Managerhaftpflichtversicherung

Managerhaftpflichtversicherung

D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung, auch Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung) ist eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, die ein Unternehmen für seine Organe und leitenden Angestellten abschließt. Es handelt sich dabei um eine Versicherung zugunsten Dritter die der Art nach zu den Berufshaftpflichtversicherungen gezählt wird[1].

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erste Versuche eine Haftpflichtversicherung für Unternehmensleiter einzuführen, gab es in Deutschland bereits 1895 durch den Allgemeinen Deutschen Versicherungsverein. Gescheitert ist eine Einführung jedoch zunächst an eher moralischen Bedenken. Nachdem man in den USA bereits in den 30er Jahren die Zweckmäßigkeit der D&O-Versicherung erkannte und es dort Mitte der 80er Jahre zu erheblichen Ansprüchen gegenüber Managern kam, setzte sich dieser Versicherungszweig in einem breiten Markt durch und fand auch international mehr und mehr Beachtung. Der eigentliche Ursprung der D&O-Versicherung ist allerdings bei Lloyd´s of London zu suchen (Vgl. Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rn. 403). Dennoch werden die Vereinigten Staaten allgemeinhin als Ursprung dieses Versicherungskonstituts angesehen. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass die erste D&O-Versicherung in Deutschland 1986 dann von der Tochtergesellschaft des US-Versicherers Chubb angeboten wurde.

Umfang

Vom Versicherungsschutz erfasst sind in der Regel alle Organe (Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Beirat u. ä.) und leitenden Angestellten (Prokuristen u. ä.) einer Gesellschaft, die die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (Definition nach den einschlägigen Vorschriften des GmbH-Gesetzes bzw. des Aktiengesetzes, eine genauere Auslegung ist regelmäßig nur im Einzelfall möglich) zu erfüllen haben. Deckung besteht bei Sorgfaltspflichtverletzungen ohne Vorsatz bzw. wissentlicher Pflichtverletzung im Innen- oder Außenverhältnis. Ersetzt werden normalerweise alle Vermögensschäden, die während der Versicherungsperiode verursacht wurden und bei denen die Anspruchserhebung noch innerhalb der Versicherungslaufzeit erfolgt. ("claims made-Prinzip"). Daneben werden in der Regel auch schon vorher verursachte Vermögensschäden in den Versicherungsschutz integriert ("Rückwärtsdeckung"), soweit die Erhebung des Anspruchs nach Vertragsbeginn erfolgt und die Pflichtverletzung den versicherten Personen und dem Versicherungsnehmer (in der Regel die Gesellschaft) bis zum Abschluss des Vertrages nicht bekannt war oder hätte bekannt sein können/müssen. Spiegelbildlich finden sich in vielen D&O-Verträgen sogenannte Nachmeldefristen. Danach sind auch solche Schadensersatzansprüche vom Versicherungsschutz umfasst, die innerhalb eines begrenzten Zeitraums (in der Regel sechs Monate bis drei Jahre) nach Vertragsbeendigung geltend gemacht werden und bei denen der zugrundeliegende Pflichtverstoß auf den Zeitraum vor Vertragsbeendigung datiert. Bei Wechsel des Versicherers endet die Nachmeldefrist des Vorvertrages in der Regel mit Beginn des neuen D&O-Versicherungsvertrages.

Anspruchsgrundlagen

Bei Ansprüchen unterscheidet man grundlegend in Innenhaftung und Außenhaftung. Der weit überwiegende Teil der Versicherungsfälle betrifft die Innenhaftung. Hierbei wird die versicherte Person gegen Ansprüche gegenüber der Gesellschaft bzw. der Organe der Gesellschaft wie Aufsichtsorgane / Aufsichtsräte oder Gesellschafter / Eigentümer geschützt. Bei der Außenhaftung werden Versicherungsansprüche seitens Geschäftspartnern (Kunden / Lieferanten), Wettbewerbern, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, Aufsichtsbehörden oder anderen Dritten gestellt.

