Michael Behaim

Michael Behaim
Ein Lied Michael Beheims mit Streichungen und Änderungen. Das älteste bekannte Lyrik-Autograf der deutschen Literaturgeschichte

Michael (Michel) Beheim, auch Behaim, Beham oder Behm, (* 27. September 1416 in (Obersulm-)Sülzbach; † um 1474 in Sülzbach), war ein Schriftsteller, der an vielen Höfen seiner Zeit, u.a. auch am Kaiserhof in Wien, wirkte. Wegen seines Geburtsortes Sülzbach bei Weinsberg wurde er auch Poeta Weinsbergensis genannt.

Wie sein Vater Hans Beheim erlernte er den Beruf des Webers und arbeitete als solcher, trat aber um 1439 in die Dienste des Reichserbkämmerers Konrad von Weinsberg, dem er wahrscheinlich auf seinen vielen Reisen an die Fürstenhöfe folgte. In dieser Zeit mag er seine meist auf die Zeitereignisse gerichtete Tätigkeit begonnen haben. Nach Konrads Tod (1448) wandte er sich zum Markgrafen Albrecht von Brandenburg, lebte dann an den Höfen des Königs Christian I. von Dänemark und Norwegen und des Herzogs Albrecht III. von Bayern, worauf er in die Dienste Albrechts VI. von Österreich und nach kurzer Zeit in die des jungen Königs Ladislaus V. von Ungarn trat, bis er, in Ungnade gefallen, sich auch von hier wieder entfernen musste. Aus dieser Zeit stammen mehrere seiner Gedichte über die Türkenangelegenheiten, die nebst seinen übrigen historischen Gedichten das Bedeutendste in seinen Werken sind. Er verfasste auch ein Gedicht „Von ainem wutrich der hies Trakle waida von der Walachei“ über den Fürsten Vlad Drăculea III. ("Dracula"), der bei der vergeblichen Belagerung von Kronstadt zahllose Menschen köpfen ließ. Ab 1457 finden wir ihn am Wiener Hof Kaiser Friedrichs III., mit dem er 1462 die Belagerung durch Erzherzog Albrecht und den Bürgermeister Holzer aushielt. Er schrieb aus dieser Begebenheit ein Gedicht (Das Buch von den Wienern, eine Reimchronik in 13.000 Versen), dessen Weise er die „Angstweise“ nannte, und worin er seinen ganzen Grimm über die Wiener, „die Handwerker, Schälke und Lasterbälge“, ausschüttete. Infolgedessen bald von neuem zum Wandern gezwungen, fand er endlich ab ca. 1467 eine Zufluchtsstätte an Pfalzgraf Friedrichs I. Hof in Heidelberg, wo seit der Stiftung der Universität einiger literarischer Sinn herrschte. Hier benutzte er die von dem Kaplan Matthias von Kemnat wenig früher verfasste Prosachronik von den Taten dieses Kurfürsten zu einem umfassenden strophischen Gedicht auf Friedrich, das diesen, nach Aussage von Meyers Konversationslexikon, „in niederer Schmeichelei als den edelsten und tapfersten Helden aller Zeiten feiert.“

Beheim-Sühnekreuz in Obersulm-Sülzbach (Kopie)

Schließlich kehrte Beheim in seine Heimat Sülzbach zurück, wurde dort Schultheiß und in oder nach dem Jahr 1474 erschlagen. An seinen Tod erinnert ein altes steinernes Sühnekreuz, das der damalige Sülzbacher Ortspfarrer J. Caspart 1875 fand und das heute an der Mauer des alten Friedhofs bei der Sülzbacher Kirche angebracht ist. Handschriften von Beheims Dichtungen werden in der Universitätsbibliothek Heidelberg aufbewahrt.

In Wien ist zu seinem Gedenken ein Straßenzug im 17. Bezirk, die Beheimgasse, nach ihm benannt worden.

Als politischer Berufsdichter war er gezwungen, für seine unterschiedlichen, oft untereinander verfeindeten Auftraggeber jeweils das passende Lied zu schreiben. Er drückte dies mit den Worten Der „furst mich hett in knechtes miet, ich ass sin brot und sang sin liet“ aus.[1]

Einzelnachweise

  1. Alois Niederstätter: Das Jahrhundert der Mitte. An der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Österreichische Geschichte 1400-1522. Ueberreuter, Wien 1996, ISBN 3-8000-3527-8, ISBN 3-8000-3553-7. S. 409

Beheims Werke im Druck

1968 - 1972 erschien „Die Gedichte des Michel Beheim“ in drei Bänden im Akademie-Verlag, Berlin, herausgegeben von Hans Gille und Ingeborg Spriewald. Die Ausgabe enthält 453 Gedichte, jedoch nicht die großen Reimchroniken.

Weblinks

Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel so weit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen.

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