Mangel der Sache

Mangel der Sache

Der Mangel ist ein zentraler Begriff im Recht der Leistungsstörungen bei verschiedenen Vertragstypen, insbesondere im Kaufrecht, Mietrecht und Werkvertragsrecht.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Der Mangelbegriff ist weit gefasst und stark gegliedert. Während das Gesetz früher auf das Vorliegen von „Fehlern“ und das Fehlen „zugesicherter Eigenschaften“ abstellte, wurde mit dem zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsmodernisierungsgesetz der Begriff des Sachmangels neu definiert und stark erweitert. Die Haftung für Sach- und Rechtsmängel wurde im Hinblick auf die Rechtsfolgen grundsätzlich gleichgestellt. Dies diente der - teilweise überfälligen - Umsetzung verschiedener Richtlinien der Europäischen Union zur Harmonisierung der rechtlichen Verhältnisse in den Mitgliedstaaten. Der in Deutschland heute geltende Mangelbegriff ist somit weitgehend an den der übrigen EU-Staaten angepasst.

Kaufrecht

In der Rechtswissenschaft unterscheidet man grundsätzlich zwei Arten von Mängeln:

Die Grenze zwischen beiden ist jedoch nicht immer klar, was auch nicht nötig ist, da das Gesetz die beiden Mangelarten grundsätzlich gleichstellt. Weiterhin wird zwischen offenen und versteckten Mängeln unterschieden, was jedoch gewährleistungsrechtlich lediglich bei der rechtzeitigen Geltendmachung der Mängelansprüche beim beiderseitigen Handelskauf gem. § 377 HGB eine Rolle spielt (sog. Mängelrügeobliegenheit beim Handelskauf).

Sachmangel

Verschiedene Sachmängel

Der Sachmangelbegriff stellt anders als früher nicht zwingend auf Fehler oder das Fehlen zugesicherter Eigenschaften, sondern auf die subjektive Beschaffenheit ab. Es kommt vorrangig darauf an, was zwischen den beiden Vertragspartnern vereinbart wurde. Hier ist oft vom subjektiven Fehlerbegriff die Rede. Der Gesetzgeber unterscheidet 7 verschiedene Arten von Sachmängeln. Er definiert diese auf unterschiedliche Weise. Während die wichtigsten ersten drei Arten von Sachmängeln negativ formuliert sind (es wird nicht der Mangel sondern die Mangelfreiheit definiert), definieren die übrigen Arten 4 bis 7 den Mangel positiv.

Es ist zu differenzieren zwischen :

  • Vereinbarter Beschaffenheit (§ 434 I 1 BGB)
  • Eignung zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung (§ 434 I 2, Nr. 1 BGB)
  • Eignung zur gewöhnlichen Verwendung (§ 434 I 2, Nr. 2 BGB)
  • Unsachgemäße Montage (§ 434 II 1 BGB)
  • Mangelhafte Montageanleitung (§ 434 II 2 BGB)
  • Lieferung einer anderen Sache (§ 434 III 1.Fall BGB)
  • Lieferung einer Mindermenge (§ 434 III 2.Fall BGB)

Die ersten drei Sachmangelarten folgen einer strengen Hierarchie, wobei die jeweils niedrigere Stufe nur gilt, soweit die höhere Stufe nicht anwendbar ist. Die drei Hierarchiestufen sind in ihrer Rangfolge:

Besonders vereinbarte Beschaffenheit (subjektiver Maßstab)

In erster Linie ist gemäß § 434 Absatz 1 Satz 1 BGB auf besondere Vereinbarungen abzustellen, welche die Vertragspartner im Kaufvertrag für die Definition der Sollbeschaffenheit der verkauften Ware vorausgesetzt haben. Weicht eine Eigenschaft von der vertraglich vorausgesetzten Eigenschaft ab, liegt ein Sachmangel vor. Beschaffenheit ist jede vereinbarte Eigenschaft. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Regelung ist, dass eine Beschaffenheit besonders vereinbart wurde. Dies soll ermöglichen, dass die vertraglich gewollte Beschaffenheit von der Regelbeschaffenheit (siehe Punkt 3) sowohl im positiven als auch im negativen Sinne abweichen kann, soweit die Parteien das wollen. Der Begriff Beschaffenheit wurde bewusst vom Gesetzgeber nicht näher definiert, um der Rechtsentwicklung und Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung nicht entgegen zu stehen. Beschaffenheit ist der zentrale Begriff des Sachmangels. Er ist mit dem tatsächlichen Zustand der Sache gleichzusetzen. Alle denkbaren, objektiven Eigenschaften können also die Beschaffenheit definieren, zum Beispiel Größe, PS, Alter, Gewicht, etc. Vereinbart ist die Beschaffenheit, wenn sie bei Vertragsschluss von den Willenserklärungen beider Parteien getragen wird. Die Willenserklärungen können ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Es genügt also, wenn der Käufer die erwarteten Eigenschaften beschreibt und der Verkäufer zustimmend reagiert. Als zustimmende Reaktion wird auch gewertet, wenn der Verkäufer die Aussagen widerspruchslos stehen lässt. Beschreibt der Verkäufer die Eigenschaften der Ware und weichen diese von den üblichen Eigenschaften ab und trifft der Käufer auf dieser Grundlage die Kaufentscheidung, liegt auch hier eine vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung vor. Bei Autos beachten ob Verschleiß gegeben ist, da dann eventuell kein Sachmangel vorliegt.

