Mauritania

Mauritania
الجمهورية الإسلامية الموريتانية

al-Dschumhūriyya al-islāmiyya al-mūrītāniyya
Islamische Republik Mauretanien

Flagge Mauretaniens
Wappen Mauretaniens
Flagge Wappen
Wahlspruch: « Honneur, Fraternité, Justice »,
شرف، إخاء، عدالة(„scharaf, ichā’, ʿadāla“)
frz. u. arab., „Ehre, Brüderlichkeit, Gerechtigkeit“
Amtssprache Arabisch, und Französisch (de facto)
Hauptstadt Nouakchott
Staatsform Islamische Präsidialrepublik
Regierungsform Militärregierung seit dem 6. August 2008
Staatsoberhaupt Mohamed Ould Abdel Aziz
Regierungschef Moulaye Ould Mohamed Laghdhaf
Fläche 1.030.700 km²
Einwohnerzahl 3.069.000 (2005)
Bevölkerungsdichte 3 Einwohner pro km²
BIP nominal (2007)[1] 2.756 Mio. US$ (149.)
BIP/Einwohner 931 US$ (135.)
HDI 0,550 (137.)
Währung 1 Ouguiya (MRO) = 5 Khoums
Unabhängigkeit 28. November 1960 (von Frankreich)
Nationalhymne Nationalhymne Mauretaniens
Nationalfeiertag 28. November
Zeitzone UTC
Kfz-Kennzeichen ج ا م (RIM)
Internet-TLD .mr
Telefonvorwahl +222

Mauretanien (amtlich Islamische Republik Mauretanien) liegt im nordwestlichen Afrika, am Atlantik. Die Präsidialrepublik grenzt an die Staaten Algerien, Mali und Senegal sowie an das von Marokko annektierte Territorium der Westsahara (Demokratische Arabische Republik Sahara). Das Land ist fast dreimal so groß wie Deutschland und wird seit dem Militärputsch am 8. August 2008 von einer Militärdiktatur regiert.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Landesnatur

Die Oberflächengestalt Mauretaniens bietet ein recht gleichförmiges Bild. An die im Süden (zwischen Senegalmündung und Cap Timiris) flache Ausgleichsküste, im Norden buchten- und inselreiche Steilküste schließt landeinwärts ein ausgedehntes Tiefland an, das mit seinen Sanddünenfeldern den westlichen Rand der Sahara bildet. Ein kurzer Steilanstieg leitet zu dem weithin ebenen Hochland (300–500 m ü. M.) im zentralen Landesteil über. Hier liegen die Sandsteinplateaus von Adrar, Tagant und Affollé sowie einzelne Inselberge (darunter der Kédia d'Idjil, mit 915 m die höchste Erhebung des Landes). Gegen Osten senken sich die überwiegend von Geröllfeldern bedeckten Hochflächen zu dem abflusslosen, sanderfüllten Becken El Djouf. Einziger ständig wasserführender Fluss Mauretaniens ist der Senegal, der die Staatsgrenze zum gleichnamigen Nachbarland bildet.

Klima

Im Bereich des nördlichen Wendekreises gelegen, hat Mauretanien größtenteils trockenheißes Wüstenklima. Abkühlung bringt nur der kalte Kanarenstrom vor der Küste, wodurch es im Küstengebiet häufig zu Nebelbildung kommt. In der Nordhälfte des Landes fallen die Niederschläge unter anderem im Winter, allerdings selten mehr als 100 mm pro Jahr, im äußersten Süden sind es 300–400 mm, hauptsächlich von Juli bis Oktober. Die durchschnittlichen Januartemperaturen liegen bei 20–24 °C, die Julitemperaturen bei 30–34 °C, wobei sommerliche Maximalwerte bis 50 °C erreicht werden.

Flora und Fauna

Gras- und Buschflächen sowie Akazien markieren den Übergang von der Wüstensteppe zur Dornsavanne des Sahel. In den Oasen wachsen vor allem Dattelpalmen, in der Überschwemmungssavanne des Senegal auch Raphiapalmen, Affenbrotbäume und Bambus. Im Küstenland gibt es ausgedehnte Salzsümpfe. Tiere der Savanne sind Antilopen, Elefanten, Löwen und Hyänen; die Wüstensteppe bietet noch für Gazellen, Strauße, Warzenschweine, Leoparden und Falbkatzen ausreichend Nahrung. Zwischen 1990 und 2000 hat der Waldbestand um 2,7 % abgenommen.

