Lioré & Olivier LeO 45

Lioré & Olivier LeO 45

Die Lioré & Olivier LeO 45 war ein französisches mittelschweres Bombenflugzeug aus dem Jahre 1938. Die in die Fertigung übernommene Ausführung erhielt die Bezeichnung Lioré & Olivier LeO 451. Sie war der modernste Bombertyp, den die Armée de l’air beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1940 in größeren Stückzahlen zur Verfügung hatte.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung und Produktion

Als Antwort auf die im Jahre 1935 von der Armée de l’air publizierte Spezifikation B4 für einen mittleren Bomber mit 4er-Besatzung und einer Höchstgeschwindigkeit von mindestens 475 km/h begannen bei Lioré & Olivier unter der Leitung von Jacques Mercier die Arbeiten am Projekt LeO 45. Der erste Prototyp LeO 45 No 01 hatte seinen Erstflug am 16. Januar 1937 und wurde von Motoren des Typs Hispano-Suiza 14Aa angetrieben. Beim CEMA zeigten die ersten Tests einige Instabilitäten in der Konstruktion auf, was zu einer Überarbeitung des Hecks der Maschine führte. Gravierender waren aber Komplikationen mit den Motoren, welche wegen ihres unausgereiften Kühlsystems bei längeren Flügen zu Totalausfällen tendierten. Dies führte am 6. Dezember des Jahres zu einer Notlandung und in der Folge zur Überarbeitung der Kühlanlage. Bei erneuten Tests beim CEMA durchbrach das Flugzeug die Geschwindigkeitsschwelle von 500 km/h und die Armée de l’air entschied sich schließlich im November 1937 für die Bestellung einer Vorserie von 20 Exemplaren, die bis zum Mai 1938 ausgeliefert werden sollte. Die LeO 45 setzte sich dabei gegen die Muster Amiot 341, Latécoère 570 und Romano R-120 durch, die mit ihr um den Großauftrag zur Neuausrüstung der Bomberverbände der Armée de l’air konkurrierten.

Nachdem man generell schlechte Erfahrungen mit den Hispano-Suiza 14Aa gesammelt hatte, entschied man sich im August 1938, das Flugzeug mit zuverlässigeren Motoren vom Typ Gnome-Rhône 14N auszustatten. Der modifizierte Typ erhielt die Bezeichnung LeO 451 und wurde ab Oktober des Jahres erneut im CEMA getestet. Den erfolgreichen Tests folgte umgehend eine Bestellung von 100 Exemplaren (zusätzlich zu den bereits 20 bestellten). Aufgrund von Zulieferproblemen bei den Motoren und Propellern konnten die ersten beiden Serienmaschinen aber erst im März und April 1939 ausgeliefert werden. Je nach Verfügbarkeit baute man während der Produktion entweder Motoren der Variante Gnome-Rhône 14N38/39 bzw. der Variante Gnome-Rhône 14N48/49 und Propeller des gleichen Produzenten ein. Insgesamt erreichte das Muster in etwa die gleichen Leistungen wie die LeO 45.

Mit den ersten Serienmaschinen führte man im Frühjahr 1939 umfangreiche Experimentalflüge durch und erweiterte aufgrund der guten Flugleistungen des Typs die Bestellungen bis September des Jahres auf 737 Maschinen für die Armée de l’air, wovon fünf Exemplare unter der Bezeichnung LeO 457 eine Ausrüstung für große Flughöhen und zehn Stück unter der Bezeichnung LeO 458 probeweise 1600 PS starke Wright R-2600-A5B Cyclone 14 Motoren aus den USA erhalten sollten. Griechenland bestellte zudem für seine Luftstreitkräfte zwölf Stück der Standardversion. Bis zu diesem Zeitpunkt waren allerdings erst 22 Maschinen produziert worden, weswegen man die Produktion auf weitere Werke der (mittlerweile nationalisierten) Luftfahrtindustrie ausdehnte. Es gab sogar Pläne für ein unterirdisches Werk in der Nähe von Auxerre, welche aber nie realisiert wurden. Zum Zeitpunkt des Waffenstillstands in der Schlacht um Frankreich waren über 1.700 Maschinen aller Varianten bestellt worden. Bis dahin wurden aber nur 452 fertiggestellt, von denen wiederum nur 373 ihren Weg in die Bomberstaffeln der Armée de l’air fanden.

Nachdem das Deutsche Reich den Autoritäten von Vichy-Frankreich im Herbst 1941 eine überwachte Wiederaufnahme der Produktion von Flugzeugen gestattet hatte, wurden bis November 1942, als die Vichy-Luftstreitkräfte aufgelöst wurden, weitere 168 Exemplare des Typs hergestellt.

Folgende weitere Versionen waren anfangs noch geplant worden:

  • LeO 454: mit SIGMA-Bristol Hercules II-Sternmotoren
  • LeO 455: mit Gnome-Rhône 14R01-Sternmotoren mit 1375 PS / 1025 kW
  • LeO 456: eine Marineversion, im wesentlichen eine LeO 455 mit Darne 7,5-mm-MGs

Konstruktion

Die Lioré & Olivier 451 war ein Tiefdecker in Vollmetall-Bauweise mit zwei Triebwerken und Doppel-Seitenleitwerk. Die Rumpfkonstruktion bestand aus 60 Rumpfspanten, die mit Metallstreben verknüpft und mit Aluminiumblech verkleidet waren. Die Bugspitze war verglast und enthielt ein festes 7,5-mm-Maschinengewehr vom Typ MAC 1934. Ein weiteres, nach hinten gerichtetes MG konnte mit einer Gondel unter den Rumpf herausgefahren werden. Die LeO 451 verfügte zudem im hinteren oberen Teil des Rumpfes über eine 20-mm-Kanone vom Typ Hispano-Suiza HS-404 mit Munition für 120 Schuss.

