Arelat

Arelat

Das Königreich Burgund war ein Produkt der Fränkischen Reichsteilungen. Bereits 561-584 und 639–737 waren fränkische Teilkönigreiche in Burgund entstanden, die zunächst an Neustrien, dann wieder an das Gesamtreich fielen. Schließlich entstand erneut ein Königreich aus denjenigen Teilen des früheren karolingischen Reichsteils Burgund, die bei der Teilung des Frankenreichs 843 (Vertrag von Verdun) an das Mittelreich Lothars I. fielen (also ganz Burgund außer der Bourgogne, die an das Westfrankenreich fiel).

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Entwicklung

Das Königreich Burgund entwickelte sich in drei Etappen:

Karolingische Reichsteilungen

  • Lothar I. teilte kurz vor seinem Tod im Jahre 855 sein Reich unter seinen Söhnen auf (Teilung von Prüm). Die burgundischen Reichsteile erhielt Karl, zusammen mit der Provence.
  • Karl starb bereits 863, woraufhin seine Brüder das neue Reich wieder unter sich aufteilten: Die spätere Freigrafschaft Burgund, die Westschweiz, die Region um Lyon und Vienne sowie das untere Rhônetal rechts der Rhone fielen an den lothringischen König Lothar II., das Wallis, Savoyen, die Dauphiné und die Provence an den italienischen König Ludwig II..
  • Als auch Lothar II. (Lothringen) starb (869), teilten sich dessen Onkel, Karl der Kahle (der über das Westfrankenreich herrschte) und Ludwig der Deutsche (der über das Ostfrankenreich herrschte), dessen Teil von Burgund noch einmal (Vertrag von Mersen), 870: Karl der Kahle erwarb das Rhônetal, Ludwig der Deutsche die Westschweiz und Teile des französischen Jura.
  • Als Ludwig II. (Italien) 875 ebenfalls starb, erwarb Karl der Kahle auch dessen Reich samt den Teilen Burgunds, die Ludwig II. 863 erhalten hatte.

Regionale Reichsgründungen

Die Königreiche Hoch- und Niederburgund sowie das Herzogtum von Richard dem Gerichtsherrn

Niederburgund umfasste grob gesagt die heutige französischen Regionen Rhône-Alpes und Provence-Alpes-Côte d'Azur, Hochburgund die spätere Freigrafschaft Burgund, die Westschweiz, Basel, das Wallis, Aosta und Teile der Zentralschweiz. Die spätere Bourgogne gehörte weder zu Hoch- noch zu Niederburgund, sondern zum Westfrankenreich. Fraxinetum in der Provence wurde 888 islamisch.

Niederburgund

  • 877, nur zwei Jahre nachdem er die burgundischen Lande geerbt hatte, starb Karl der Kahle (Westfrankenreich) ebenfalls. Sein Sohn Ludwig der Stammler konnte es nicht verhindern, dass sich noch im selben Jahr ein burgundischer Adliger, Graf Boso von Vienne, selbständig machte. Boso ließ sich 880 mit Hilfe des Papstes Johannes VIII. und auf Drängen seiner Gattin Irmengard, einer Tochter Ludwigs II. von Italien, auf einer Versammlung der Großen zu Mantala (Montaille bei Vienne) zum König von Burgund und der Provence ernennen. Er begründete somit das Reich Niederburgund, das auch das cisjuranische Burgunderreich genannt wurde, oder nach seiner Hauptstadt Arles das Königreich Arelat. Boso konnte sich gegen den neuen König des Ostfrankenreiches, Karl den Dicken (876-887 - seit 880 auch König von Italien, seit 881 Kaiser), behaupten, aber den äußersten Nordosten seines Landes, Wallis, Aosta und Savoyen, nicht halten.
  • Ludwig der Blinde König von Niederburgund, 887–924, König der Langobarden (=Italien) 899-905, Kaiser 901–905. Er war der Sohn Bosos und dessen Gattin Irmengard. Nach seines Vaters Tod huldigte er als unmündiger Erbe zusammen mit seiner Mutter Kaiser Karl dem Dicken und empfing von ihm sein Erbe als Lehen. In demselben Verhältnis stand Ludwig auch zu Karls Nachfolger Arnulf von Kärnten. Ludwig wurde 899 auch König der Langobarden und 901 von Papst Benedikt IV. zum Kaiser gekrönt. 905 unterlag er Berengar von Friaul, der ihn blendete und aus Italien vertrieb. Graf Hugo von Provence wurde Ludwigs Regent in Niederburgund.
  • Hugo von Provence Regent ab 905, König von Niederburgund 924–947, war zugleich seit dem Rückzug Rudolfs II. von Hochburgund 926 König von Italien, und überließ Rudolf 930 schließlich sein niederburgundisches Stammland. 933 versprach er seinen Sohn Lothar Rudolfs Tochter Adelheid als Gatten. Nach Rudolfs Tod 937 erhob Hugo noch einmal Anspruch auf Hochburgund, den er aber wegen der Unterstützung des dortigen neuen Königs Konrad durch den sächsischen Herzog und deutschen König Otto I. nicht durchsetzen konnte.
  • Lothar, Hugos Sohn, war seit 931 Mitregent in Italien. Er heiratete die ihm versprochene Adelheid von Hochburgund 947?, wurde aber schon 950 ermordet. Der neue italienische König Berengar II. von Ivrea setzte Adelheid gefangen. Diese rief den deutschen König Otto I. zu Hilfe, der daraufhin Italien eroberte und Adelheid heiratete (951). Hochburgund wurde endgültig der Besitz Niederburgunds bestätigt.

