Antoine Desgodets

Antoine Desgodets

Antoine Babuty Desgodetz (* 1653 in Paris; † 20. Mai 1728) war ein französischer Architekt und Archäologe.

Desgodetz begann schon mit 16 Jahren für das Département des Bâtiments du Roi zu arbeiten. Ab 1672 wurde er bei der Conférence des Architectes du Roy ausgebildet, und gehörte damit zu den ersten Schülern der 1671 von Colbert gegründeten Académie royale d'architecture. Ende 1764 wurde er mit Stipendiaten der Académie Royale nach Rom geschickt, um antike Gebäude aufzumessen, auf der Reise aber von Piraten nach Algier verschleppt und nach einiger Zeit von König Ludwig XIV. ausgelöst. Von Anfang 1676 bis Sommer 1677 hielt er sich in Rom auf und fertigte seine Bauaufnahmen an. Die Publikation erfolgte 1682 unter dem Titel Les Edifices antiques de Rome, dessinés et mesurés tres exactement par Antoine Desgodetz.

Desgodetz blieb in der Bauverwaltung und wurde 1680 Contrôleur in Chambord, 1694 in Paris. Zeitweise führte er auch den Titel eines Architecte du Roi. Die Position des Contrôleur in Paris und auch den Titel verlor er 1699 aus unbekannten Gründen, wie er auch bei den Beförderungen in der Akademie mehrmals übergangen wurde. Erst 1719 wurde er Architekturprofessor an der Akademie. Zwei weitere Traktate blieben unpubliziert: Eine Lehre der Säulenordnungen gibt in wesentlichen Teilen die Ergebnisse der Diskussionen in der Akademie wieder. Die Zusammenstellung seiner Vorlesungen an der Akademie behandelt zusätzlich als erstes Traktat auch ausführlich die verschiedenen Gebäudetypen. Letzteres Manuskript wurde in Teilen von Jacques-François Blondel in seiner Architecture françoise übernommen. Es sind keine von Desgodetz ausgeführten Bauwerke bekannt.

Les Edifices antiques de Rome

Während seines Aufenthalts in Rom fertigte Desgodetz eigenhändig Aufnahmen von ca. 50 Gebäuden an. Nach eigenen Angaben ließ er verschüttete Bauteile ausgraben und Gerüste und andere Maschinen bauen, um hochgelegene Bauteile aus der Nähe messen und zeichnen zu können. Die Maße habe er mehrfach kontrolliert.

In die Publikation nahm er 25 Gebäude auf, die bis auf den sog. Vestatempel in Tivoli und das Amphitheater in Verona alle in Rom stehen. Zu zahlreichen Tempeln kommen mehrere Triumphbögen und mehrere Theater, u.a.:

Den Kern des Buches bilden die zahlreichen Tafeln, denen jeweils ein bis zwei Textseiten vorangestellt werden, die das Dargestellte erläutern und die Details ergänzen, die sich der Darstellung im Stich entziehen, wie Farben und Materialien. Abschließend werden jeweils ausführlich die Fehler in den Abbildungen und Maßen bei älteren Autoren, insbesondere bei Palladio und Serlio aufgelistet.

Neben Grundrissen und Ansichten werden besonders die Säulenordnungen ausführlich behandelt. Viele Kapitelle werden in der Frontalansicht, der Diagonalansicht, der Untersicht und einem Schnitt dargestellt. Alle Pläne sind ausführlich vermaßt, die Pläne in Pariser Fuß, die Säulenordnungen in einem aus dem unteren Säulendurchmesser abgeleiteten Modul. In allen einschlägigen Tafeln ist der Modul gleich groß dargestellt, so dass sich die Proportionen der Bauteile verschiedener Ordnungen unmittelbar vergleichen lassen. Laut dem Vorwort war es das Ziel der Arbeit, in das "Mysterium der Proportionen" einzudringen.

Desgodetz erhebt den Anspruch, die Gebäude in ihrem damaligen Zustand wiederzugeben, und sie nicht zu rekonstruieren, oder gar, wie er damit älteren Autoren unterstellt, neu zu entwerfen. Dies trifft jedoch bestenfalls auf die damals schon ruinösen Gebäude zu. Bei den zu Kirchen umgewandelten Bauten werden die offensichtlich späteren An-, Um- und Einbauten, wie Altäre, Sakristeien oder auch die Glockentürme von Bernini auf dem Pantheon, stillschweigend weggelassen.

Das Werk von Desgodetz war eines der ersten monumentalen Architekturstichwerke und nach den Quattro libri des Andrea Palladio sicher das einflussreichste. Es wurde mehrmals nachgedruckt (1695, 1729, 1779, 1972). Die Gründlichkeit und Präzision seiner Aufnahmen blieb bis weit in das 19. Jh. vorbildlich.

Unter den Zeitgenossen, auch und gerade in der Akademie, fand das Buch zunächst nur wenig Beachtung, wohl weil aus ihn ersichtlich wurde, dass nicht nur die Proportionsverhältnisse antiker Bauten, auf denen die Thesen anderer Autoren aufbauten, auf falschen Maßannahmen beruhten, sondern auch, dass die meisten antiken Bauten nicht den bei Vitruv angegebenen Regeln folgten.

Seine größte Wirkung entfaltete das Werk erst nach dem Ende des Rokoko mit der Durchsetzung der klassizistischen Architektur im späten 18. und frühen 19. Jh., als neben dem Nachdruck auch mehrere Übersetzungen erschienen, z. B. eine Englische von George Marshall (The Ancient Buildings of Rome, 2 Bde. London 1771 und 1785) und eine Italienische von Carlo Fea (Gli Edifizj antichi di Roma, Rom 1822). Außerdem erschienen zwei Ergänzungsbände, die Fragmens et ornemens d‘architecture von Charles Moreau (Paris 1800) und die Aggiunte e correzioni all’opere sugli edifizi antichi di Roma von Giuseppe Valadier und Luigi Canina (Rom 1843).

Für einige Gebäude gehören die Aufmaße von Desgodetz auch heute noch zu den besten publizierten Plänen. Auch für die heutige archäologische Forschung bietet das Werk wichtige Informationen, da es Teile wichtiger Gebäude wiedergibt, die heute verloren sind, wie z. B. die 1747 in barocken Formen ersetzte Gestaltung des oberen Teils der Wände des Pantheons.

Schriften

  • Les Edifices antiques de Rome, dessinés et mesurés tres exactement par Antoine Desgodetz, Architecte. Paris 1682.
  • Traité des Ordres d'Architecture par Antoine Desgodetz, architecte du Roy, entstanden wohl bis 1711, unpubliziert, mehrere Manuskripte erhalten.
  • Cours d'Architeture, um 1725, unpubliziert.
  • Les loix des batimens suivant la coustume de Paris, posthum herausgegeben von M. Goupy, 1. Auflage 1748, 2. Aufl. Genf 1752.

Literatur

  • H. Lemonnier, Les dessins originaux de Desgodetz pour 'Les Èdifices antiques de Rome' , Revue archéologique 5. Serie Vol. 6, 1917, 216 ff.
  • W. Herrmann, Antoine Desgodetz and the Académie Royale d’Architecture. The Art Bulletin 40, 1958, 23-53.
  • Hanno-Walter Kruft, Geschichte der Architekturtheorie. München: C.H. Beck 3. Aufl. (1991) 153-155.



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