MS.406

MS.406
Morane D-3801 J-143

Die MS.406 war ein französisches Jagdflugzeug, das 1938 von Morane-Saulnier entworfen wurde. Zahlenmäßig war es der wichtigste Jäger der französischen Luftwaffe zu Beginn des Zweiten Weltkrieges.

Das Flugzeug war im Allgemeinen frei von größeren Konstruktionsfehlern. Allerdings war es im Vergleich zu gegnerischen Jägern stark untermotorisiert. Während des Angriffs auf Frankreich im Mai 1940 war die Messerschmitt Bf 109E der MS.406 weit überlegen; die Morane war jedoch einer der wenigen modernen Jäger in Frankreich in ausreichender Stückzahl.

Die Überlegenheit der deutschen Maschinen forderte hohe Opferzahlen unter den französischen Piloten. 400 Maschinen gingen insgesamt verloren bei mindestens 175 eigenen Luftsiegen. Viele Maschinen wurden aber am Boden zerstört.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die französische Regierung legte 1934 eine Spezifikation für einen Sperrholz-Tiefdecker fest, die Morane-Saulnier erfüllen wollte. Der Erstflug des Vorgängers MS.405 erfolgte 1935. Es wurden 17 MS.405-Prototypen hergestellt, die schließlich zur MS.406 führten. Die Produktion begann im Januar 1939, bereits im März wurde an die französische Luftwaffe geliefert. Allerding verzögerte die Motorenknappheit die Produktion. Spätere Versionen wurden zusätzlich besser bewaffnet.

Nach der Kapitulation Frankreichs übernahm Deutschland große Restbestände an 406- und 410-Maschinen. Viele wurden für Trainingszwecke verwendet. Eine ganze Reihe wurde befreundeten Staaten, wie Finnland, Italien und Kroatien übergeben. Sie kämpften beispielsweise in Syrien gegen die Royal Air Force. Später wurden in Finnland erbeutete russische Motoren eingebaut. Aber auch die Schweizerische Flugwaffe und die Türkei verwendeten diesen Typ.

MS.405

Die MS.405 wurde 1934 als Tiefdecker mit einziehbarem Fahrwerk entworfen. Sie besaß einen Sperrholzrumpf, ein Holz-/Metall-Mittelteil sowie eine Duraluminiumnase und war der erste Tiefdecker mit geschlossenem Cockpit und Einziehfahrwerk.

Ein neuer 860 PS (640 kW) leistender Hispano-Suiza-Motor des Typs 12Y trieb einen Zweiblatt-Chauvière-Propeller an. Der Erstflug war am 8. August 1935. Die Entwicklung ging sehr langsam voran. Der zweite Prototyp mit dem 900 PS (670 kW) starken HS-12Y-crs-Motor flog erst am 20. Januar 1937. Das Flugzeug erreichte 443 km/h, dies genügte zur Freigabe 16 weiterer Prototypen.

MS.406

Das Ergebnis war die MS.406. Die wichtigsten Änderungen waren die Form der Tragflächen und ein geringeres Gewicht. Sie war mit einem 860 PS (640 kW) leistenden HS-12Y-31-Motor ausgerüstet und erreichte 489 km/h. Die Bewaffnung bestand aus einer 20-mm-Kanone Hispano-Suiza HS-9 oder Hispano-Suiza# 404 und zwei 7,5-mm-Maschinengewehren MAC-1934.

Die französische Luftwaffe orderte 1938 1000 Maschinen, Morane-Saulnier hatte allerding keine ausreichenden Kapazitäten für einen solchen Auftrag. Zusätzlich wurde deshalb die nationale Fabrik SNCAO in St. Nazaire in die Fertigung eingebunden. Das erste Produktionsmuster flog am 29. Januar 1939. Aufgrund fehlender Motoren kam die Produktion jedoch zunehmend ins Stocken.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges waren 535 Maschinen in Dienst gestellt. Im März 1940 endete die Produktion mit 1000 Maschinen. Dazu kamen 77 Maschinen für das Ausland (Finnland 30 und die Türkei 45 Stück).

D-3800

Die Schweiz erhielt im Jahr 1938 die Lizenz zum Bau der MS.406 und nannte sie D-3800. Zwei Vorproduktions-MS.405 wurden zur MS.406H zusammengebaut.

