- Magnetostratigrafie
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Die Magnetostratigraphie, auch magnetische Stratigraphie ist in der Erdgeschichte ein Teilgebiet der Stratigraphie, das sich mit dauerhaft magnetisierten Gesteinseinheiten und deren zeitlicher Abfolge befasst. Sie basiert auf den Wechseln der Polarität des Erdmagnetfelds, die sich in der Erdgeschichte sehr häufig ereignet haben. Die Methode ist allerdings nur in Kombination mit anderen Methoden der Stratigraphie sinnvoll (z. B. der Biostratigraphie), kann dann allerdings eine noch feinere Auflösung als die Biostratigraphie allein erreichen. Das Ergebnis ist eine Polaritäts-Zeit-Skala, die die Polaritätswechsel im Erdmagnetfeld in einer zeitlichen Abfolge darstellt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Während der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurden die Ozeane der Erde erstmals intensiv untersucht. Die Aufnahme des Magnetfeldes des Ozeansbodens ergab ein Muster unterschiedlich breiter Streifen, das parallel zu den Mittelozeanischen Rücken verlief. Die Streifen wiesen abwechselnd jeweils eine unterschiedliche Polarität auf und lieferten den Beweis einer vielfachen Umkehrung des Erdmagnetfeldes während der letzten 150 Millionen Jahre der Erdgeschichte (s. auch Plattentektonik). Diese Wechsel in der Polarität wurden dann auch in Sedimenten gefunden.
Grundlagen der Methodik
Im wesentlichen können vier paläomagnetische Phänomene durch die Methode erfasst werden: die Polarität, die Dipol-Pol-Position (einschließlich der scheinbaren Polwanderungen), die Nicht-Dipol-Komponente (Säkulare Variation) und die Intensität des Magnetischen Feldes. Allerdings werden im wesentlichen nur die Wechsel der Magnetopolarität für die Stratigraphie und damit für die relative Altersdatierung benutzt.
Messbar ist die Fixierung der Ausrichtung des Magnetfeldes durch ferromagnetische Mineralien (zumeist Magnetit), die während der Abkühlung eines magmatischen Gesteins ihren Curie-Punkt unterschreiten und dauerhaft magnetisch werden (thermoremanenter Magnetismus). Diese Art der Magnetisierung betrifft z. B. Basalte, die besonders häufig im ozeanischen Bereich vorkommen. Aber auch Sedimente können das Magnetfeld, das zum Zeitpunkt ihrer Entstehung vorhanden war, erhalten. Einige anaerobe oder mikroaerophile Bakterien (verschiedene Gruppen) besitzen eisenreiche membranumschlossene Strukturen im Cytoplasma, das sog. Magnetosom. Die Magnetosomen bestehen aus kleinen Magnetit- (FeIII2FeIIO4) oder seltener Greigitkristallen (FeIII2FeIIS4), die von einer doppelten Lipidschicht umgeben sind. Das Magnetosom enthält bis zu einhundert Magnetitkristalle (Größe um 0,1 μm), die jeweils als kleine Dauermagnete wirken. Diese Magnetitkristalle sind meist in Ketten angeordnet, die die Wirkung der kleinen Dauermagnete addieren und das Bakterium wie eine Kompaßnadel im Magnetfeld ausrichten (Magnetotaxis). Nach dem Absterben der Bakterien bleiben die Ketten von magnetisch ausgerichteten Magnetikristallen erhalten und dokumentieren nach der Fixierung durch die Verfestigung der Sedimente das Magnetfeld zu einer bestimmten Zeit in der Erdgeschichte (Sedimentationsremanenz).
Eine Fehlerquelle bei der Rekonstruktion des Magnetfeldes in Sedimenten stellt die Diagenese dar. Magnetische Minerale wie Magnetit oder Hämatit können im Verlauf der Diagenese neu gebildet werden und das Paläomagnetfeld zum Zeitpunkt der Diagenese konservieren. Ganze Regionen können auf diese Weise re-magnetisiert werden und zeigen nicht mehr die Magnetisierung zur Zeit der Ablagerung (oder Verfestigung), sondern den Zeitpunkt der Remagnetisierung an. Auch eine erneute Erhitzung des Gesteins über den Curie-Punkt (thermische Metamorphose) und eine folgende Abkühlung fixiert das Erdmagnetfeld neu.
Einheiten der Magnetostratigraphie
In der Magnetostratigraphie wird die Vorsilbe Magneto- benutzt, um alle Aspekte der remanenten Magnetisierung zu beschreiben (z. B. Magnetointensität, Magnetopolarität etc.). In der Magnetostratigraphie werden derzeit nur die häufigen Wechsel der Polarität des Magnetfeldes für die Stratigraphie und damit für die relative Altersdatierung benutzt. Die heutige Ausrichtung des Erdmagnetfeldes wird als normal bezeichnet, die umgekehrte Ausrichtung als revers. Die chronologische Abfolge der messbaren Magnetfeldumkehrungen kann bei fehlerfreier Dokumentation im Sediment Hinweise auf das relative Alter liefern.
Eine Einheit der Magnetopolarität ist ein Gesteinskörper, der durch eine bestimmte remanente Polarität von einem anderen Gesteinskörper mit unterschiedlicher Polarität unterschieden ist.
