Marines Eis

Marines Eis
Kennzahlen zu Quantifizierung von Meereis
Bildung von Neueis (Nilas) in der arktischen Baffin Bay
Grundeis bei Cape Armitage an der Südspitze der Ross-Insel unter dem Meereis des antarktischen McMurdo-Sunds

Als Meereis bezeichnet man das gefrorene Meerwasser der polaren Ozeane. Es bedeckt im Jahresmittel etwa 6,5 Prozent (entspricht einer Fläche von 22,5 Millionen km2) der Weltmeere und spielt eine entscheidende Rolle im Klimasystem der Erde.

Das zumeist von Schnee bedeckte Meereis zeichnet sich durch ein sehr hohes Rückstrahlvermögen (Albedo) von Sonnenlicht aus. Von dem eisfreien Ozean wird ein Großteil der kurzwelligen Strahlung absorbiert, über dem Meereis hingegen reflektiert.

Diese sich selbst verstärkende Rückkopplung, der Eis-Albedo-Feedback Effekt, beeinflusst ganz wesentlich die Strahlungsbilanz.

Das Salz des Meerwassers (etwa 35 Promille Salzgehalt) wird beim Eiswachstum nicht in das Kristallgitter des Eises eingebaut, sondern teilweise in den Ozean abgegeben und teilweise in Form von Soletaschen gespeichert. Der Salzgehalt des Meereises beträgt nur etwa drei bis fünf Promille. (Siehe hierzu auch: Meereisblume)

Beim Eiswachstum wird somit die Salinität (der Salzgehalt) (und die Dichte) des Ozeans erhöht, was zur Destabilisierung der Dichteschichtung und Konvektion (thermohaline Zirkulation) führen kann. Die thermohaline Zirkulation ist elementar für die Tiefenwasserbildung und damit für die gesamte Ozeanzirkulation.

Das Schmelzen des Meereises bewirkt hingegen einen Eintrag von Süßwasser in die oberen Ozeanschichten, was die Schichtung stabilisiert und Konvektion entgegenwirkt.

Die Eisbewegung, durch Wind und Ozeanströmungen angetrieben, geht mit einem Transport von Süßwasser und negativer latenter Wärme einher. Meereis behindert den Austausch von latenter und sensibler Wärme zwischen Ozean und Atmosphäre. Schon eine dünne Meereisdecke unterbindet den Wärmefluss fast vollständig. Dort wo die Eisdecke nicht vollständig geschlossen ist, kann die Wärmeleistung mehrere hundert Watt pro Quadratmeter annehmen.

Die Fernerkundung mit Satellitensensoren im Mikrowellenbereich ist die einzige Möglichkeit, globale Informationen über die Meereisbedeckung zu erlangen, und dies nahezu unabhängig von Licht und Wolkenbedeckung. Seit 30 Jahren wird das Meereis mit passiven Mikrowellensensoren von Satelliten aus vermessen. Zur Verifizierung der Satellitendaten werden Eischollen auch direkt vermessen. Man verwendet hierzu vom Schiff oder von Hand geschleppte Sensoren, Eisbohrungen und einen Zollstock. Mit wenigen Parametern lässt sich eine Eisscholle im Detail beschreiben (Eisdicke, Tiefgang, Freibord, Tiefe der Schmelzwassertümpel, Dicke der Schneeauflage).

Inhaltsverzeichnis

Meereisbedeckung in den Nordmeeren

Jahreszeitlicher Wechsel der Eisausdehnung im Nordpolarmeer zwischen März (Maximum) und September (Minimum)

In den letzten 150 Jahren ist das Eis im nördlichen europäischen Polarmeer ab 75° N um knapp 30 % zurückgegangen. Es spielen sowohl Meeresströmungen und Meeresoberflächentemperatur als auch atmosphärische Effekte eine Rolle bei Veränderungen in der Eisausdehnung.

Die Meereisausdehnung im April wurde über einen Zeitraum von 1850-2001 mit Hilfe von norwegischen Eiskarten und sowjetischen, norwegischen und amerikanischen Aufklärungsflügen sowie Satellitendaten ab 1966 beobachtet.

Seit 1920 gab es für das hier gegebene Gebiet einen Rückgang der Eisausdehnung von etwa 10 % für den April und etwa 40 % für den August. Zur gleichen Zeit stieg die Temperatur auf Spitzbergen um rund 3 °C im Frühjahr und rund 1 °C im Winter. Es gibt einen Gesamtrückgang des Meereises von etwa 30 % der Fläche. In der Barentssee verschwindet das Meereis im Sommer fast ganz.

Die Nordatlantische Oszillation bestimmt dabei sehr stark die Veränderung der Eisausdehnung. Das europäische Nordmeer wird dabei häufig von meist nordostwärts ziehenden Tiefdruckgebieten beeinflusst, während die Labradorsee eher von Nordwinden beeinflusst wird.