Eignung zum vertraglichen vorausgesetzten Gebrauch (subjektiver Maßstab)

Fehlt es an einer (besonderen) Vereinbarung über die Beschaffenheitsmerkmale der Kaufsache, wie es häufig bei Geschäften des alltäglichen Lebens der Fall ist, kommt es auf die Eignung zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung an. Lässt sich den Vereinbarungen also ein bestimmter vorgesehener Gebrauch der Ware entnehmen, muss sie gerade für diesen Einsatz tauglich sein und die dazu notwendigen Eigenschaften aufweisen. Erwirbt also zum Beispiel ein Käufer von einem Verkäufer einen großen LKW-Reifen, um diesen auf einem Kinderspielplatz als Schaukel zu installieren und war diese Zweckbestimmung auch Gegenstand der vertraglichen Absprache zwischen beiden geworden, so stellt es keinen Mangel dar, wenn das Profil des Reifens schon so abgenutzt ist, dass er nicht mehr im Straßenverkehr hätte eingesetzt werden dürfen (Eignung zum üblichen Gebrauch), da die Verkehrstauglichkeit nach dem Vertragszeck eben nicht notwendige Eigenschaft der Kaufsache sein sollte. Gleichwohl wäre es ein Mangel, wenn der Reifen derart porös oder scharfkantig ist, dass eine Benutzung für den angestrebten Zweck nicht ohne gesundheitliche Risiken möglich wäre.

Unklar ist das Verhältnis der Vorschrift zu den beiden anderen Varianten des Sachmangels. Wenn also sowohl Beschaffenheit vereinbart, als auch eine bestimmte Verwendung vertraglich vorausgesetzt ist, die sich nicht aus der vereinbarten Beschaffenheit ergibt, und diese miteinander im Einklang stehen, muss die Kaufsache beiden Anforderungen genügen. Stehen vereinbarte Beschaffenheit und vorausgesetzte Verwendung miteinander im Widerspruch, ist durch Vertragsauslegung zu ermitteln, was gelten soll. Dabei ist der Vereinbarung über die Beschaffenheit wegen der Indizwirkung des Wortlauts von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB wohl der Vorrang einzuräumen. So muss sich wohl der Käufer bei Einigkeit der Parteien über den Verwendungszweck entgegenhalten lassen, dass der Verkäufer den Schluss auf bestimmte Eigenschaften ziehen konnte. Dies gilt erst recht, wenn der Käufer die Kaufsache aufgrund dieser Eigenschaft ausgewählt hat. Käufer und Verkäufer müssen eine Willenseinigung dahin geschlossen haben, dass die Kaufsache zu einem bestimmten Zweck geeignet ist und dies zum Inhalt des Vertrages gemacht haben. Umstritten ist, ob sich die vertragliche Verwendung schon aus dem allgemeinen Verwendungszweck ergibt. Möglich ist es, dass der Verkäufer, nachdem der Käufer ihn über den Verwendungszweck informiert hat, stillschweigend zustimmt. Bei formgebundenen Verträgen müssen auch die Verwendungsmöglichkeiten der Kaufsache in der erforderlichen Form festgehalten werden.

