Marmarosa

Marmarosa

Dodo Marmarosa (eigentlich Michael Marmorosa, * 12. Dezember 1925 in Pittsburgh/Pennsylvania; † 17. Dezember 2002 ebd.) war ein US-amerikanischer Jazz-Pianist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Marmarosa war ein musikalisches Wunderkind und hatte eine klassische Klavierausbildung, bevor er zum Jazz wechselte. Seinen Spitznamen Dodo bekam er schon als Kind wegen seines relativ großen Kopfes. Jazz brachte er sich nebenbei zusammen mit seinem Schulkameraden Erroll Garner bei. Er debütierte im Alter von fünfzehn Jahren als Mitglied des Johnny 'Scat' Davis Orchestra. 1942 und 1943 arbeitete er mit Gene Krupa und Charlie Barnet, mit dessen Band er seine ersten Aufnahmen einspielte. Hier traf er auch erstmals auf Dizzy Gillespie und Charlie "Bird" Parker, zentrale Vertreter des Bebop. Seine in klassischer Musik geschulte Virtuosität[1] kam ihm bei den schnellen Bebop Stücken sehr zu statten.

Ab 1944 trat er mit Tommy Dorsey und Artie Shaw[2] auf und nahm mit Lester Young auf. Er spielte auch ab 1945 bei Boyd Raeburn (u.a. in dessen Boyd Raeburn meets Strawinsky) und Lucky Thompson. Wie Barney Kessel ging dann nach Los Angeles, wo er als gefragter Studiomusiker arbeitete und mit Parker, Lester Young, Teddy Edwards, Howard McGhee, Lionel Hampton und Wardell Gray spielte, u.a. auf den bekannten Dial Sessions von 1946/7 mit Parker. Wegen seiner angegriffenen Gesundheit und persönlichen Gründen[3] kehrte er 1948 nach Pittsburgh zu seiner Familie zurück. Er tourte zwar noch 1949 mit Scat Davis und Artie Shaw, spielte 1952 mit den Lighthouse All Stars in Hermosa Beach und 1953 mit Charlie Spivak, verschwand dann aber für den Großteil der 1950er Jahre aus der Jazz-Welt.

Dazwischen lagen eine gescheiterte Ehe und gesundheitliche Probleme. 1954 wurde er in die Armee eingezogen[4]. Weil er dort nicht zurechtkam, wurde er zeitweilig hospitalisiert und mit Elektroschocks behandelt, dann aber in psychisch labilem Zustand entlassen. Er machte danach zunächst keinen Versuch, in die Jazz-Szene zurückzukehren und arbeitete als Hotelpianist. 1956 überredete ihn der Trompeter Danny Conn wieder in Clubs aufzutreten. 1960 blieb er auf dem Weg nach Kalifornien durch eine Autopanne in Chicago hängen, wo er in Clubs spielend wieder auf sich aufmerksam machte. 1962 nahm er in Chicago das Album Dodo's back auf (Argo Records), im selben Jahr spielte er zwei Platten mit Gene Ammons bzw. mit dem Trompeter Bill Hardman ein[5]. Danach trat er noch gelegentlich abwechselnd in Chicago und Pittsburgh auf, zuletzt 1968 in seiner Heimatstadt Pittsburgh. Durchreisende Musiker wie Dave Brubeck, die nach der Bebop-Legende fragten, konnten ihn noch manchmal zu einem Auftritt überreden. Seine letzten Jahre verbrachte er psychisch krank (er hatte einen möglicherweise Parkinson-bedingten Tremor, der aber beim Klavierspiel verschwand) und an Diabetes leidend im VA Medical Center in Lincoln-Lemington (einem Heim für Armee-Veteranen), wo er für Heimbewohner und gelegentliche Besucher an einer Heimorgel spielte.

In den 1990er und 2000er Jahren wurden seine Aufnahmen auf mehreren Alben (Dodos Bounce, 1991; The Chicago Sessions, 1995; Complete 'Dial' Sessions, 1996; Dodo Lives, 1997; Pittsburgh 1958, 1997; A Proper Introduction to Dodo Marmarosa: Dodo's Dance, 2004) teils neu, teils auch erstmals veröffentlicht. Insbesondere in den 1940ern war er aufgrund eines exzellenten Tons und eigenständigen Spiels nach dem Jazz Rough Guide als Pianist hervorragend und ließ "die meisten seiner zeitgenössischen Konkurrenten, leider aber auch sein Spätwerk, blaß aussehen."