Atmosphärische und ozeanische Effekte beeinflussen das Gebiet gemeinsam. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts und in den 1960er Jahren wurde ein Zuwachs der Eisausdehnung mit einem Rückgang der gemittelten Wintertemperatur von rund 9 °C und einem Rückgang der Oberflächentemperatur von etwa 3 °C auf Spitzbergen beobachtet. Seit Mitte der 1960er Jahren geht die Meereisausdehnung im europäischen Nordmeer zurück. In der Labradorsee wächst die Eisausdehnung dagegen. Im Jahre 2005 wurde auf Spitzbergen das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gemessen. Der Nordatlantikstrom bringt warme Wassermassen in Richtung Nordosten. Insgesamt ist die Meeresoberflächentemperatur in den letzten 150 Jahren um etwa 1 °C gestiegen. Die Eisausdehnung ist in großem Maße abhängig von einer Erwärmung des Meeresoberflächenwassers. Treten atmosphärische und ozeanische Effekte gleichzeitig auf, führt das zu einem noch größeren Rückgang oder Zuwachs der Eisausdehnung.

Siehe auch Arktische Eiskappe.

Meereis in der Antarktis während der letzten Eiszeit

Während der letzten Eiszeit (ca. 20.000 Jahre vor heute) war die Meereisausdehnung in der Antarktis um 70 bis 100% größer als heute. Dadurch hatten ebenfalls die ozeanische Zirkulation und Temperaturgradienten im südlichen Ozean eine andere Ausprägung.

Methoden

Winter-Meereisausdehnung in der Antarktis heute (grau-weißer Bereich) und vor ca. 21.000 Jahren (rote Linie) zur Zeit des letzten glazialen Maximums.

Diatomeen (Kieselalgen), Radiolarien (Strahlentierchen) und planktischen Foraminiferen (Kammerlinge) sind einzellige Tiere. Aus der Verteilung ihrer sedimentierten Siliziumdioxid-Einlagerungen am Ozeanboden kann die Sommer-Oberflächentemperatur und die Winter- und Sommer-Meereisausdehnung bestimmt werden. Dazu werden Sedimentbohrkerne vom Ozeanboden ausgewertet, die eine Zeitreihe bis zurück zum Maximum der letzten Eiszeit (23000 bis 19000 Jahre vor heute) und darüber hinaus ermöglichen. Das Alter einzelner Sedimentschichten in den Sedimentbohrkernen wird mit Hilfe von Radiokohlenstoffdatierung (14C-Datierung) und Sauerstoff-Isotopenverhältnissen bestimmt.

Durch Bestimmung der Dichte der jetzt sedimentierten Radiolarien- und Diatomeen-Siliziumreste im Bohrkern kann die Meeresoberflächentemperatur bestimmt werden. Aus der Diatomeenverbreitung in verschiedenen Sedimentbohrkernen in meridionaler Richtung wird die Meereisausdehnung bestimmt. Unterhalb des Meereises leben weniger Diatomeen, daher ist in meereisbedeckten Gebieten die Diatomeenhäufigkeit geringer. Einige Spezies (z.B. Frgilariopsis obliquecostata) kommen nur bei sehr kalten Wassertemperaturen (<-1°C) vor und ihr Vorkommen markiert damit die minimale Sommer-Meereisausdehnung.

Vergleich zu heute

Temperatur der Meeresoberfläche im Sommer der letzten 30.000 Jahre im Südatlantik bei 44°9'S/14°14'W. Diese Daten wurden mit Hilfe von versteinerten Diatomeen in einem Sedimentbohrkern gewonnen.

Zum Maximum der letzten Eiszeit war in der Antarktis die Winter-Meereisausdehnung um 70 % bis 100 % (etwa 39 · 106 km²) größer als heute (19 · 106 km²). Ebenso war der antarktische Zirkumpolarstrom um etwa 5°-7° Breite nach Norden verschoben, so dass er sich bis in die heutige Polarfrontzone ausdehnte. Unter anderem daraus resultierte, dass die Sommer-Oberflächentemperatur des Meeres in der antarktischen Zone im Atlantischen-Sektor bei 1 °C und im indischen und pazifischen Sektor bei 2 °C lag. Diese Werte liegen etwa 3-4 °C unter den aktuellen Werten.

Da aber die südliche subtropische Front im Ozean nur wenig nordwärts gewandert ist, führte dies zu einem verstärkten thermischen Gradienten im südlichen Ozean. Dadurch war der zonale Wassertransport im Vergleich zu heute schneller und auch atmosphärische Zirkulationsmuster, wie zum Beispiel die Westwinde, waren nach Norden verschoben.

Des Weiteren führt die Nordverschiebung des antarktischen Zirkumpolarstroms zu einer Abschwächung des Kaltwassertransports durch die Drakestraße zwischen Südamerika und der antarktischen Halbinsel in den Atlantik. Ein Teil des Kaltwassers wurde an der Westküste Südamerikas nach Norden abgelenkt. Der Import von warmem, salzhaltigem Wasser aus dem Indischen in den Atlantischen Ozean südlich von Afrika wurde hingegen nicht blockiert aber abgeschwächt. Durch diese beiden gegenläufigen Effekte von blockiertem Kaltwasserimport und wenig verändertem Warmwasserimport in den südlichen Atlantik wurde der südliche subtropische Wirbel im Vergleich zu heute nur wenig abgekühlt. Daraus resultierte ein starker Temperaturgradient im südlichen Atlantik zwischen Subtropen und südlichen Polargebieten.

