Lubac

Lubac

Henri Kardinal de Lubac (* 20. Februar 1896 in Cambrai; † 4. September 1991 in Paris) war ein französischer katholischer Theologe und Jesuit.

Inhaltsverzeichnis

Leben

De Lubac trat der Gesellschaft Jesu am 9. Oktober 1913 bei und wurde 1927 zum Priester geweiht. 1929 bis 1961 war er Professor für Fundamentaltheologie und Religionsgeschichte am Institut catholique in Lyon. Während des Zweiten Weltkrieges war er zeitweise wegen seiner Mitarbeit im Französischen Widerstand im Untergrund. Im Jahr 1938 erschien sein programmatisches Werk "Catholicisme" (dt. 1943), das aus der theologischen Tradition die universale Heilsbedeutung der Kirche neu akzentuierte. Seit 1950 hatte er wegen seiner Gnadenlehre (insb. Surnaturel 1946) vom Orden acht Jahre Lehrverbot und veröffentlichte in dieser Zeit drei Bücher über den Buddhismus, kurz darauf wurde er aber schon Berater des Erzbischofs von Lyon. Er war dann Berater auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Im Jahre 1983 wurde er ohne vorherige Bischofsweihe als Kardinaldiakon mit der Titelkirche Santa Maria in Domnica in das Kardinalskollegium aufgenommen, nachdem er 1969 die Ernennung zum Kardinal (seit 1962 regelmäßig vorgesehen mit vorheriger Bischofsweihe) abgelehnt hatte.

Er gilt zwar zusammen mit Jean Daniélou und Yves Congar als Vorkämpfer der Nouvelle théologie, die vor allem zwischen 1940 und 1950 die zeitgenössische Philosophie im Zusammenhang der Glaubenslehre betrachtete. Sie stellte sich dem Problem der Unveränderlichkeit und der Geschichtlichkeit der Wahrheit auf neue Weise, wollte das Verhältnis zwischen Natur und Gnade näher bestimmen und brachte die Themen des Marxismus, der nichtchristlichen Religionen und der Gotteserkenntnis neu aufs theologische Tablett. Damit waren aber auch Themen des Zweiten Vatikanischen Konzils vorgedacht und in der theologischen Diskussion angekommen. Jedoch fühlte sich de Lubac mit dem Etikett "nouvelle théologie" nicht richtig bezeichnet.

Die genannten theologischen Erneuerer vertraten nie eine solche Konzeption "neuer" Theologie als sei die Tradition der Kirche fortan unbeachtlich (vgl. Holländischer Katechismus) und Theologie "vernünftig" nur im Rahmen des derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes möglich. Über diese Erneuerer ragt Lubac aber insbesondere wegen seines profunden Kirchenbegriffs heraus, indem er den Gemeinschaft (lat. "communio") stiftenden Charakter des katholischen Dogmas betont.

Insbesondere Lubac beeinflusste im deutschsprachigen Raum vor allem die Theologen Karl Rahner, Hans Urs von Balthasar, Joseph Ratzinger, Karl Lehmann, Erhard Kunz und Walter Kasper. Über theologische Fachkreise hinaus hat er weithin Bedeutung für die Patrologie und Mediävistik erlangt durch sein monumentales Kompendium zur Geschichte des vierfachen Schriftsinns (Exégèse médiévale: les quatre sens de l'écriture, Paris 1959-1964), das an eigene Vorstudien seit der Zeit der ausgehenden 40er-Jahre anknüpft.

Die Nachkonziliare Krise veranlasste Lubac, wieder deutlicher zugunsten der Tradition und gegen jedweden Relativismus zu argumentieren.

Werke

  • Krise zum Heil: eine Stellungnahme zur nachkonziliaren Traditionsvergessenheit. Dt. Übers. von Karlhermann Bergner. 2., überarb. Ausg. Berlin: Morus 2002. (L' église dans la crise actuelle) ISBN 3-87554-372-6
  • Die göttliche Offenbarung: Kommentar zum Vorwort und zum ersten Kapitel der dogmatischen Konstitution "Dei verbum" des Zweiten Vatikanischen Konzils. Freiburg: Johannes-Verl. Einsiedeln 2001. (Theologia Romanica; 26) (La révélation divine) ISBN 3-89411-369-3
  • Typologie, Allegorie, geistiger Sinn: Studien zur Geschichte der christlichen Schriftauslegung. Aus dem Französ. übertr. und eingel. von Rudolf Voderholzer. Freiburg: Johannes 1999. (Theologia Romanica; 23) ISBN 3-89411-357-X
  • Meine Schriften im Rückblick. Mit e. Vorw. von Christoph Schönborn. Übertr. von Manfred Lochbrunner u.a. Einsiedeln, Freiburg: Johannes 1996. (Theologia Romanica; 21) (Mémoire sur l'occasion de mes écrits) ISBN 3-89411-337-5
  • Corpus mysticum: Kirche und Eucharistie im Mittelalter; eine historische Studie. Übertr. von Hans Urs von Balthasar. Freiburg,Einsiedeln: Johannes 1995. ISBN 3-89411-161-5
  • Schleiermacher, Fichte, Hölderlin Übers. von Alexander G[arcía] Düttmann. In: Typologie. Internat. Beiträge zur Poetik. Frankfurt am Main, 1988. - S.338-356 (Zuerst in: La postérité spirituelle de Joachim de Flore Teil 1: De Joachim à Schelling - Paris [u.a.], 1979. - S.327-342
  • Glauben aus der Liebe. Catholicisme (2. dt. Auflage des frz. Werks von 1938, Einsiedeln 1970), 3. Aufl. Einsiedeln: Johannes 1992.
  • Geist aus der Geschichte. Das Schriftverständnis des Origines. Übertr. und Eingeleitet von Hans Urs von Balthasar. Einsiedeln: Johannes 1968.
  • frz. Literaturverzeichnis

Literatur

  • Donath Hercsik: Jesus Christus als Mitte der Theologie von Henri de Lubac. Frankfurt a.M.: Knecht 2001. (Frankfurter theologische Studien; 61) ISBN 3-7820-0858-8
  • Peter Reifenberg u.a.(Hg.): Gott für die Welt: Henri de Lubac, Gustav Siewerth und Hans Urs von Balthasar in ihren Grundanliegen. Festschrift für Walter Seidel. Mainz: Matthias-Grünewald-Verl. 2001. ISBN 3-7867-2319-2
  • Rudolf Voderholzer: Henri de Lubac begegnen. Augsburg: Sankt-Ulrich-Verl. 1999. (Zeugen des Glaubens) ISBN 3-929246-44-9
  • Rudolf Voderholzer: „Ein Genie der Freundschaft“ - Henri de Lubac (1896-1991). In: Die theologische Hintertreppe: die grossen Denker der Christenheit. Hrsg. v. Michael Langer u. Józef Niewiadomski. München: Pattloch 2005 ISBN 3-629-01670-7, S. 9-21.
  • Ulrich Kuther: Kirchliche Tradition als geistliche Schriftauslegung. Zum theologischen Schriftgebrauch in Henri de Lubacs "Die Kirche. Eine Betrachtung". Münster: LIT, 2001. (Studien zur Traditionstheorie; 5) ISBN 3-8258-5563-5

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