Minderkaufmann

Minderkaufmann
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Kaufmann im Sinne des HGB ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 HGB), oder wer aus anderen Rechtsgründen im Handelsgesetzbuch (HGB) als Kaufmann eingeordnet wird (§§ 2 ff. HGB).

Kaufleute wie Nichtkaufleute sind den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterworfen. Für einen Kaufmann im Sinne des HGB gelten jedoch zusätzlich die Rechte und Pflichten des HGB. Nur wenige Vorschriften des HGB sind auch auf Nichtkaufleute anwendbar.

Durch die Änderung des Kaufmanns- und Firmenrechts zum 1. Juli 1998 sind die Begriffe Musskaufmann und Sollkaufmann nicht mehr von Bedeutung. Die Bezeichnung Istkaufmann ersetzt heute die bisherige Definition des Musskaufmanns, und der Begriff Kannkaufmann hat eine Bedeutungsänderung erfahren.

Inhaltsverzeichnis

Untergliederung der Kaufleute

Das Handelsgesetzbuch unterscheidet verschiedene Arten von Gewerbetreibenden, die Kaufleute sein können, dieses sind:

Istkaufmann

Istkaufmann (Einzelkaufmann) ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Handelsgewerbe ist zunächst einmal jeder Gewerbebetrieb, sofern er einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

Kaufmann (Istkaufmann oder Vollkaufmann) ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt, § 1 Abs. 1 HGB.

Der Unternehmer eines solchen Betriebs ist somit automatisch und unmittelbar aus dem Gesetz Kaufmann. Er muss sich in das Handelsregister eintragen lassen (eingetragener Kaufmann), wobei dieser Eintrag nur deklaratorischer Natur ist.

Ob die Größe des Unternehmens einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, hängt von verschiedenen Kriterien ab, die allerdings nicht starr festgelegt sind. Darunter fallen etwa Art und Umfang des Gewerbes, die Komplexität der Geschäftsvorgänge, etc. Deshalb formuliert § 1 Abs. 2 HGB das Erfordernis negativ, so dass für den Unternehmer, der ein Gewerbe betreibt und nicht im Handelsregister eingetragen ist, eine Beweislastumkehr besteht, derzufolge er beweisen und darlegen muss, dass er kein Kaufmann ist. Damit gibt es eine gesetzliche Vermutung für die Kaufmannseigenschaft.

Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt, das nach Art und Umfang eine kaufmännische Organisation erfordert. Es handelt sich dann um ein Gewerbe, wenn folgende Merkmale nach außen erkennbar sind: gewinnorientiert, auf Dauer angelegt ist und selbstständig. Ein in kaufmännischer weise eingerichteter Geschäftsbetrieb ist dann zu vermuten, wenn das Unternehmen doppelte Buchführung verwendet, Angestellte hat, Filialen hat, eine gewisse Umsatzhöhe erreicht, Bilanzen erstellt und in Abteilungen gegliedert ist. Ein Handelsgewerbe ist also jedes Gewerbe, welches im Rahmen eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes ausgeübt wird.

Kannkaufmann

Nach § 2 HGB: Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist, gilt als Handelsgewerbe wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. Die Eintragung ist freiwillig. Die Handelsregistereintragung hat hier konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung. Manchmal spricht man auch unzutreffend von Minderkaufleuten (dieser Begriff ist veraltet und hat hiermit nichts zu tun!) oder Kleingewerbetreibenden (dieser Begriff umfasst aber auch Nichtkaufleute). Nach der früheren Definition stand es dem Kannkaufmann frei, ob er sich ins Handelsregister eintragen lassen wollte. Es gab also auch nicht in das Register eingetragene Gewerbetreibende, die trotzdem Kaufleute waren. Das ist nach der neuen Regelung nicht mehr der Fall; der Unterschied liegt also darin, dass der Kannkaufmann nach heutiger Systematik erst kraft seiner Eintragung gem. § 2 HGB Kaufmann wird.

Wer ein land- oder forstwirtschaftliches Unternehmen betreibt und dafür einen in kaufmännischer Art und Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigt, kann sich ebenfalls freiwillig zum Handelsregister eintragen lassen. Nach HGB § 3 sind somit auch Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft Kannkaufleute.

Fiktivkaufmann

Manchmal sind Unternehmer mit einer Firma im Handelsregister eingetragen, ohne dass überhaupt noch ein Handelsgewerbe betrieben wird. Im Interesse der Rechtssicherheit stellt § 5 HGB die unwiderlegbare Vermutung auf, dass der im Handelsregister eingetragene Gewerbetreibende Kaufmann ist, selbst wenn dieser tatsächlich das Unternehmen nicht mehr betreibt.

Voraussetzung ist in jedem Fall, dass unter der eingetragenen Firma ein echtes Gewerbe betrieben wird. Ob der eingetragene Fiktivkaufmann oder sein Geschäftspartner die falsche Eintragung kennt oder kennen müsste, ist dabei unerheblich. Der Fiktivkaufmann gilt als Kaufmann, bis die Löschung im Handelsregister eingetragen ist.

Rechtsfolge: Derjenige, der Rechtsschein gesetzt hat, kann sich gutgläubigen Dritten gegenüber nicht auf die wahre Rechtslage berufen.

