- Marcus Ulpius Trajan
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Marcus Ulpius Traianus (* 18. September 53 in Italica; † 8. August 117 in Selinus, Kilikien) war von Januar 98 bis 117 römischer Kaiser. Trajan zählt zu den sogenannten Adoptivkaisern. Durch die Eroberung Armeniens, Mesopotamiens und vor allem des Dakerreiches erlebte das Römische Reich unter ihm seine größte Ausdehnung.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Abstammung und Aufstieg
Trajan gehörte zu den Nachfahren einer Gruppe von Kolonisten, die 205 v. Chr. von Scipio Africanus in Italica in der Provinz Baetica im Süden der iberischen Halbinsel angesiedelt worden waren. Seine Familie stammte ursprünglich aus Tuder in Umbrien. Trajans gleichnamiger Vater war im Bürgerkrieg nach dem Tod Neros während des sogenannten Vierkaiserjahres ein Parteigänger des späteren Kaisers Vespasian und später der von diesem begründeten flavischen Dynastie. Er war im Jahr 70 Konsul und verwaltete von 73 an fünf Jahre lang die wichtige Provinz Syria.
Auch Trajan selbst zeigte sich dem Herrscherhaus gegenüber loyal und durchlief die übliche Karriere eines römischen Senators. Im Jahre 76 leistete er unter seinem Vater in Syria Militärdienst, 78 war er Quästor und 84 Prätor. Während der Erhebung des Saturninus gegen Kaiser Domitian 89 kommandierte Trajan eine Legion in Hispanien, mit der er an der Niederschlagung des Aufstands teilnahm. Anschließend war er Befehlshaber in den Kriegen Domitians an Rhein und Donau. Im Jahr 91 bekleidete er gemeinsam mit Manius Acilius Glabrio zum ersten Mal das Konsulat und wurde bald danach Statthalter von Moesia inferior.
Im Jahr 97, während der Herrschaft Nervas, war Trajan Statthalter von Obergermanien. Der greise Kaiser adoptierte ihn am 27. Oktober in Abwesenheit und setzte ihn als Mitregenten (Caesar) ein. Der kinderlose Nerva wollte durch diesen Schritt seine Nachfolge sichern und das Wohlwollen des Heeres gewinnen, da Trajan einer der mächtigsten Befehlshaber war. Der Althistoriker Werner Eck hat die These vertreten, der schwache Nerva sei von einer Senatorengruppe gezwungen worden, Trajan zum Mitkaiser zu erheben, um so einen Machtkampf nach Art des Vierkaiserjahres zu vermeiden - Trajans Griff nach der Macht wäre demnach ein geschickt bemäntelter Staatsstreich gewesen. Diese Hypothese wird heute von den meisten Forschern akzeptiert. Nach dem Tod Nervas, der nur 16 Monate im Amt war, wurde Trajan am 28. Januar 98 Alleinherrscher und als erster Provinziale (also Nicht-Italiker) römischer Kaiser. Er war damit der erste Repräsentant der „Elite aus den Kolonien“ (Ronald Syme), einer Schicht ehrgeiziger Nachfahren römischer Kolonisten, und der erste der sogenannten Adoptivkaiser.
Familie
Trajan war mit Pompeia Plotina verheiratet, die aus Gallia Narbonensis stammte und etwa zehn Jahre jünger war als er. Die Ehe blieb kinderlos. Plotina erhielt 105 gemeinsam mit Trajans älterer Schwester Ulpia Marciana den Ehrentitel Augusta, der nach Marcianas Tod 112 auch deren Tochter Matidia verliehen wurde. Matidias Tochter Sabina, die Großnichte Trajans, heiratete 100 dessen späteren Nachfolger Hadrian.
