Margrete I.

Margrete I.
Abbild auf Margarethes Sarg (1423)

Margarethe I. (dän. Margrete I., * 1353 auf Schloss Søborg, † 28. Oktober 1412 in Flensburg) war Herrscherin von Dänemark, Norwegen und Schweden, Begründerin des skandinavischen Reichsverbundes der Kalmarer Union (13971527).

Margarethe I. spielt in der Geschichtsschreibung aller skandinavischen Nationen eine zentrale Rolle. Sie gilt als eine der bedeutendsten Personen, die im Mittelalter politische Macht innehatten. Gleichzeitig zählt sie zu den großen Frauen der Weltgeschichte.

Ihr Lebensziel war die Vereinigung aller nordeuropäischen Staaten unter einem Dach und ihrer Herrschaft. Zwar waren die gekrönten Könige im Skandinavien ihrer Zeit zuerst ihr minderjähriger Sohn Olav (1370–1387) und, nach dessen frühem Tod, ihr ebenfalls minderjähriger Großneffe Erich von Pommern (1382–1459), der nach ihrem Tod ein Riesenreich erbte. Sie aber war seit dem Tod ihres Vaters Waldemar (1320–1375) die wahre Herrscherin Dänemarks, nach dem Tod ihres Mannes Håkon († 1380) diejenige Norwegens (mit seinen Besitzungen im Nordatlantik) und nach einem erfolgreichen Feldzug auch die Schwedens.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Margarethe war die jüngste Tochter des dänischen Königs Waldemar IV. Atterdag und seiner Frau Helvig, der Tochter des Herzogs Erich II. von Schleswig.

Im April 1363 wurde sie – als Zehnjährige – mit dem norwegischen König Håkon VI. Magnusson verheiratet, einem Sohn des schwedischen Königs Magnus II. Eriksson (1316–1374). Dieser war also König von Norwegen und Schweden. Ihre Erzieherin war Merete Ulvsdatter, die Tochter der Heiligen Birgitta von Schweden. Ihr erstes und einziges Kind bekam sie 1370 mit 17 Jahren mitten in einer Pestepidemie, die Oslo und Umgebung, wo sie sich aufhielt, heimsuchte.

1375 starb ihr Vater Waldemar überraschend im Alter von 55 Jahren. Sie war zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre alt. Waldemar hatte mit Hilfe seines getreuen Drosten Henning Podebusk die Stellung des dänischen Königshauses während seiner Regentschaft weit nach vorne gebracht. Es gab aber seit dem Tod ihres Bruders, des Kronprinzen Christoffer, 1363, keinen direkten männlichen Erben für den dänischen Thron.

Margarethe setzte das Regierungsprogramm ihres Vaters fort und übernahm auch seine Methode, alle Schlüsselstellungen mit loyalen Gefolgsleuten zu besetzen, wobei ihr zugute kam, dass schon ihr Vater alle kirchlichen Schlüsselpositionen mit Gefolgsleuten und Parteigängern besetzt und ein gutes Verhältnis zur Kirche aufgebaut hatte.

Margarethe konnte, unterstützt von Henning Podebusk, durchsetzen, dass ihr damals erst fünfjähriger Sohn Olav Håkonson König von Dänemark wurde. Zusammen mit dem dänischen Reichsrat übte sie für ihn die Regentschaft aus. Sie erhielt aber nicht den Titel einer dänischen Königin, da dieser der Ehefrau eines Königs vorbehalten war. Sie selbst wurde auch nie gekrönt. Daher wurde sie in ihrer Zeit nur Königin von Norwegen und Schweden, auf das ihr Mann Håkon VI. Erbschaftsanspruch erhob, genannt. [1]

Personalunion Dänemark-Norwegen

Siegel von Margarethe I. 1381 und 1403

Nach dem Tod ihres Mannes Håkon 1380 übernahm Margarethe auch die norwegische Regentschaft für den gemeinsamen Sohn Olav. Das Jahr 1380 markiert somit den Beginn der dänisch-norwegischen Personalunion, die bis zum Frieden von Kiel 1814 andauern sollte. Diese Zeit bezeichnete der bekannte norwegische Schriftsteller Henrik Ibsen bitter zurückblickend als die 400-Jahre-Nacht für sein Volk. Ähnliche Einschätzungen finden sich in der nationalen Geschichtsschreibung Grönlands, Islands und der Färöer, für die 1380 ebenfalls ein Eckdatum der eigenen Historie ist. Denn diese Überseebesitzungen Norwegens fielen nun unter die direkte Herrschaft der dänischen Krone und sollten es lange bleiben – mit Auswirkungen bis heute.

Olav starb bereits 1387 im Alter von 17 Jahren. Eine Woche nach dem Tod ihres Sohnes wurde Margarethe in der Domkirche zu Lund vom dänischen Reichsrat als dänische Herrscherin anerkannt. In Dänemark galt zu dieser Zeit das Wahlkönigtum. Man einigte sich also auf Margarethe als Interims-Herrscherin (als Frue og Husbonde og hele rigets Formynder), bis eine Einigung über die (männliche) Nachfolge erzielt werden sollte. Im Februar 1388 folgte der norwegische Reichsrat und wählte sie – trotz des in Norwegen geltenden Erbkönigtums – zu Norges mæktige Frue og rette Husbond.