Nationalparks

In Mauretanien gibt es zwei Nationalparks:

Bevölkerung

Demographie

Ein Dorf in der Sahara im Süden Mauretaniens

Der früher hohe Anteil an Nomaden ist stark zurückgegangen; 40 % der Bevölkerung wohnten 2005 in Städten. Vier Fünftel der Einwohner leben auf 15 % der Landesfläche, vorwiegend im Süden. Das Bevölkerungswachstum betrug 2005 2,9 %. 43 % der Bevölkerung waren 2005 jünger als 15 Jahre. Die Lebenserwartung betrug 2005 54 Jahre. Amtssprache ist Arabisch (Hassaniya). Pulaar, Wolof und Soninke sind ebenfalls anerkannte Nationalsprachen. Französisch ist Bildungssprache. Außerdem werden noch Imeraguen und Zenaga gesprochen. 99 % der Bevölkerung sind sunnitische Muslime malikitischer Richtung. Daneben gibt es eine christliche Minderheit.

Ethnien

Hauptartikel: Ethnien in Mauretanien

Mauretanien ist ein Mischgebiet arabischer und schwarzafrikanischer Völker. 81 % sind arabisch-berberische Mauren, der Rest gehört den schwarzafrikanischen Völkern der Toucouleur (7 %), der Sarakolé (5 %), der Wolof (3 %), der Bambara (1 %), der Fulbe und anderen an. Etwa 5.000 Europäer (meist Franzosen) leben im Land.

Der Kompromiss zwischen den verschiedenen Kulturen Mauretaniens ist die Seele der Nation. Traditionell wird das Land – auch geographisch – gemäß diesen Volksgruppen in das sogenannte Ard al-Bīdān, was „Land der Weißen“ bedeutet, und Ard as-Sūdān, „Land der Schwarzen“, unterteilt. Diese oft benutzten Begriffe werden jedoch nicht pejorativ gedacht. Die Einteilung ist mehr wirtschaftlich-traditionellen als rassistischen Ursprungs. In der Tat gehören viele Schwarzafrikaner der nomadischen Welt an, die Benennung „Mauren“ beziehungsweise „Bīdān“ gilt all jenen nomadischen Gruppen, die kulturell arabisiert wurden – ungeachtet ihres ethnischen Ursprungs, also inklusive der „Mauren“ mit schwarzafrikanischem ethnischem Hintergrund. Heute gilt der Islam als Bindung zwischen den verschiedenen Ethnien und ist die einzige vom Volk anerkannte Legitimierung eines jeden Gesetzes.

Etwa ein Zehntel des Landes, im Süden an der Grenze zu Senegal, ist Ard as-Sūdān und wird von verschiedenen schwarzen Volksgruppen – zusammengefasst als Soudans – bewohnt, in den übrigen neun Zehnteln leben Mauren, die wiederum in „weiße“ (arabischstämmige) und „schwarze“ Mauren (schwarzafrikanischen Ursprungs) unterteilt sind. Letztere stellen die unterste Schicht in der maurischen Gesellschaftsordnung.

Soziale Lage

siehe Sklaverei in Mauretanien

Die Sozialgesetzgebung und das Gesundheitssystem sind noch unzureichend. Obgleich allgemeine Schulpflicht für 6- bis 11-Jährige besteht, werden nur rund 75 % der Kinder eingeschult. Die Analphabetenrate betrug 2004 bei Frauen 57 % und bei Männern 40 %. 1983 wurde die Universität von Nouakchott gegründet. Es ist eine wesentliche Anzahl an Ausländern – mehr als 15 % der Arbeitskräfte in den modernen Wirtschaftsbereichen – notwendig, um die Nachfrage an qualifizierten Arbeitskräften zu decken. Gleichzeitig verließen mehr als 600.000 Mauretanier ihr Land auf der Suche nach Beschäftigung in Westafrika, im Mittleren Osten und in Westeuropa.