Diskographie (Auswahl)

Literatur

  • Fabian Grob zu Dodo Marmorosa, Jazz Podium Januar 2003

Weblinks

Anmerkungen

  1. Ross Russell berichtet in seiner Parker Biographie (Knaur TB, S.202), daß er sich vor Sessions dadurch aufwärmte, dass er Bachs zweistimmige Inventionen im doppelten Tempo spielte
  2. Er spielte u.a. in dessen Gramercy Five. Shaw bezeichnete ihn als besten Pianisten, den er je hatte. Gleichzeitig spricht Shaw aber auch davon, dass Marmorosa etwas von einem vollkommen Unschuldigen hätte, dem er vergeblich die Realitäten des Lebens und speziell des Jazzmusikerberufs näherzubringen versuchte. Zitiert nach Grob, Jazz Podium 2003
  3. Grob, loc. cit., führt u.a. ein mangelndes Selbstbewußtsein an. Unter anderem hielt er seine Hände für zu klein. Ross Russell gelang es zwar, ihn November 1947 zu einer Aufnahme zu überreden, die Session gestaltete sich aber sehr mühselig. Für 5 Titel brauchte er 29 Takes
  4. Bei der Musterung um 1944 war er für untauglich befunden und danach von Matrosen zusammengeschlagen worden, so daß er 24 Stunden im Koma lag
  5. nach den Erinnerungen von Hardman gestalteten sich auch diese Aufnahmen wegen der Introvertiertheit von Marmarosa schwierig. Zitiert bei Grob, loc.cit.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Marmarosa, Michael — ▪ 2003 “Dodo”        American jazz pianist (b. Dec. 12, 1925, Pittsburgh, Pa. d. Sept. 17, 2002, Pittsburgh), was a teenaged musician in top swing bands (Gene Krupa, Charlie Barnet, and Artie Shaw) before he became one of the first pianists to… …   Universalium

  • Dodo Marmarosa — Birth name Michael Marmarosa Born January 12, 1925(1925 01 12) Pittsburgh, Pennsylvania, U.S. Died September 17, 2002(2002 09 17) (aged 77) Pittsburg …   Wikipedia

  • Dodo Marmarosa — (eigentlich Michael Marmorosa, * 12. Dezember 1925 in Pittsburgh, Pennsylvania; † 17. Dezember 2002 ebenda) war ein US amerikanischer Jazz Pianist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Diskographie (Auswahl) …   Deutsch Wikipedia

  • Dodo Marmarosa — Né le 12 décembre 1925 à Pittsburgh, Pennsylvanie, le pianiste et compositeur américain Michael « Dodo » Marmarosa est mort des suites d’une attaque cardiaque le 17 septembre 2002. Biographie À neuf ans, il suit des… …   Wikipédia en Français

  • Dodo Marmorosa — Dodo Marmarosa (eigentlich Michael Marmorosa, * 12. Dezember 1925 in Pittsburgh/Pennsylvania; † 17. Dezember 2002 ebd.) war ein US amerikanischer Jazz Pianist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Diskographie (Auswahl) 3 …   Deutsch Wikipedia

  • The Complete Aladdin Recordings of Lester Young — Lester Young – The Complete Aladdin Sessions of Lester Young Veröffentlichung 1975 Label Blue Note Records/Definitive Records Format(e) LP, CD Genre(s) Jazz Laufzeit 124:55 (CD) …   Deutsch Wikipedia

  • The Complete Aladdin Sessions — of Lester Young Studioalbum von Lester Young Veröffentlichung 1975 Label Blue Note Records …   Deutsch Wikipedia

  • The Jazz Scene — Studioalbum von verschiedenen Künstlern Veröffentlichung 1949 Label Mercury, Clef, Ver …   Deutsch Wikipedia

  • Charlie Parker on Dial — Charlie Parker on Dial: The Complete Sessions Box set by Charlie Parker Released May 26, 1993 (1993 May 26) …   Wikipedia

  • Arvin Garrison — Arvin „Arv“ Garrison (* 17. August 1922 in Toledo (Ohio); † 30. Juli 1960 daselbst) war ein US amerikanischer Jazzgitarrist des Bebop. Er wirkte an den Dial Sessions von Dizzy Gillespie und Charlie Parker im Frühjahr 1946 mit. Inhaltsverzeichnis… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”