Die Vorproduktion von acht Maschinen begann bei der Adolph Saurer AG mit einem neuen verstellbaren Escher-Wyss EW-V3-Propeller. Es wurden schweizerische Instrumente und Waffen eingebaut. Nach der Vorproduktion folgten bis August 1940 74 Maschinen. 1942 wurden zwei weitere Maschinen aus Restteilen zusammengesetzt. 1943 wurden die restlichen flugfähigen Maschinen mit neuen Kühlern und Hydrauliksystemen ausgestattet. Diese Maschinen erhielten die Bezeichnung D-3801. Die meisten D-3800 dienten bei Kriegsende als Trainer und wurden 1954 außer Dienst gestellt.

MS.410

Nach Indienststellung der 406 wurde versucht, deren Design zu verbessern. So wurden die Tragflächen verstärkt und ein besserer Kühler sowie vier MAC-Maschinengewehre eingebaut. Die Maschine erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 509 km/h. Allerdings waren bei Kriegsbeginn im Mai 1940 lediglich fünf Maschinen fertiggestellt. Die Deutschen modifizierten später eine Reihe MS.406 zu MS.410, dies betraf jedoch zumeist nur die Form der Tragflächen.

MS.411 & MS.412

Ein Exemplar der MS.411 wurde gebaut. Sie besaß einen HS-12Y-45-Motor mit einer Leistung von 1000 PS (750 kW). Die MS.412 mit 1050 PS (780 kW) leistendem HS-12Y-51-Motor wurde bis zum Kriegsende nicht mehr fertiggestellt.

D-3801

Eine noch erhaltene D-3801 im Musée de l'Air et de l'Espace in Le Bourget

Die Schweiz erhielt eine unfertige 412 und modifizierte diese 1941 zur D-3801. Bis 1945 wurden 207 Maschinen hergestellt. 17 weitere wurden zwischen 1947 und 1948 aus Restteilen montiert. Sie blieben bis 1959 als Trainer im Einsatz.

MS.450

1939 wurde in Spanien in einen Prototyp ein 1300 PS (970 kW) leistender Hispano-Suiza-12Z-Motor eingebaut (MS.410). Das Triebwerk bot merklich bessere Leistungen, insbesondere in der Flughöhe.

Einsatz in Finnland

MS.406 Nr. 325 der Einheit 2/LeLv 28 der Ilmavoimat, die im Winter 1941/42 in Viitana stationiert war

Im Januar 1940 erhielt Finnland 30 Maschinen aus Frankreich, denen im Juni 1941 weitere 30 folgten. Zusätzlich übergaben die Deutschen den Finnen weitere 27 erbeutete MS.406 und elf MS.410. Damit verfügte Finnland über eine Gesamtzahl von 98 MS.406 bzw. MS.410, die vom Winterkrieg bis zum Kriegsende relativ erfolgreich gegen die Sowjetunion eingesetzt wurden und teilweise sogar danach noch in Dienst blieben.

Mörkö-Morane

Die Finnen überarbeiteten ihre Maschinen, das Resultat war die Mörkö-Morane (in manchen Quellen auch fälschlicherweise Mörkö-Moraani). Sie war mit einem erbeuteten russischen Klimow-M-105P-Motor ausgestattet, der 1100 PS (820 kW) leistete. Mit diesem Triebwerk hatte die Maschine herausragende Leistungen, sie flog erstmals im Februar 1943. Bis zum Kriegsende wurden allerdings nur drei Maschinen umgebaut. Zum Ende ihrer Dienstzeit im September 1948 waren insgesamt 41 Flugzeuge modifiziert.

Einsatz in anderen Luftstreitkräften

Die MS.406 kam nicht nur in Frankreich, der Schweiz und Finnland zum Einsatz.

Während des „Air Meeting“ in Le Bourget 1937 zeigten einige andere Länder großes Interesse an dem Typ. Polen hatte realisiert, dass es aus eigener Kraft seine Luftstreitkräfte nicht schnell genug modernisieren konnte, und strebte daher den Einkauf einer größeren Anzahl ausländischer Jagdflugzeuge an. Die Wahl fiel letzten Endes auf die MS.406. Polen bestellte 160 Stück, von denen die ersten 50 bis Ende September 1939 ausgeliefert werden sollten. Das Schiff mit den fertigen Flugzeugen lief kurz vor dem deutschen Angriff auf Polen aus. Auf Grund der schnellen Eroberung der polnischen Häfen durch die Deutschen wurde es aber nach Frankreich zurückbeordert. Polen hätte diese Flugzeuge dringend früher gebraucht. Es ist aber unwahrscheinlich, dass eine frühere Auslieferung an der Überlegenheit der deutschen Luftwaffe etwas verändert hätte.