Amtsantritt als Kaiser
Nachdem er im Februar 98 in Köln durch einen jungen Verwandten, seinen Großneffen Hadrian, vom Tod seines Vorgängers erfahren hatte, blieb Trajan zur Überraschung der Römer zunächst am Rhein, um die Reichsgrenze zu stabilisieren und abzusichern. Möglicherweise wollte der neue Augustus zunächst seine Beliebtheit beim Heer steigern, denn eindrucksvolle militärische Erfolge hatte Trajan zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorzuweisen. Zu seinen ersten Maßnahmen als Kaiser gehörte der Aus- bzw. Neubau der Fernstraße Mogontiacum–Stettfeld–Cannstatt–Urspring–Augsburg. Etwa zeitgleich begann er auch mit der Errichtung des Neckar-Odenwald-Limes, in diesen Zusammenhang gehört wohl auch die Erhebung von Ladenburg in den Rang einer civitas. Eine Folge dieser Arrondierung des Reichsgebietes war, dass der westliche Teil des Alblimes, der Abschnitt von Rottweil bis Donnstetten, seine Funktion verlor.
Unklar ist, ob auch die Hauptstadt der Provinz Rätien zu diesem Zeitpunkt von Kempten nach Augsburg verlegt wurde. Gesichert ist dagegen, dass Trajan die Siedlung Ulpia Traiana (in der Nähe des heutigen Xanten) zur Colonia erhob und mit dem Bau einer bis zum Schwarzen Meer reichenden Donaustraße begann. Zu seinem Nachfolger als Statthalter von Obergermanien ernannte er seinen Freund Lucius Iulius Ursus Servianus, mit der Verwaltung Niedergermaniens betraute er Lucius Licinius Sura. Diese beiden Männer sollten sich auch später als wichtige Stützen seiner Herrschaft erweisen.
Erst im Herbst 99 kam Trajan zum ersten Mal als Kaiser nach Rom. Dabei stellte er die Beziehungen zum Senat auf eine neue Basis: Er betrat Rom zu Fuß, begrüßte jeden Senator persönlich mit einem Kuss und schwor stehend vor den zwei Konsuln des Jahres den Eid auf die Republik (dass die Götter ihn strafen mögen, sollte er wissentlich gegen die Republik handeln). Durch diese Zeichen und Gesten der scheinbaren Gleichrangigkeit betonte er die ideologische Stellung des Senates als Mitte des Staates und seine kaiserliche Position als primus inter pares, sodass Plinius schwärmen konnte, dass der Kaiser "einer von uns" sei und nicht über den Gesetzen stehe (non est princeps supra leges, sed leges supra principes). Er bestätigte zudem die alten Rechte des Senats und verbot Majestätsprozesse. Da die Senatoren die Ankunft des neuen Kaisers, der ein weitgehend unbeschriebenes Blatt war und eher als Militär denn als Zivilist gelten musste, fraglos mit Anspannung und Sorge erwartet hatten, war die Erleichterung enorm. Seine Regierung wurde deshalb wie schon diejenige Nervas von den Senatoren nach der (angeblich) gewaltsamen Herrschaft Domitians überschwänglich begrüßt; Plinius der Jüngere hielt im Jahr 100 eine erhaltene Lobrede (Panegyricus) auf Trajan. Plinius wurde später von Trajan als Statthalter in die kleinasiatische Provinz Bithynia et Pontus entsandt und führte mit dem Kaiser einen ausführlichen Briefwechsel über Vorgänge seiner Amtsführung, in dem offenbar wird, dass die humane Haltung des Kaisers (humanitas als eine der kaiserlichen Tugenden) wohl tatsächlich eine Grundkomponente seines Charakters war (so antwortete er Plinius auf die Frage, wie mit anonymen Anzeigen zu verfahren sei, dass diese nec nostri saeculi est, nicht unseres Jahrhunderts würdig, seien).
Dakerkriege
Siehe auch: Dakerkriege
Bereits während seiner Inspektion der römischen Donaugrenze 98/99 hatte sich Trajan genau über die Lage im nördlich der mittleren Donau gelegenen Dakien informiert. Dort hatte Decebalus nach dem Ende der Kämpfe mit Domitian seine Herrschaft weiter ausgebaut und stellte nun mehr denn je eine Bedrohung der südlich der Donau gelegenen Provinzen dar. Trajan beschloss, diesen potenziell gefährlichen neuen Machtkern prophylaktisch zu zerschlagen, bevor er tatsächlich nach Süden ausgreifen konnte. Bereits die Verbesserung der Grenzbefestigungen an Rhein und Donau und der Bau von Straßen im unteren Donaugebiet diente der Vorbereitung auf diesen Feldzug, für den er eine rund 100.000 Mann starke Armee aus römischen Legionen und Hilfstruppen bereitstellte. Neben der mehr oder weniger konkreten Bedrohung, die von den Dakern ausging, dürfte auch die Notwendigkeit, sein Kaisertum durch militärischen Erfolg und reiche Beute zu legitimieren, ein wichtiges Motiv Trajans gewesen sein.