Eignung zum gewöhnlichen Gebrauch (objektiver Maßstab)

Soweit weder ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarungen noch ein vertraglich vorgesehener Gebrauch die Sollbeschaffenheit der Ware definieren, muss sie sich für ihre gewöhnliche Verwendung eignen und die für derartige Waren übliche und vom Käufer zu erwartende Beschaffenheit aufweisen. Die gewöhnliche Verwendung ist aus der Art der Sache objektiv abzuleiten. Aber auch subjektive Elemente können eine Rolle spielen. Es ist also auch zu berücksichtigen, welchen Kreisen der Käufer und Verkäufer angehören, ob sie z.B. Verbraucher oder Unternehmer sind. Kein Unterschied bei der Bewertung macht es wohl, ob es sich bei der Kaufsache um eine gebrauchte oder neue Sache handelt. Allein die Tatsache, dass eine Sache gebraucht ist, schließt deren Tauglichkeit für die gewöhnliche Verwendung nicht aus. Um die übliche Beschaffenheit zu ermitteln, ist als Vergleichsmaßstab die Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art und Güte als Maßstab zu nehmen. Außerdem ist auf die Erwartung des Durchschnittskäufers abzustellen. Zu der üblichen Beschaffenheit von Waren gehören auch Eigenschaften, die in öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers, eines beauftragten Dritten oder in der Kennzeichnung oder Produktbeschreibung der Ware genannt werden (Werbung). Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten dann, wenn dem Verkäufer diese allgemeinen Äußerungen unbekannt waren und er sie auch nicht kennen musste. Das gleiche gilt, wenn sie vor Vertragsabschluss in gleicher Weise berichtigt oder widerrufen wurden oder wenn sie die Entscheidung des Käufers nicht beeinflussen konnten. Diese Ausnahmen vom neuen Grundsatz, dass Werbeaussagen auch für den Inhalt eines konkreten Kaufvertrages maßgeblich sein können, muss aber der Verkäufer darlegen und nötigenfalls auch beweisen – was ihm wohl nur selten gelingen wird. Kurz gesagt können also auch konkrete Angaben in der Werbung oder im Verkaufsgespräch über bestimmte Eigenschaften der Ware, ihren vertraglichen Einsatzzweck oder ihren üblichen Gebrauch die vertragliche Sollbeschaffenheit als Maßstab für das Vorliegen eines Mangels zu Gunsten des Käufers beschreiben.

Neben diesen ersten drei Arten von Sachmängeln gibt es noch weitere vier Arten von Sachmängeln:

Unsachgemäße Montage

Nach § 434 Abs. 2 BGB werden Montagefehler ausdrücklich einem Sachmangel gleichgestellt. Zwar handelt es sich bei einem Kauf einer Sache mit vereinbarter Montage durch den Verkäufer oder einen Dritten um einen gemischten bzw. verbundenen Vertrag. Dem Käufer werden aber die Rechte aus dem Kaufvertrag zugestanden, ohne dass eine genaue Abgrenzung zwischen Kauf- und Werkvertrag erforderlich wäre. Der Käufer kann also gegen den Verkäufer nicht nur wegen der mangelhaften Montage, sondern sogar wegen einer mangelhaften Kaufsache insgesamt einen Anspruch auf Gewährleistung haben. Das wirkt sich vor allem bei der Bestimmung des Umfangs einer eventuellen Minderung oder eines Schadensersatzanspruchs positiv für den Käufer aus. Dies gilt nicht, wenn die „Montage“ den Schwerpunkt der Leistung des 'Verkäufers' bildet. Die unsachgemäße Durchführung der vereinbarten Montage durch den Verkäufer führt schon zu einem Sachmangel, ohne dass dies gleichzeitig zu einer Beeinträchtigung bzw. Beschädigung der verkauften Sache führt. Der Begriff „Montage“ ist umfassend zu verstehen. Er erfasst alle Handlungen, die den Gebrauch der Kaufsache durch den Käufer ermöglichen sollen. Dazu gehört z.B. das Aufhängen von Küchenschränken, das Zusammensetzen von Einzelteilen, das Montieren einer Anhängerkupplung aber auch das Transportieren verschiedenster Gegenstände. So macht es keinen Unterschied, ob ein Schrank aufgebaut oder nur in den zweiten Stock transportiert werden muss. Erforderlich ist jedoch, dass der Verkäufer die Montage schuldet, sie also Bestandteil des Vertrags ist. Unerheblich ist, ob die Montage von dem Verkäufer selbst oder von einem Erfüllungsgehilfen erbracht worden ist. Ein selbständig handelnder Dritter, der nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers ist, würde demnach nicht ausreichen. Das Versagen eines Vorlieferanten wird freilich dem Verkäufer zugerechnet.