Mehr als irgendeine andere Stadt reflektiert Nouakchott die durch schnelle und nicht kontrollierte Urbanisierung verursachten Probleme. Anfangs als kleine zentrale Verwaltungsstelle mit etwa 30.000 Einwohnern im Jahre 1959 errichtet, erreichte sie schon im Jahre 1970 mehr als 40.000 Einwohner und wuchs in den siebziger Jahren um 15 bis 20 % pro Jahr; diese schnelle Expansion hält auch am Anfang des 21. Jahrhunderts an: 2005 hatte die Stadt knapp eine Million Einwohner. Der daraus resultierende Mangel an Wasser und an Wohnraum ist ein großes Problem. Die meisten der Neuankömmlinge landen in sogenannten Kebbas (Vorstadtviertel), die im näheren Umfeld der Hauptstadt entstanden sind. Im Jahre 1983 schätzte ein französischer Forscher, dass mehr als 40 % der Bevölkerung von Nouakchott in diesen Kebbas lebten und der Anteil noch weiter steigen werde. Die Regierung Mauretaniens versuchte dieses Problem zu lösen, indem sie all denen Boden und Saatgut sowie Transportmöglichkeiten anbot, die zur Rückkehr in die ländlichen Regionen bereit wären. Die Realisierung des ambitionierten Programmes erwies sich aber in Anbetracht dauerhafter Dürre als schwierig.

Die Elite der weißen Mauren hatte lange die meiste politische Macht inne, während schätzungsweise Hunderttausende schwarze Mauren bis heute in Sklaverei leben und die Soudans unterdrückt wurden. Konflikte zwischen weißen Mauren und Soudans gipfelten 1989, als nach Übergriffen Zehntausende Soudans über die Grenze nach Senegal flohen. 2007 unterzeichnete die neue Regierung Mauretaniens ein Abkommen mit Senegal, um die Rückkehr dieser Flüchtlinge zu ermöglichen[2].

Lage der Frauen und Mädchen

Im Norden Mauretaniens wird noch die weibliche Genitalverstümmelung praktiziert. Das deutsche Auswärtige Amt geht davon aus, dass über 70% der mauretanischen Frauen beschnitten sind.[3]

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte Mauretaniens

Früheste Nachweise einer Besiedlung durch nomadische Berber und schwarzafrikanische Völker finden sich schon um 10.000 v. Chr. Die Römer nannten ihre eroberten Provinzen in Nordafrika nach dem saharischen Stamm der Mauren Mauretania Tingitana (heute nördliches Marokko) und Mauretania Caesariensis (heute nördliches Algerien).

Als im 7. Jahrhundert arabische Krieger den Islam in den Maghreb trugen, änderte sich am Leben der Völkergemeinschaft südlich der Sahara noch nichts. Der Islam verbreitete sich entlang der Handels- und Karawanenrouten durch die Sahara, blieb aber über Jahrhunderte hin eine Religion der „fremden Händler“, bis sich auch die Oberschicht in den afrikanischen Stadtgemeinschaften für diese Religion interessierte und sich zum Islam bekehrte. Auch, als die großen Reiche Westafrikas im 11. Jahrhundert zum Islam konvertierten und vom Tschadsee (Kanem-Bornu) und dem Niger (Gana, Songhai, Mali) aus der Islam weiter in das Gebiet eindrang, blieb das animistisch geprägte Leben der Landbevölkerung erhalten. Muslime hatten − wie etwa aus dem Niger-Bogen berichtet wird − ihre eigene Stadt abseits der Königsstadt, sie führten ein eigenständiges Leben innerhalb der Königreiche, und wenn sich der Herrscher mit seiner Familie zum Islam bekehrte, dann war damit nicht auch gleichzeitig die Islamisierung des gesamten Staates verbunden. Chinguetti ist eine der sieben heiligsten Stätten des Islam, galt lange als das religiöse Zentrum des ganzen Gebietes und war der Treffpunkt der Pilger auf ihrem Weg nach Mekka.