Für jede Einheit muss ein Stratotyp bestimmt werden; wie lange das Interval dauert, braucht nicht in der Definition enthalten sein. Für die Korrelation sind jedoch biostratigraphische oder geochronologische Daten notwendig. Die Ober- und Untergrenzen einer Einheit sind durch Wechsel der Magnetopolarität im Gestein markiert. Diese Wechsel können durch einen tatsächlichen Wechsel in der Polarität des Erdmagnetfeldes bedingt sein, oder durch Ablagerungslücken. Die basale Einheit der Magnetostratigraphie ist die Polaritätszone. Wenn Verwechselungen mit anderen Anwendungen der Polarität möglich sind, wird empfohlen den Begriff Magnetopolaritätszone zu verwenden. Sollte bei weiteren genaueren Untersuchungen eine weitere formale Untergliederung möglich sein, kann diese als Polaritäts-Subzone bezeichnet. Mehrere Polaritäts-Zonen können in Polaritäts-Superzonen gruppiert werden. Der Rang einer Polaritätszone kann auch geändert werden, sollte sich dies als notwendig erweisen. Der Name für ein formale Magnetopolaritätszone sollte aus einem geografischen Namen und dem Begriff Polaritätszone zusammengesetzt sein.
Die magnetostratigraphische Zeitskala
Die Globale Magnetopolaritäts-Zeitskala (Global Magnetic Polarity Time Scale, abgek. GMPTS) reicht heute bis in den Jura zurück. Die Polaritätszonen des Känozoikums werden zurück in die Erdgeschichte gezählt und mit dem Buchstaben C versehen. Sie bestehen immer aus einem Anteil überwiegend normaler Polarität und einem Anteil mit überwiegend reverser Polarität. Die beiden Anteile können unterschiedlich lang sein. Die Anomalien werden im Känozoikum einschließlich Oberkreide und dann wieder ab der Unterkreide separat gezählt und mit Buchstaben versehen. Die C-Anomalien, wobei C für Känozoikum (engl. Cenozoic) steht, beginnen mit der C1-Anomalie der Jetzt-Zeit und enden mit der C34-Anomalie in der Kreide. Die jüngsten vier Polaritätswechsel erhielten Eigennamen: Brunhes (überwiegend normal), Matuyama (überwiegend revers), Gauss (überwiegend normal) und Gilbert (überwiegend revers). Die Brunhes-Umkehr (von revers zu normal) ereignete sich vor 780000 Jahren. Allerdings gab es seit dieser Umkehrung eine Reihe weiterer kurzzeitiger Polaritätsumkehrungen zu revers, die ebenfalls mit Namen bezeichnet werden.
Die „M-Anomalien“ beginnen mit der M0-Anomalie im Unteren Aptium, wobei das M für Mesozoikum steht. Die M-Anomalien werden zurück in die Erdgeschichte bis M 41 gezählt; letztere Anomalie wird in das Bathonium datiert. Die C34 und M0-Anomalien stellen eine Besonderheit dar. Die C34-Anomalie wird auch als „Cretaceous Magnetic Quiet Zone“ (Kretazische magnetisch ruhige Zone) bezeichnet. Dies ist eine annähernd 41 Millionen Jahre andauernde Periode (von etwa 83,5 bis 124,5 Ma BP) von überwiegend normaler Polarität. Der strikt genommen zugehörige Anteil mit reverser Polarität ist die M0-Anomalie. In der Zwischenzeit wurden aber drei sehr kurzzeitige Zeitabschnitte mit reverser Polarität auch in der C34-Anomalie gefunden, zwei Ereignisse im Albium und ein Ereignis im mittleren Abschnitt des Aptiums. Die M-Anomalien sind bis zu M25 (Kimmeridgium) noch relativ deutlich ausgebildet. Die Anomalien M26 bis M41 sind dagegen von sehr raschen Wechseln in der Polarität gekennzeichnet, die normalen Anteile enthalten viele kurzzeitige reverse Umkehrungen, analog die reversen Anteile mit vielen kurzzeitigen normalen Polaritäten.
An der Erweiterung der Globalen Magnetopolaritäts-Zeitskala bis in das Paläozoikum zurück wird derzeit intensiv gearbeitet.
Geochronologische Phasen der Magnetostratigraphischen Zeitskala
Je nach Stärke und Dauer kann die magnetostratigraphische Zeitskala in verschiedene Phasen unterteilt werden. Dazu zählen die sogenannten Chrons (früher Epochen) mit einer Dauer von 100.000 bis 1.000.000 Jahren, z. B. das Gauss-Chron, die Subchrons (früher Ereignisse) mit einer Dauer von durchschnittlich bis zu 100.000 Jahren, z. B. das Laschamp-Ereignis sowie die Polaritätsexkursionen, mit einer Dauer von weniger als 1.000 Jahren.
Andere Anwendungen der Paläomagnetik in der Stratigraphie
Neben den Umkehrungen des Paläomagnetfelds kann auch die Richtung des Paläomagnetfeldes gemessen werden, z. B. um einen Polwanderpfad zu erstellen, der die Drift der Platten im Rahmen der Plattentektonik darstellt. Mit zunehmender Datendichte kann u.U. die Polwanderkurve dann auch zur Korrelation von präkambrischen Gesteinen benutzt werden.
Literatur
- North American Commission on Stratigraphic Nomenclature (NACSM): North American stratigraphic code. American Association of Petroleum Geologists Bulletin, 67: 841–875, Tulsa, Oklahoma 1983 ISSN 0149-1423 PDF
- Dirk Schüler und R. B. Frankel: Bacterial magnetosomes: microbiology, biomineralization and biotechnological applications. Applied microbiology and biotechnology, 52: 464–473, Berlin & Heidelberg 1999 ISSN 0175-7598
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