Maldoom

Maldoom
Royston Maldoom, 2005

Royston Maldoom, OBE, (* 25. März 1943 in London) ist ein englischer Choreograf und Tanzpädagoge. Maldoom wurde bekannt durch seine tanzpägogische Arbeit mit Jugendlichen. Er ist Mitbegründer und ehemaliger Direktor von Dance United, einer Organisation für Tanzprojekte in sozialen Problemgebieten.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Frühe Jahre

Maldoom ist der Sohn eines Armee-Offiziers, der häufig im Ausland stationiert war. Seine Mutter hatte eine schwache Gesundheit, war bettlägerig und starb, als er vier Jahre alt war. Sein Vater schickte ihn daraufhin in ein Waisenhaus, obgleich er selbst schon unter einem Heimaufenthalt gelitten hatte. Da sein Vater schon kurz darauf heiratete, wurde Maldoom nach sechs Monaten von seiner Stiefmutter aus dem Waisenheim geholt. Während der Zugfahrt soll er sie gefragt haben: „Bist du ein Engel?“[1] Seine Kindheit verbrachte er in einem ländlichen Haushalt mit Haustieren. Im Alter von 17 Jahren begann er unmotiviert eine Ausbildung als Zeichner in einem Büro für Stadtplanung. Bei einem Bauern fand er Gefallen am Hüten der Schafe und brach nach einem Jahr die Büroarbeit ab. Ein Jahr später empfahl ihm der Landwirt einen Bauernhof mit vielen Jugendlichen in der Nähe von Cambridge. Auch dort gefiel es ihm zu arbeiten und er begann, wie andere dort auch, ein Studium der Landwirtschaft. Eines Tages beschloss die Gruppe, einen Ballett-Film mit Margot Fonteyn und Rudolf Nurejew anzusehen und hinterher in den Pub zu gehen. Maldoom hielt nichts von Ballett und ging nur wegen des Pub-Besuchs mit. Während des Films brach er in Tränen aus und beschloss am nächsten Tag, Tänzer zu werden.

Tanz

Im Alter von 22 Jahren begann er mit einer Ausbildung zum klassischen Ballett-Tänzer. Mit Stipendien konnte er beim Royal Ballet und am Alvin Ailey American Dance Theater studieren. Maldoom lernte die Grundprinzipien des Ausdruckstanzes und der Laientanzbewegung («Community Dance») kennen, wie er von dem deutschen Emigranten und Tanzpädagogen Rudolf von Laban gelehrt und von seinen Schülern weiterverbreitet wurde.[2] Bereits 1975 erhielt er für seine Arbeit als Choreograf erste Preise. Es folgten Inszenierungen unter anderem für das Dance Theater in Harlem oder das peruanische Nationalballett. Von 1980 bis 1983 war Maldoom für das Fife Regional Council in Schottland tätig. Dort organisierte er Workshops, Sommerkurse und Festspiele und rief kommunale Tanzgruppen für Jugendliche und Erwachsene ins Leben.

Maldoom entschloss sich dann, seine Liebe zum Landleben und zum Tanz mit einer freien, projektorientierten Arbeit zu verbinden. In den 1980er und 1990erJahren fuhr er mit einem Campingbus durch die meisten europäischen Staaten und organisierte dort Tanzprojekte. Er konzentrierte seine choreographischen Projekte verstärkt auf den sozialen Bereich. So etwa erarbeitete er mit hundert Straßenkindern in Addis Abeba 1996 die Carmina Burana und choreographierte gemeinsam mit protestantischen und katholischen Jugendlichen in Nordirland oder in Hamburg mit jungen Männern ohne Hauptschulabschluss. In Addis Abeba gelang es ihm, mit der «Adugna Dance Company» ein Ensemble zu initiieren, das nun seinerseits äthiopische Jugendliche im Tanz ausbildet.[3] Er arbeitet mit den Tanz-Gruppen auch mit Symphonie-Orchestern zusammen, mittlerweile (2008) kam es neben dem London Symphony Orchestra, Ulster Orchestra und dem Scottish Symphony Orchestra zu fünfzehn Koproduktionen mit großen Orchestern.[4]

