Matjeshering

Matjeshering
ganze Matjes, frisch aus dem Fass

Matjes sind besonders milde Salzheringe, die durch Enzyme in einer Salzlake gereift sind. Der ursprüngliche Herstellungsprozess wurde bereits im Mittelalter in den Niederlanden entwickelt.

Es werden Heringe verwendet, die Ende Mai/Anfang Juni in der Nordsee vor Dänemark oder Norwegen gefangen werden, bevor ihre Fortpflanzungszeit beginnt. Dann haben sie einen relativ hohen Fettgehalt (über 15 %) und Rogen oder Milch sind noch nicht ausgebildet.

Durch einen Kehlschnitt werden die Kiemen entfernt und der Hering teilweise ausgenommen; Teile des Darms und vor allem die enzymhaltige Bauchspeicheldrüse verbleiben im Fisch. Anschließend werden die Heringe in einer Salzlake für ungefähr fünf Tage eingelegt, traditionell in Eichenfässern. Die Enzyme der Bauchspeicheldrüse fermentieren das Matjesfleisch teilweise, was als Reifung der Matjes verstanden wird. Das ohnehin gut verdauliche Fischeiweiß wird dadurch noch leichter verdaulich.

Bei niederländischen Matjes liegt der Salzgehalt der Lake deutlich niedriger als beim deutschen Loggermatjes, deswegen ist er später auch weit milder im Geschmack.

Zum Schutz vor fischschädigenden Nematoden schreiben die Niederlande eine Tiefkühlung von mindestens –45 °C vor dem Einsalzen vor. Dadurch können Matjes auch unabhängig von der Jahreszeit produziert werden.

Der deutsche Begriff Matjes stammt vom niederländischen Maatjesharing. Dies ist eine Abwandlung von Maagdenharing, was so viel wie Mädchenhering oder Jungfrauenhering bedeutet und sich auf die geschlechtliche Unreife der gefangenen Heringe bezieht.

Inhaltsverzeichnis

Matjesfeste

Die ersten Matjes der neuen Fangsaison werden in den Niederlanden als Nieuwe Haring, Hollandse Nieuwe oder umgangssprachlich knapp als „Nieuwe“ („Neuer“) bezeichnet. Die Versteigerung des ersten Fässchens Hollandse Nieuwe, die Jahr für Jahr am so genannten Vlaggetjesdag (dt. Fähnchentag) in Scheveningen stattfindet, ist ein beliebtes Volksfest, bei dem schon 75.000 Euro (im Jahr 2006) für das Fischtönnchen gezahlt wurden. Der Erlös fließt danach allerdings immer wieder einem guten Zweck zu. Nach einem genossenen Matjeshering, der zumeist einzig mit gehackten Zwiebeln garniert an der Schwanzflosse gehalten und dann senkrecht von oben her in den Mund befördert wird, wird von den Niederländern bevorzugt ein Genever als Digestif nach dem doppelten Fischfilet getrunken.

In Emden in Ostfriesland an der Nordseeküste findet ebenfalls alljährlich ein Matjesfest statt, dieses traditionell im Mai. Dieses Fest, ganz dem Beginn der Matjes-Saison gewidmet, besuchen jährlich Menschen aus ganz Deutschland und Europa.

Glückstadt in Schleswig-Holstein hat durch seinen Hafen und die bis 1976 dort vorhandenen Heringslogger ebenfalls eine lange Matjestradition[1]. Alljährlich, im Juni 2008 zum 41. Mal, gibt es dort die „Glückstädter Matjeswochen“, die traditionell auch von Vertretern der Landesregierung eröffnet werden [2] [3]. Die längste Matjestafel der Welt wurde ebenfalls in Glückstadt aufgestellt.[4]

Zubereitung

Anders als einfache Salzheringe mit einem Salzgehalt von über 20 % brauchen Matjes nicht gewässert zu werden.

Das Abziehen der Haut erfordert einige Übung, man kann aber auf Matjesfilets oder Doppelfilets zurückgreifen. Frischer Matjes ist außen silbrig und innen rosa. Wenn er grau aussieht und tranig riecht, sollte man vom Kauf absehen.

Filetiert und ohne Haut braucht der Matjes keine weitere Zubereitung, man kann ihn gut als kleine Zwischenmahlzeit mit ein paar Zwiebelringen essen.

Zu Matjesgerichten werden in Norddeutschland Pellkartoffeln und grüne Bohnen mit Speckstippe und Zwiebeln gereicht, im Rheinland tendiert man eher zu Bratkartoffeln mit Speck oder Schwarz- bzw. Vollkornbrot als Beilage, beliebt ist auch Matjes nach Hausfrauenart mit einem Dressing aus Sauerrahm, Äpfeln, Dill und Zwiebeln.

Üblich sind aber auch Sahne- oder Joghurtsaucen – und auch hierbei gibt es eine Version (Speckmatjes), der kleine geräucherte Speckstückchen beigemischt werden.

Matjes eignen sich auch gut zu Salaten oder können in Marinaden eingelegt werden.

Handelsformen

In Deutschland wird traditionell gereifter Matjes vielerorts frisch bzw. aufgetaut an der Fischtheke angeboten. Die in Plastikpackungen häufig in Supermärkten angebotenen Matjes sind jedoch immer „nach nordischer Art“ mit Zucker, Salz, Gewürzen und Säuerungsmittel gereift und in Öl eingelegt, was sich erheblich auf den Geschmack und oft auf die Zartheit auswirkt.[5]

Zu unterscheiden ist weiterhin die Handelsbezeichnung Matjes bzw. Matjeshering vom qualitativ weniger wertvollen Hering nach Matjesart. Letzterer wird typischerweise nicht aus dem geschlechtsunreifen Hering produziert, sondern aus normalem Hering, der dann lediglich wie ein Matjes verarbeitet wird.

Literatur

Reinhard Müller: Matjes – ein Hering mit Geschichte, Veröffentlichungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Emden von 1814, Beiträge zur Geschichte der Heringsfischerei, Band 7, Emden 1985.

Quellen und Weblinks

  1. Stern: Glückstadt: Asterix bei den Holsteinern (2006 wurden die ersten Matjes des Jahres nicht in den Niederlanden angeboten)
  2. Pressemitteilung der Landesregierung Schleswig-Holstein
  3. NDR1: Glückstadt lädt zu 40. Matjeswochen ein
  4. Welt-Online: Fisch für's Guinness-Buch: Matjes satt in Glückstadt
  5. Definition verschiedener Reifearten

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