Zu Beginn des 11. Jahrhunderts gründeten islamisierte Mauren das Almoraviden-Reich, das sich in seiner Glanzzeit im 11. und 12. Jahrhundert auch das Reich von Gana einverleibte und bis zum Ebro in Spanien reichte. Dieses Reich brach 1147 zusammen; der Norden Mauretaniens blieb lose mit Marokko verbunden, der Süden mit Mali. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts begannen dann die nomadischen Kunta-Araber, erneut die Lehre des Islam zu predigen. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts begann die Qadiriyya-Bruderschaft, zu der auch die Kunta-Araber gehörten, den Islam im gesamten westlichen Sudan weiter zu verbreiten. Erst in dieser Zeit wandelte sich der Islam von der bloßen „Herrschaftsreligion“ zur Religion des Einzelnen, aber nichtislamische Herrscherhäuser regierten in alten Moslemhochburgen bis ins 18. Jahrhundert hinein. Dann begann eine Reform des Islam bei den Fulbe und anderen Stämmen, die zugleich mit einer Ideologisierung und Radikalisierung einherging.

Kolonialzeit

Da die Küste des Landes schlecht zugänglich war und die Kolonialmächte über Jahrhunderte keine Kunde von den vorhandenen Bodenschätzen hatten, zeigten sie bis Ende des 19. Jahrhunderts kaum Interesse an Mauretanien (vgl. Arguin). An der Wende zum 20. Jahrhundert begannen die Franzosen von Süden her mit der Unterwerfung des Landes, das für sie vor allem strategische Bedeutung als Bindeglied zwischen west- und nordafrikanischen Besitzungen hatte. 1904 wurde das Gebiet französisches Territorium im Rahmen Französisch-Westafrikas (AOF), 1920 französische Kolonie, doch gelang es den Franzosen erst 1934 letzte Aufstände im Norden zu unterdrücken. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Mauretanien im Rahmen der französischen Entkolonialisierungspolitik Überseeprovinz und damit Mitglied der Union Française. Bis 1955 gab es im Osten des Landes noch Gebiete, die den Europäern unbekannt waren: In diesem Jahr durchquerte der Franzose Théodore Monod als erster Europäer die Landschaft El Djouf. Die ersten Wahlen fanden 1957 statt. 1959 wurde Mokhtar Ould Daddah Regierungschef.

Unabhängigkeit

Am 28. November (Nationalfeiertag) 1960 erhielt das Land seine Unabhängigkeit. Ould Daddah, der sich auch „Vater des Vaterlandes“ nennen ließ, war von 1961 an darüber hinaus Staatspräsident sowie von 1964 an Generalsekretär der aus mehreren Parteien gebildeten Einheitspartei Parti du Peuple Mauritanien (PPM). Die seit etwa 1970 bestehenden Streitigkeiten der angrenzenden Länder um den Besitz der einstigen spanischen Überseeprovinz Spanisch-Sahara (Westsahara) endeten im Jahre 1976 nach dem Rückzug Spaniens aus dem Territorium mit der Annexion durch Marokko und Mauretanien. Die saharanische Guerillabewegung POLISARIO führt seither einen verzweifelten Kampf um die Herstellung eines eigenen Staates. Für Mauretanien hatte diese Eroberungspolitik katastrophale wirtschaftliche Folgen, die schließlich 1978 zum Sturz Ould Daddahs und zum Verbot der PPM führten. Im August 1979 gab Mauretanien alle Ansprüche auf das Westsahara-Territorium auf. In den darauffolgenden Jahren erlebte Mauretanien mehrere Umstürze und Regierungsumbildungen. Es regierten nacheinander die Obristen Mustafa Ould Salek (1978–1979), Mohamed Mahmoud Ould Louly (1979–1980) und Mohamed Khouna Ould Haidalla (1980–1984). Am 12. Dezember 1984 gelangte Oberst Maaouya Ould Sid’Ahmed Taya an die Macht. Anfang 1991 kündigte er eine demokratische Umgestaltung des Landes an. Gemäß einer im Juli 1991 verabschiedeten Verfassung fanden 1992 freie Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt, die allerdings von der Opposition angefochten wurden.

