Loschmidtsche Zahl

Loschmidtsche Zahl
Josef Loschmidt

Die Loschmidt-Konstante NL ist eine nach Josef Loschmidt benannte physikalische Konstante, die die Anzahl der Moleküle pro Volumeneinheit eines idealen Gases unter Normalbedingungen angibt. Ihr derzeit allgemein empfohlener Wert beträgt nach CODATA 2006[1][2]

NL = 2,686 777 4 (47) × 1025 m−3 = 2,686 777 4 (47) × 1019 cm−3.

Sie hängt mit der Avogadro-Konstante NA über das molare Volumen eines idealen Gases unter Normalbedingungen, Vm0 nach

NL = NA / Vm0

zusammen. Der Zusammenhang kann auch über die universelle Gaskonstante R, dem Normaldruck p0 = 101 325 Pa und der Normaltemperatur T0 = 273,15 K ausgedrückt werden:

NL = NA · p0 / (R · T0)

Daraus ergibt sich auch ein Zusammenhang zur Boltzmann-Konstante k:

NL = p0 / (k · T0)

CODATA[1] benutzt als Größensymbol für die Loschmidt-Konstante n0. Das Symbol L wird alternativ zu NA für die Avogadro-Konstante verwendet - daher sollte diese Form für die Loschmidt-Konstante vermieden werden.

Inhaltsverzeichnis

Historisches und Bezeichnung der Konstante

Der italienische Physiker Amedeo Avogadro postulierte 1811, dass gleiche Volumina verschiedener idealer Gase die gleiche Zahl Moleküle enthalten (Avogadrosches Gesetz).

Erstmals gelang es 1865 (nach Avogadros Tod) dem österreichischen Physiker und Chemiker Josef Loschmidt (damals als Joseph Loschmidt bekannt) diese Zahl an Molekülen größenordnungsmäßig zu bestimmen (siehe unten). Loschmidts Schüler und späterer Freund Ludwig Boltzmann benannte die von Loschmidts Ergebnissen abgeleitete Zahl der Moleküle (Teilchenzahl) pro Kubikzentimeter (cm3) Volumen eines idealen Gases bei Normaldruck und Normaltemperatur als Loschmidt'sche Zahl. Diese Zahl, umgerechnet in die Teilchenzahl pro Kubikmeter (m3), multipliziert mit der Einheit m−3 gilt heute als Loschmidt-Konstante.

1909 (nachdem sowohl Loschmidt als auch Avogadro bereits verstorben waren) schlug der französische Chemiker Jean-Baptiste Perrin die Angabe der Größe nicht als Teilchenzahl pro Volumeneinheit, sondern als Teilchenzahl pro Mol unter dem Namen Avogadro-Zahl vor. Die Avogadro-Zahl gibt demnach an, aus wievielen Teilchen eine Stoffmenge von 1 mol besteht. Im deutschsprachigen Raum wurde jedoch der Name Loschmidt'sche Zahl oder Loschmidt-Zahl weiter verwendet, jedoch nun mit einer anderen Bedeutung, nämlich als Synonym für Avogadro-Zahl.

Die Avogadro-Zahl, multipliziert mit der Einheit mol−1 gilt heute als Avogadro-Konstante. Meist wird diese Größe (und nicht die Loschmidt-Konstante) verwendet, um molekulare auf molare Größen umzurechnen. In den CODATA Empfehlungen für physikalische Konstanten ist die Loschmidt-Konstante seit der CODATA 1986 Publikation enthalten.

Loschmidts Arbeit "Zur Grösse der Luftmoleküle"

Die Arbeit, in der Loschmidt 1865 die später nach ihm benannte Loschmidt'sche Zahl ermittelte, wurde 1866 als Artikel "Zur Grösse der Luftmoleküle" [3] veröffentlicht. Sie baute auf der kinetischen Gastheorie und diesbezüglichen Ergebnisse von Clausius, Maxwell und O. E. Meyer auf. Loschmidt definierte dort zwar die Anzahl der in der Volumeinheit enthaltenen Luftmoleküle, einen Zahlenwert hierfür gab er jedoch nicht an. Ziel seiner Arbeit war eine vorläufige Annäherung der Größe des Durchmessers der Luftmoleküle unter Normalbedingungen, hier Loschmidt'scher Moleküldurchmesser s0 eines idealen Gases genannt. s0 wurde aus einem sog. "Kondensationskoeffizienten" und aus dem damals bekannten Wert der mittleren freien Weglänge λ für Luft bei 0°C errechnet. Die Loschmidt-Konstante NL kann daraus - wieder über die mittlere freie Weglänge - nach

NL = 3 / (4 · π · λ · s02)

berechnet werden. Drückt man den heute allgemein empfohlenen Wert der Loschmidt-Konstante bzw. der Avogadro-Konstante als Loschmidt'schen Moleküldurchmesser aus, so beträgt s0 = 0,361 nm. Loschmidts Ergebnis aus dem Jahr 1865 betrug s0 = 0,970 nm, also das 2,7-fache des tatsächlichen Wertes. Er gab allerdings auch eine Angabe zur statistischen Unsicherheit seines Ergebnisses. Originalzitat: "Dieser Werth ist freilich nur als ungefähre Annäherung zu nehmen, er ist aber sicher nicht um das zehnfache zu gross oder zu klein". Damit behält er Recht.

Für die mittlere freie Weglänge standen Loschmidt zwei unterschiedliche Werte zur Verfügung: der von Maxwell ermittelte Wert von λ = 62 nm und ein neuerer, viel größerer, aber - wie sich später herausgestellt hatte - ungenauerer, von O. E. Meyer publizierter Wert von λ = 140 nm. Heute gilt für die mittlere freie Weglänge eines idealen Gases unter Normalbedingungen λ = 68 nm. Hätte Loschmidt damals Maxwells statt Meyers Wert der mittleren freien Weglänge für seine Berechnung herangezogen, so wäre für s0 = 0,429 nm herausgekommen. Dieses "alternative" Ergebnis weist eine verblüffend geringe Ungenauigkeit von nur dem 1,2-fachen des tatsächlichen Wertes auf! Umgerechnet in die Loschmidt-Konstante entspricht das NL ≈ 2,092 2 × 1025 m−3.

Quellen

  1. a b CODATA Internationally recommended values of the Fundamental Physical Constants 2006
  2. http://physics.nist.gov/cgi-bin/cuu/Value?n0
  3. Loschmidt 1866: "Zur Grösse der Luftmoleküle" in Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Wien, 52, Abt. II, S. 395-413

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