- Menhyr
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Menhir ist eine ursprünglich bretonische Bezeichnung für einen hochkant aufgerichteten „mehr oder minder großen“ Monolithen und bedeutet „Langer Stein“ (maen = Stein, hir = lang). Diese Bezeichnung fand bereits Ende des 18. Jahrhunderts als wissenschaftlicher Fachausdruck Eingang in die archäologische Fachliteratur Frankreichs. Menhire werden manchmal auch Hinkelstein genannt.
Von Findlingen, die während der Eiszeit durch Gletscher transportierte Felsbrocken sind, unterscheiden sich Menhire dadurch, dass sie bewusst vertikal aufgestellt und in der Erde fest verankert wurden. In frühgeschichtlicher Zeit aufgestellte und mit Bildern und Schriftzeichen verzierte Steine mögen auf den ersten Blick an Menhire erinnern, sind von diesen aber deutlich zu trennen. Bei den unbeschrifteten dänischen Bauta- und den irischen Oghamsteinen sowie den Runensteinen der Wikinger handelt es sich um Gedenksteine, die an individuelle Taten oder Personen erinnern sollen. Manchmal wurde das Rohmaterial für Menhire über respektable Distanzen transportiert. Menhire sind bevorzugt an Berghänge, auf natürliche Anhöhen, an Wegrändern, Wasserstellen und Bachläufe verbracht worden, zumindest heute oftmals weithin sichtbar. Die meisten steinernen Monumente weisen Höhen von 1 bis 3 Meter auf, ihre Formen variieren. Die höchsten Exemplare außerhalb der Bretagne sind der Rudstone in Yorkshire mit acht Metern und der Punchestone im Co. Kildare mit sieben Metern. Menhire können verziert sein. Einige sind mit Schlangen, Spiralen oder Gerätschaften verziert.
Menhire mit menschlichen Konturen nennt man Statuenmenhire. Sie kommen rund um das westliche Mittelmeer, in der Schweiz und auf den Kanalinseln vor. In Deutschland sind die umstrittenen drei Bamberger Götzen die einzige Erscheinung dieser Art. Menhire stehen vielfach in Zusammenhang mit dem Totenkult.
Inhaltsverzeichnis
Zeitliche Einordnung
Menhire wurden überwiegend während der Jungsteinzeit und der Bronzezeit errichtet, auch wenn später vereinzelt noch Aufstellungen vorkamen.
Vorkommen
Menhire sind über mehrere Kontinente verbreitet. Ihr europäischer Schwerpunkt liegt im Westen. Von Skandinavien über Irland, Großbritannien, Belgien, Frankreich und die Schweiz sind sie auch im westmediterranen Raum von Portugal (da Meada, mit etwa sieben Metern der höchste) bis Italien verbreitet.
Ausschlaggebend für die Existenz von Menhiren ist das Vorhandensein geeigneter natürlicher, oder mit zeitgerechten Mitteln und Methoden bearbeitbarer Steine. Neben spitzen, konischen und obeliskenartigen Steinsäulen finden sich auch gedrungene, pyramidenähnliche und tafelartige Gebilde. Überwiegend wurden Gesteine wie Quarzite, Granit, Gneis, Kalk- und Sandsteine verwendet, Materialien, die zumeist in der Nähe des Aufstellungsortes anstehen.
Anordnung
Menhire kommen einzeln vor oder wurden in Quadraten, Kreisen oder Reihen angeordnet.In Westeuropa sind für Kreise und Reihen Bezeichnungen wie Alignement und Cromlech im Sinne von (Steinkreis) geläufig.
Spätere Nutzung
Wie viele andere Kultstätten vereinnahmte das Christentum auch manche Menhire und widmete sie durch Zufügung christlicher Symbole um, ein Beispiel ist das Fraubillenkreuz. Noch in frühmittelalterlicher Zeit wurden in Irland Menhire aufgerichtet. So wurden auf dem Kiltullagh Hill, an der Grenze der Countys Mayo und Roscommon und in Raffin County Meath (lt. F. McCormick) bei Menhiren deponierte zerschlagene Schädel gefunden.
Bretagne
Die Mehrzahl der in Frankreich registrierten Menhire befindet sich in der Bretagne; ihre Zahl in Carnac wird allein auf etwa 4000 geschätzt.