Hochburgund

Alamannien und Hochburgund im 10. und 11. Jahrhundert
  • Nach der Absetzung Karls des Dicken (Ostfrankenreich) zerfiel auch dessen Reich wieder, und auf dem Boden seiner burgundischen Landesteile proklamierte sich 888 in St. Maurice der Welfe Rudolf I. (888-912), ein Neffe des Königs Hugo von Frankreich, zum König von Hochburgund, welches auch das transjuranische Burgund genannt wurde. Das Reich umfasste die Länder zwischen Jura und Penninischen Alpen, also die spätere Freigrafschaft Burgund (Franche-Comté) und die Westschweiz.
  • Rudolf II. von Hochburgund (912-937) führte zahlreiche Kriege zur Ausdehnung Hochburgunds gegenüber Alamannien. Er erwarb um 912/19/26 Basel und Gebiete im Aargau. Erst die Neugründung des Herzogtums Schwaben unter Burchard II. verhinderte eine weitere Ausdehnung. In der Schlacht von Winterthur 919 wurde Rudolf entscheidend geschlagen. Schwaben und Hochburgund verbanden sich anschließend zur Durchsetzung beidseitiger Interessen in Italien – Rudolf II. heiratete Berta von Alamannien, eine Tochter Burchards II. Die Grenze zwischen Schwaben und Hochburgund wurde durch die Linie Huttwil-Aarwangen-Basel definiert. 922 wurde Rudolf von der gegen Berengar I. von Friaul, Kaiser und König von Italien, gerichteten Opposition nach Italien gerufen und besiegte Berengar. 926 zog er sich aus Italien wieder zurück und überließ es Hugo von Provence, dem König von Niederburgund. Nach der Krönung Hugos zum König von Italien vereinigte Rudolf 930 die beiden burgundischen Reiche zum Königreich Burgund. 933 versprach er seine Tochter Adelheid dem Lothar, einem Sohn Hugos. 935 schloss er ein Freundschaftsbündnis mit dem deutschen König Heinrich I.

Königreich Arelat

Das Königreich Arelat und das Herzogtum Burgund im 12./13. Jahrhundert
  • Konrad III. der Friedfertige (937–993), der Bruder von Adelheid und Thronfolger Rudolfs, wuchs am sächsischen Hof auf. Gegen ihn erhob Hugo von Provence nach dem Tod Rudolfs II. 937 Ansprüche auf Hochburgund, gegen die Konrad 938 durch den deutschen König Otto I. geschützt wurde. Unter Konrads Herrschaft litt das Reich durch Einfälle der Ungarn und durch Fehden und Raubkriege der Großen. Das Machtvakuum nützen auch die Sarazenen für einen Raubzug in den burgundischen Norden, wobei sie 939 auch das Kloster St. Maurice im unteren Wallis plünderten.

Unter Adelheid und Konrad wuchsen die beiden Burgund unter deutscher Hegemonie zusammen. Seither bestand ein einheitliches Königreich Burgund unter Konrad. Das unter den Welfen vereinte Burgund wurde nach der bedeutendsten Stadt Niederburgunds Arles auch Königreich Arelat genannt.

975 Ende der islamischen Herrschaft in der Provence.

  • König Rudolf III. (993–1032), war ein schwacher, durch seine Vasallen bedrängter König . Da er kinderlos geblieben war, schloss 1006 einen Erbvertrag mit dem Deutschen Reich unter Heinrich II., dem letzten der ottonisch-sächsischen Könige und Kaiser. Heinrich II. war über seine Mutter Gisela ein Neffe Rudolfs III.

1033 fiel das Reich dann im Erbgang an den fränkischen Kaiser Konrad II.. Fortan existierte es als Reichsgut mit formeller Selbständigkeit innerhalb des Heiligen Römischen Reiches.

Territoriale Absplitterungen und Ende

In der Stauferzeit ab Mitte des 12. Jahrhunderts wurden die Territorien von Avignon als Grafschaft Venaissin und das Valentinois (Valence) als Markgrafschaft Provence unter den Grafen von Toulouse sowie das Herrschaftsgebiet der Grafen von Savoyen faktisch selbständige Territorien innerhalb Burgunds.

Das Rektorat für die Kaiser übten in den verbliebenen Gebieten die Herzöge von Zähringen aus. Unter ihnen wurden zahlreiche Städte gegründet (unter anderem Bern). Die Bistümer von Basel, Sitten, Lausanne und Genf wurden zunehmend selbständig.

1246 fiel die Grafschaft Provence an das französische Haus Anjou und schied damit ebenfalls de facto aus dem Königreich Burgund aus.

Die Niederlage der Staufer gegen die Anjous nutzte Frankreich zu einer weiteren Gebietskorrektur: Auch das Tal rechts der Rhône zwischen Valence und Avignon (die Ardeche) wurde französisch. Basel, Lausanne und Besançon werden freie Reichsstädte.

1309 siedeln die Päpste auf französischen Druck hin nach Avignon um.

1349 kommt die Dauphiné an den französischen Thronfolger (Dauphin).

1365 wird Kaiser Karl IV. in Arles als letzter zum König von Burgund gekrönt.

1384 gewinnt Herzog Philipp der Kühne von Burgund (also der französischen Bourgogne) die Herrschaft über die Freigrafschaft Burgund. Damit ist die territoriale Einheit des Königreichs Burgund endgültig zerstört, aber aus der Vereinigung von Herzogtum Burgund (französisch) und Freigrafschaft Burgund (deutsch) entsteht ein neues Burgund, siehe Haus Burgund.

Weblinks

Siehe auch: Liste der Herrscher von Burgund

Artikel Burgund (Zweites Königreich) im Historischen Lexikon der Schweiz


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