101 begann der Kaiser schließlich einen erneuten Krieg gegen die Daker, der im Jahr darauf mit einem (begrenzten) römischen Erfolg endete. Außer der zufälligen Überlieferung eines Satzes in einer spätantiken Grammatik (Priscian 6, 13) sind keine Einzelheiten über den Verlauf des Krieges bekannt (die Trajanssäule gibt ebenfalls keine topographisch zuverlässigen Angaben; nützlich ist sie allenfalls als Quelle für die Ausrüstung des römischen Heeres in trajanischer Zeit und die Selbstdarstellung des Kaisers). Sicher ist, dass es sich um erbitterte Kämpfe gehandelt haben muss und erst eine römische Offensive in das Zentrum des Dakerreiches den ausschlagenden Erfolg brachte. Decebalus bot Verhandlungen an und musste erniedrigende Bedingungen annehmen: Abtretung der von den Römern besetzten Gebiete, Auslieferung von Waffen, den Abbau von Befestigungen, das Verbot, römische Söldner anzuwerben sowie das Verbot jeglicher außenpolitischen Aktivität ohne Zustimmung des Senates. Außerdem musste Decebalus eine römische Besatzung in seiner Hauptstadt zulassen. Man sieht, wie groß Rom die dakische Gefahr einschätzte. Der erste Dakerkrieg endete aber dennoch nicht in einem eindeutigen römischen Sieg, es war vielmehr ein Waffenstillstand, da beide Seiten zu erschöpft waren, um weiterzukämpfen. Trotzdem nahm Trajan den Beinamen Dacicus an. Decebalus hielt sich aber offenbar nicht an die strengen Bedingungen des Friedensvertrages und bedrohte weiterhin römisches Gebiet. Nicht zuletzt deshalb kam es 105 zu einem zweiten, noch erbitterter ausgefochtenen Dakerkrieg, in dessen Verlauf Dakien vollständig von den Römern erobert und zur Provinz gemacht wurde. Der Krieg ist in einem Relief auf der Trajanssäule dargestellt, die zusammen mit dem sie umgebenden Forum zur Feier des Sieges in Rom errichtet wurde (Trajansforum). Etwa zur gleichen Zeit wie Dakien, allerdings ohne Krieg, wurde auch das Nabatäerreich als Provinz Arabia Petraea in das römische Reich integriert. Große Wichtigkeit erhielt der zweite Dakerkrieg durch die Tatsache, dass Trajan eine riesige Beute (der dakische Königsschatz) in die Hände fiel. Über das tatsächliche Ausmaß wurde viel spekuliert, der Gewinn muss aber in der Tat immens gewesen sein: nicht umsonst feierte Trajan auf Münzen seine Freigiebigkeit (liberalitas).
Partherkrieg
Zu Trajans Partherkrieg (114–117), der für die Römer zunächst erfolgreich verlief und seinen Ruhm zu einem nicht geringen Teil begründete, stehen uns nur sehr wenige Quellen zur Verfügung, die zudem teilweise widersprüchliche Informationen liefern.
Im Wesentlichen beruhen unsere Kenntnisse auf dem 68. Buch des Geschichtswerkes Cassius Dios, der Weltchronik des Johannes Malalas, die dieser in byzantinischer Zeit erstellte und die nicht immer zuverlässig ist, sowie auf Fragmenten der Parthica Arrians; das letztere Werk scheinen auch Cassius Dio und Malalas hauptsächlich benutzt zu haben. Außerdem verfügen wir über numismatische und epigraphische Zeugnisse, doch erlauben diese oft nicht einmal eine gesicherte Chronologie der Ereignisse, von Einzelheiten des Feldzuges ganz zu schweigen.