Meereis blockiert den Austausch von Kohlendioxid zwischen Atmosphäre und Ozean. Die vergrößerte Winter-Meereisfläche könnte dabei, zusammen mit den kälteren Oberflächenwassertemperaturen, eine wichtige Rolle für die CO2>-Veränderung seit der letzten Eiszeit gespielt haben.

Die Sommer-Ausdehnung des Meereises während des letzten glazialen Maximums lässt keine sicheren Rekonstruktionen zu. Sie könnte nach neueren Studien gelegentlich bis zur jetzigen Winter-Meereisausdehnung gereicht haben. Das geringe Vorkommen der Eisindikator-Diatomeen Frgilariopsis obliquecostata ließe aber auch eine Sommer-Meereisausdehnung zu, die nicht wesentlich größer als die zur Zeit vorherrschende ist. In den Jahrtausenden davor (etwa 29.000 bis 23.000) war die Sommer-Ausdehnung aber weitaus größer. Insgesamt ist der Unterschied der Sommermeereisausdehnung (5 bis 6 · 106 km²) im Vergleich zu heute (3 · 106 km²) geringer als bei der Wintermeereisausdehnung. Dies lässt auf eine verstärkte Seasonalität während der letzten Eiszeit schließen.

Literatur

  • Shapiro, I. et al.: April sea ice extent in the Barents Sea, 1850–2001. In: Polar Research. 55, 2003, S. 5-10. 
  • T. Vinje: Anomalies and Trends of Sea-Ice Extent and Atmospheric Circulation in the Nordic Seas during the Period, 1864-1998. American Meteorological Society, 2001. 
  • Gersonde et al.: Last glacial sea surface temperatures and sea-ice extent in the Southern Ocean (Atlantic-Indian sector): A multiproxy approach. In: Paleoceanography. 18, Nr. 3, 2003, S. 1061 (doi:10.1029/2002PA000809). 
  • Gersonde et al.: Sea-surface temperature and sea ice distribution of the southern Ocean at the EPILOG Last Glacial Maximum – a circum-Antarctic view based on siliceous microfossil records. In: Quaternary Science Reviews. 24, 2005, S. 869-896 (doi:10.1016/j.quascirev.2004.07.015). 

Siehe auch

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Index alphabétique maritime — Projet:Maritime/Index Projet maritime Bistro du port Participants Actualités   Agenda Outils À faire …   Wikipédia en Français

  • Battles of Lexington and Concord — Battle of Lexington redirects here. For the American Civil War battles, see First Battle of Lexington and Second Battle of Lexington. Battles of Lexington and Concord …   Wikipedia

  • Liste der Episoden von Navy CIS — Diese Liste der Episoden von Navy CIS enthält alle Episoden der US amerikanischen Dramaserie Navy CIS, sortiert nach der US amerikanischen Erstausstrahlung. Die Fernsehserie umfasst derzeit neun Staffeln mit 195 Episoden. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Guam — This article is about the United States island territory of Guam. For GUAM, an eastern European international organization, see GUAM Organization for Democracy and Economic Development. Guam Guåhan …   Wikipedia

  • Assistant Secretary of the Navy (Research, Development and Acquisitions) — United States Assistant Secretary of the Navy (Research, Development and Acquisition) Incumbent: Sean Stackley since: July 28, 2008[1] …   Wikipedia

  • Fort Monmouth — is an installation of the Department of the Army in Monmouth County, New Jersey. The post is surrounded by the communities of Eatontown, Tinton Falls and Oceanport, New Jersey, and is located about one mile from the Atlantic Ocean. The post… …   Wikipedia

  • Liste der Navy-CIS-Episoden — Diese Liste der Navy CIS Episoden enthält alle Episoden der US Amerikanischen Fernsehserie Navy CIS, sortiert nach der US amerikanischen Erstausstrahlung. Navy CIS umfasst derzeit 6 Staffeln mit 134 Episoden. Inhaltsverzeichnis 1 Backdoor Pilot 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Pankration — Infobox martial art logo = logocaption = logosize = imagecaption = The Wrestlers , a reproduction of a 3rd century bronze statue, from the Uffizi, Florence, Italy. imagesize = name = Pankration aka = focus = Mixed hardness = Full Contact country …   Wikipedia

  • Navy/Marine Corps Intranet — The Navy/Marine Corps Intranet (NMCI) is a United States Department of the Navy outsourcing program, in which an outside contractor provides a vast majority of information technology services for the entire Department, including the United States …   Wikipedia

  • New Bedford Regional Airport — IATA: EWB – ICAO: KEWB – FAA LID: EWB Summary Airport type Public Owner City of New Bedford …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”