Kalmarer Union

Siegel von Margarethe I., 1390

Einen Monat später, im März 1388, erwählte sie dann auch der schwedische Reichsrat zur Fullmäktiga Fru och Husbonde. Schwedischer König war zu dieser Zeit Albrecht von Mecklenburg, mit dem der schwedische Reichsrat aber große Probleme hatte. Margarethe begann mit Rückendeckung einflussreicher schwedischer Kreise einen Krieg gegen ihn, aus dem sie im Februar 1389 in Schonen als Siegerin hervorging.

Ausgestattet mit dieser Machtfülle konnte Margarethe selbst bestimmen, wer der künftige König sein sollte. Sie entschied sich für Erich von Pommern (oder: Erik – ca. 1382–1459), den Sohn ihrer Nichte Maria, also ihren einzigen Großneffen, der nach dänischem Recht ihr anerkannter Erbe war. Dieser wurde schon 1388 vom norwegischen Reichsrat als Erbkönig anerkannt, als er noch minderjährig war. In Dänemark und Schweden konnte Margarethe Erich als ihren Wunschkandidaten erst 1396 etablieren.

Es sollte ein symbolischer Akt von großer historischer Tragweite folgen: Am 17. Juni 1397 wurde Erich in Kalmar als König von Dänemark, Norwegen und Schweden zugleich gekrönt - die Gründung der Kalmarer Union. Margarethes Plan zur Vereinigung der drei skandinavischen Staaten zu einem Großreich ging damit auf. Sie erhielt die Generalvollmacht für die Reichsverweserschaft. Die jeweiligen Reichsräte und unterschiedlichen Gesetzesnormen der drei Staaten sollten aber bestehen bleiben.

Tod in Flensburg

Im Oktober 1412 schließlich fuhren Margarethe und Erich nach Flensburg, um sich dort die Gefolgschaft der Flensburger Kaufleute zu sichern. Es war ihre erklärte Politik, das Herzogtum Schleswig fest an das Reich zu binden.

Dort erkrankte Margarethe plötzlich an der Pest und verstarb am 28. Oktober auf einem Schiff im Flensburger Hafen.

Der inzwischen dreißigjährige Erich war nun alleiniger Herrscher des nordischen Großreichs, zu dem auch Schleswig, Holstein, Grönland, Island, die Färöer und die Shetland-Inseln gehörten. Er setzte die Politik seiner Großtante fort, wurde aber 1439 in Dänemark und in den Jahren danach auch in Schweden und Norwegen abgesetzt.

Heutige Spuren Margarethes

Margarethe I. (1884)
Sarkophag von Magarethe (I.) in der Domkirche von Roskilde

Der Sarkophag von Königin Margarethe (I.) kann im Dom zu Roskilde besichtigt werden. Im Gegensatz zu den anderen 37 Königen, die hier bestattet wurden und in Nebenräumen ruhen, befindet er sich am prominentesten Platz des Weltkulturerbes: Mitten vor dem Altar. Den Deckel des Sarkophags ziert eine lebensgroße Figur der großen Herrscherin aus Alabaster. Das originale Grabmal wurde 1423 von dem Lübecker Bildhauer Johannes Junge vollendet (ein verworfenes Bruchstück befindet sich im Lübecker St. Annen-Museum); da jedoch die kleineren Verzierungen beschädigt, im späten 18. Jahrhundert entfernt und erst zwischen 1862 und 1912 ersetzt wurden, ist die Statue das wohl einzige original erhaltene Teil.

In der Stadtgeschichte Flensburgs taucht Margarethe (I.) nicht nur als prominentestes Opfer der Pest von 1412 auf, sondern auch als Bauherrin der historischen Duburg. Diese Burg sollte mit dazu beitragen, die dänische Herrschaft über das Herzogtum Schleswig zu verewigen. Die Duburg existiert nicht mehr. Heute steht dort das einzige dänische Gymnasium außerhalb des Königreichs: die Duborg Skole.

Dass die derzeit amtierende dänische Königin Margrethe II. auch so heißt, ist kein Zufall. Margrethe II. ist die erste Frau auf dem dänischen Thron (der bald nach dem Tod von Margarethe (I.) von Roskilde nach Kopenhagen wanderte) seit der hier behandelten Zeit.

Als am 16. April 2004 die Prinzessin Ingrid Alexandra von Norwegen getauft wurde, wurde auch auf Margarethe verwiesen. Ingrid Alexandra wird einmal die erste weibliche Regentin seit Margarethe auf dem norwegischen Thron sein.

Fußnoten

  1. Haug S. 41.

Literatur

  • Robert Bohn: Dänische Geschichte. Beck, München 2001, ISBN 3-406-44762-7
  • Vivian Etting: Queen Margrethe I (1353–1412) and the Founding of the Nordic Union, Brill, Leiden 2004, ISBN 90-04-13652-5 (englische Ausgabe) [1]
  • Eldbjørn Haug: Margrete. Den siste Dronning i Sverreætten. Oslo 2000. ISBN 82-02-17642-5
  • Helleberg, Maria: "Die Winterkönigin". ISBN 3-7466-1818-5

Weblinks


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