Matteotti

Matteotti

Giacomo Matteotti (* 22. Mai 1885 in Fratta Polesine; † 10. Juni 1924 nahe Rom) war ein italienischer Politiker und Generalsekretär der Partito Socialista Unitario (PSU). Die Ermordung Matteottis durch italienische Faschisten im Jahr 1924 gilt als Beginn der Diktatur Mussolinis.

Matteottis Vater war ein aus der Region Trient stammender Kupferschmied, der zu Wohlstand gekommen war.

Schon während seines Jurastudiums an der Universität von Bologna, trat Matteotti der PSU bei. Innerhalb der Partei war er umstritten, weil er Missstände wie Protektionismus und Arroganz der Funktionäre kritisierte und weil er einen reformistischen statt eines revolutionären Kurses verfolgte. Da er aber ein begabter Agitator war und häufig vor Arbeitern sprach, baute er sich eine tragfähige Anhängerschaft auf. 1919 wurde Matteotti als Abgeordneter für die Region Ferrara in die Camera dei Deputati (einer der zwei parlamentarischen Kammern) gewählt. 1921 und 1924 wurde er wiedergewählt und stieg gleichzeitig zum Generalsekretär der Partei auf. Beunruhigt durch die zunehmenden Aktivitäten der Faschisten hielt er am 30. Mai 1924 eine flammende Rede, um vor der drohenden Gefahr für die Italienische Demokratie zu warnen. Am 10. Juni wurde er daraufhin von sechs Squadristi entführt und ermordet.

Das Verschwinden Matteottis und die Entdeckung seiner Leiche zwei Monate später 23 Kilometer nördlich von Rom führte zu einem deutlichen Stimmungswandel in großen Teilen der Bevölkerung. Die Mehrheit zweifelte nicht daran, dass hinter dem Mord die Faschisten steckten. Mussolinis durchaus vorhandene Popularität erlitt einen Einbruch. Seine politischen Gegner reagierten mit dem Auszug ihrer Abgeordneten aus dem Parlament (siehe Aventinianer).

Erst am 3. Januar 1925 gelang es Mussolini mit einer Rede vor dem Abgeordnetenhaus die Initiative zurück zu gewinnen. Als Führer der Faschistischen Partei übernahm er in ihr die volle "moralische, politische und historische Verantwortung" für den Mord, ohne jedoch eine direkte Verbindung zu erwähnen. Der Aufforderung, ihn für das Verbrechen anzuklagen, kamen seine Gegner aufgrund der Aussichtslosigkeit eines solchen Unterfangens nicht nach.

Die so genannte Matteotti-Krise war ein Wendepunkt in der Politik Mussolinis. Versuchte er vorher noch in einem gewissen Maß mit den parlamentarischen Institutionen zusammenzuarbeiten, setzte er danach auf eine konsequente Unterdrückung der Opposition, Einschränkung der Pressefreiheit und den Aufbau einer Geheimpolizei.

Von den sechs mutmaßlichen Mördern wurden drei im März 1926 zu je fünf Jahren Gefängnis verurteilt, aber bereits nach zwei Monaten von König Viktor Emanuel III. begnadigt. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Verfahren 1947 erneut aufgerollt und die noch lebenden drei Mörder zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt.

Weblinks

Literatur

  • Giacomo Matteotti: Rede vor der Abgeordnetenkammer am 30. Mai 1924, Europäische Verlagsanstalt, ISBN 3-434-50124-X

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