Mikhail Nikolayevich Tukhachevsky

Mikhail Nikolayevich Tukhachevsky
Sowjetischer Befehlshaber: Michail Tuchatschewski.

Michail Nikolajewitsch Tuchatschewski (russisch Михаил Николаевич Тухачевский, wiss. Transliteration Michail Nikolaevič Tuchačevskij; * 4.jul./ 16. Februar 1893greg. auf Alexandrowskoje, Gouvernement Smolensk; † 12. Juni 1937 in Moskau) war ein Marschall der Sowjetunion der Roten Armee in der UdSSR. Tuchatschewski trug den Beinamen „Der rote Napoleon“. Er fiel den Säuberungen unter Stalin zum Opfer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Tuchatschewski entstammte einer verarmten Adelsfamilie aus dem Smolensker Gebiet und besuchte zunächst das Gymnasium. Nach einem Jahr im Moskauer Kadettenkorps besuchte er noch sechs Monate die Smolensker Militärfachschule und wurde von dort - als Unterleutnant - 1914 unmittelbar an die Front versetzt. Im Februar 1915 geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft. Er wurde in der Festung Ingolstadt festgehalten, unter anderem zusammen mit dem späteren französischen Präsidenten Charles de Gaulle. 1917 gelang ihm die Flucht; über die Schweiz kehrte er nach Russland zurück und wurde im Range eines Kapitäns demobilisiert.

Nach der Oktoberrevolution trat er 1918 in die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands (Bolschewiki) und die Rote Armee ein. 1919 erhielt er das Kommando über die 5. Armee (Ränge bzw. Dienstgrade gab es zu dieser Zeit nicht). Im Bürgerkrieg führte er unter anderem Truppen gegen die Koltschak-Armee an und nahm 1920 an der Kampagne gegen die Reste der Denikin-Armee auf der Krim teil. Seit 1920 war Tuchatschewski Mitglied des Generalstabes und während des Sowjetisch-Polnischen Krieges kommandierte er die Westfront. 1921 war er an der Unterdrückung des Kronstädter Matrosenaufstands beteiligt.

Nach dem Bürgerkrieg war Tuchatschewski maßgeblich beim technischen Aufbau der Strukturen der Roten Armee beteiligt, die sowjetischen Luft- und Marinestreitkräfte wurden unter seiner Führung ausgebaut. Von 1925 bis 1928 diente er als Chef des Stabs der Roten Armee, 1931 übernahm er die Leitung des Revolutionären Kriegskomitees (Реввоенсовет); 1934 wurde er stellvertretender, 1936 erster stellvertretender Volkskommissar (= Minister) für Verteidigung der Sowjetunion. Den Leninorden erhielt er 1933.

Parallel stieg Tuchatschewski auch in der Parteihierarchie auf. 1935 wurde er Kandidat für das Zentralkomitee der KPdSU, im gleichen Jahr ernannte man ihn zum Marschall der Sowjetunion, von den fünf ersten Marschällen der Sowjetunion war er der jüngste.

Die ersten fünf Marschälle der Sowjetunion: Michail N. Tuchatschewski, Semjon M. Budjonny, Kliment J. Woroschilow, Wassili K. Blücher und Alexander I. Jegorow
Tuchatschewski bei dem Geheimverfahren 1937

Am 22. Mai 1937 wurde Tuchatschewski auf direkten Befehl Stalins und des NKWD-Chefs Jeschow ohne gerichtliche oder staatsanwaltliche Grundlage verhaftet und der „Leitung antisowjetischer und trotzkistischer Organisationen innerhalb der Roten Armee“ sowie der „Spionage für eine fremde Macht“ (Deutsches Reich) angeklagt. Nach dem geflohenen GPU-Agenten Orlow soll der NKWD mit Hilfe der Armee Stalins Sturz geplant haben, da dieser Agent der Ochrana gewesen sei. Laut Walter Schellenberg lieferte der deutsche Geheimdienst gefälschtes Belastungsmaterial gegen Tuchatschewski und seine Mitarbeiter. Allerdings gibt es keine Dokumente, die diese Version belegen. Am 11. Juni wurden ihm im vierten Moskauer Prozess von einem Militärtribunal, dem unter anderem die Marschälle Blücher und Budjonny angehörten, seine militärischen Ränge und Titel aberkannt. Er wurde zum Tode verurteilt und am 12. Juni 1937 erschossen. Fast seine ganze Familie wurde inhaftiert, beziehungsweise zu Lagerhaft verurteilt. Drei seiner Schwestern erlebten das Jahr 1957, in dem Tuchatschewski offiziell rehabilitiert wurde.

Der Prozess gegen Tuchatschewski war der Auftakt der blutigen Säuberungen innerhalb der Roten Armee, in deren Verlauf drei Marschälle, 13 Generäle sowie ca. 5.000 Offiziere hingerichtet wurden. Im Falle Tuchatschewskis soll diesem unter anderem die Niederlage der von ihm geführten Roten Armee im Krieg gegen Polen vorgeworfen worden sein, die schließlich zur Unterzeichnung des Friedens von Riga 1921 führte.

Werke

  • Die Aufgaben der Verteidigung der UdSSR (1920)

Literatur

  • Rudolf Ströbinger, Stalin enthauptet die Rote Armee. Der Fall Tuchatschewskij, Stuttgart 1990, 320 Seiten, ISBN 3421065632
  • Robert Conquest, Der große Terror. Sowjetunion 1934–1938, 2. Aufl., München 2001, 624 Seiten, ISBN 3784424155

Weblinks


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