Mangelhafte Montageanleitung („IKEA-Klausel“)

Ein Sachmangel liegt auch vor, wenn bei einer zur Montage bestimmten Sache die Montageanleitung mangelhaft ist. Diese so genannte „IKEA-Klausel“ soll primär Kaufverträge erfassen, bei denen zur Kostenersparnis der Käufer die Montage selbst durchführt. Eine Sache ist dann zur Montage bestimmt, wenn dies vertraglich vereinbart oder zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache der Zusammenbau ihrer Einzelteile, ihre Aufstellung, ihr Einbau oder ihr Anschluss erforderlich ist.[1] Das ist zum Beispiel bei einem Bausatz der Fall. Die Montageanleitung ist dann mangelhaft, wenn unter normalen Umständen nicht zu erwarten ist, dass sie bei einem durchschnittlich begabten Käufer des vom Kauf regelmäßig betroffenen Personenkreises zu einer sachgemäßen Montage führt.[2] Gründe dafür könnten sein, dass sie in einer fremden Sprache abgedruckt ist, zu klein gedruckt ist, sich auf ein anderes Produkt bezieht, unvollständig ist oder nur von einem Fachmann nachvollzogen werden kann. Da Werbeaussagen, wie „kinderleichter Aufbau“, nach § 434 Absatz 1 Satz 3 BGB unter Umständen Vertragbestandteil werden können, sind dementsprechend auch geringere Anforderungen an die Begabung des ‚durchschnittlichen Käufers‘ zu stellen.

Ein Sachmangel liegt jedoch dann nicht vor, wenn die Kaufsache trotz mangelhafter Aufbauanleitung fehlerfrei zusammengebaut worden ist. Die Beweislast dafür liegt allerdings beim Verkäufer. Es ist noch ungeklärt, ob der Mangel auch dann entfällt, wenn die zu montierende Sache für den mehrmaligen Auf- und Abbau gedacht ist und der erste Aufbau nur zufällig richtig war. Ferner ist die Ausnahmeregelung problematisch, wenn der Käufer aufgrund der mangelhaften Anleitung den Aufbau von einem Fachmann hat durchführen lassen. Denn er verliert so den ihm eigentlich zustehenden Aufwendungsersatzanspruch für die ihm entstandenen Kosten.[3] Für Bedienungs-, Gebrauchs-, und Wartungsanleitungen gelten die Regeln für die Montageanleitung sinngemäß.

Lieferung einer anderen Sache

Die Lieferung eines Aliud, also einer Falschlieferung ist begrifflich kein Sachmangel, sondern ihm gleichgestellt. Ob es sich um eine Falschlieferung handelt, kommt entscheidend darauf an, ob es sich um einen Stück- oder einen Gattungskauf handelt. Beim Stückkauf ist die geschuldete Sache nach ihrer Identität bestimmt. Liefert der Verkäufer also eine andere als die nach ihrer Identität geschuldete Ware ist ein Sachmangel vorhanden. Bei der definierten Gattungsschuld ergibt sich der Mangel wohl aus den Anforderungen des § 243 Abs. 2 BGB. Erhebliche Schwierigkeiten bereitet beim Gattungskauf die Unterscheidung zwischen Falsch- und Schlechtlieferung, da beide darauf abzielen, dass die gelieferte Sache andere Eigenschaften hat als vertraglich vereinbart. Es gilt also zu entscheiden, welche Eigenschaften eine Sache zu einer mangelhaften Sache gleicher Gattung und welche Eigenschaften einer Sache sie zu einer anderen Gattung machen. Diese Unterscheidung erweist sich jedoch in den meisten Fällen als äußerst schwierig und die Entscheidungen des BGH scheinen oft willkürlich. Teilweise wird die Ansicht vertreten, bei einem Verbrauchgüterkauf sei im Falle einer Falschlieferung die Vorschrift § 241a BGB über unbestellte Leistungen anzuwenden. Dies scheint jedoch verfehlt, da § 434 Abs.3 BGB die speziellere Regelung für die Übergabe einer falschen Sache zur Erfüllung eines abgeschlossenen Kaufvertrags ist.

