Millisekundenpulsar

Millisekundenpulsar
Schemazeichnung eines Pulsars.

Ein Pulsar ist ein schnell rotierender Neutronenstern. Die Symmetrieachse seines Magnetfeldes weicht von der Rotationsachse ab, weshalb er Synchrotronstrahlung entlang der Dipolachse aussendet. Liegt die Erde im Strahlungsfeld, empfängt man wie von einem Leuchtturm regelmäßig wiederkehrende Signale. Pulsare strahlen hauptsächlich im Radiofrequenzbereich, manchmal bis in den Röntgenbereich. Von den mehr als 1700 bekannten Quellen ließen sich bei fünf auch im sichtbaren Bereich Intensitätsschwankungen beobachten. Die Rotationsdauer eines Pulsars ohne Begleiter liegt zwischen 0,01 und 8 Sekunden. Die Rotation verringert sich um etwa 10−15s pro Sekunde und begrenzt die Lebensdauer auf etwa zehn Millionen Jahre.

Daneben gibt es sogenannte Millisekunden-Pulsare (etwa fünf Prozent der Pulsare) mit Umlaufzeiten von einer bis zehn Millisekunden und höherer Lebensdauer.

Inhaltsverzeichnis

Bezeichnung

Pulsare tragen die Abkürzung PSR (Pulsating Source of radio emission) und eine Koordinatenangabe. Die Buchstaben B und J unterscheiden zwischen dem B-1950- und dem J-2000-Koordinatensystem. So befindet sich der Pulsar PSR B1919+21 am Himmel ungefähr bei der Rektaszension 19h19 und der Deklination von +21°.

Geschichte

Aus Aufnahmen in den Bereichen des sichtbaren Lichts (rot) und der Röntgenstrahlen (blau) zusammengefügte Aufnahme des Pulsars im Krebsnebel (M 1). Es zeigt Nebelgase in der Umgebung, die durch das Magnetfeld des rotierenden Pulsars mitgenommen, und damit „umgerührt“ und zur Strahlung angeregt werden.

Jocelyn Bell und ihr Doktorvater Antony Hewish entdeckten den ersten Pulsar bei der Suche nach Radioquellen am 28. November 1967. Für diese Untersuchung wurden in einem breiten Feld sämtliche Quellen erfasst, die binnen kurzer Zeit starke Schwankungen in ihrer Strahlungsintensität aufwiesen. Die Signale des später als PSR B1919+21 bezeichneten Pulsars zeichneten sich durch ungewöhnliche Regelmäßigkeit der abgestrahlten Wellen aus, so dass Bell und Hewish sie zunächst für ein künstliches Signal – eventuell einer extraterrestrischen Zivilisation – hielten (Little Green Man 1). [1]

Antony Hewish wurde 1974 für die Entdeckung der Pulsare mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.

Russell Hulse und Joseph H. Taylor Jr. entdeckten 1974 den Pulsar PSR 1913+16, ein System aus zwei einander in weniger als acht Stunden umkreisenden Pulsaren. Ihre Bahnperiode verkürzt sich ständig in einer Weise, die nur durch die Abstrahlung von Gravitationswellen gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie erklärt werden kann. Hulse und Taylor erhielten dafür 1993 ebenfalls den Nobelpreis für Physik. Bis zum Mai 2006 waren ungefähr 1700 Pulsare bekannt, darunter auch ein Doppelpulsarsystem (das 2003 entdeckte System PSR J0737-3039).

Mit einem Alter von etwa 900 Jahren ist PSR B0531+21 im Krebsnebel der jüngste bekannte Pulsar. Seinem Entdecker zu Ehren nennt man ihn heute Steigerpulsar.

Ein in der Entstehung besonderer Pulsar ist der sich auf einer stark elliptischen Umlaufbahn um einen sonnengroßen Stern bewegende J1903+0327, welcher mit 465 Umdrehungen pro Sekunde rotiert.

Entstehung eines Pulsars

Der Vela Pulsar, ein Neutronenstern, der nach einer Supernova-Explosion übriggeblieben ist, fliegt auf einem seiner Jets heißen Plasmas durch den Weltraum. Foto: NASA

Nach einer Supernova eines massereichen Sternes bleibt in einem heißen, ionisierten Gasnebel ein Neutronenstern zurück. Der Neutronenstern besteht aus einem Teil der Materie des ursprünglichen Sternes (1,44 bis 3 Sonnenmassen) auf kleinstem Raum (Durchmesser um 20 Kilometer). Darüber hinaus behält der gesamte Supernova-Überrest aus Neutronenstern und Gasnebel seinen Drehimpuls bei, und das Magnetfeld des ursprünglichen Sternes wird im Neutronenstern komprimiert. Des Weiteren gibt es elektrische Potentialdifferenzen in der Größenordnung von 1011 Volt.

