Aphanorhegma patens

Aphanorhegma patens
Kleines Blasenmützenmoos

Kleines Blasenmützenmoos ('Physcomitrella patens')

Systematik
Klasse: Laubmoose (Bryopsida)
Unterklasse: Echte Laubmoose (Bryidae)
Ordnung: Funariales
Familie: Funariaceae
Gattung: Physcomitrella
Art: Kleines Blasenmützenmoos
Wissenschaftlicher Name
'Physcomitrella patens'
(Hedw.) Bruch & Schimp.

Das Kleine Blasenmützenmoos (Physcomitrella patens) ist ein Laubmoos (Unterklasse: Echte Laubmoose) aus der Familie Funariaceae innerhalb der Ordnung Funariales. Es dient als Modellorganismus in der Erforschung von Evolution, Entwicklung und Physiologie der Pflanzen.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Kleistokarper Sporophyt (Sporenkapsel) von Physcomitrella patens.

Die Pflanzen werden bis 5 mm hoch und stehen in lockeren Herden. Die oberen Blätter sind vergrößert, breit lanzettlich und am Rand stumpf gezähnt. Die Blattrippe endet knapp unterhalb der Blattspitze. Die Laminazellen sind groß und rhombisch.[1]

Physcomitrella patens ist ein kleistokarpes Moos. Die Kapsel besitzt keinen Deckel, ist kugelig mit einer kurzen Spitze. Sie steht auf einer kurzen Seta und ist von den Blättern umschlossen.[1]

Die Art ist sehr kurzlebig, sie vollführt ihren Lebenszyklus in nur vier Wochen.[2]

Verbreitung und Standorte

Die Art kommt in Eurasien und Nordamerika vor. Sie wächst auf verschlammten oder tonigen Böden, vor allem an trockengefallenen Flussufern und abgelassenen Teichen. In höheren Lagen fehlt sie.[1]

Entwicklung

Die haploide Meiospore keimt unter Einfluss von Licht und Wasser zum fädigen Protonema (gelegentlich auch "Vorkeim" oder, insbesondere in der alten Literatur, "Confervenfäden" genannt), das zunächst aus Chloronemazellen besteht [3] . Unter dem Einfluss von Auxin differenziert dieses zu Caulonemazellen [4]. Beide Zelltypen wachsen durch einschneidige Scheitelzellen . Das Protonema stellt die juvenile Form des Gametophyten dar [3]. Der unter dem Einfluss von Cytokinin erfolgende Übergang zum Wachstum mittels dreischneidiger Scheitelzellen, der Induktion der Moosknospe [4] , markiert den Übergang zum adulten Gametophyten, dem in Stämmchen, Blättchen und Rhizoide gegliederten Moospflänzchen (siehe auch Thallus). Da dieses terminal die Gametangien, die weiblichen Archegonien und männlichen Antheridien trägt, (Physcomitrella patens ist monözisch), nennt man diese Moospflänzchen im Fachausdruck auch Gametophoren. Die Induktion der Gametangien erfolgt bei Physcomitrella im Kurztag und bei niedrigen Temperaturen [5] . Jedes Archegonium enthält eine Eizelle. Die Befruchtung der Eizelle durch die frei beweglichen Spermatozoide erfordert eine Verbindung von Archegonium und Antheridium durch Wasser, zum Beispiel durch einen Tautropfen. Der sich im Archegonium entwickelnde Embryo stellt den diploiden Sporophyten (die "Mooskapsel") dar. Er lebt epiphytisch auf dem Gametophor und wird durch diesen ernährt [3]. Physcomitrella trägt maximal eine Sporenkapsel pro Gametophor, das heisst von den mehreren befruchtungsfähigen Archegonien pro Gametophor entwickelt sich nur eines zum reifen Sporophyten [5] . Der sich im Archegonium entwickelnde Sporophyt zereisst beim Wachsen das Archegonium. Der Archegonienhals verbleibt locker mit dem Sporophyten verbunden - dieser Rest wird als Kalyptra bezeichnet. Nach unten ist der Sporophyt über ein "Stielchen", die Seta, mit dem Gametophor verbunden. Bei Physcomitrella patens ist die Seta sehr kurz und der Sporophyt sekundär reduziert; er ist kleistokarp [3]. Dies bedeutet, dass die sich nach der Meiose im Sporophyten gebildeten Meiosporen nicht durch eine vorherbestimmte Öffnung den Sporophyten verlassen, sondern dass dieser zerreissen oder platzen muss, um die Sporen freizulassen [3].

Modellorganismus

Moosbioreaktor mit Physcomitrella patens.

Physcomitrella patens wird als Modellorganismus verwendet, da es die einzige Pflanze mit sehr effizienter Homologer Rekombination ist.[6] In dieser Eigenschaft gleicht P. patens der Bäckerhefe. Durch diese Technik kann ein DNA-Fragment an einer vorher bestimmten Stelle des Genoms integriert werden. Die so erzeugten Mutanten sind hilfreich bei der Aufklärung der Funktion von Genen.[7] Diese Technik nennt man Reverse Genetik. So können Fragen zur Evolution der Pflanzen gelöst werden. Das Genom von P. patens, mit rund 500.000 Basenpaaren, die in 27 Chromosomen organisiert sind, wurde im Jahr 2007 komplett sequenziert.[8] Daneben hat P. patens Bedeutung in der Biotechnologie, zum Beispiel in der Produktion von Arzneistoffen, in einem von Ralf Reski entwickelten Moosbioreaktor.[9]

Einzelnachweise

  1. a b c Jan-Peter Frahm, Wolfgang Frey, J. Döring: Moosflora. 4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage (UTB für Wissenschaft, Band 1250). Ulmer, Stuttgart 2004, ISBN 3-8001-2772-5
  2. Jan-Peter Frahm: Biologie der Moose. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg und Berlin 2001, S. 122. ISBN 3-8274-0164-X
  3. a b c d e Ralf Reski (1998): Development, genetics and molecular biology of mosses. Botanica Acta 111, 1-15.
  4. a b Eva L. Decker, Wolfgang Frank, Eric Sarnighausen, Ralf Reski (2006): Moss systems biology en route: Phytohormones in Physcomitrella development. Plant Biology 8, 397-406.
  5. a b Annette Hohe, Stefan A. Rensing, Manuel Mildner, Daniel Lang, Ralf Reski (2002): Day length and temperature strongly influence sexual reproduction and expression of a novel MADS-box gene in the moss Physcomitrella patens. Plant Biology 4, 595-602.
  6. Ralf Reski (1998): Physcomitrella and Arabidopsis: the David and Goliath of reverse genetics. In: Trends in Plant Science. Bd. 3, S. 209-210. doi:doi:10.1016/S1360-1385(98)01257-6
  7. Ralf Reski und Wolfgang Frank (2005): Moss (Physcomitrella patens) functional genomics – Gene discovery and tool development with implications for crop plants and human health. In: Briefings in Functional Genomics and Proteomics. Bd. 4, S. 48-57. PDF
  8. Rensing, S. A. et al. (2008): The Physcomitrella genome reveals evolutionary insights into the conquest of land by plants. In: Science. Bd. 319, Nr. 5859, S. 64-69.
  9. K.B.: greenovation - ein kleines Moos arbeitet erfolgreich als Proteinbiofabrik. [1]

Weblinks


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