Der größte stehende Menhir ist mit einer Höhe von 10 m und mehr als 150 t Gewicht der Menhir von Kerloas bei Plouarzel, nordwestlich von Brest im Departement Finistère. Auch der längste, bekannte Menhir findet sich in der Bretagne im Departement Morbihan. Es ist der umgestürzte und in vier Teile zerbrochene "Grand Menhir Brisé" von Locmariaquer. Ursprünglich etwa 21 m hoch, wird sein Gewicht auf etwa 280 t geschätzt. Er wurde um 4500 v. Chr. aufgerichtet und vermutlich bereits zwischen 4200 und 4000 v. Chr. von Menschenhand gestürzt. Er gehörte zu einer Reihe von 19 Menhiren, welche zerbrochen und in der Umgebung bei der Errichtung von Dolmen verwandt wurden. Einer dieser Menhire mit einer Gesamtlänge von 14 m fand sich wieder in 3 Teilen: als Dolmenkammer-Deckstein des in unmittelbare Nähe liegenden Cairns "Table des Marchands", ein zweiter auf der etwa 4 km entfernten Insel Gavrini als Kammerdeckstein des dortigen Cairns und der dritte in der Dolme von "Er Vingle".Zur selben Zeit sind auch andere Menhire (La Tremblais) umgestürzt worden, darunter der Scalehir genannte Menhir von Kermaillard auf der Halbinsel Rhuys bei Arzon. Als er 1985 wieder aufgerichtet wurde, fand man auf der Unterseite kunstvolle Gravuren, die von manchen Autoren als Darstellung einer Muttergottheit gedeutet werden.
Grand Menhir Brisé: größter bekannter Menhir in Locmariaquer
Andere bedeutende Menhire: [1]
- Caillouan-en-Présidy 7,5 m (Côtes-d’Armor)
- Champ-Dolent 9,5 m bei Dol-de-Bretagne (Ille-et-Vilaine)
- Champs-de-Callac 6 m (Côtes-d’Armor)
- Crec’h-Coulm 7,5 m (Côtes-d’Armor)
- Kergadiou 11 m (liegend) und 9 m (stehend - im Finistère)
- Kermarquer (mit Báculos), (Morbihan)
- La Tremblais (mit Felsritzungen), (Côtes-d’Armor)
- Le Manio (mit Schlangengravuren), (Morbihan)
- Penloïc (auch Penglaouic) im Meer bei Loctudy (Finistère)
- Vierge (auf der Île de Hoëdic) 4 m (Morbihan)
Deutschland
Steinsetzungen unterschiedlicher Größe finden sich in Deutschland vom Saarland über Rheinland-Pfalz und Hessen bis nach Sachsen-Anhalt.
Die Menhire von Benzingerode (Landkreis Harz), der „Lange Stein“ von Seehausen (Landkreis Börde), die „Speckseite“ von Aschersleben und der „Hünenstein“ bei Nohra (Landkreis Nordhausen) fanden sich in der Nähe bronzezeitlicher Anlagen. Auch bei einigen Grabhügeln fand man Menhire, so bei Nebra und Poserna (Burgenlandkreis) sowie bei Leuna (Saalekreis) und Halle-Dölau. Der Menhir von Rothenschirmbach ist gar Teil einer Grabanlage, da er ein Erdgrab bedeckte. Der Menhir von Langenstein bei Kirchhain in Mittelhessen wurde in die Kirchenmauer eingebaut. Er ist 4,75 m (ehemals über 6 m) hoch und etwa 10 Tonnen schwer. Ein typisches Beispiel für einen christianisierten Menhir ist das Fraubillenkreuz auf dem Ferschweiler Plateau in der Eifel.
Weitere deutsche Menhire:
- Der Gollenstein bei Blieskastel im Saarpfalz-Kreis gilt mit einer Höhe von ca. 7 m als der größte Menhir Mitteleuropas.
- Der Spellenstein steht in Rentrisch, ebenfalls im Saarpfalz-Kreis gelegen. Obwohl der Zahn der Jahrtausende an ihm genagt hat, ist noch heute seine ursprüngliche Form als sich nach oben verjüngende, vierkantige Steinspindel zu erkennen.
