Lothar I. (Lothringen)

Lothar I. (Lothringen)
Lothar I. in einem Evangeliar Lothars I.

Lothar I. (* 795; † 29. September 855 in Prüm) war ein fränkischer König und Kaiser, d. h. während der Herrschaft seines Vaters zunächst Mitkaiser des römischen Reiches (Translatio Imperii).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er wurde als ältester Sohn Ludwigs des Frommen und dessen Ehefrau Irmingard 795 geboren. Er wurde im Juli 817 bei der Teilung des Reichs Karls des Großen, nachdem er seit August 814 Bayern regiert hatte, Mitkaiser. 822 erhielt er, nachdem er sich mit Mitte Oktober 821 in Diedenhofen (Thionville) mit Irmingard von Tours, Tochter des Grafen Hugo von Tours, vermählt hatte, 822 auch Italien und ein Jahr später zu Ostern, am 5. April 823, vom Papst Paschalis I. die Kaiserkrone.[1]

Im November 824 erließ er die Konstitution Lothars, welche die Rechte des Kaisers und des Papstes in Rom und im Kirchenstaat festsetzte. Als aber Ludwig der Fromme dem von seiner zweiten Gemahlin, Judith, geborenen Sohn Karl (dem Kahlen) im August 829 Alemannien zubestimmte, empörten sich die drei Söhne erster Ehe gegen den Vater, setzten ihn 830 ab. Ludwig wurde jedoch wieder befreit und Lothar verlor 831 die Regentschaft.

Bei einer neuen Empörung 833 standen sich die Parteien Ende Juni auf dem Rotfeld bei Colmar gegenüber, bis Ludwig alle Unterstützung verloren hatte und am 30. Juni gezwungen war, sich zu ergeben und faktisch abzudanken. Es folgte ein öffentliches Schuldbekenntnis und die Verbannung Judiths und deren Sohnes Karl in ein Kloster. Das Colmarer Rotfeld wurde aufgrund der geschlossenen und gebrochenen Eide bald nur noch als Lügenfeld bezeichnet.

Lothar wähnte nun seine Herrschaft über das Gesamtreich gesichert, doch nun verbündeten sich seine Brüder mit ihrem abgesetzten Vater Ludwig und holten diesen auf den Thron zurück. Ludwig der Fromme wurde am 1. März 834 in Saint-Denis wieder eingesetzt; Lothar, der nach Burgund geflohen war, musste sich im Juni 834 in Blois unterwerfen; er behielt bloß Italien als Unterkönigreich, welches er ohne Zustimmung Ludwigs nicht mehr verlassen durfte.

Bei der neuen Teilung des Reichs nach Pippins Tod wurde Lothar wieder zu Gnaden angenommen und bekam außer Italien Austrasien ohne Bayern (Juni 839). Nach des Vaters Tod (Juni 840) beanspruchte Lothar die volle Anerkennung als Kaiser. Allein Ludwig und Karl schlugen ihn bei Fontenoy in Burgund am 25. Juni 841. In dem Vertrag von Verdun vom 10. August 843 behielt Lothar außer der Kaiserwürde und Italien Burgundien und die Länder zwischen Rhein, Maas und Schelde bis an die Nordsee, mit den beiden Hauptstädten Rom und Aachen, das sogenannte Mittelreich.

Grab von Kaiser Lothar I.

Während er zur Befestigung seiner Macht in Aachen blieb, verwüsteten die Araber 848 seine italienischen Provinzen, und die Normannen plünderten die Küsten der Nordsee. Der hohe Klerus errang sich eine selbständige Stellung, und die großen Vasallen übten nach Lothars Vorbild Willkür und Gewaltherrschaft.

Schwer krank, teilte er im September 855 in der Teilung von Prüm sein Reich unter seinen drei Söhnen:

Nach der Abdankung zog er sich schließlich in die Abtei Prüm in der Eifel zurück, wo er wenige Tage später, am 29. September 855, als Mönch starb und auch begraben wurde. Seine Gebeine wurden 1721 beim Neubau der Abteikirche in den neuen Hochaltar umgebettet und 1860 wiedergefunden.