In der Mitte des Rumpfes befand sich ein im Vergleich zu anderen Typen relativ kleiner Bombenschacht. Die Bombenkapazität wurde daher durch zwei weitere kleinere Bombenschächte in den Triebwerksgondeln ergänzt. Das Fahrwerk war in die Triebwerksgondeln einziehbar. Der erste verwendete Motor war ein 1078 PS (793 kW) starker Hispano-Suiza 14Aa-8/9-Sternmotor, der sich im Laufe der Zeit als unzuverlässig erwies und daher später durch einen leicht stärkeren Gnome-Rhône 14N ersetzt wurde. Der Propeller war ein dreiblättriger, verstellbarer Metallpropeller von Ratier.

Einsatz

Als am 10. Mai 1940 der deutsche Angriff im Westen begann, waren in diversen Bomberstaffeln der Armée de l’air insgesamt 94 Maschinen vom Typ LeO 451 registriert. Zahlreiche Staffeln befanden sich zu dieser Zeit in einer Umrüstungsphase und erhielten ihre neuen Flugzeuge in den folgenden sechs Wochen bis zum Waffenstillstand. Insgesamt flogen 373 Maschinen Einsätze gegen den Feind. Die berühmtesten waren ein sehr erfolgreicher Angriff auf eine deutsche Division in der Region von Montcornet am 16. Mai 1940 (Groupe de Bombardement I/12, Groupe de Bombardement II/12 und Groupe de Bombardement I/31) sowie ein Nachtangriff auf die BMW-Werke bei München am 4. Juni, welcher zwar aufgrund der schlechten Wetterlage misslang, jedoch mit dem Verlust nur eines Flugzeugs endete. Während dieser Angriffe stellten die LeO 451 deutlich ihre Effektivität als Bomber in mittleren Höhen unter Beweis. Die am Ende der Schlacht um Frankreich hohe Verlustzahl von 130 Maschinen ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Typ oft unter großer Gefahr für die Besatzungen in niedrigen Höhen zur Erdkampfunterstüzung eingesetzt wurde, obwohl er seine optimalen Leistungen in einer Höhe von 5.000 m entwickelte.

Aufgrund des schnellen Vormarsches der Deutschen erhielten ab dem 14. Juni schrittweise viele Groupes den Befehl, sich nach Nordafrika abzusetzen. Die letzte Mission eines mit LeO 451 ausgerüsteten Geschwaders erfolgte am 23. Juni, als vier Maschinen vom Groupe de Bombardement II/11 Palermo in Italien angriffen.

In den gegenüber der ursprünglichen Armée de l’air deutlich reduzierten Luftstreitkräften von Vichy-Frankreich taten knapp 100 LeO 451 in sechs Groupes ihren Dienst. Sie führten zunächst nur vereinzelte kleine Aktionen gegen die Briten durch, ohne dabei nennenswerten Schaden anzurichten. Knapp 50 Maschinen (von Groupe de Bombardement I/2, Groupe de Bombardement I/31 und Groupe de Bombardement I/25) nahmen im Sommer 1941 aktiv an den Kämpfen um die Levante teil und erlitten dort infolge alliierter Bombenangriffe auf ihre Flugplätze starke Verluste.

Nach der Operation Torch traten die auf französischer Seite verbleibenden Einheiten zu den Alliierten über, konnten sich aber nicht mehr effektiv am Krieg beteiligen, vor allem deshalb, weil Ersatzteile für die bereits alternden LeO 451 kaum verfügbar waren.

Die von den Deutschen bei der Besetzung von Vichy-Frankreich Ende 1942 erbeuteten Maschinen fanden ihren Weg in die Luftwaffe und Regia Aeronautica, wo sie zu Trainings- und Transportzwecken verwendet wurden.

Technische Daten

Lioré & Olivier LeO 451
Kenngröße Daten
Länge    17,17 m
Höhe    5,23 m
Flügelspannweite    22,50 m
Flügelfläche    68,00 m²
Antrieb    Zwei Motoren vom Typ Gnome-Rhône 14N mit ca. 1150 PS (je nach Variante)
Höchstgeschwindigkeit    495 km/h auf 4.800 m
Steigrate    357 m/min = 5,95 m/s
Dienstgipfelhöhe    9000 m
Reichweite    2300 km
Leergewicht    6.370 kg
Fluggewicht    11.400 kg
Besatzung    4
Bewaffnung    eine 20-mm-Kanone vom Typ Hispano-Suiza HS-404 mit 120 Schuss
zwei 7,5-mm-MG MAC 1934
1.500 kg Bombenlast


Einsatzländer

Vergleichbare Muster

Siehe auch

Literatur

  • Dominique Breffort / André Jouineau / Alan McKay (Übersetzer): French Aircraft from 1939 to 1942 Volume 2: From Dewoitine to Potez, Histoire & Collections, ISBN 2915239495 (englisch)
  • Kenneth Munson: Die Weltkrieg II-Flugzeuge. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 387943302X
  • Chris Chant: Bomber. Tosa Verlag, Wien 2001, ISBN 3854923260
  • Jet & Prop, Hefte 4/2000 und 5/2000

Weblinks


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