Marko Mrnjavčević

Marko Mrnjavčević

Marko Kraljević ("Königssohn Marko"), seltener auch Marko Mrnjavčević (* um 1335; † 1394 (1395?) in Rovine) war ein serbischer König (1371-1395) und Held der südslawischen Volkspoesie.

Inhaltsverzeichnis

Historische Person

Markos Ländereien

Über die historische Person Markos ist aufgrund von spärlichen Quellen wenig bekannt. Marko war der älteste Sohn des serb. Königs (gr. krales) Vukašin Mrnjavčević und der Anca, einer rumänischen Adeligen. Er begleitete seinen Vater 1361 nach Dubrovnik auf eine diplomatische Mission. Eine Notiz aus 1371 erwähnt ihn in Zusammenhang mit einem Angriff auf den benachbarten Župan Nikola Altomanović.

Markos Vater Vukašin führte als Koregent des serbischen Zaren Uroš den Königs-Titel krales. Da Uroš kinderlos war, setzte Vukašin seinen eigenen Sohn Marko zum Erben des Königsamtes ein. Mit dem Tod Uroš' erlosch die Dynastie der Nemanjiden. Unter den verbliebenen serbischen Herrschern entbrannte ein Streit um die Nachfolge. Die Mrnjavčevićs, die sich als legitime Nachfolger Uroš' erachteten, besaßen weite Teile des heutigen Mazedonien. Nördlich von ihnen breiteten sich Knez Lazar Hrebeljanović und sein Schwiegersohn Vuk Branković aus, im Süden herrschte Dušans Halbbruder Simeon Uroš über die griechischen Gebiete des serbischen Reiches.

Nach dem Tode Vukašins und Uglješas bei der Schlacht an der Maritza 1371 scheint sich Marko zum König gekrönt zu haben, was jedoch nur auf Münzen und Portraitaufschriften bezeugt ist. Gleichzeitig musste er erhebliche Gebietsverluste an seine Nachbarn hinnehmen: Die Balšićs nahmen ihm Prizren, Vuk Branković Skopje, seine Besitzungen im Pindus wurden ihm von albanesischen Häuptlingen strittig gemacht; vermutlich blieb ihm zuletzt nur noch Westmakedonien um Prilep. Wie seine Nachbarn Johannes und Konstantin Dragaš anerkannte er die Oberhoheit des Sultans.

Marko war mit Helena, der Tochter des Woiwoden Radoslav Hlapen verheiratet. Zu seinen Stiftungen zählen das Erzengelkloster in Prilep und das Demetrioskloster in Sušica bei Skopje.

Marko fiel 1395 in der Schlacht von Rovine als osmanischer Vasall im Kampf gegen den wallachischen Wojwoden Mircea den Alten. Sein Territorium wurde nach seinem Tod von den Osmanen annektiert.

Von Markos Geschwistern sind seine Brüder Andrijaš, Dimitar und Ivaniš bekannt, sowie eine Schwester namens Olivera, die mit Georg Balšić verheiratet war. Andrijaš und Dimitar erschienen nach dem Tode Markos in Dubrovnik, wo sie eine größere Geldsumme behoben; sie zogen anschließend nach Ungarn und traten dort in die Dienste des Königs. Ivaniš dürfte 1385 gemeinsam mit Balša II. Balsić in der Schlacht am Voiussa-Fluss gegen die Osmanen gefallen sein.

Epenheld

Kraljević Marko ist eine zentrale Figur in der südslawischen Volkspoesie. Es ist unklar, warum gerade die historisch wenig bedeutende Person Markos zum Gegenstand derartiger Verehrung wurde. Einer in Serbien unpopulären und wenig bekannten Theorie zufolge hatten die Osmanen die Epen um Marko gefördert bzw. verfälscht, um die Betonung der Loyalität zum Osmanischen Reich zu unterstreichen, da Marko in den Epen der größte Held aller Zeiten ist, der alleine ganze Armeen schlägt, aber dazu verdammt ist, dem türkischen Sultan zu dienen, was Marko mit einer gewissen Ironie und Gleichgültigkeit hinnimmt (er wehrt sich nicht gegen dieses Schicksal, obwohl er eigentlich das gesamte Osmanische Reich besiegen und sein Volk befreien könnte). Andere weisen darauf hin, das der Name Königssohn Marko zu prägend war und damit andere epische Personen wie Miloš Vojinović vor der Türkenära oder Stefan Lazarević aufgesogen hatte, deren Namen die einfache Bevölkerung weniger ansprachen. Und andere meinen, dass der epische Marko einfach einen Unterhaltungscharakter hatte, in dem sich die Menschen jener Zeit, unter der osmanischen Herrschaft, wiederfanden und mit ihm identifizieren konnten, frei nach dem Motto: „Mit Miloš (Miloš Obilić, der den Sultan Murad I. auf der Amselfeldschlacht getötet haben soll und in serbischen Epen als der edelste und größte Ritter gilt) überlebt man, mit Marko aber lebt man“. Der edle Miloš opfert sich, doch Marko muss weiter (oder möchte lieber) leben. Zwar wünscht sich auch Marko in die Reihen Miloš' und des Fürsten Lazar zu gelangen, aber irgendetwas kommt immer dazwischen. Es ist dieser Humor der Besiegten, welcher Marko in den Epen seine Ausstrahlung verleiht[1].

