Limeskastell Windlücke

Limeskastell Windlücke
Kleinkastell Windlücke
ORL --
Limesabschnitt Neckar-Odenwald-Limes
Datierung (Belegung) um 100 n. Chr.
bis max. 159 n. Chr.
Typ Kleinkastell
Einheit unbekannte Vexillatio
Größe 13,5 × 13,5 m = ca. 0,18 ha
Bauweise Steinkastell
Erhaltungszustand nicht sichtbares Bodendenkmal
Ort Breitenbrunn (Lützelbach), Haingrund
Geographische Lage 49° 45′ 42″ N, 9° 5′ 2″ O49.7616679.083889337Koordinaten: 49° 45′ 42″ N, 9° 5′ 2″ O
Höhe 337 m ü. NHN
Vorhergehend ORL 46b Kastell Lützelbach (nordöstlich)
Anschließend ORL 47 Kastell Hainhaus (südlich)

Das Kleinkastell Windlücke war ein römisches Grenzkastell an der älteren Odenwaldlinie des Neckar-Odenwald-Limes.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Lage des Kastells
zur Zeit der RLK um 1895

Das heutige Bodendenkmal befindet sich auf einem Gebirgssattel innerhalb eines ausgedehnten Waldstückes zwischen den Lützelbacher Ortsteilen Breitenbrunn und Haingrund. Es liegt dort unmittelbar nördlich der Landesstraße 3106, westlich des heutigen Sportplatzes. Der Sattel, der heute von der L 3106 als Pass genutzt wird, dürfte auch in antiker Zeit einen nicht unbedeutenden Gebirgsübergang dargestellt haben, zu dessen Überwachung das Kastell gedient haben wird.

Forschungsgeschichte

Schon Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts hatte Johann Friedrich Knapp im Auftrag des Grafen Franz I. zu Erbach-Erbach Ausgrabungen an dem Kastell durchgeführt. Weitere Untersuchungen folgten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Gustav Dieffenbach und Robert Schäfer im Auftrag des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine sowie 1888 durch Friedrich Kofler im Auftrag des Historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen. 1895 schließlich erfolgte die Ausgrabung durch die Reichs-Limes-Kommission (RLK).

Befunde

Die Ausgrabungen der RLK ergaben, dass es sich bei dem Kleinkastell Windlücke um ein annähernd quadratisches Steinkastell handelte, das mit einer Seitenlänge von etwa 13,5 Metern eine Fläche von rund 180 Quadratmetern bedeckte. Bei einer Mauerstärke von einem Meter sprang das 70 Zentimeter tief in den Boden reichende Fundament beidseitig um 25 bis 44 Zentimeter vor. Das einzige Tor – mit einer Durchgangsbreite von 2,32 Meter – war nach Osten, zur nur knapp 30 Meter entfernten Grenzpalisade hin ausgerichtet. Ein Befestigungsgraben war nicht vorhanden. Das Kleinkastell Windlücke dürfte einer Besatzung von maximal 40 Mann Platz geboten haben. Heute ist im Gelände nichts mehr zu erkennen.

Limesverlauf zwischen dem Kleinkastell Windlücke und dem Kastell Hainhaus

Vom Kleinkastell Windlücke aus zum südlich folgenden Kastell Hainhaus hin verläuft der Limes ausschließlich durch bewaldetes Gelände und steigt dabei kontinuierlich an.