- Ebenfalls im Saarland befindet sich der Hinkelstein von Walhausen, ein Monolith aus der späten Kupferzeit.
- Der Süntelstein steht in Vehrte bei Osnabrück.
- Im Jahre 2003 wurde in Ingelheim ein 1,8 m hoher Menhir beim Pflügen entdeckt.
Sonstige
In Fossa, nicht weit von der Abruzzenhauptstadt L'Aquila entfernt, wurde ein Feld von 550 Gräbern entdeckt. Luftaufnahmen lassen Kreise erkennen, in deren Mittelpunkt mächtige bis zu 6 Meter hohe Menhire ein Grab markieren. Diesen Kult pflegten Menschen, die über ein Jahrtausend lang übereinander an derselben Stelle Gräber anlegten.
Aufstellung
Faszinierend bleibt die technische Leistung, die mit dem Transport und der Aufrichtung verbunden gewesen sein muss.
Bezeichnung
Der im deutschen Sprachraum gebräuchliche volkstümliche Name lautet Hinkelstein, der sich bereits im Mittelalter herausgebildet hat. Es ist eine missverstandene Ableitung des Wortes „Hünenstein“ (= Riesenstein), das über „Hühnerstein“ zum mundartlichen „Hinkelstein“ wurde. In die archäologische Wissenschaft fand er Eingang als Bezeichnung für eine im Westen Deutschlands auf die Bandkeramik folgende neolithische Kultur. Der Begriff Hinkelsteingruppe beruht darauf, dass das namengebende Gräberfeld von Monsheim in Rheinland-Pfalz in der Flur Hinkelstein entdeckt wurde. Dort stand ursprünglich ein Menhir (Hinkelstein), der heute im Schlosshof von Monsheim aufgestellt ist.
Menhire und Flurnamen
Flurnamen sind oft ein guter Indikator für vor- und frühgeschichtliche Fundstellen. Sie bilden eine wichtige Quelle für die Rekonstruktion früh- und hochmittelalterlicher Besiedlungsvorgänge und sie liefern häufig den letzten Hinweis auf ein ausgegangenes Kulturdenkmal. Wie Flurnamen auf erhaltene oder inzwischen eingeebnete Grabhügel verweisen können, wie sich durch sie auch römische Siedlungen oder frühmittelalterliche Friedhöfe erschließen lassen, so sind auch ausgegangene Menhire gelegentlich in Flurnamen überliefert. Namen wie „Hüner- oder Hinkelstein“, „Langer“ oder „Dicker Stein“ können die einstige Existenz dieser Steinmale bezeugen.
Flurnamen dienten oder dienen vor allem dazu, Dorfbewohnern eine räumliche Orientierungshilfe zu geben. Da sie auch Besitzverhältnisse aufzeigen, ist ein Großteil der Namen in Urkunden, Archiven und Katastern dokumentiert und oft sehr alt.
Ein schönes Beispiel für eine alte Flurnamenbezeichnung ist der „Lange Stein“ von Einselthum, Donnersbergkreis/Pfalz. Sie stammt aus dem Jahre 1071 und dürfte eine der ältesten urkundlich erwähnten Nennungen eines Menhirs sein.
Sonstiges
Der Begriff "Hinkelstein" wurde populär durch die Comics um Asterix den Gallier, Helden einer gleichnamigen französischen Serie von Comicbüchern und Filmen der Autoren René Goscinny und Albert Uderzo. Sein Freund Obelix ist Produzent und Lieferant von Hinkelsteinen. Hinkelsteine sind zwar überwiegend Neolithisch, in der Bretagne sind aber auch eisenzeitliche Beispiele (oft kanneliert) bekannt. Siehe auch: Figuren aus Asterix.
Zu Paul Celans Gedicht "Le Menhir" siehe Jonathan Skolnik: "Kaddish for Spinoza: Memory and Modernity in Heine and Celan." New German Critique 77, Spring/Summer 1999 S. 169-186.
Einzelnachweise
- ↑ P. R. Giot: Vorgeschichte der Bretagne 1991.
Literatur
- J. E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. Band 36 in Beitraege zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas, 2003. ISBN 3-930036-70-3.
- Detert Zylmann: Das Rätsel der Menhire, Mainz-Kostheim 2002, ISBN 3-936326-07-X.
Weblinks
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