Lutz von Schwerin-Krosigk

Lutz von Schwerin-Krosigk
Schwerin von Krosigk auf der Anklagebank in Nürnberg

Johann Ludwig (Lutz) Graf Schwerin von Krosigk, geboren als Johann Ludwig von Krosigk (* 22. August 1887 in Rathmannsdorf/Anhalt; † 4. März 1977 in Essen) war ein deutscher Jurist, parteiloser konservativer Politiker, ab 1932 Reichsminister der Finanzen, nach dem 2. Mai 1945 Leitender Minister in der geschäftsführenden Regierung Dönitz und dort zugleich Reichsminister des Auswärtigen. Schwerin von Krosigk wurde 1949 als Kriegsverbrecher verurteilt, 1951 aus der Haft entlassen und war später als Publizist tätig.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Lutz von Krosigk war das siebte Kind von Erich von Krosigk (1829–1917) und das zweite Kind dessen zweiter Ehefrau Luise Gräfin von Schwerin (1853–1920).

Nach dem Abitur an der Klosterschule Roßleben begann Krosigk 1905 ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Halle (Saale), Lausanne und Oxford, das er 1909 mit dem Referendarexamen beendete. Am Ersten Weltkrieg nahm Krosigk von 1914 bis 1918 als Reserveoffizier teil. Er wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet und bekleidete am Kriegsende den Dienstgrad eines Oberleutnants.

1920 arbeitete Krosigk als Assessor beim Landratsamt in Hindenburg/Oberschlesien. Er wechselte dann als Regierungsrat an das Reichsfinanzministerium nach Berlin. 1922 folgte die Ernennung zum Oberregierungsrat und 1924 zum Ministerialrat. 1929 wurde er zum Ministerialdirektor ernannt und leitete die Etatabteilung des Reichsfinanzministeriums. 1931 übernahm er zusätzlich die Leitung der Reparationsabteilung. 1918 heiratete er Ehrengard Freiin von Plettenberg. Aus ihrer Ehe gingen vier Söhne und fünf Töchter hervor. 1925 wurde Krosigk von seinem Onkel Alfred Graf von Schwerin adoptiert und führte seitdem den Namen Graf Schwerin von Krosigk.

1932 wurde Schwerin von Krosigk von Reichskanzler Franz von Papen als Reichsminister der Finanzen in das Kabinett berufen. Er behielt dieses Amt auch unter Papens Amtsnachfolgern Kurt von Schleicher und Adolf Hitler. Am 24. März 1933 unterzeichnete er das Ermächtigungsgesetz, mit dem die nationalsozialistische Regierung unter Aussetzung der Reichsverfassung ohne Zustimmung des Parlaments Gesetze erlassen konnte.[1] Im April 1933 entließ er auf Intervention Hitlers seinen bisherigen Staatssekretär Arthur Zarden zugunsten des Finanzfachmanns der NSDAP, Fritz Reinhardt. Dies war für ihn mit einem Machtverlust verbunden, da Reinhardt z. B. das Steuerwesen fortan im Wesentlichen alleine leitete. Schwerin von Krosigk war während der gesamten Zeit des Nationalsozialismus Reichsfinanzminister, ohne Mitglied der NSDAP zu werden, war aber Mitglied der nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht.[1] Im Jahr 1937 erhielt er von Hitler das Goldene Parteiabzeichen ehrenhalber verliehen. Nach der letzten Kabinettssitzung 1938 konzentrierte er sich auf die Verwaltung seines Amtes und trat politisch nur noch wenig in der Öffentlichkeit in Erscheinung.

In Hitlers politischem Testament wurde Schwerin von Krosigk als Finanzminister benannt. Nach Hitlers Selbstmord war er im Mai 1945 „Leitender Minister“ der so genannten „Geschäftsführenden Reichsregierung“ des Deutschen Reiches, de facto ohne jede wirkliche Macht, und, auch wenn er später diesen Zusammenhang zurückwies, unter dem angeblichen und nur von Hitler „ernannten" Reichspräsidenten Karl Dönitz de facto letzter Reichsaußenminister bis zur Auflösung der geschäftsführenden Regierung durch die Alliierten.