Grenzen der D&O-Versicherung

  1. Die D&O-Versicherung ist eine typische Haftpflichtversicherung - nicht aber eine Kaskoversicherung. Dies bedeutet, dass der versicherten Person, also dem Organ, ein schuldhaftes pflichtwidriges Fehlverhalten nachgewiesen werden muss, das zu einem Vermögensnachteil auf Seiten der Versicherungsnehmerin oder eines Dritten geführt hat. Allein die Behauptung oder Feststellung einer offenbar "falschen" oder unvorteilhaften unternehmerischen Entscheidung reicht nicht aus. Ist allerdings ein Schaden feststellbar, findet oft eine Beweislastumkehr statt, d.h. der Unternehmensleiter muss beweisen, dass seine Entscheidung trotz Schadeneintritts die richtige war (wichtiger Punkt hierbei: die Dokumentierung der Entscheidungsfindung).
  2. Zudem werden so genannte "Eigenschäden", d.h. Ansprüche von Unternehmen gegen versicherte Personen, welche selbst am Unternehmen beteiligt sind, nur begrenzt ersetzt, sofern nicht lediglich eine geringfügige Beteiligung besteht (Grenze hier: 15-25% je nach Versicherer; seit Mitte 2007 verzichten einige Anbieter - wie z.B. AIG, ACE, Chubb oder DUAL - in ihren Konzepten völlig auf den sog. "Eigenschaden-Ausschluss").
  3. Die Interessenlage aller Beteiligten ist im Schadenfall äußerst komplex und führt oft dazu, dass ein Kompromiss (deal bzw. Vergleich) zwischen den Beteiligten ausgehandelt wird.
  4. Die Deckung kann schon nach Gesetz und Treu und Glauben nicht allumfassend sein. So tritt sie etwa bei Vorsatz nicht ein. Je nach Anbieter und Risikosituation begrenzen diverse Ausschlusstatbestände den Versicherungsschutz zum Teil erheblich.
  5. Mangelnde Kenntnisse und Eignung für ein Ressort führen zu keiner Haftungsbefreiung. Gerade im Aufsichtsrat sitzende Arbeitnehmervertreter unterliegen dieser Problematik.

Sonstiges

Eine Ergänzung findet die D&O-Versicherung oft in der Absicherung sog. ODL-Mandate (ODL = outside directorship liability), also bei Entsendung von eigenen Mitarbeitern in Organe fremder Unternehmen. Konsequente Erweiterung des Versicherungsschutzes von Gesellschaften bietet in strafrechtlicher Hinsicht die sog. Industrie-Strafrechtsschutzversicherung sowie die Vertrauensschadenversicherung (v.a. gegen Mitarbeiterkriminalität). In der EU wird durch die Umsetzung der Antidiskriminierungs-Richtlinie auch die Absicherung vor Anstellungsvertragsrechtsschutz-Ansprüchen (Stichwort EPLI - employment practices liability insurance) immer mehr relevant. Auch hierfür werden bereits Versicherungsprodukte angeboten.

Literatur

  • Bandle, L'assurance D&O (mit deutscher und englischer Zusammenfassung), Lausanne, 1999
  • Ihlas, Organhaftung und Haftpflichtversicherung, Duncker und Humblot, Berlin 1997
  • Pammler, Die gesellschaftsfinanzierte D&O-Versicherung im Spannungsfeld des Aktienrechts, Duncker und Humblot, Berlin 2006
  • Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Boorberg, Stuttgart 2003
  • Schilling, Managerhaftung und Versicherungsschutz für Unternehmensleiter und Aufsichtsräte, 2.Auflage, Verl. Versicherungswirtschaft, Karlsruhe 2007
  • Schmitt, Organhaftung und D&O-Versicherung, Münchner Juristische Beiträge 61, München 2007
  • Olbrich, Die D&O-Versicherung, 2.Auflage, Verl. Versicherungswirtschaft, Karlsruhe 2007

Fußnoten

  1. WirtschaftsWoche Nr. 33 vom 13.08.2007, S.82

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