Aufgrund der Erhaltung des Drehimpulses und der starken Verkleinerung der räumlichen Ausdehnung beschleunigt sich die Rotation des Neutronensternes sehr stark, so dass die Rotationsdauer anstatt mehrerer Tage nur noch Sekunden oder Sekundenbruchteile beträgt. Die Folge ist ein sehr kompakter Himmelskörper mit einem starken Magnetfeld (typische Flussdichten von 108 Tesla), das sich innerhalb des ionisierten Gasnebels schnell dreht.

Der schnellste bekannte Pulsar, der pro Sekunde 716 mal rotiert, heißt PSR J1748-2446ad. Er liegt im Sternenhaufen Terzan 5 im Sternbild Schütze. Der vermutete Radius liegt unter 16 Kilometer. Pulsare mit Rotationszeiten im Millisekundenbereich werden auch Millisekundenpulsare genannt. Ihre Rotationszeit nimmt deutlich langsamer zu als bei den normalen Pulsaren. Sie finden sich vorwiegend in Sternhaufen. Millisekundenpulsare stabilisieren ihre Rotation durch Akkretion. Umdrehungszeiten viel kleiner als eine Millisekunde sind wenig wahrscheinlich. Zum einen begrenzt die Zentrifugalkraft die Stabilität des Neutronensterns. Zum anderen sollten die Abstrahlungsverluste durch Gravitationswellen einen Anstieg der Rotationsfrequenz verhindern.

Aufbau eines Pulsars und Entstehung der gepulsten Strahlung

Pulsare besitzen wie alle Neutronensterne eine rund zehnmal höhere Dichte als Atomkerne und sind suprafluid sowie supraleitend.

Die Magnetfeldrichtung des Neutronensterns schließt mit der Drehachse einen bestimmten Winkel ein. Wenn die Magnetfeldrichtung von der Drehachse abweicht, bewegen sich die Magnetfeldlinien schnell durch den ionisierten Gasnebel und verursachen dabei das Abstrahlen elektromagnetischer Wellen in Richtung des Magnetfeldes. Infolge der Rotation streichen die Magnetfeldlinien und mit ihnen die elektromagnetischen Wellen, wie das Licht eines Leuchtturms, über die Umgebung. Liegt die Erde oder das Sonnensystem innerhalb des Doppelkegels, der von der Richtung der elektromagnetischen Strahlung überstrichen wird, kann die gepulste Strahlung beobachtet werden.

Ein Pulsar strahlt die elektromagnetischen Wellen über einen weiten Wellenbereich ab, die vorwiegenden Anteile können im Frequenzbereich von Radiowellen (Radiopulsar), sichtbarem Licht oder gar im Bereich der Röntgenstrahlung (Röntgenpulsar) liegen. Jüngere Pulsare neigen eher dazu, höherenergetische Strahlung abzugeben.

Abschätzungen

Unter vereinfachten Annahmen lassen sich die Rotationsgeschwindigkeit und Rotationsenergie eines Pulars abschätzen. Der Ausgangskörper sei sonnenähnlich und habe eine konstante Diche, genauso wie der kontrahierte Neutronenstern.

Ausgangsgrößen:

  • Sonnenradius: 7*108 m
  • Sonnenmasse: 2*1030 kg
  • Rotationsdauer: 25,4 Tage; Winkelgeschwindigkeit: 3*10−6 1/s

Endgrößen:

  • Radius des Neutronensterns: 1,6*104 m
  • Masse: unverändert 2*1030kg

Das Trägheitsmoment Θ (T=2/3*M*R²) verringert sich quadratisch, wenn der Radius R sich verkleinert, bei konstanter Masse M. Da der Drehimpuls L (L=Θ*ω) erhalten bleibt, muss sich die Umdrehungsgeschwindigkeit ω um das Verhältnis der Trägheitsmomente von Sonne und Neutronenstern vergrößern. Um den gleichen Faktor erhöht sich die Rotationsenergie E (E_rot=1/2 * ω * L).

Eingesetzt, ergeben sich folgende Werte:

  • Verhältnis der Trägheitsmomente von Sonne und Neutronenstern: 2*109
  • Rotationsenergie der Sonne: 3*1036 J
  • Rotationsenergie des Neutronensterns: 5*1045 J
  • Rotationsdauer: 0,001s = 1ms

In der einfachen Abschätzung beträgt die Umlaufgeschwindigkeit an der Oberfläche ein Mehrfaches der Lichtgeschwindigkeit. Folglich kann ein Stern nur kontrahieren, wenn er Masse abstößt und seinen Drehimpuls verringert. Ein vernünftiger Wert für die Rotationsenergie liegt bei 1040 J.

Siehe auch

Literatur

  • Thorsten Dambeck: Die Leuchttürme der Radioastronomen. In: Astronomie heute. Juni 2004, S. 18–23.
  • Andrew G. Lyne et al.: Pulsare. Barth, Leipzig 1993, ISBN 3-335-00336-5.
  • Cees Bassa: 40 years of pulsars – millisecond pulsars, magnetars and more. American Institut of Physics, Melville 2008, ISBN 978-0-7354-0502-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. A. Hewish: Pulsars. In: Annual Review of Astronomy and Astrophysics. 8, 1970, S. 265–296. doi:10.1146/annurev.aa.08.090170.001405

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