Militärputsch 2005

Aufgrund der dauerhaften Stagnation und der unterbliebenen Reformen kam es immer wieder zu Putschversuchen gegen Taya, die schließlich am 3. August 2005 Erfolg hatten. An diesem Tag besetzte eine Gruppe von Offizieren, die sich Militärrat für Gerechtigkeit und Demokratie (Conseil Militaire pour la Justice et la Démocratie CMJD) nennt, das Armee-Hauptquartier, den Sitz des staatlichen Hörfunks und des Fernsehens sowie die Ministerien und den Präsidentenpalast in Nouakchott und erklärte Präsident Taya für abgesetzt. Die Putschisten hatten einen Auslandsaufenthalt Tayas anlässlich des Begräbnisses von König Fahd in Saudi-Arabien genutzt und die Verfassung außer Kraft gesetzt. Taya ist nicht nach Mauretanien zurückgekehrt, sondern hat nach Zwischenaufenthalten in Niger und Gambia Aufnahme in Katar gefunden. Die Putschisten bestimmten den langjährigen bisherigen Polizei- und Geheimdienstchef, Oberst Ely Ould Mohammed Vall zum neuen Führer des Landes. Die neue Militärregierung kündigte an, innerhalb von zwei Jahren demokratische Verhältnisse in Mauretanien einzuführen. Oberst Vall wurde zum Vorsitzenden des 17-köpfigen Militärrates und damit zum Staats- und Regierungschef ernannt.[4] Am 5. August wurde Mauretanien „bis zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung“ vorübergehend aus der Afrikanischen Union (AU) ausgeschlossen.

Bei einem Verfassungsreferendum im Juni 2006 war von der Bevölkerung eine neue demokratischere Verfassung gebilligt worden. Die erste Runde der Parlamentswahlen fand am 19. November bei einer Wahlbeteiligung von 69,5 %, die zweite Runde am 3. Dezember 2006 statt. Die Mitglieder der Militärregierung hatten im Vorfeld der Wahlen versprochen, selbst nicht für öffentliche Ämter zu kandidieren. Fast die Hälfte der Sitze wurde von unabhängigen Kandidaten gewonnen, darunter viele Mitglieder der früheren Regierungspartei, die nicht mit dem gestürzten Regime in Verbindung gebracht werden wollten, sowie Islamisten, deren Parteien verboten worden waren. Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen hatten der Militärregierung im Vorfeld der Wahlen vorgeworfen, die etablierten Parteien zu schwächen und unabhängige Kandidaturen zu fördern, um auf diese Weise einen größeren Einfluss auf den politischen Prozess zu bewahren. Wahlbeobachter bezeichneten die Wahlen als frei und fair.[5] Am 21. Januar und am 4. Februar 2007 wurde der Senat in indirekten Wahlen durch 3.688 Lokalräte bestimmt.

Bei den Präsidentschaftswahlen am 11. März konnte keiner der 20 Kandidaten die notwendige absolute Mehrheit erreichen. Der als Kandidat der Militärregierung geltende frühere Finanzminister Sidi Mohamed Ould Cheikh Abdallahi, der 15 Jahre im Ausland gelebt hatte, erreichte bei einer Wahlbeteiligung von 70,2 % mit 24,8 % der Stimmen das beste Ergebnis, knapp vor dem Kandidaten der oppositionellen CFCD, Ahmed Ould Daddah, mit 20,7 %. Daddah ist ein Halbbruder des ersten Präsidenten Mauretaniens nach der Unabhängigkeit, Mokhtar Ould Daddah. Seit 2000 hatte sich Daddah zum wichtigsten Gegner des gestürzten Präsidenten Taya entwickelt und war mehrfach inhaftiert worden. Drittstärkster Kandidat wurde der frühere Zentralbankchef Zeine Ould Zeidane. Während die beiden Kandidaten der schwarzafrikanischen Minderheit mit acht bis knapp zehn Prozent erstaunlich gut abschnitten, blieben die beiden Kandidaten des islamistischen Lagers mit knapp zwei bis knapp acht Prozent deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die Stichwahl am 25. März endete bei einer Wahlbeteiligung von 67,4 % mit dem Sieg Abdallahis, der auf 52,9 % der Stimmen kam, nachdem Zeidane und weitere Kandidaten ihren Anhängern seine Wahl empfohlen hatten. Daddah erkannte seine Niederlage an. Am 19. April berief Abdallahi Zeidane zum neuen Ministerpräsidenten.