Mindermenge

Bei der Lieferung einer zu geringen Menge ist gemäß § 434 Abs. 3 Alt. 2 BGB ebenfalls ein Sachmangel anzunehmen. Dies wird in den Gesetzesmaterialien damit begründet, dass es für den Käufer wichtig sein könne, die gesamte Lieferung aus einer Partie zu erhalten. Der Fall, dass der Verkäufer dem Käufer zum Ausdruck bringt, dass es sich um eine Teillieferung handelt, also deutlich wird, dass der Kaufvertrag noch nicht erfüllt sein soll, ist jedoch nicht erfasst. Hat der Käufer jedoch Anspruch darauf, die Lieferung auf einen Schlag zu bekommen, kann er den erhaltenen Teil zurückgeben und vollständige Neulieferung verlangen. Anzuwenden ist dies jedoch nur für die Lieferung einer zu geringen Menge bei gleichartiger Sache. Handelt es sich um mehrere verschiedene Kaufsachen die einzeln geliefert werden, findet diese Vorschrift keine Anwendung. Lebhaft umstritten ist, ob die Gleichstellung von Zuwenig- und Schlechtlieferung nur für den Bereich des Kaufrechts oder auch für den Bereich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts gilt. Ist bei einer Minderlieferung die Nacherfüllung nicht möglich, weil nicht mehr genügend Ware zur Verfügung steht, kommt nur eine Nachlieferung ganz neuer Waren in Betracht. Nicht erfasst von § 434 Abs. 3 Alt. 2 BGB ist die Zuviellieferung. Aus ihr entstehen keine kaufrechtlichen Ansprüche für den Käufer.

Maßgeblicher Zeitpunkt

Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Sachmangels ist der Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Die Kaufsache muss also zu diesem Zeitpunkt mangelfrei sein. Mängel, die vor Gefahrübergang auftreten, jedoch bei Gefahrübergang nicht mehr vorliegen, lösen die Sachmängelhaftung regelmäßig nicht aus.

Steht bereits vor Gefahrübergang fest, dass die Kaufsache im maßgeblichen Zeitpunkt fehlerhaft sein wird, kann sich der Käufer auf die Rechtsbehelfe der Sachmängelhaftung berufen, da es nicht sinnvoll ist, die Rechtsbehelfe weiter hinauszuzögern. Dies ist der Fall, wenn der Mangel nicht behebbar ist. Das gilt nicht, wenn der Verkäufer nur aufgrund ungenügender Zeit den Mangel nicht beseitigen kann. In diesem Fall darf der Käufer den Verkäufer unter Umständen lediglich in Verzug setzen. Fällt der Mangel nach Gefahrübergang weg, hat dies nicht zwingend Einfluss auf die Gewährleistungsrechte.

Rechtsmangel

Allgemeines

§ 435 Satz 1 BGB definiert den Rechtsmangel. Satz 2 stellt die Eintragung eines nicht bestehenden Rechts im Grundbuch dem Rechtsmangel gleich. Entscheidend für das Existieren eines Rechtsmangels ist, dass das erworbene Eigentum individuell belastet ist. Ob der Rechtsmangel bei der Verwendung der Sache stört, ist unerheblich. Beeinträchtigungen die jeden Eigentümer treffen, sind vom Käufer hinzunehmen. Das gilt für das private Nachbarrecht, das Naturschutzrecht und das Denkmalschutzrecht. Die Rechtsbehelfe beim Vorliegen von Rechtsmängeln entsprechen denen bei Sachmängeln. Anders als bei § 434 BGB kommt es bei einem Rechtsmangel auf Verwendungszweckvereinbarungen nicht an.

Verschiedene Rechtsmängel

Nichtverschaffen des Eigentums als Rechtsmangel

Uneinigkeit herrscht darüber, ob es sich um einen Rechtsmangel handelt, wenn überhaupt kein Eigentum verschafft worden ist. So kann man der Meinung sein, ein Rechtsmangel liegt vor, wenn dem Käufer das Eigentum an einer Sache überhaupt nicht verschafft wurde. Jedoch auch vertretbar ist die Meinung, dass die fehlende Verschaffung des Eigentums keinen Rechtsmangel darstellt, weil sich aus § 433 BGB die Pflicht der Eigentumsübertragung ergibt.

Private Rechte

Zu den privaten Rechten, die unter den Rechtsmangel nach § 435 BGB fallen, gehören alle dinglichen Rechte. Darunter sind Grunddienstbarkeiten, Nießbrauch, Reallasten, dingliche Vorkaufsrechte, Grundpfandrechte und andere Pfandrechte, dingliche Nutzungsrechte und Mitbenutzungsrechte an Grundstücken der DDR zu verstehen. Weiterhin zählen hierzu auch Patente, Gebrauchs und Geschmacksmuster als auch Markenrechte und andere Immaterialgüterrechte, die der Benutzung der Kaufsache entgegenstehen.