Litauen bestellte 1937 13 MS.406, die in Villacoublay fertiggestellt und mit litauischen Kokarden versehen wurden. Am 8. Dezember 1937 kam es aber zu einem Unfall, bei dem der litauische Testpilot Mikewas zu Tode kam. Daraufhin annullierte Litauen den Kaufvertrag und es kam nie zu einer Auslieferung.

Die Republik China hatte 1938 einen Vertrag zum Erwerb von zwölf MS.406 abgeschlossen, die in der Fabrik der SNCAO montiert wurden. Die Flugzeuge trafen im Dezember 1939 im Hafen von Haiphong ein. Auf Grund des eigenen Bedarfes entschieden sich die Franzosen aber dafür, die Maschinen nicht wie geplant an China auszuliefern. Statt dessen wurde mit ihnen eine neue Jagdstaffel in Indochina formiert, die zunächst gegen Japan und nach der Kapitulation in Europa noch beim Angriff Thailands auf die französischen Kolonie Anfang 1941 zum Einsatz kam.

Die Türkei orderte im Oktober 1939 30 MS.406. Diese Zahl wurde wenig später um weitere 15 erhöht. Alle 45 Maschinen konnten noch vor der französischen Kapitulation ausgeliefert werden.

Belgien hatte sich an dem Typ MS.406 bereits 1936 sehr interessiert gezeigt und bemühte sich 1937 um den Erwerb einer Lizenz für die Produktion in heimischen Werken. Die Verhandlungen mit den französischen Herstellern scheiterten aber, so dass Belgien das Interesse an den Flugzeugen verlor.

Jugoslawien plante den Kauf von 25 MS.406, der aber auf Grund der Kapitulation Frankreichs nicht mehr zustande kam.

Deutschland und Italien erbeuteten während der Besetzung Frankreichs zahlreiche MS.406 und setzten sie zeitweise zu Trainingszwecken ein. Die Deutschen waren mit dem Flugzeug schon bald unzufrieden und gaben die noch intakten Maschinen an verbündete Staaten weiter. Die Italiener versuchten erst im Sommer 1943, ihre MS.406 an die Schweiz und Finnland zu verkaufen, hatten dabei aber keinen Erfolg.

Bulgarien erhielt im Sommer 1942 vom Vichy-Regime 20 ausgemusterte MS.406. Zusammen mit Maschinen des Typs Dewoitine D.520 bildeten diese Flugzeuge bis zum Kriegsende das Rückgrat der bulgarischen Luftwaffe.

Auch die Luftstreitkräfte Kroatiens setzten ab 1942 48 MS.406 ein, die sie von den Deutschen erhalten hatten. Den Partisanen Titos gelang es, eine der Maschinen intakt zu erbeuten und erfolgreich im Kampf gegen ihre Gegner einzusetzen.

Die folgende Tabelle gibt eine kompakte Übersicht über die Verwendung der MS.406 und abgeleiteter Typen außerhalb Frankreichs:

Land   bestellte Stückzahl   erhaltene Stückzahl
Bulgarien Bulgarien     -   20
Taiwan Republik China     12   0
Kroatien Kroatien     -   48
Finnland Finnland     60   87 MS.406, 11 MS.410; 41 zu Mörkö Morane modifiziert
Litauen Litauen     12   0
Polen Polen     160   0
Schweiz Schweiz     2 + Lizenz   2 MS.406 C.1, 82 D-3800 und 207 D-3801
 TurkeiTürkei Türkei     45   45
Königreich Jugoslawien Jugoslawien     25   0

