Mary Henrietta Kingsley

Mary Henrietta Kingsley
Mary Kingsley.

Mary Henrietta Kingsley (* 13. Oktober 1862 in Islington;† 3. Juni 1900 in Simon’s Town, Südafrika) war eine englische Entdeckerin und Ethnologin mit großem Einfluss auf europäische Ideen über Afrika und die Afrikaner. Sie profilierte sich auch als Reiseschriftstellerin und mit Vorträgen über ihre Erlebnisse. Als erste Europäerin betrat sie abgelegene Teile in West- und Zentralafrika, etwa in Gabun.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ihre häusliche Situation

Mary Kingsley war die Tochter von George Henry Kingsley (selbst Reiseschriftsteller) und von Mary Bailey sowie die Nichte von Charles Kingsley. Ihr Vater war Arzt und arbeitete für den Earl of Pembroke. Der Vater war häufig mit Reichen im Ausland. Ihre Mutter war pflegebedürftig und von Mary wurde erwartet, daheim zu bleiben und sich um die Kranke zu kümmern. Mary hatte nur geringe Schulkenntnisse, der Vater unterrichtete sie zu Hause, wenn er da war. Ihr Bruder indessen erhielt die schulische Erziehung. Mary hatte Zugang zur großen Bibliothek ihres Vaters, was sie ausnutzte, und sie liebte es, Geschichten ihres Vaters über fremde Länder zu hören. Sie eignete sich alles aus den Büchern ihres Vaters über Geografie an und brachte sich selbst Grundwissen in Mathematik und Wissenschaften bei. Ihre Familie zog 1886 nach Cambridge.

Ihr zuletzt ebenfalls von ihr zu umsorgender Vater starb im Februar 1892. Nur sechs Wochen später verschied ihre Mutter. Befreit von familiären Verantwortlichkeiten und mit einem Einkommen von £ 500 im Jahr konnte Mary jetzt ihre Reisesehnsucht stillen. Sie hatte eine Menge über den Schwarzen Kontinent gelesen. Mary entschied sich, Afrika zu besuchen, um Material zu sammeln, das sie brauchte, um ein Buch zu vollenden, das ihr Vater über religiöse Fetische und Eingeborenen-Kultur in Afrika begonnen hatte. Vor ihrem Aufbruch in den Süden frischte sie an der Universität Cambridge Kenntnisse in Soziologie und völkerkundliches Wissen auf. Noch 1892 reiste sie auf die Westafrika vorgelagerten Kanarischen Inseln.

Ihre Reisen nach Afrika

Mary Kingsley startete im August 1893 von England aus mit einem Frachtschiff nach Afrika. Sie segelte darauf die Küste entlang über Freetown in Sierra Leone bis nach Angola. Bei Cabinda, Old Calabar, auf der Insel Fernando Póo und dem unteren Kongo machte sie ihre Beobachtungen. Sie lebte mit Eingeborenen, die ihr notwendige Fähigkeiten für das Überleben in den afrikanischen Dschungeln beibrachten. Nach diesem Training konnte sie unter anderem Kanu fahren und beherrschte das Knoten von Netzen. Häufig begab sie sich allein in gefährliche Gebiete. Als viktorianische Lady in schwarzen Trauerkleidern beeindruckte sie dort die Menschen, die noch nie eine Weiße gesehen hatten. Die Forschungsreisende liebte ihr Leben in Afrika mit all seinen Höhen und Tiefen, seine Landschaften, seine Tiere, seine Menschen. Ihre Route führte sie schließlich nach Nigeria, von wo aus sie im Juni 1894 heimkehrte.

Nach umsichtigen Vorbereitungen für eine zweite Reise und ausgestattet von der Britischen Museumsbehörde mit Sammlerausrüstung brach Mary Kingsley am 23. Dezember 1894 mit der Batanga von Liverpool, England, aus zur nächsten Expedition auf. Über Old Calabar und Gabun kam sie in den französischen Kongo. Sie fuhr erst mit dem Dampfschiff, dann mit dem Kanu den Fluss Ogowe hinauf, wobei sie Exemplare vorher unbekannter Fische sammelte. Von diesem Punkt ihrer Reise an durchquerte sie teilweise von Europäern bislang unbetretenes Land. Sie erlebte eine lange Serie von Abenteuer und Flucht um Haaresbreite, einerseits vor den Gefahren zu Wasser und zu Land, andererseits vor dem Kannibalenstamm der Fang. Sie musste sich mit Mangrovensümpfen, Blutegeln, Flusspferden, Gorillas und Krokodilen herumschlagen.

