Longue duree

Longue durée (dt.: lange Dauer) ist ein Begriff der von den Historikern der Annales-Schule um Fernand Braudel geschaffen wurde. Mit ihr sollte die Geschichtswissenschaft strukturalistisch neu begründet werden.

Es werden drei Zeit-Ebenen in der Geschichte unterschieden:

• die lange Dauer, die longue durée im eigentliche Sinne: Gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Strukturen oder geographische Gegebenheiten ändern sich nur sehr langsam oder gar nicht. Als Beispiele seien die Herrschaft der Pharaonen in Ägypten, der Feudalismus oder die Tatsache genannt, dass Barcelona am Meer liegt. Diese Ebene wird für die wichtigste gehalten, denn sie erst liefert die Voraussetzungen und die Erklärungen für die anderen.

• Konjunkturen: Hiermit sind hauptsächlich wirtschaftliche Schwankungen und Konjunkturzyklen gemeint, die in einem Zeitrahmen von mehreren Jahren oder Jahrzehnten stattfinden, beispielsweise das Goldene Zeitalter der Niederlande oder die Weltwirtschaftskrise. Auch die längeren Kondratjew-Zyklen gehören hierher, die die Geschichte der industrialisierten Gesellschaften einteilen (wir befinden uns heute im fünften, dem „Informations- und Kommunikations-Technik-Kondratieff").

• die bis dahin klassische Ereignisgeschichte, die sozusagen die gekräuselte Oberfläche des Meeres der Geschichte darstellt. Hier finden (zumeist politische) Ereignisse wie der Erlass von Gesetzen, Regierungswechsel, Misstrauensvoten, im Zeitrahmen von Wochen und Tagen, manchmal auch nur von Stunden statt. Von den strukturalistischen Annales-Historikern wird diese Ebene zumeist als kontingent gering geschätzt.

Literatur

• Fernand Braudel, Geschichte und Sozialwissenschaften. Die longue durée, in: Schrift und Materie der Geschichte. Vorschläge zu einer systematischen Aneignung historischer Prozesse, hg. v. Claudia Honegger (edition suhrkamp 814), Frankfurt am Main 1977, S. 47 - 85 ISBN 3-518-00814-5
• Georg G. Iggers, Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein kritischer Überblick im internationalen Zusammenhang (Kleine Vandenhoeck-Reihe 1565), zweite Auflage, Göttingen 1996