube und das Pendel (1842) • Das verräterische Herz (1843) • Der Goldkäfer (1843) • Der schwarze Kater (1843) • Diddling (1843) • The Spectacles (1844) • A Tale of the Ragged Mountains (1844) • The Premature Burial (1844) • Mesmeric Revelation (1844) • The Oblong Box (1844) • The Angel of the Odd (1844) • Thou Art the Man (1844) • The Literary Life of Thingum Bob, Esq. (1844) • Der entwendete Brief (1844) • The Thousand-and-Second Tale of Scheherazade (1845) • Gespräch mit einer Mumie (1845) • The Power of Words (1845) • The Imp of the Perverse (1845) • The System of Doctor Tarr and Professor Fether (1845) • The Facts in the Case of M. Valdemar (1845) • Die Sphinx (1846) • Das Fass Amontillado (1846) • The Domain of Arnheim (1847) • Mellonta Tauta (1849) • Hopp-Frosch (1849) • Von Kempelen and His Discovery (1849) • X-ing a Paragrab (1849) • Landor’s Cottage (1849)
Andere WerkeMaelzel’s Chess Player (1836) • The Daguerreotype (1840) • The Philosophy of Furniture (1840) • A Few Words on Secret Writing (1841) • The Rationale of Verse (1843) • Morning on the Wissahiccon (1844) • Old English Poetry (1845) • The Philosophy of Composition (1846) • The Poetic Principle (1846) • Eureka: A Prose Poem (1848) • The Balloon-Hoax (1844) • Der Bericht des Arthur Gordon Pym (1837) • The Journal of Julius Rodman (1840) • Politian (1835) • The Conchologist’s First Book (1839) • The Light-House (1849)
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