L’homme arme

L’homme arme

L’homme armé (mfrz. Der Mann in Waffen) ist ein französisches Soldatenlied, das vermutlich während des späten 14. Jahrhunderts entstand. Es wurde in der Folgezeit als volkstümliche Chanson beliebt und zählt zu den bekanntesten Melodien der europäischen Renaissance.

Das Lied folgt keiner traditionellen Balladen- oder Virelai-Form.[1] Der Text nimmt Bezug auf die Zeit des Hundertjährigen Krieges. Er ruft zur allgemeinen Bewaffnung auf.

« L’homme armé doibt on doubter.
On a fait partout crier
Que chascun se viegne armer
D’un haubregon de fer.
L’homme armé doibt on doubter. »

– Originaltext

„Den Mann in Waffen muß man fürchten.
Überall hat man ausrufen lassen,
Dass jeder sich bewaffnen solle
Mit einem eisernen Kettenpanzer.
[Denn] den Mann in Waffen muß man fürchten.“

– Deutsche Übersetzung

Notentext des Liedes nach dem ersten Druck in Pietro Arons Thoscanello de la musica (Venedig 1523)[2]


Notentext des Liedes nach dem ersten Druck in Pietro Arons Thoscanello de la musica (Venedig 1523)[3]

In der franko-flämischen Vokalmusik erlangte L’homme armé seine größte Bekanntheit in der Kunstmusik. Eine frühe polyphone Chanson-Bearbeitung komponierte Johannes Japart. Nach 1450 wurde die Melodie als weltlicher Cantus firmus in einer kaum zu überblickenden Zahl von Parodiemessen und anderen Vokalwerken der führenden zeitgenössischen Komponisten verarbeitet; sie wurde zum Zeichen der Zugehörigkeit zur franko-flämischen Schule.[4] Das Lied geriet zwar zu Beginn des 16. Jahrhunderts aus der Mode, erschien allerdings noch bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts als Thema.[5]

Messen, die meist eine rhythmisch einfache und unverzierte Cantus-firmus-Stimme aufwiesen[6], schufen nach der ersten nachgewiesenen Verwendung[5] in Guillaume Du Fays vierstimmiger Tenormesse, die zugleich zum ersten Mal eine weltliche Melodie als Vorlage nahm[7], zahlreiche Komponisten. Überlieferte Werke stammen von Antoine Brumel, Johannes Ockeghem, Guillaume Faugues, Antoine Busnoys, Pierre de la Rue, Matthaeus Pipelare, Pierre Mouton, Jacob Obrecht, Loyset Compère, Johannes Tinctoris, Costanzo Festa und Francisco Guerriero, in der Spätphase auch von Ludwig Senfl. Zwei Messen, die Missa L’homme armé sexti toni sowie die Missa L’homme armé super voces musicales stammen von Josquin Desprez. Außerhalb des franko-flämischen Kreises griffen auch Robert Carver, Cristóbal de Morales und Francisco Guerriero das Sujet auf.

Die letzten bedeutende Messwerke an der Schwelle zur Barockmusik waren die fünfstimmige (1570) und die vierstimmige Vertonung (1582) durch Giovanni Pierluigi da Palestrina sowie Giacomo Carissimis gegen 1640 vollendete 12-stimmige Missa l’Homme armé. Das Konzil von Trient setzte der Praxis ein Ende; die Kirche hatte die Verwendung weltlicher Cantus firmi seit längerem missbilligt.

In späterer Zeit erschien das Lied noch vereinzelt als musikalisches Thema, u. a. in Johann Nepomuk Davids Orgelwerk Fantasia super L’homme armé (1930), in Peter Maxwell DaviesL’Homme Armé (1968) und in Helmut Eders Konzert op. 50 L’homme armé für Orgel und Orchester.

Quellen

Literatur

  • Clytus Gottwald: Palestrina: „L’homme armé“. In: Heinz-Klaus Metzger/Rainer Riehn: Palestrina. Zwischen Démontage und Rettung. Musik-Konzepte Bd. 86. München: edition text+kritik 1994. ISBN 3-88377-482-0, S. 43–59

Einzelnachweise

  1. Gottwald S. 45
  2. Eine abweichende Fassung nennt Gustave Reese: Music in the Renaissance. New York: Norton 1954, S. 73. Hier oktaviert das g’ in Takt 5 zu g’’.
  3. Eine abweichende Fassung nennt Gustave Reese: Music in the Renaissance. New York: Norton 1954, S. 73. Hier oktaviert das g’ in Takt 5 zu g’’.
  4. Gottwald S. 56
  5. a b Gottwald S. 43
  6. Heinrich Husmann: Artikel Cantus firmus. In: MGG Bd. 2, Sp. 784–800, 1. Ausg. 1986. Sp. 791
  7. Walter Senn: Artikel Messe. In: MGG Bd. 9, Sp. 147–218, 1. Ausg. 1986. Sp. 173

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