ORL[1] Name/Ort Beschreibung/Zustand
KK [2] Kleinkastell Windlücke siehe oben
Wp 10/10/[3] „In der Klinge“ Gut sichtbare Turmstelle aus einem Stein- und zwei Holzturmhügeln.[4]
Der quadratische Steinturm besaß eine Seitenlänge von 5,25 Meter, die Mauerstärke betrug 80 cm.
Der nördliche Holzturm befand sich auf einem Mauerfundament, das bei einer Stärke von 75 Zentimeter ebenfalls über eine Seitenlänge von 5,25 Meter verfügte. Er war von einem Ringgraben umgeben, der bereits zur Zeit der Reichs-Limes-Kommission schon stark eingeebnet war.
Die Konstruktionsmerkmale des südlichen Holzturms entsprachen denen des nördlichen. Umgeben war er von einem zum Teil über zwei Meter tiefen Ringgraben, dessen Durchmesser (Außenrand) 26 Meter betrug (Sohle-Sohle: 16,90 Meter). [5]
Wp 10/11 „Auf der Sellenplatte“ Konserviertes Steinturmfundament und gut erhaltene Holzturmstelle.[6]
Der quadratische Steinturm verfügte über eine Seitenlänge von 5,10 Meter, die Fundamente sprangen 30 cm weit vor.
Der unmittelbar südlich des Steinturms befindliche, nicht ausgegrabene Holzturmhügel besitzt einen Durchmesser von 18 Meter. [7]
Wp 10/12 „In den Dickhecken“
Oberflächnprofil der Holzturmstelle von Wp 10/12
Eine Holzturmstelle mit einem Ringgraben (Außendurchmesser 22 Meter, Sohle-Sohle 16 Meter) und eine stark zerstörte Steinturmstelle.[8]

Beide wurden nicht archäologisch untersucht, sondern nur aufgrund der Erdoberflächenbeschaffenheit festgestellt.

Wp 10/13 „In den Erlen“ Flacher Holzturmhügel mit einem Graben von 18 Meter Durchmesser.[9] Der heute noch sichtbare Hügel wurde nicht ausgegraben, ein Steinturm konnte nicht festgestellt werden.[10][11]
ORL 47 [12] Kastell Hainhaus siehe Hauptartikel Kastell Hainhaus


Denkmalschutz

Das Kleinkastell Windlücke und die anschließenden Limesbauwerke sind Bodendenkmale nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.

Siehe auch

Literatur und Kartenmaterial

  • Dietwulf Baatz: Odenwaldstrecke (Odenwaldkreis). In: Die Römer in Hessen. Lizenzausgabe, Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-58-9, S. 417f.
  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0, S. 183f.
  • Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Vom Main bis an den Neckar. Theiss, Stuttgart 1984, ISBN 3-8062-0328-8.
  • Hessisches Landesvermessungsamt: TF 20-3, Breuberger Land. Topographische Freizeitkarte 1:20.000. Hessisches Landesvermessungsamt, Wiesbaden 2000, ISBN 3-89446-301-5, S. 69.

Grabungsberichte der Reichs-Limes-Kommission:

Anmerkungen

  1. ORL = Nummerierung der Limesbauwerke gemäß der Publikation der Reichs-Limes-Kommission zum Obergermanisch-Raetischen-Limes
  2. KK = nicht nummeriertes Klein-Kastell
  3. Wp = Wachposten, Wachturm. Die Ziffer vor dem Schrägstrich bezeichnet den Limesabschnitt, die Ziffer hinter dem Schrägstrich in fortlaufender Nummerierung den jeweiligen Wachturm.
  4. Etwa bei 49° 45′ N, 9° 5′ O49.7577777777789.08083333333337
  5. Wp 10/10 auf der privaten Limesprojektseite von Claus te Vehne.
  6. Etwa bei 49° 45′ N, 9° 5′ O49.7477777777789.08027777777787
  7. Wp 10/11 auf der privaten Limesprojektseite von Claus te Vehne.
  8. Etwa bei 49° 44′ N, 9° 5′ O49.7413888888899.08222222222227
  9. Etwa bei 49° 44′ N, 9° 5′ O49.7361111111119.08416666666677
  10. Die RLK ging davon aus, dass aufgrund der guten Sichtverbindung zwischen Wp 1/12 und dem Kastell Hainhaus beim Ausbau des Limes auf einen Steinturm verzichtet worden sei. So im ORL und bei Schallmayer. Baatz, 2000, a.a.O. S. 184 lässt offen, ob es sich um einen Holz- oder einen Steinturmhügel handelt.
  11. Wp 10/13 auf der privaten Limesprojektseite von Claus te Vehne.
  12. ORL XY = fortlaufende Nummerierung der Kastelle des ORL

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