Logizistisches Programm

Logizistisches Programm

Der Logizismus oder das logizistische Programm bezeichnet eine bestimmte Position in der Philosophie der Mathematik. Sie wurde zuerst von Gottlob Frege Ende des 19. Jahrhunderts formuliert und besagt, dass sich die Mathematik auf die Logik zurückführen lässt. Die Gegenposition zu dieser Theorie ist, dass es sich bei der Logik um einen Zweig der Mathematik handelt, dass also die Mathematik das Fundamentalere ist. Diese Position wurde implizit von den Pionieren der mathematischen Logik im 19. Jahrhundert, Georg Cantor und George Boole, vertreten.

Etwas genauer lässt sich der Logizismus in zwei Positionen aufspalten:

  1. Alle mathematischen Wahrheiten müssen sich anhand von Definitionen mit strikten Beweisen auf eine fest umgrenzte Anzahl von Axiomen zurückführen lassen.
  2. Bei diesen Axiomen selbst muss es sich um evidente logische Wahrheiten handeln, d. h. sie dürfen nach Freges Worten „eines Beweises weder fähig noch bedürftig“ sein.

Zu 1.) Mit der ersten Forderung will Frege das Bedürfnis nach einer wissenschaftlichen Fundierung der Mathematik stillen. Bis zu Freges Zeit war man davon ausgegangen, dass es gewisse unbeweisbare mathematische Wahrheiten gibt, hatte aber kaum ernsthaft versucht, diese anzugeben und darzustellen, wie sich die übrigen Wahrheiten von diesen herleiten. (Eine bedeutende Ausnahme und gleichzeitig Vorbild Freges ist Euklid mit seinem Werk „Die Elemente“). Um sein Vorhaben durchzuführen, muss Frege jedoch erst einmal den Begriff des Beweises präzise fassen. Im Zuge dessen schafft er die erste vollständig explizite formale Sprache sowie die sich heute immer noch in Gebrauch befindliche Prädikatenlogik. Mit diesem Instrumentarium gelingt es Frege, den Begriff der Zahl zu definieren und davon ausgehend, elementare arithmetische Sätze (wie „1 + 1 = 2“), die man bis dahin für unbeweisbar gehalten hatte, zu beweisen.

Zu 2.) Frege hatte seinem System eine Reihe von Axiomen zugrunde gelegt, denen er den Status selbst-evidenter Wahrheiten zusprechen konnte. In diesem Axiomensystem wird jedoch von Bertrand Russell im Jahr 1902 ein Widerspruch (die sogenannte Russellsche Antinomie) entdeckt. Frege wendet sich daraufhin enttäuscht vom Logizismus ab. In den folgenden Jahren entstehen eine Reihe von sogenannten „axiomatischen Mengentheorien“ wie Russells eigene Typentheorie oder die Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre. Diese setzen zwar die Forderung einer axiomatischen Grundlegung der Mathematik um, enthalten gleichzeitig jedoch immer auch Axiome, die nicht als logisch evident gelten können. Ein besonders klares Beispiel ist das „Unendlichkeitsaxiom“, das fordert, dass es unendlich viele Gegenstände (Zahlen) gibt. Nach Freges Vorstellungen hätte eine solche Aussage aber nicht axiomatisch gesetzt, sondern mit logischen Mitteln bewiesen werden müssen. Gödels Unvollständigkeitssatz bewies, dass jedes mathematische System unbeweisbare, aber wahre Sätze enthält und versetzte Freges Position den endgültigen Todesstoß.

Wenngleich Freges Logizismus also insbesondere wegen der zweiten oben genannten Forderung als gescheitert angesehen werden muss, hat sich doch die erste Forderung als überaus fruchtbar erwiesen. Die von Frege zur Durchführung des Programms geschaffenen Werkzeuge haben der modernen Logik einen entscheidenden Impuls gegeben, mit der Entwicklung der Mengentheorien wurde ein neuer Zweig der Mathematik begründet.


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