Nach dem Treffen mit dem Stamme der Fang, die einen Ruf als Wilde und Kannibalen hatten, zog es Mary Kingsley zurück zur Küste, nach Corisco und in die damalige deutsche Kolonie Kamerun. Sie erklomm den 4.070 m (nach anderen Quellen 4.095 m) hohen Kamerunberg, Westafrikas höchsten Gipfel, über eine Route, die kein anderer Europäer je bezwungen hatte. Sie war die erste Frau auf diesem Vulkan. Aus der Kolonie Kamerun trat sie die Heimreise an. Zur Finanzierung ihrer zweiten Reise handelte sie auf ihrer Tour britische Tuche gegen Gummi und Elfenbein.

Die auf ihrer Reise gesammelten Arten von Insekten, Reptilien und Fischen überließ sie dem Britischen Museum.

Vorlesungen und Bücher

Nachrichten von ihren Abenteuern erreichten England. Als sie im Oktober 1895 nach Hause zurückkam, wurde sie daher von Journalisten begrüßt, die begierig waren, sie zu interviewen. Ihr Buch „Travels in West Africa“ stieß einige Monate später auf breites Interesse. Sie war jetzt im Königreich berühmt. In den folgenden drei Jahren bereiste sie das Land und hielt Vorlesungen über das Leben in Afrika, zu seiner Fauna, Flora und Folklore.

Kingsley schrieb zwei Bücher über ihre Erlebnisse: „Travels in West Africa“ (1897) das sofort ein Bestseller war, und „West African Studies“ (1899). Ihre Standpunkte in den Büchern wurden danach lebhaft erörtert, opponierte sie doch gegen die allgemeine europäische Praxis in Afrika und hegte unverhohlen Sympathie für die Eingeborenen. Das war zu jener Zeit kein populärer Standpunkt.

Mary Kingsley brachte die anglikanische Kirche gegen sich auf, als sie Missionare für Versuche kritisierte, Afrikaner für ein Leben nach europäischem Ideal zu ändern. Sie sprach über viele Aspekte des afrikanischen Lebens, die viele Engländer schockierten, einschließlich Polygamie. Sie argumentierte, dass ein "schwarzer Mann nicht mehr ein unterentwickelter weißer Mann ist, als ein Kaninchen ein unterentwickelter Hase ist." Einem Verbot des Trinkens von Alkohol für Afrikaner, wie es Abstinenzler anstrebten, verweigerte sie sich. Sie blieb jedoch ziemlich konservativ in anderen Punkten und unterstützte nicht die Suffragettenbewegung. Sie war gegen den Sklavenhandel und setzte sich für die Rechte der afrikanischen Ureinwohner ein.

Am Ende ihres Lebens

Unerschrocken machte sie Pläne für eine dritte Reise an die Westküste Afrikas, doch änderte sie nach dem Ausbruch des Burenkrieges ihre Planung. Mary Kingsley wandte sich nach Südafrika und bot freiwillig ihre Dienste als Krankenschwester an. Sie starb, keine 38 Jahre alt, an enterischem Fieber in Simonstown bei Kapstadt in einem Kriegsgefangenenlager, wo sie internierte Buren behandelte. In der Stadt war eine Typhusepidemie ausgebrochen. Wie sie es sich gewünscht hatte, erhielt Mary Kingsley eine Seebestattung.

Bedeutung

Die Reisebücher enthalten viele Informationen über die Lebensweise der westafrikanischen Menschen in den 1890er Jahren. Ihre Vorträge trugen zu einem anderen Bild und besserem Verständnis der Afrikaner bei. Sie argumentierte gegen die damals in Europa und Amerika vorherrschende Vorstellung, Neger seien Primitive und dass Europa Afrika zivilisieren müsse. Händler, so glaubte sie, könnten noch am besten die Mentalität der Eingeborenen verstehen

Literatur

  • Hörbuch: Mit Mary Kingsley nach Westafrika (1894). 2000, ISBN 3-89813-111-4
  • Kurt Lütgen: ... die Katzen von Sansibar zählen. Westermann, Braunschweig 1962
  • Mary Kingsley: The Congo and the Cameroons, Great Journeys. Penguin 2007, ISBN 0141025514
  • Shaun McCarthy und Struan Reid: Groundbreakers: Mary Kingsley. Heinemann Library 2003, ISBN 0431104972
  • Michael Davies: It’s Only Me: Mary Kingsley and Health in the Tropics. John Dawes Publications 2005, ISBN 0947685456
  • Meredith Hooper: Mary Kingsley. Cambridge University Press, ISBN 0521476402,
  • Heather Lehr Wagner: Mary Kingsley: Exp O/T Congo. Chelsea House Publishers, ISBN 0791077144
  • Dea Birkett: Mary Kingsley: Imperial Adventuress. Palgrave Macmillan 1992, ISBN 0333489209

Weblinks


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