Bemalung

Die MS.406 im Dienst der Armée de l’air hatten keinen vollkommen standardisierten Tarnanstrich. Es gab allerdings drei Grundschemata in Abhängigkeit von der Produktionsserie bzw. vom Fabrikstandort. Generell galt: Der Oberanstrich setzte sich aus den Farben Khaki, Brun protectif (Dunkelbraun) und Gris Bleu Fonce (Dunkles Blaugrau) zusammen, während die Unterseiten in der Farbe Gris Bleu Claire gestrichen wurden. Bei den von SNCAO in Bouguenais produzierten Exemplaren mit Seriennummern kleiner als 600 hatten die Segmente des Oberanstrichs einen Durchmesser von zwei bis drei Metern, bei denjenigen mit Seriennummern oberhalb von 600 waren diese mit 30 bis 80 Zentimetern deutlich kleiner. Der Oberanstrich der direkt von Morane-Saulnier in Puteaux produzierten Maschinen bestand aus den gleichen Farbtönen, war aber sehr unregelmäßig. In einigen Fällen wurde das Gris Bleu Fonce oder das Khaki der Oberseiten durch Vert Protectif (Mittelgrün) ersetzt. Einige wenige Maschinen hatten auch einen ganz in Khaki gehaltenen Oberseitenanstrich.

Die französischen Hoheitszeichen variierten auch je nach Produktionsstandort. Die frühen SNCAO-Maschinen erhielten auf den Unterseiten Kokarden mit 120 Zentimetern Durchmesser, während diejenigen auf den Oberseiten der Tragflächen nur 30 Zentimeter Durchmesser hatten. Bei den späteren Exemplaren hatten alle Kokarden einen Durchmesser von 80 Zentimetern. Die bei Morane-Saulnier produzierten Maschinen erhielten auf den Oberseiten 80 Zentimeter breite Kokarden und an der Unterseite solche mit 120 Zentimetern Durchmesser.

Die finnischen MS.406 flogen mit eigenen Hoheitszeichen in den originalen französischen Tarnanstrichen bis 1941, als dieser durch einen den Tarnschemen der Luftwaffe ähnelnden dunkelgrün-schwarzgrünen Anstrich ersetzt wurde.

Technische Daten

Schweizer D-3801 mit französischer Kennzeichnung (2005)
MS.406
Kenngröße Daten
Länge    8,17 m
Höhe    3,25 m
Flügelspannweite    10,61 m
Flügelfläche    16 m²
Antrieb    ein Hispano-Suiza-12-Y mit 860 PS (640 kW)
Höchstgeschwindigkeit    486 km/h auf 4500 m Höhe
Steigrate    k. A.
Dienstgipfelhöhe    9400 m
Reichweite    800 km bei 100 % Leistung,
1100 km bei 66 % Leistung
Leergewicht    1895 kg
Fluggewicht    2540 kg
Besatzung    ein Pilot
Bewaffnung    eine 20-mm-Kanone Hispano-Suiza-HS-9 oder Hispano-Suiza HS.404,

zwei 7,5-mm-MGs MAC-34


Morane-Saulnier MS.410
Kenngröße Daten
Länge    8,17 m
Höhe    3,25 m
Flügelspannweite    10,61 m
Flügelfläche    k. A.
Antrieb    ein Hispano-Suiza-12-Y mit 860 PS (640 kW)
Höchstgeschwindigkeit    509 km/h
Steigrate    k. A.
Dienstgipfelhöhe    k. A.
Reichweite    ca. 800 km
Leergewicht    1923 kg
Fluggewicht    2581 kg
Besatzung    ein Pilot
Bewaffnung    vier 7,5-mm-MGs MAC-34 mit je 550 Schuss


Mörkö Morane
Kenngröße Daten
Länge    7,88 m
Höhe    2,84 m
Flügelspannweite    10,70 m
Flügelfläche    k. A.
Antrieb    ein Klimow M-105P mit 1100 PS (820 kW)
Höchstgeschwindigkeit    532 km/h
Steigrate    ca. 17 m/s
Dienstgipfelhöhe    11.400 m
Reichweite    720 km
Leergewicht    2055 kg
Fluggewicht    2625 kg
Besatzung    ein Pilot
Bewaffnung    eine 20-mm-Kanone Hispano-Suiza-HS-9 oder HS-404 und zwei 7,5-mm-MGs MAC-34,

oder vier 7,5-mm-MGs MAC-34 mit je 550 Schuss


Vergleichbare Typen

Literaturverweise

  • Dominique Breffort / André Jouineau / Alan McKay (Übersetzer), French Aircraft from 1939 to 1942 Volume 2: From Dewoitine to Potez, Histoire & Collections, ISBN 2915239495 (englisch)
  • Kenneth Munson, Die Weltkrieg II-Flugzeuge, Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 387943302X
  • Gaston Botquin, MS.406, Monografie Lotnicze Nr. 28, AJ-Press Gdynia, ISBN 8386208465 (polnisch)

Siehe auch

Weblinks


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