- Melchior Josef Martin Knüsel
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(Melchior) Josef Martin Knüsel (* 16. November 1813 in Luzern; † 15. Januar 1889 ebenda) war ein Schweizer Politiker und Jurist. Nach jahrelanger Tätigkeit als Staatsanwalt, Kantonspolitiker und Nationalrat wurde 1855 er als Vertreter der liberal-radikalen Fraktion (der heutigen FDP) in den Bundesrat gewählt. Während seiner zwanzig Jahre dauernden Amtszeit leitete er fünf verschiedene Departemente, so viele wie kein anderer Bundesrat. Er war Bundespräsident in den Jahren 1861 und 1866 sowie Vizepräsident Jahren 1860 und 1865.
Inhaltsverzeichnis
Studium und Kantonspolitik
Knüsel wurde in Luzern als Sohn eines wohlhabenden Lebensmittelhändlers geboren. Nach der Absolvierung der Schulen seiner Heimatstadt studierte er Rechtswissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg und an der Georg-August-Universität in Göttingen. 1838 erlangte er das Fürsprecherpatent des Kantons Luzern. 1839 wählte ihn die Luzerner Regierung zum Stellvertreter des Kriminalgerichtsschreibers.
Obwohl 1841 die konservativen Kräfte die Macht übernahmen, wurde der als gemässigt liberal geltende Knüsel vom Grossen Rat zum Staatsanwalt gewählt. Während der Wirren um die Berufung von Jesuiten an die höheren Lehranstalten und den darauf folgenden Freischarenzügen hielt sich Knüsel vorerst aus der kantonalen Politik heraus. Dies änderte sich 1845 mit der Wahl in den Grossstadtrat, der Legislative der Stadt Luzern.
Nach dem Sturz der konservativen Regierung wurde Knüsel 1847 als Abgeordneter des Wahlkreises Weggis in den Grossen Rat gewählt. Im selben Jahr heiratete er Bernhardine Brunner; die Ehe blieb kinderlos. 1852 trat Knüsel als Staatsanwalt zurück, nachdem er in den Regierungsrat gewählt worden war. Er übernahm die Leitung des Polizeidepartements, in den Jahren 1853 und 1855 war er Schultheiss (Regierungspräsident). Ab Oktober 1854 vertrat er seinen Kanton auch im Nationalrat.
Bundesrat
Ein halbes Jahr nach dem Tod von Bundesrat Josef Munzinger stand am 11. Juli 1855 die Wahl seines Nachfolgers zur Debatte. Der Luzerner Casimir Pfyffer verpasste im ersten Durchgang das absolute Mehr knapp und lehnte daraufhin ab. Einen Tag später wurde im vierten Wahlgang der Basler Johann Jakob Stehlin gewählt. Dieser nahm die Wahl jedoch nicht an, mit der Begründung, er habe für dieses Amt nicht die nötige Erfahrung. Schliesslich entschied sich die Bundesversammlung am 14. Juli für den noch kaum bekannten Knüsel, der im zweiten Wahlgang 94 von 142 abgegebenen Stimmen erhielt.
Während seiner Amtszeit stand Knüsel fünf verschiedenen Departementen vor: 1855–1856 und 1862–1863 dem Finanzdepartement, 1857 und 1859–1860 dem Handels- und Zolldepartement, 1858, 1864–1865 und 1867–1873 dem Justiz- und Polizeidepartement, 1861 und 1866 als Bundespräsident dem Politischen Departement sowie 1874–1875 dem Departement des Innern.
In den Jahren 1859 und 1860 gehörte Knüsel dem Lager von Jakob Stämpfli, das während des Savoyerhandels eine militärische Besetzung Hochsavoyens forderte. Die Neue Zürcher Zeitung nannte ihn damals den «gelehrigsten Schüler des Meisters Stämpfli». Nach der abgelehnten Revision der Bundesverfassung geriet er 1872 unter Druck und schaffte bei den Bestätigungswahlen die Wiederwahl erst im zweiten Wahlgang. Während des Kulturkampfs war seine Position erneut gefährdet: Als treuer Anhänger der katholischen Kirche konnte er sich immer weniger mit der zunehmend radikaler werdenden freisinnigen Fraktion identifizieren. Zudem lehnte er die (letztlich angenommene) Bundesgesetzrevision von 1874 ab, da er der Rechtsvereinheitlichung kritisch gegenüberstand. Schliesslich trat er am 31. Dezember 1875 zurück.
Weitere Tätigkeiten
1875 trat Knüsel in zwei Wahlkreisen erneut bei den Nationalratswahlen an, wurde aber nicht gewählt. In der Folge präsidierte er die Gemeinnützige Gesellschaft, die Zentralschweizerische Kunst- und Gewerbeausstellung in Luzern, die Allgemeine Lesegesellschaf» und verschiedene Erziehungsanstalten. Darüber hinaus war er Vorstandsmitglied des Schweizerischen Landwirtschaftlichen Vereins und Verwaltungsrat der Schweizerischen Mobiliarversicherung. Ab 1878 sass er wieder im Nationalrat, wurde aber drei Jahre später nicht wieder nominiert, da er mit den Katholisch-Konservativen gestimmt hatte und im eigenen Lager endgültig auf Ungnade gestossen war.