Seit dem Militärputsch 2008

Am 6. August 2008 kam es zu einem neuen Militärputsch gegen den Präsidenten und den Regierungschef des nordwestafrikanischen Landes. Militärs hatten beide Politiker in der Hauptstadt Nouakchott in ihre Gewalt gebracht. Zuerst informierte das französische Außenamt, dass eine Gruppe mauretanischer Generäle den Regierungschef, Yahya Ould Ahmed El Waghef, festgesetzt hat. Augenzeugen berichteten gegenüber ausländischen Pressevertretern von Truppenbewegungen in Nouakchott. Demnach stellten die Radio- und Fernsehsender ihre Sendungen ein. Die Militär-Junta wurde geführt von vier hochrangigen Offizieren, die kurz zuvor entlassen worden waren, weil sie sich gegen eine zunehmende Hinwendung zu islamistischen Kräften wendeten. Der selbsternannte „Staatsrat“ aus elf Angehörigen der Armee wird vom ehemaligen Kommandeur der Präsidentengarde, General Mohamed Ould Abdel Aziz, angeführt.[6] Zuvor forderten erst 69 der 95 Abgeordneten im Parlament den Rücktritt des Präsidenten Abdallahi.

Politik

Der Islam ist Staatsreligion. Es gilt islamisches Recht (Scharia). Ein Muslim, der zu einer anderen Religion übertritt, wird nach Artikel 306 des Strafrechts wegen Glaubensabfall (Ridda) mit dem Tode bestraft, was bislang aber nicht vorkam. Mauretanien ist Mitglied der Vereinten Nationen (VN), der Afrikanischen Union (AU), der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) und der Arabischen Liga. Es ist einer der wenigen Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga, die diplomatische Beziehungen zum Staat Israel unterhalten. Israel hat in der Hauptstadt Mauretaniens eine Botschaft.

Politisches System

Gemäß der Verfassung von 2006 ist Mauretanien eine Islamische Präsidialrepublik. Das Parlament besteht aus der Nationalversammlung, deren 95 Mitglieder alle fünf Jahre gewählt werden, und dem Senat, dessen 56 Mitglieder (drei Vertreter der Auslandsmauretanier) alle sechs Jahre indirekt gewählt werden. Das Staatsoberhaupt wird alle fünf Jahre direkt vom Volk gewählt. Es ernennt und entlässt die Regierung. Männer und Frauen besitzen ab 18 Jahren das Wahlrecht. Nach den letzten Parlamentswahlen 2006 errang die Coalition des Forces du Changement Démocratique (CFCD) insgesamt 41 Sitze, die frühere Regierungspartei Parti Républicain, Démocrate et Social (PRDS) nur sieben und sonstige Parteien sowie unabhängige Kandidaten insgesamt 47 Sitze. Im Senat stellen die Unabhängigen 38 und die CFCD 15 Sitze.

Verwaltungsgliederung

Karte mit den Regionen Mauretaniens

Siehe auch:

Mauretanien gliedert sich in zwölf Regionen und den Hauptstadtdistrikt. Die folgende Liste gibt neben den Namen der Regionen die zugehörigen Hauptstädte in Klammern an.

  1. Adrar (Atar)
  2. Assaba (Kiffa)
  3. Brakna (Aleg)
  4. Dakhlet Nouadhibou (Nouadhibou)
  5. Gorgol (Kaédi)
  6. Guidimaka (Sélibaby)
  7. Hodh Ech Chargui (Néma)
  8. Hodh El Gharbi (Aioun el Atrouss)
  9. Inchiri (Akjoujt)
  10. Nouakchott (Hauptstadtdistrikt)
  11. Tagant (Tidjikja)
  12. Tiris Zemmour (Zouérate)
  13. Trarza (Rosso)