Die Gründe für den römischen Feldzug sind in der Forschung umstritten, doch entsprang er letztlich wohl Trajans Wunsch, den großen Feind im Osten endgültig auszuschalten. Offenbar sah er die Gelegenheit, zu einem umfassenden Schlag gegen die Parther ausholen zu können. Sicher kein ausschlaggebendes Motiv war der Wunsch, den Eroberungszug Alexanders des Großen nachzuahmen oder gar zu übertreffen, obwohl seine Nachahmung des großen Königs unbestreitbar ist. Sie erreichte jedenfalls einen Höhepunkt in Babylon, wo er Alexanders Sterbehaus besuchte.[1] Als Vorwand diente das parthische Eingreifen in Armenien (der parthische König hatte dort einen Verwandten als Herrscher eingesetzt), das seit der Zeit Neros als römisches Protektorat angesehen wurde.
Trajan zog im Laufe des Jahres 113 insgesamt elf Legionen im Osten zusammen. Verhandlungen mit dem Partherkönig Osroes I. (Chosroes) blieben ohne Ergebnis, vielleicht weil sie keines haben sollten. Anfang 114 befand Trajan sich in Antiochia am Orontes und zog über Samosata zunächst nach Armenien, das binnen kurzer Zeit unter römische Kontrolle geriet; König Parthamasiris verlor seine Krone und bald darauf auch sein Leben. Bald schon hatte Trajan auch Kontakt zu mehreren Königen in der Kaukasusregion aufgenommen. Eine erste parthische Gegenoffensive brach kurz darauf zusammen, während die Römer nun auch die Atropatene besetzen und die eroberten Gebiete mit Teilen Kappadokiens zur Provinz Armenia vereinigen konnten.
Die Chronologie für das Jahr 115 ist wesentlich schwieriger zu rekonstruieren; für die babylonische Kampagne ist noch nicht einmal sicher, ob sie durch eine oder zwei römische Armeen durchgeführt wurde. Trajan sicherte jedenfalls das obere Mesopotamien, besetzte Nisibis und Singara und richtete die römische Provinz Mesopotamia ein. Auch die Landschaft Adiabene wurde in Besitz genommen, und das Heer stieß bald darauf längs des Tigris gegen die parthische Hauptstadt Ktesiphon vor. Der siegreiche Vormarsch wurde vor allem durch Unruhen im Inneren des Partherreiches ermöglicht, die den König daran hinderten, die Invasoren mit ganzer Kraft zu bekämpfen. Ktesiphon sowie die Schwesterstadt Seleukeia fielen ebenso in die Hand der Römer wie eine Tochter des Königs; er selbst hatte fliehen können.
Der Kaiser sah sich auf dem Höhepunkt seiner Macht: Nachdem er sich schon Anfang 116 den Beinamen Parthicus zugelegt hatte, richtete er nun die Provinz Assyria ein und zog im Herbst 116 an den Persischen Golf. Dort soll er sich angeblich beklagt haben, zu alt zu sein, um auf den Spuren Alexanders noch weiter nach Osten zu ziehen (vgl. Dio 68,29). In Rom wurden zur Feier des Sieges über die Parther großartige Zirkusspiele veranstaltet. Realistisch betrachtet war Trajans Lage jedoch weit weniger günstig, als sie auf den ersten Blick erschien: Das dezentral aufgebaute Partherreich konnte den Verlust der Hauptstadt durchaus verkraften, bald schon sollten die Parther sogar von Medien aus zum Gegenangriff übergehen. Im Rücken der Römer brachen zudem auch Aufstände aus, welche die überdehnten römischen Nachschublinien gefährdeten.