Literatur
- Urs Altermatt (Hrsg.): Die Schweizer Bundesräte. Ein biographisches Lexikon. Artemis Verlag, Zürich / München 1991 (2. Auflage), S. 153–156. ISBN 3-7608-0702-X.
Weblinks
Vorgänger
Mitglied im Schweizer Bundesrat
1855–1875Nachfolger
Vorsteher des Eidgenössischen FinanzdepartementsJosef Munzinger | Daniel-Henri Druey | Josef Martin Knüsel | Jakob Stämpfli | Constant Fornerod | Jean-Jacques Challet-Venel | Victor Ruffy | Paul Cérésole | Karl Schenk | Johann Jakob Scherer | Wilhelm Matthias Naeff | Bernhard Hammer | Simeon Bavier | Walter Hauser | Robert Comtesse | Marc-Emile Ruchet | Josef Anton Schobinger | Giuseppe Motta | Jean-Marie Musy | Albert Meyer | Ernst Wetter | Ernst Nobs | Max Weber | Hans Streuli | Jean Bourgknecht | Roger Bonvin | Nello Celio | Georges-André Chevallaz | Willi Ritschard | Otto Stich | Kaspar Villiger | Hans-Rudolf Merz
Vorsteher des Eidgenössischen VolkswirtschaftsdepartementsFriedrich Frey-Herosé | Wilhelm Matthias Naeff | Josef Munzinger | Constant Fornerod | Josef Martin Knüsel | Johann Jakob Scherer | Karl Schenk | Joachim Heer | Numa Droz | Louis Ruchonnet | Adolf Deucher | Adrien Lachenal | Ludwig Forrer | Josef Anton Schobinger | Edmund Schulthess | Hermann Obrecht | Walther Stampfli | Rodolphe Rubattel | Thomas Holenstein | Friedrich Traugott Wahlen | Hans Schaffner | Ernst Brugger | Fritz Honegger | Kurt Furgler | Jean-Pascal Delamuraz | Pascal Couchepin | Joseph Deiss | Doris Leuthard
Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und PolizeidepartementsDaniel-Henri Druey | Jonas Furrer | Jakob Stämpfli | Josef Martin Knüsel | Jakob Dubs | Paul Cérésole | Fridolin Anderwert | Emil Welti | Louis Ruchonnet | Adolf Deucher | Eugène Ruffy | Eduard Müller | Ernst Brenner | Robert Comtesse | Josef Anton Schobinger | Ludwig Forrer | Arthur Hoffmann | Camille Decoppet | Heinrich Häberlin | Johannes Baumann | Eduard von Steiger | Markus Feldmann | Friedrich Traugott Wahlen | Ludwig von Moos | Kurt Furgler | Rudolf Friedrich | Elisabeth Kopp | Arnold Koller | Ruth Metzler-Arnold | Christoph Blocher | Eveline Widmer-Schlumpf
Jonas Furrer | Daniel-Henri Druey | Josef Munzinger | Wilhelm Matthias Naeff | Friedrich Frey-Herosé | Jakob Stämpfli | Constant Fornerod | Josef Martin Knüsel | Jakob Stämpfli | Jakob Dubs | Karl Schenk | Josef Martin Knüsel | Emil Welti | Paul Cérésole | Johann Jakob Scherer | Joachim Heer | Bernhard Hammer | Numa Droz | Simeon Bavier | Louis Ruchonnet | Adolf Deucher | Adrien Lachenal | Eugène Ruffy | Eduard Müller | Walter Hauser | Ernst Brenner | Josef Zemp | Robert Comtesse | Marc-Emile Ruchet | Ludwig Forrer | Eduard Müller | Arthur Hoffmann | Gustave Ador | Felix-Louis Calonder | Giuseppe Motta | Marcel Pilet-Golaz | Max Petitpierre | Friedrich Traugott Wahlen | Willy Spühler | Pierre Graber | Pierre Aubert | René Felber | Flavio Cotti | Joseph Deiss | Micheline Calmy-Rey
Vorsteher des Eidgenössischen Departements des InnernStefano Franscini | Giovanni Battista Pioda | Karl Schenk | Jakob Dubs | Josef Martin Knüsel | Numa Droz | Adolf Deucher | Eugène Ruffy | Adrien Lachenal | Marc-Emile Ruchet | Ludwig Forrer | Josef Anton Schobinger | Camille Decoppet | Louis Perrier | Felix-Louis Calonder | Gustave Ador | Ernest Chuard | Marcel Pilet-Golaz | Albert Meyer | Philipp Etter | Hans-Peter Tschudi | Hans Hürlimann | Alphons Egli | Flavio Cotti | Ruth Dreifuss | Pascal Couchepin
Personendaten NAME Knüsel, Melchior Josef Martin KURZBESCHREIBUNG Schweizer Politiker GEBURTSDATUM 16. November 1813 GEBURTSORT Luzern STERBEDATUM 15. Januar 1889 STERBEORT Luzern
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