1874 wurde mit finanzieller Unterstützung Kaiser Wilhelms I. ein neues Grabmal geschaffen. In die Grabplatte wurde die Grabinschrift von Hrabanus Maurus eingemeißelt:

Continet hic tumulus memorandi Caesaris ossa, Hlotharii, magni principis atque pii. Qui Francis, Italis, Romanis praefuit ipsis, Omnia sed sprevit, pauper et hinc abiit. Nam bis tricenos monachus sic attigit annos, Et se mutavit, ac bene post obiit. III. Cal. Octob.

(Es birgt dieses Grab die Gebeine des unvergesslichen Kaisers, Lothars, des großen und gottesfürchtigen Herrschers. Der über Franken, Italier, selbst Römer gebot, Verschmähte doch alles und ging dann als Armer hinweg. Als Mönch erreichte er ja gerade die Sechzig. Wandelte sich und schied danach selig dahin am 29. September) (855).

Auf Lothar geht der lateinische Spruch Tempora mutantur zurück.

Rezeption Lothars

In den erzählenden Quellen wird Lothar meist als von Ehrgeiz getrieben und ohne jegliche Staatsräson geschildert. Dieser ausgesprochen negative Ruf wird auch von zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen aufgegriffen und wiedergegeben. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Hauptquellen zu jener Zeit allesamt aus dem Umfeld von Lothars Brüdern Karl und Ludwig stammen. Ein Geschichtswerk aus seinem eigenen Umfeld, worin er zweifellos in einem positiveren Licht geschildert worden wäre, ist entweder nicht entstanden oder nicht überliefert worden. Das traditionell negative Bild dieses Herrschers dürfte ihm daher nicht gerecht werden. Eine dies berücksichtigende neuere Darstellung seiner Person und Herrschaft fehlen bislang.

Nachkommen

Aus seiner Ehe mit Irmingard hatte Lothar neun Kinder:

  • Ludwig II. (* wohl 825; † 875), Mitkaiser
  • Helletrud (Hiltrud) (* wohl 826; † nach 865/866), ∞ Graf Berengar († vor 865/866)
  • Bertha (* wohl 830; † nach 7. Mai 852, wohl 877), vor 847 Äbtissin von Avenay, vielleicht Äbtissin von Faremoutiers
  • Ermengarde (Irmgard) (* wohl 826/830), 846 entführt, ∞ Giselbert, Graf im Maasgau (Reginare), 866 Graf im Lommegau, Ehe 849 anerkannt
  • Gisla (* wohl 830; † 860), 851–860 Äbtissin von San Salvatore in Brescia
  • Lothar II. (* wohl 835; † 869), König von Lothringen, ∞ I 855 Teutberga, Tochter des Grafen Boso von Arles (Bosoniden)
  • Rotrud (getauft 835/840 in Pavia), ∞ um 850/851 Lambert Graf der Bretonischen Mark, Graf von Nantes (Widonen), X 1. Mai 852
  • Karl (* wohl 845; † 25. Januar 863 im Kloster St-Pierre-les-Nonnains, heute Lyon), König in Burgund
  • Karlmann (* 853)

Siehe auch

Literatur

  • Geschichtsverein Prümer Land e.V. (Hrsg.): Lothar I., Kaiser und Mönch in Prüm – Zum 1150. Jahr seines Todes. Prüm 2005, ISBN 3-931478-19-X.

Weblinks

Anmerkungen

  1. http://www.newadvent.org/cathen/11514a.htm
Vorgänger Amt Nachfolger
Karl der Große Herzog von Bayern
814–817
Ludwig der Fromme
Bernhard König der Italiener/Langobarden
822–855
Ludwig II.
Ludwig der Fromme Römischer Kaiser
823–855

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