Bereits im Jahr 115 hatten in Cyrene (im heutigen Libyen) die Juden rebelliert. Der Aufstand hatte sich binnen kurzer Zeit auch auf Ägypten ausgebreitet. Trajan musste nun in größter Eile Truppen zusammenziehen, um der Lage wieder Herr zu werden, zumal sich auch die in Mesopotamien lebenden Juden an dem Aufstand beteiligten, ebenso wie die Parther, die sich ihnen bald anschlossen. Die Initiative ging nun auf die Parther über. Trajan, dessen General Lusius Quietus hart gegen die Rebellen vorging, konnte 117 keine Offensive gegen die Parther unternehmen und setzte deshalb in Ktesiphon einen parthischen Marionettenkönig auf den Thron, in der vagen Hoffnung, wenigstens so die eroberten Gebiete halten zu können. Dann zog man sich zurück. Sehr bald wurde jedoch der römische Vasallenkönig Parthamaspates entthront. Nach dem Tod Trajans zog dessen Nachfolger Hadrian die Konsequenzen aus der Unfähigkeit Roms, diese weit entfernten Regionen effektiv zu kontrollieren und zu halten, und gab die de facto bereits verlorenen Eroberungen Trajans im Osten wieder auf, mit Ausnahme Armeniens, das wieder in ein Klientelkönigreich umgewandelt wurde.
Innenpolitik
Eines der wichtigsten Kennzeichen von Trajans Innenpolitik ist die demonstrative Achtung und Schonung des Senats. Weder durften Senatoren angeklagt noch getötet werden. Majestätsprozesse ließ er ebenfalls nicht zu. Dadurch betonte Trajan den besonderen Rang des Senats als (theoretische) Mitte des Reichs: Es war das Weiterleben der republikanischen Traditionen (res publica restituta) und die Aufrechterhaltung des mos maiorum (Sitten der Vorfahren). Vor allem aber war der Senat natürlich wichtig als Reservoir militärischer und politischer Erfahrung. Eine gute Zusammenarbeit war deshalb schon aus rein praktischen Gründen wünschenswert. Für jeden princeps war der Ausgleich mit dem Senat und mit dem Heer wichtiges Tätigkeitsfeld. Sinnfälligen Ausdruck erhielt die ideologische Bedeutung des Senats in den Ereignissen bei Trajans erstem Betreten der Stadt Rom als Kaiser (s. o.). Gleichwohl gab es keinen Zweifel, wer die faktische Macht in den Händen hielt: Als der Senat sich auf einer Münze als Beschützer des Weltkreises feierte, ließ Trajan diesen Münztyp umgehend verbieten. Die realen Machtverhältnisse waren andere. Nur der Kaiser war Beschützer des Reichs und verantwortlich für die ewige Gültigkeit der Ordnung. Zahlreichen befreundeten Senatoren verhalf er – häufig auch wiederholt – zu einem Konsulat, während er selbst dieses Amt nur sechsmal und damit seltener als viele andere Kaiser bekleidete.
Trajan setzte nicht nur im Umgang mit dem Senat neue Akzente. Auch die Ideologisierung des Prinzipats geschah in bewusster Distanzierung von der Tyrannei des Domitians. Gefeierte neue Schlagworte neben den alten Kardinaltugenden wie clementia (Milde), iustitia (Gerechtigkeit), pietas (Frömmigkeit), virtus (militärische Tüchtigkeit) der Herrschaft wurden: moderatio (Mäßigung), comitas (Freundlichkeit), temperantia (Selbstbeherrschung), mansuetudo (Sanftmut), humanitas (Menschlichkeit), vor allem aber civilitas als Qualität der Bürgerlichkeit schlechthin.
Dem römischen Volk gegenüber zeigte er sich mit Spenden und aufwendigen Spielen großzügig (befördert durch die riesige Beute des 2. Dakerkrieges). Außerdem reorganisierte er die Getreidevergabe (annona). Wichtig ist der Ausbau der von Nerva eingeführten alimentatio, eine Art Kindergeld: Grundbesitzer mussten für Darlehen 5% Zinsen in eine spezielle Kasse der Stadt zahlen, aus der Kinder einen gewissen Teil erhielten (in der Stadt Veleia zum Beispiel 16 Sesterzen für Jungen und 12 für Mädchen). Über eine genaue soziale Eingrenzung ist nichts bekannt, wahrscheinlich ist aber, dass nur ein Kind pro Familie unterstützt wurde. Die alimentatio war ein kaiserliches beneficium (Wohltat), keine Maßnahme des Staates und existierte in ihrer Form wohl bis ins 3. Jahrhundert. Konkret wollte Trajan damit wohl die Geburtenrate stärken.