Obligatorische Rechte

Auch obligatorische Rechte können einen Rechtsmangel begründen. Obligatorische Rechte sind schuldrechtliche, also vertraglich vereinbarte oder gesetzliche Rechte (im Unterschied zu dinglichen, also sachenrechtlichen), die zum Besitz der Sache berechtigen, also Rechte, die den Käufer in seiner Verfügungsmacht einschränken. Dies sind z.B. Miet- und Pachtverträge.

Öffentliche Rechte

Auch öffentlich-rechtliche Belastungen können einen Rechtsmangel darstellen, wie schon aus der sonst überflüssigen Ausnahmevorschrift des § 436 Abs. 2 BGB folgt. Die Haftung für öffentlich-rechtliche Abgaben stellt einen Rechtsmangel dar, sofern sich aus § 436 BGB nichts anderes ergibt. Benutzungsbeschränkungen stellen einen Rechtsmangel dar, wenn sie weder allgemeinen Schranken des Eigentums zuzuordnen sind, noch auf der Beschaffenheit der Sache beruhen. Beschränkungen der Bebaubarkeit, die an die Beschaffenheit eines Grundstücks anknüpfen, sind weder Rechts- noch Sachmängel.

Rechtsfolgen

Die Rechtsfolgen bei Sach- und Rechtsmängeln im Kaufrecht sind in § 437 BGB aufgezählt:

  • Nacherfüllung
  • Rücktritt vom Vertrag
  • Minderung des Kaufpreises
  • Schadensersatz statt der Leistung
  • Ersatz vergeblicher Aufwendungen

Dabei ist Nacherfüllung stets zuerst zu verlangen. Bei der Nacherfüllung hat der Käufer die Wahl, entweder eine Reparatur der mangelhaften Sache (Nachbesserung) oder Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache (Nachlieferung) zu verlangen. Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nur dann verweigern, wenn sie für ihn mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist.

Rücktritt vom Vertrag ist gleichzeitig mit Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen möglich. Schadensersatz statt der Leistung und Ersatz vergeblicher Aufwendungen können nur bei Verschulden des Verkäufers geltend gemacht werden. Die Beweispflicht für das Nicht-Vorliegen eines Verschuldens trägt gem. § 280 Absatz 1 Satz 2 BGB der Verkäufer.

Beim Schadensersatz statt der Leistung ist der Käufer so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Kaufvertrages stünde, also bei Lieferung einer mangelfreien Sache. Das schließt einen entgangenen Gewinn ein.

Ersatz vergeblicher Aufwendungen kann nicht gleichzeitig mit Schadensersatz statt der Leistung verlangt werden. Vergebliche Aufwendungen sind nämlich solche, die auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages entstanden wären. Wird der Käufer beim Schadensersatz statt der Leistung jedoch schon so gestellt, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung stünde, wird angenommen, dass sich seine Aufwendungen rentiert hätten und also mit der Stellung wie bei Erfüllen abgegolten sind. Beispiele für vergebliche Aufwendungen: Miete eines speziellen Transportgeräts, Umbau zur Aufbewahrung der Sache.

Werkvertragsrecht

Im Werkvertragsrecht findet sich seit der Schuldrechtsreform die Definition des Sachmangels in § 633 Abs. 2 BGB und die des Rechtsmangels in § 633 Abs. 3 BGB. Die Regelungen sind mit denen des Kaufrechts deckungsgleich, so dass hier das gleiche gilt. Nur die Bestimmungen zur mangelhaften Montage bzw. Montageanleitung gelten hier nicht, was ohne praktische Auswirkung bleibt, weil es zum einen im Werkvertragsrecht keine Montageanleitungen für den Besteller gibt (das würde den Werkvertrag erübrigen) und zum anderen Mängel bei der Montage eines herzustellenden Werkes wegen Verletzung einer Hauptpflicht schon von einer der ersten drei Sachmängelarten erfasst werden würden. Anders als im Kaufrecht definiert das Gesetz im Werkvertragsrecht nicht den relevanten Zeitpunkt für die Mangelhaftigkeit der Sache. Im Kaufrecht ist dies in der Regel die Übergabe der Sache.

Mietrecht

Im Mietrecht finden sich Regelungen über Sach- und Rechtsmängel in den §§ 536 - 536d BGB.

Quellen

  1. Putzo, in: Palandt, § 434 Rdnr. 47
  2. Rüßmann, in: Montagemangel
  3. Olzen/Wank, Schuldrechtsreform, Rdnr. 359

Siehe auch

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