Kriegsende und die Verhaftung

Schwerin von Krosigk verkündete am 7. Mai 1945 um 14:30 Uhr in dieser Eigenschaft als Außenminister die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht – am 8. Mai um eine Minute nach Mitternacht war der Krieg in Europa beendet.

Am 23. Mai 1945 wurden er und die so genannte geschäftsführende Reichsregierung verhaftet, am 5. Juni 1945 übernahmen die Siegermächte durch den Alliierten Kontrollrat auch formell die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. Zuerst war er in der Flakkaserne Ludwigsburg, später in Nürnberg inhaftiert und im Wilhelmstraßen-Prozess am 14. April 1949 u.a. wegen Plünderung des Eigentums deportierter Juden durch die Finanzämter zu zehn Jahren Haft als Kriegsverbrecher verurteilt. Bereits am 31. Januar 1951 kam er aufgrund einer Amnestie wieder frei.

Schwerin von Krosigk lebte danach in Essen und war als Schriftsteller und Publizist tätig.

Veröffentlichungen

  • Nationalsozialistische Finanzpolitik, Fischer, Jena 1936 (Kieler Vorträge 41)
  • Deutschlands Kriegsfinanzierung, Berlin 1941
  • Es geschah in Deutschland. Menschenbilder unseres Jahrhunderts, Wunderlich, Tübingen 1951
  • Die große Zeit des Feuers – Der Weg der deutschen Industrie, Wunderlich, Tübingen 1959
  • Alles auf Wagnis – der Kaufmann gestern, heute und morgen, Wunderlich, Tübingen 1963
  • Persönliche Erinnerungen, 3 Bde., Selbstverlag, Essen 1973–74
  • Staatsbankrott. Die Geschichte der Finanzpolitik des Deutschen Reiches von 1920 bis 1945, geschrieben vom letzten Reichsfinanzminister, Musterschmidt, Göttingen, 1975. ISBN 3-7881-1679-X
  • Jenny Marx. Liebe und Leid im Schatten von Karl Marx. Eine Biographie nach Briefen, Tagebüchern und anderen Dokumenten Staatsverl., Wuppertal, 1975. ISBN 3-87770-015-2
  • Memoiren, Seewald, Stuttgart, 1977. ISBN 3-512-00468-7 (Kurzfassung der Persönlichen Erinnerungen)
  • Die großen Schauprozesse. Politische Justiz, Universitas, München, 1981. ISBN 3-8004-1011-7 (posthum veröffentlicht)

Literatur

  • Götz Aly: Hitlers Volksstaat. S. Fischer, Frankfurt 2005. ISBN 3-10-000420-5.
  • Klaus Goehrke: In den Fesseln der Pflicht. Der Weg des Reichsfinanzministers Lutz Graf Schwerin v. Krosigk. Verl. Wissenschaft und Politik, Köln 1995. ISBN 3-8046-8825-X.
  • Martin Friedenberger: Die Reichsfinanzverwaltung im Nationalsozialismus. Darstellung und Dokumente, Ed. Temmen, Veröffentlichungen der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz 1, Bremen 2002. ISBN 3-861083-77-9.
  • Eric A. Johnson: Terror: Gestapo, Juden und gewöhnliche Deutsche, Siedler, Berlin 2001. ISBN 3-88680-619-7.
  • Tim Mason: Sozialpolitik im Dritten Reich: Arbeiterklasse und Volksgemeinschaft, Westdeutscher Verlag, Opladen 1977. ISBN 3-531-11364-X.
  • Christian Andreas von Biel und seine Stiftung; für die Nachkommen des Stifters, hrsg. vom Familienrat; Druck: SCHOTTdruck, Kiel (Information zu den Vorfahren)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 574.

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