Trajan stellte zwei neue Legionen auf, die legio II Traiana und die legio XXX Ulpia, deren Soldaten alle aus Italien kamen. Trajan förderte Italien auch auf andere Weise. So mussten Senatoren ein Drittel ihres Vermögens in italischen Grundbesitz anlegen. Trajan wollte damit die Verbindung der Senatoren mit Interessen des römischen Kernbereichs verstärken, gerade in einer Zeit, in der eine große Zahl der Senatoren nicht mehr aus Italien, sondern aus den Kolonien stammte. Außerdem sorgte er für eine Ansiedlung von Veteranen in Italien („Binnenkolonisation“). Diese restitutio Italiae (Wiederherstellung Italiens) wurde auch auf Münzen gefeiert.
Tod und Nachfolge
Trajan erkrankte während des Partherfeldzuges schwer und starb auf der Rückreise aus dem Osten in Selinus an der Südküste Kleinasiens am 8. August 117. Vor seinem Tod soll er seinen Verwandten Hadrian adoptiert und damit zum Nachfolger gemacht haben. Historiker schließen nicht aus, dass dies eine Konstruktion von Trajans Gattin Plotina war, die Hadrian unbedingt als den Nachfolger ihres Mannes sehen wollte.
Erstaunlich ist, dass Hadrian für Trajan einen postumen Triumphzug für den Sieg über die Parther durchführen ließ: Auf dem Triumphwagen stand eine Statue über der Urne mit der Asche des Kaisers. Danach wurde sie im Sockel der Trajanssäule verborgen. Das Begräbnis innerhalb der heiligen Grenzen der Stadt (pomerium) war einzigartig: Die Römer bestatteten ihre Toten außerhalb der Stadtgrenzen. Auch alle Vorgänger und Nachfolger Trajans bis weit in die Spätantike wurden außerhalb des pomeriums begraben.
Nach der offiziellen Erhebung zum Gott lautete sein Name divus Traianus Parthicus – kein anderer Kaiser trug nach seinem Tod noch einen Siegertitel. Man erkennt daran, welch großes Ansehen der optimus princeps Trajan genoss. Noch im 4. Jahrhundert lautete das Gebet im Senat für einen neuen Kaiser, dass dieser „glücklicher als Augustus und besser als Trajan“ sein möge (felicior Augusto, melior Traiano: Eutropius 8,5). Im Mittelalter galt Trajan als Typus des gerechten Königs. Dante Alighieri sah den Heiden Trajan durch das Gebet Papst Gregors des Großen erlöst.
Der vollständige Name des Trajan zum Zeitpunkt seines Todes lautete gewöhnlich: Imperator Caesar Divi Nervae filius Nerva Traianus Optimus Augustus Germanicus Dacicus Parthicus, Pontifex maximus, Tribuniciae potestatis XXI, Imperator XIII, Consul VI, Pater patriae („Imperator Caesar Trajan, Sohn des göttlichen Nerva, der beste Augustus, Sieger über die Germanen, Sieger über die Daker, Sieger über die Parther, oberster Priester, zum 21. Mal Inhaber der tribunizischen Amtsgewalt, dreizehnmal zum Imperator ausgerufen, sechsmal Konsul, Vater des Vaterlandes“).
Siehe auch
Quellen
- Cassius Dio: Römische Geschichte. Buch 68 (nur in Auszügen erhalten; englische Übersetzung).
Deutsche Übersetzung: Römische Geschichte. Bd. 5. Epitome der Bücher 61–80. Übersetzt von Otto Veh. Artemis und Winkler, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-538-03109-8. - Juvenal: Satiren (lateinischer Text).
Deutsche Übersetzung: Satiren. Lateinisch-deutsch. Herausgegeben, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Joachim Adamietz. Artemis und Winkler, Düsseldorf 1993, ISBN 3-7608-1671-1. - Plinius der Jüngere: Panegyricus (lateinischer Text).
