Mesosom

Mesosom

Mesosomen sind Einstülpungen der Plasmamembran von Bakterien, die vermutlich durch chemische Fixierung erzeugt werden. Sie wurden erstmals 1953 bei elektronenmikroskopischen Präparaten beobachtet[1]. Verschiedene Funktionen wurden darauf hin in den 1960er Jahren vorgeschlagen, bis sich seit Ende der 1970er Jahre herausstellte, dass es sich vermutlich um Artefakte handelt.

Mesosomen bilden sich in Bakterienzellen, die chemisch fixiert wurden, nicht aber bei Kryofixierung.[2]

Beobachtet wurden Mesosomen an Gram-positiven Bakterien[3]. Der Name geht auf eine Arbeit aus dem Jahr 1959 zurück[4]. Eine Funktion der Mesosomen wurde als Organellen bei verschiedenen zellulären Vorgängen vermutet, so etwa die für den Bau der Zellwand während der Zellteilung, Verdopplung des bakteriellen Chromosoms oder als Ort der Oxidativen Phosphorylierung[5][6].

Ende der 1970er Jahre sammelten sich Daten an, die darauf schließen ließen, dass es sich bei Mesosomen um Strukturen handelt, die erst durch chemische Fixierung hervorgerufen werden, da sie nicht bei Zellen auftraten, die mit anderen Methoden fixiert wurden[3][7][8]. Mit dem Fortschritt in elektronenmikroskopischen Fixierungsmethoden (Kryofixierung und ‚freeze substitution‘) stellten mehrere Arbeiten fest, dass Mesosomen nicht in lebenden Zellen vorkommen[9][10][11]. Einige Forscher waren jedoch der Ansicht, dass die Datenlage nicht schlüssig sei und dass Mesosomen möglicherweise nicht in allen Fällen Artefakte seien[12][13].

Im Jahr 2000 wurden Mesosomen-ähnliche Einstülpungen an Bakterien beobachtet, die antibakteriellen Peptiden, sogenannten Defensinen ausgesetzt wurden[14], im Jahr 2007 an solchen, die mit bestimmten Antibiotika behandelt wurden[15]. Das Erscheinungsbild dieser Mesosomen-ähnlichen Strukturen ist möglicherweise eine Folge der Schädigung der Plasmamembran oder der Zellwand durch diese Chemikalien[16].

Die „Entdeckung“ der Mesosomen und ihre spätere Entlarvung als Artefakt diente in der Wissenschaftstheorie als praktisches Beispiel für den Prozess der Falsifikation einer wissenschaftlichen Idee oder Hypothese. An diesem Beispiel konnte man studieren, wie die Wissenschaftsgemeinde (englisch: ‚Scientific Community‘) dieses Testverfahren durchgeführt und die ursprüngliche Hypothese schließlich zurückgewiesen hat.[17] [18] [1].

Einzelnachweise

  1. a b Allchin, D.: The Epistemology of Error. In: Philosophy of Science Association Meetings, Vancouver, November. 2000. Abgerufen am 8. März 2008.
  2. Nanninga N: The mesosome of Bacillus subtilis as affected by chemical and physical fixation. In: J. Cell Biol.. 48, Nr. 1, 1971, S. 219–24. PMID 4993484.
  3. a b Silva MT, Sousa JC, Polónia JJ, Macedo MA, Parente AM: Bacterial mesosomes. Real structures or artifacts?. In: Biochim. Biophys. Acta. 443, Nr. 1, 1976, S. 92–105. PMID 821538.
  4. Robertson, J.D.: The ultra structure of cell membranes and their derivatives, Biochem. In: Soc. Syrup. 1959, S. 3.
  5. Suganuma A: Studies on the fine structure of Staphylococcus aureus. In: J Electron Microsc (Tokyo). 15, Nr. 4, 1966, S. 257–61. PMID 5984369.
  6. Pontefract RD, Bergeron G, Thatcher FS: Mesosomes in Escherichia coli. In: J. Bacteriol.. 97, Nr. 1, 1969, S. 367–75. PMID 4884819.
  7. Ebersold HR, Cordier JL, Lüthy P: Bacterial mesosomes: method dependent artifacts. In: Arch. Microbiol.. 130, Nr. 1, 1981, S. 19–22. PMID 6796029.
  8. Higgins ML, Tsien HC, Daneo-Moore L: Organization of mesosomes in fixed and unfixed cells. In: J. Bacteriol.. 127, Nr. 3, 1976, S. 1519–23. PMID 821934.
  9. Ryter A: Contribution of new cryomethods to a better knowledge of bacterial anatomy. In: Ann. Inst. Pasteur Microbiol.. 139, Nr. 1, 1988, S. 33–44. PMID 3289587.
  10. Nanninga N, Brakenhoff GJ, Meijer M, Woldringh CL: Bacterial anatomy in retrospect and prospect. In: Antonie Van Leeuwenhoek. 50, Nr. 5-6, 1984, S. 433–60. PMID 6442119.
  11. Dubochet J, McDowall AW, Menge B, Schmid EN, Lickfeld KG: Electron microscopy of frozen-hydrated bacteria. In: J. Bacteriol.. 155, Nr. 1, 1983, S. 381–90. PMID 6408064.
  12. John F. Stolz (1991) "Structure of Phototrophic Prokaryotes" CRC Press ISBN 0-8493-4814-5
  13. Murata, K., Kawai, S.; Mikami, B.; Hashimoto, W.: Superchannel of Bacteria: Biological Significance and New Horizons. In: Bioscience, Biotechnology, and Biochemistry. 2008, S. 801080710. Abgerufen am 6. März 2008.
  14. Friedrich CL, Moyles D, Beveridge TJ, Hancock RE: Antibacterial action of structurally diverse cationic peptides on gram-positive bacteria. In: Antimicrob. Agents Chemother.. 44, Nr. 8, 2000, S. 2086–92. PMID 10898680.
  15. Santhana Raj L, Hing HL, Baharudin O, et al: Mesosomes are a definite event in antibiotic-treated Staphylococcus aureus ATCC 25923. In: Trop Biomed. 24, Nr. 1, 2007, S. 105–9. PMID 17568383.
  16. Balkwill DL, Stevens SE: Effects of penicillin G on mesosome-like structures in Agmenellum quadruplicatum. In: Antimicrob. Agents Chemother.. 17, Nr. 3, 1980, S. 506–9. PMID 6775592.
  17. Culp, S.: Defending Robustness: The Bacterial Mesosome as a Test Case. In: PSA: Proceedings of the Biennial Meeting of the Philosophy of Science Association. 1994, 1994, S. 46-57. Abgerufen am 7. März 2008.
  18. Rasmussen, N.: Evolving Scientific Epistemologies and the Artifacts of Empirical Philosophy of Science: A Reply Concerning Mesosomes. In: Biology and Philosophy. 16, Nr. 5, 2001, S. 627-652. Abgerufen am 7. März 2008.

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