In der Vita des Despoten Stefan Lazarević beklagt Marko vor der Schlacht von Rovine seine Lage als christlicher Vasall des Sultans und wünscht sich, als einer der ersten in der Schlacht zu fallen, wenn damit der Sieg der Christen gesichert wäre. Bereits in der Musachi-Chronik trägt er legendäre Züge. In einem 1555 von Petar Hektorović aufgezeichneten Gedicht erschlägt er seinen Bruder Andrijaš wegen eines edlen Pferdes, das er als Beute behält.

Die Dichtung des 19. Jahrhunderts beschreibt Marko als Beschützer der Entrechteten und Unterdrückten, der an den Türken Rache übt. Gelegentlich zettelt er Streit an, ist dabei jedoch meist gerecht und lässt sich in seinem Urteil „weder von Vater noch von Onkeln“ beeinflussen (serb. ni po babu ni po stričevima).

Dagegen lässt die Tradition des 17. Jahrhunderts Markos Vater und Onkel, Vukašin und Uglješa, in einem wenig vorteilhaften Licht erscheinen. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass die Mrnjavčevićs in Konflikt mit den höfischen Strukturen der serb. Kaiserzeit standen: Sie galten als Emporkömmlinge, und nicht alle gönnten ihnen den Anspruch, die Nemanjiden zu beerben, vor allem nicht Knez Lazar Hrebeljanović, der im Unterschied zu den anderen Fürsten auf die Unterstützung der serbischen Kirche zählen konnte.

In den epischen Dichtungen vereinigt Marko verschiedene Charaktere, die oftmals sehr kontradiktär sind. Das spricht dafür, dass den Dichtungen und Volksliedern verschiedene Vorlagen und Quellen zugrunde lagen. Er kann einerseits sehr brutal und unberechenbar sein, der selbst Unschuldige oder Menschen angreift, die ihn lieben oder ihm helfen, sie verletzt oder gar tötet; dann wieder trägt er Züge eines Helden, der an der Ungerechtigkeit in der Welt verzweifelt. Er handelt irrational und äußerst grausam, wenn er der jungen und schönen Schwester seines guten Freundes, des Hauptmanns Leka, die Hände abhackt und Augen aussticht, um dessen Hand er zuvor geworben hatte und sie ihn aber mit Spott ablehnt, oder wenn er die Mohrenprinzessin tötet, die ihn liebt und ihn aus der Gefangenschaft befreit. Dann wieder ist er ein Ideal an Gerechtigkeit, wenn er den Armen hilft und die Reichen ablehnt, die „Brautsteuer“ der schwarzen Araber abschafft, oder seinem Vater die Zarenkrone nicht anerkennt (weswegen er vom Vater verflucht wird, den Türken zu dienen). Für seine Gerechtigkeit ist er dann bei Christen und Nichtchristen gleich geachtet. Marko hat Freunde und Blutsbrüder unter vielen Völkern. Er ist der Auserwählte der Feen, denen er seine übermenschliche Stärke verdankt und auf dessen Hilfe er mitunter angewiesen ist. Marko liebt Tiere, er kann mit Tieren reden, ebenso eine Gabe der Feen. Einmal führt er ein monastisches Leben, dann ist er wild und unbeherrscht. Er ist Gottesfürchtig, dann jedoch ein Säufer und Trinker, der Streit anfängt - Marko ist dann bekannt für seine Streitlust - und in dem immer jemand umkommt. Um sein Aussehen wissen die Epen, dass er groß gewachsen ist wie sonst niemand, und er ist stark, dass er im Kampf niemals eine Rüstung braucht. Er trägt sein volles Haar lang und wild, und als Waffe bedient er sich vorwiegend eines Streitkolbens. Sein treuester Gefährte ist wohl sein Pferd Šarac (anders als andere Könige oder Helden hat er keinen weißen Schimmel oder schwarzen Hengst, sondern ein geflecktes Pferd), mit dem er sich verständigen kann und über Tage lang philosophische Gespräche zu führen pflegt. So begleiten Marko in den Epen zwei Charakterzüge im Groben: Auf der einen Seite ist das christliche, zivilisierte, auf der anderes Seite das archaische, wilde. Sein widersprüchlicher Charakter lässt entsprechend auch verschiedene Interpretationen offen.

Ivan Mestrović schuf im Rahmen seines Kosovo-Zyklus eine Skulptur von Kraljevic Marko samt Schlachtross.

Einzelnachweise

  1. Rajko Petrov Nogo: Oj darovi, ti, Kosovo ravno. Podgorica, Belgrad, 1999.

Quellen

  • F. Kämpfer: Marko Kraljević. In: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, III, 103-105.

Literatur

  • Gerhard Gesemann: Heroische Lebensform. Zur Literatur und Wesenskunde der balkanischen Patriarchalität. Berlin 1943.
  • Marko Kraljević – eine Identifikationsfigur der Südslawen. In: Gabriella Schubert und Wolfgang Dahmen (Hrsg.): Bilder vom Eigenen und Fremden aus dem Donau-Balkan-Raum. Analysen literarischer und anderer Texte. München 2003, 101–120.

Weblinks


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