Deutsche Übersetzung: Panegyrikus: Lobrede auf den Kaiser Trajan. Herausgegeben, eingeleitet und übersetzt von Werner Kühn. 2. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-534-20997-2. - Plinius der Jüngere: Epistulae (lateinischer Text).
Deutsche Übersetzung: Briefe. Lateinisch-deutsch. Herausgegeben von Helmut Kasten. 7. Auflage. Artemis und Winkler, Zürich 1995, ISBN 3-7608-1577-4.
Literatur
- Julian Bennett: Trajan. Optimus Princeps. A Life And Times. 2. Auflage. Routledge, London 2001, ISBN 0-415-16524-5. (Studie, die anhand von Trajans Leben auch in die politischen Strukturen der Zeit einführt und die zeitgenössischen Quellen behandelt, allerdings wegen ihrer zahlreichen sachlichen Fehler nur bedingt verlässlich ist.[2])
- Werner Eck: Trajan. 98–117. In: Manfred Clauss (Hrsg.): Die römischen Kaiser. C. H. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42727-8, S. 111–124.
- Martin Fell: Optimus princeps? Anspruch und Wirklichkeit der imperialen Programmatik Kaiser Traians. 2. Auflage. Tuduv, München 2001, ISBN 3-88073-586-7.
- Frank A. Lepper: Trajan’s Parthian war. University Press, Oxford 1948.
- Annette Nünnerich-Asmus (Hrsg.): Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit?. Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2780-3 (Rezension).
- Christian Ronning: Herrscherpanegyrik unter Trajan und Konstantin. Studien zur symbolischen Kommunikation in der römischen Kaiserzeit. Tübingen 2007, ISBN 3-16-149212-9. (Rezension)
- Egon Schallmayer (Hrsg.): Traian in Germanien, Traian im Reich. Bericht des Dritten Saalburgkolloquiums. Saalburgmuseum, Bad Homburg v. d. h. 1999, ISBN 3-931267-04-0 (Saalburg-Schriften 5).
- Gunnar Seelentag: Taten und Tugenden Traians. Herrschaftsdarstellung im Principat. Steiner, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08539-4 (ausgezeichnet mit dem Bruno-Snell-Preis).
- Karl Strobel: Untersuchungen zu den Dakerkriegen Trajans. Studien zur Geschichte des mittleren und unteren Donauraumes in der Hohen Kaiserzeit. Habelt, Bonn 1984, ISBN 3-7749-2021-4 (Antiquitas, Reihe 1, 33).
Weblinks
- Literatur von und über Trajan im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Klaus-Gunther Wesseling: Trajan. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Herbert W. Benario: Fachwissenschaftliche Kurzbiografie (englisch) aus De Imperatoribus Romanis (inkl. Literaturangaben).
- How did Trajan succeed in subduing Parthia where Mark Antony failed? aus The Ancient History Bulletin, 4/2 (1990), S. 37–43
- Wolfgang Beinert: Das Trajanische Alphabet der Trajansäule zu Rom
Anmerkungen
- ↑ Zu dem gesamten Phänomen siehe Angela Kühnen: Die imitatio Alexandri in der römischen Politik (1. Jh. v.Chr. - 3. Jh. n.Chr.). Rhema, Münster 2008, ISBN 978-3-930454-73-0, S. 165–172.
- ↑ Rezension der 1. Auflage 1997 von Werner Eck, in: Scripta Classica Israelitica 17, 1998, S. 231–234.
Vorgänger
Römischer Kaiser Nachfolger
Personendaten NAME Trajan ALTERNATIVNAMEN Traianus, Marcus Ulpius; Ulpius Traianus, Marcus; Traianus Augustus, Imperator Caesar Nerva KURZBESCHREIBUNG römischer Kaiser von Januar 98 bis August 117 GEBURTSDATUM 18. September 53 GEBURTSORT Italica STERBEDATUM 8. August 117 STERBEORT Selinus (Kilikien) - Cassius Dio: Römische Geschichte. Buch 68 (nur in Auszügen erhalten; englische Übersetzung).
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