Formkaufmann

Ein Formkaufmann ist ein Verein, der kraft Gesetzes ein Handelsgewerbe betreibt, § 6 Abs. 2 HGB. Hiermit sind die Kapitalgesellschaften und Genossenschaften gemeint. Sie sind Kaufleute kraft Rechtsform und ohne Rücksicht darauf, ob sie tatsächlich ein Handelsgewerbe betreiben. Der Betrieb eines Handelsgewerbes wird vielmehr durch das Gesetz „fingiert“, das heißt, das Gesetz geht automatisch davon aus, dass ein solches Gewerbe existiert und lässt auch den Gegenbeweis nicht zu.

Die Frage, ob ein Verein oder sonstiger Zusammenschluss Formkaufmann ist, also laut Gesetz ein Handelsgewerbe betreibt, ergibt sich nicht aus dem HGB, sondern aus besonderen gesetzlichen Regelungen (beispielsweise dem Aktiengesetz).

§ 6 Abs. 2 HGB ist heute nicht mehr von Bedeutung; er bestimmt, dass ein Formkaufmann nie Minderkaufmann, sondern immer Vollkaufmann ist.

Formkaufmann sind insbesondere die Kapitalgesellschaften:

Außerdem:

Es ist zu beachten, dass die Gesellschaft als juristische Person im vollen Sinne erst durch die Eintragung in das Handelsregister existiert und aufgrund dieses Eintrags auch die Kaufmannseigenschaft erhält. Nach herrschender Lehre ist die Eintragung im Handelsregister Voraussetzung für die Eigenschaft als Formkaufmann. Dies ergibt sich daraus, dass eigentlichen Gesellschaften erst mit der Eintragung entstehen (Der Eintrag ist konstitutiv, d. h. rechtsbegründend). Infolgedessen sind Vorgesellschaften (etwa eine Vor-GmbH) keine Formkaufleute. Sie können aber Kaufleute nach § 1 ff. HGB sein.

Personengesellschaften wie beispielsweise GbR oder KG sind nicht automatisch Handelsgesellschaften und damit auch keine Formkaufleute i.S.v. § 6 Abs. 2 HGB, ihnen wird also nicht per se ein Handelsgewerbe unterstellt. Das gilt (trotz ihres Namens) auch für Offene Handelsgesellschaften (OHG), nicht aber für Personenhandelsgesellschaften, die (wie der Name schon sagt) laut gesetzlicher Definition (§§ 105 Abs. 1, Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB) ein Handelsgewerbe betreiben und damit Handelsgesellschaften i.S.v. § 6 Abs. 1 HGB sind, ergo auch Kaufleute. Eine OHG kann nach §1 HGB Istkaufmann sein, wenn sie vor ihrer Eintragung ins Register einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb führt. Ein spezieller Ausnahmefall ist die rein vermögensverwaltende OHG, die kein Handelsgewerbe betreibt, aber gem. § 105 Abs. 2 HGB trotzdem in das Handelsregister einzutragen und somit Kaufmann kraft Eintragung gem. § 2 HGB ist. (Vgl. Baumbach/Hopt: Handelsgesetzbuch, München, 30. Auflage 2000, § 2 Rn. 2, § 6 Rn. 2,7) Die EWIV, eine Personengesellschaft, ist Formkaufmann nach § 6 Abs. 2 HGB.

Scheinkaufmann

Die Rechtsprechung hat den Grundsatz entwickelt, dass jemand, der durch sein Auftreten im Geschäftsverkehr den Eindruck erweckt, er sei Kaufmann, die ihn belastenden Folgen der Kaufmannseigenschaft gegen sich gelten lassen muss.

Ein Scheinkaufmann ist kein Kaufmann; er haftet jedoch gegenüber gutgläubigen Dritten wie ein Kaufmann. Hinsichtlich der Haftung, nicht aber der Rechnungslegung, muss er sich wie ein Kaufmann behandeln lassen. Zudem muss beachtet werden, dass die Vorschriften des Handelsrechts nur gegen, nicht aber für den Scheinkaufmann angewandt werden dürfen.

Gründerkaufmann

Der Ausdruck bezieht sich auf die Kaufmannseigenschaft eines neu gegründeten Handelsgewerbes. Für ihn gelten gewisse Vorschriften in besonderer Weise. Die gängige Rechtsprechung geht bis etwa ein Jahr nach Gründung eines Handelsgewerbes von der Gründereigenschaft aus.

Bedeutung der Kaufmannseigenschaft

Die Bedeutung besteht darin, dass die Regelungen des HGB bis auf kleine Ausnahmen immer an die Kaufmannseigenschaft anknüpfen.

Für einen Kaufmann ergeben sich daraus besondere Rechte und Pflichten bezüglich seiner Geschäftsführung, insbesondere die Notwendigkeit von Buchführung, Bilanzierung und dem Führen einer Firma.

Weiterhin trifft das HGB insbesondere in seinem vierten Buch (Handelsgeschäfte) besondere Regelungen zu den Rechtsgeschäften, die Kaufleute miteinander oder mit Dritten treffen. Darunter sind auch allgemeine Vorschriften wie die, dass Handelsbräuche nach § 346 HGB automatisch Vertragsbestandteile werden und von den Kaufleuten zu beachten sind.

Verlust der Kaufmannseigenschaft

Die Kaufmannseigenschaft erlischt bei Istkaufleuten mit Aufgabe des Gewerbebetriebs, nicht durch Löschung im Handelsregister. Ein Kannkaufmann hingegen verliert die Kaufmannseigenschaft mit Löschung aus dem Handelsregister.

Siehe auch

Weblinks

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