Wirtschaft

Eisenerzzug im Landesinneren: Nouadhibou; lange Zeit der längste Zug der Welt

Mauretanien zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Die grundlegenden Wirtschaftszweige Mauretaniens sind die Landwirtschaft, der Fischereisektor und der Erzbergbau. Mit rückständigen Methoden werden im Senegaltal vorwiegend für die Selbstversorgung Hirse, Hülsenfrüchte, Reis und Mais angebaut; die Anbaufläche beschränkt sich auf nur 0,2 % der Staatsfläche. Mit Hilfe neuer Staudammprojekte am Senegal sollen neue Bewässerungsgebiete erschlossen werden. Viehwirtschaft mit Schafen, Ziegen, Rindern und Kamelen wird überwiegend von Nomaden betrieben. Die Küstengewässer Mauretaniens zählen zu den fischreichsten der Welt, deren Regenerationsfähigkeit allerdings durch übermäßige Fänge gefährdet ist. Die Fischverarbeitung ist der größte Industriezweig.

Die Landwirtschaft trug 2005 24 %, die Industrie 29 % und der Dienstleistungssektor 47 % zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei, das in diesem Jahr um 5,4 % gewachsen war. Beschäftigt waren 2003 in der Landwirtschaft allerdings 52 % der Erwerbstätigen. Importiert wurden 2005 Waren im Wert von 750 Mio. US-$, und zwar vor allem Erdölprodukte, einzige Exportprodukte waren Eisenerz, Fisch und Fischprodukte. 21 % der Importe bezog Mauretanien aus Frankreich, 9 % aus Belgien/Luxemburg, 7 % aus Spanien und 6 % aus Deutschland. Die Exporte umfassten 565 Mio. US-$ und gingen zu 15 % nach Italien, 15 % nach Frankreich, 12 % nach Spanien und 12 % nach Deutschland. Zur Arbeitslosigkeit liegen keinerlei Angaben vor. Die Inflationsrate betrug 2003 5,2 %. 2004 lag der Anteil der Staatsausgaben für das Gesundheitswesen bei 2 %, für das Bildungswesen 2005 bei 2,3 % und für das Militär 2004/2005 bei 3,6 %.

Infrastruktur

Straße von Nouadhibou nach Nouakchott

Das weitmaschige Straßennetz ist rund 8.100 km lang (1.700 km asphaltiert). Die Eisenbahnlinie, die von einer Mine im Norden des Landes quer durch die Sahara zur Hafenstadt Nouadhibou führt, ist die wichtigste Verkehrsverbindung des Landes. Der hier verkehrende Zug war lange Zeit der längste und schwerste der Welt. Über 200 Waggons werden von bis zu vier Lokomotiven gezogen. Die Ladung: bis zu 21.000 Tonnen Eisenerz. Der größte Feind der Bahnstrecke ist der Sand. Alle hundert Kilometer ist ein Entsandungstrupp stationiert, dessen Aufgabe es ist, die vom Sand zugeschütteten Gleise wieder freizuschaufeln. Der Sand ist so aggressiv, dass die Gleise und auch die Verschleißteile des Zuges nur ein Sechstel der normalen Lebenszeit haben. Die beiden Hafenstädte Nouakchott und Nouadhibou verfügen über internationale Flughäfen.

Literatur

  • Ursel Clausen: Mauretanien – eine Einführung. Deutsches Orient-Institut, Hamburg 1994, ISBN 3891730373. 
  • Ursel Clausen: Demokratisierung in Mauretanien. Deutsches Orient-Institut, Hamburg 1993, ISBN 3891730284. 
  • Regina Wegemund: Politisierte Ethnizität in Mauretanien und Senegal – Fallstudien zu ethnisch-sozialen Konflikten, zur Konfliktentstehung und zum Konfliktmanagement im postkolonialen Afrika. Institut für Afrika-Kunde, Hamburg 1991, ISBN 3-928049-08-9. 

Einzelnachweise

  1. International Monetary Fund, World Economic Outlook Database, April 2008
  2. IRIN News: Is Mauritania ready for its refugees?
  3. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Mauretanien/Innenpolitik.html
  4. Agence Mauritanienne d’Information
  5. Parlamentarische Opposition siegt in Mauretanien
  6. Jane's Defense Weekly, 13. August 2008, Seite 7

Weblinks

19.566666666667-10.657Koordinaten: 20° N, 11° W


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