Sein international bekanntestes Tanzprojekt kam auf Initiative von Simon Rattle zustande. Mit 250 Berliner Kindern und Jugendlichen aus 25 Nationen und den Berliner Philharmonikern unter Leitung von Simon Rattle arbeitete Maldoom 2003 an Igor Stravinskys Ballett Le sacre du printemps. Der Dokumentarfilm Rhythm Is It! zeichnete diese Arbeit auf und machte ihn international bekannt. In einer Filmkritik der SZ hieß es dazu: „Die spannendsten Momente aber zeigen Choreograph Royston Maldoom bei der Probenarbeit mit den Jugendlichen. Maldoom ist das Herz des Films: ein Zauberer, ein Alchimist der Begeisterung, der sich zu Beginn provokant als strenger Lehrmeister zu erkennen gibt.“ [5] Nach diesem unerwarteten Erfolg wurde Maldoom ein sehr gefragter Tanzpädagoge, der in Deutschland besonders von Schulen und sozialen Einrichtungen um Unterstützung gebeten wurde. Maldoom wechselte daraufhin seinen Wohnsitz vom Londoner East End nach Berlin.

Seinen Erfolg bei den Jugendlichen schreibt Maldoom auf seine besondere Art der Vermittlung von Disziplin zu,[6] die er lieber als „focus, Konzentration“ bezeichnet, da dies Selbstdisziplin ist, die freiwillig und eigenverantwortlich geschieht. Zugleich zeigt er ihnen seinen Respekt gegenüber ihrem Potential und ihrem Wert.[7] Die jungen Tänzer wären nicht ehrgeizig und konkurrierend gegenüber den anderen, sondern gegenüber ihrer eigenen Leistung. Der Wunsch nach Gemeinsamkeit würde schnell entstehen: „Tanz hält zusammen, lässt Menschen das Gefühl erleben, Teil der Gruppe zu sein, er bringt sie dazu, sich gegenseitig zu unterstützen, mehr Empathie für einander und für den Lehrer zu entwickeln.“[8]

Literatur

  • Jovana Foik: Tanz zwischen Kunst und Vermittlung. Community Dance am Beispiel des Tanzprojekts Carmina Burana (2006) unter der choreografischen Leitung von Royston Maldoom. koPaed Verlag, München 2008, ISBN 978-3-86736-036-4

Dokumentarfilme

  • Tanz um dein Leben - Royston Maldoom. Dokumentation, Deutschland, 2008, 43 Min., Regie: Angela Scheele, Marion Kollbach, Produktion: NDR, Erstsendung: 30. November 2008, arte, Inhaltsangabe: [4], Besprechung: [2]
  • Rhythm Is It! You can change your life in a dance class. Dokumentation, Deutschland, 2004, 100 Min., Regie: Thomas Grube und Enrique Sánchez Lansch, Inhaltsangabe: [9]

Weblinks

Interviews

Einzelnachweise

  1. In: Tanz um dein Leben - Royston Maldoom. Dokumentation, Deutschland, 2008, 43 Min., Regie: Angela Scheele, Marion Kollbach, Produktion: NDR, Erstsendung: 30. November 2008
  2. a b Besprechung von «Tanz um dein Leben»: „Tanzen verändert ihr Leben“, Hamburger Abendblatt, 27. November 2008
  3. Project Support, royston-maldoom.com
  4. a b Inhaltsangabe zu «Tanz um dein Leben - Royston Maldoom» von arte
  5. Rainer Gamsera: „Kino: The Rhythm is it. Manche mögen’s hitzig“, Süddeutsche Zeitung, 19. September 2004
  6. Annette Bruhns: „Ich fordere Kinder heraus“, Spiegel Special, 18. November 2008
  7. „Ich gebe Ihnen den Glauben an Ihren Wert“, Psychologie heute, compact Heft 16, 2007: „Schule verändern!“
  8. Interview mit Alexandra Lavinia Zepter, 24. Oktober 2006, S. 8
  9. Inhaltsangabe zu «Rhythm is it!» von arte

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