Mobber

Mobber

Mobbing oder Mobben (von englisch to mob „anpöbeln, angreifen, bedrängen, über jemanden herfallen“ und mob „Meute, Gesindel, Pöbel, Bande“) steht im engeren Sinn für „Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, den Betroffenen aus dem Betrieb hinauszuekeln.“[1] Im weiteren Sinn bedeutet Mobbing, einen Kollegen ständig zu schikanieren, quälen und verletzen,[2] beispielsweise in der Schule (Mobbing in der Schule), am Arbeitsplatz, im Sportverein, im Altersheim oder im Gefängnis.[3] Typische Mobbinghandlungen sind Verbreitung falscher Tatsachen, Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben, Gewaltandrohung, soziale Isolation oder ständige Kritik an der Arbeit.[4]

Inhaltsverzeichnis

Begriffsgeschichte

Mobbing bezeichnete ursprünglich ein Verteidigungsverhalten von Tieren.

1963 hatte der Verhaltensforscher Konrad Lorenz den Begriff „Mobbing“ (Hassen) geprägt: Er bezeichnete damit Gruppenangriffe von Tieren auf einen Fressfeind oder anderen überlegenen Gegner – dort von Gänsen auf einen Fuchs. Der schwedische Arzt Peter-Paul Heinemann verwendete 1969 den Begriff für das Phänomen, dass Gruppen eine sich von der Norm abweichend verhaltende Person attackieren.[5][6]

Bekannt in der heutigen Bedeutung wurde der Begriff durch den aus Deutschland ausgewanderten schwedischen Arzt und Psychologen Heinz Leymann. Er sprach von „Mobbing“ in Bezug auf das Arbeitsleben. Seine Forschungen über direkte und indirekte Angriffe in der Arbeitswelt begannen gegen Ende der siebziger Jahre. Anfang der neunziger Jahre veröffentlichte er seine erste Arbeit, welche die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammenfasste. Leymanns Berichte weckten zunächst nur Interesse in den nordeuropäischen Staaten. Später fanden sie im mitteleuropäischen Raum Beachtung. Veröffentlichungen, eindringliche Fallschilderungen, öffentliche Diskussionen, Unternehmensberater, die Aufnahme der Thematik durch Gewerkschaften, Arbeitgeber und andere Verbände, sowie in der Medizin, machten das Thema Mobbing zunehmend in der breiteren Öffentlichkeit bekannt.

Anders als in den skandinavischen Ländern und im deutschsprachigen Raum wird in englischsprachigen Ländern üblicherweise die Benennung bullying verwendet.[7]

Definition

Alltagssprachlich ausgedrückt bedeutet Mobbing, dass jemand zumeist am Arbeitsplatz – aber auch in anderen Organisationen – fortgesetzt geärgert, schikaniert, in passiver Form als Kontaktverweigerung mehrheitlich gemieden oder in sonstiger Weise in seiner Würde verletzt wird. Eine allgemein anerkannte Definition gibt es nicht. Die meisten Forscher betonen laut Christoph Seydl folgende Gesichtspunkte:

  • Verhaltensmuster: Mobbing bezieht sich auf ein Verhaltensmuster und nicht auf eine einzelne Handlung. Die Handlungsweisen sind systematisch, das heißt sie wiederholen sich beständig.
  • Negative Handlungen: Mobbingverhalten kann verbal (zum Beispiel Beschimpfung), nonverbal (zum Beispiel Vorenthalten von Informationen) oder physisch (zum Beispiel Verprügeln) sein. Solche Handlungen gelten üblicherweise als feindselig, aggressiv, destruktiv und unethisch.
  • Ungleiche Machtverhältnisse: Die Beteiligten haben unterschiedliche Einflussmöglichkeiten auf die jeweilige Situation. Jemand ist jemand anderem unter- beziehungsweise überlegen. Dazu ist kein Rangunterschied nötig, das kann durch die bloße Anzahl bedingt sein: viele gegen einen.
  • Opfer: Im Handlungsverlauf kristallisiert sich ein Opfer heraus. Aufgrund der ungleichen Machtverteilung hat es Schwierigkeiten, sich zu verteidigen.[8]

Mobbing am Arbeitsplatz

Mobbinghandlungen

In einer qualitativen Interviewuntersuchung (n=300) stellte Heinz Leymann 45 Mobbinghandlungen fest, die er als relevant ansah.[4] Martin Wolmerath und Axel Esser identifizierten ohne Anspruch auf Vollständigkeit über 100 verschiedene Mobbinghandlungen.[9] Typische Mobbinghandlung betreffen etwa organisationale Maßnahmen (zum Beispiel Kompetenzentzug oder Zuteilung sinnloser Arbeitsaufgaben), soziale Isolierung (zum Beispiel Meiden und Ausgrenzen der Person), Angriffe auf die Person und Ihre Privatsphäre (etwa Lächerlichmachen der Person), verbale Gewalt (zum Beispiel mündliche Drohung oder Demütigung), Androhung oder Ausübung körperlicher Gewalt und Gerüchte.[10]

Messung

In empirischen Untersuchungen ist eine Messbarmachung (Operationalisierung) von Mobbing notwendig. Diese Operationalisierungen leiten sich zumeist von den jeweils verwendeten Definitionen ab. Bekannte Instrumente sind der Negative Acts Questionnaire und das Leymann Inventory of Psychological Terror.

Verlaufsformen und Verbreitung

Verlaufsformen des Mobbings

Am Arbeitsplatz wird zwischen Mobbing seitens Vorgesetzter und solchem, das von Mitarbeitern gleicher oder unterer Rangfolge ausgeht, unterschieden. In der Literatur wird ersteres teilweise als „Bossing“ (englisch downward bullying) und letzteres als „Staffing“ (englisch upward bullying) bezeichnet.[11] Der Psychoterror, der von in der betrieblichen Hierarchie höher platzierten Personen ausgeübt wird, kommt in Deutschland in 40 Prozent der Fälle vor, während in nur zwei Prozent aller Fälle ein Vorgesetzter von seinen Untergebenen gemobbt wird. Hinzu kommt horizontales Mobbing (englisch horizontal bullying); das heißt, der Betroffene wird von hierarchisch gleichgestellten Kollegen gemobbt. Mehr als 20 Prozent aller Mobbingopfer bezeichnen einen Kollegen als Täter. Etwa gleich viele Betroffene geben an, dass das Mobbing von einer Gruppe von Kollegen ausgeht. Etwas weniger als 15 Prozent aller Mobbingopfer in Deutschland sind davon überzeugt, dass sie sowohl von ihrem Vorgesetzten als auch von Kollegen gemobbt werden.[12] Hinsichtlich der Urheber ist seitens der IG Metall folgende Häufigkeitsverteilung festgestellt worden:

  • 44 %: Kollegen
  • 37 %: Vorgesetzte
  • 10 %: Kollegen und Vorgesetzte gemeinsam
  • 9 %: Untergebene[13]
Aktuelle, jährliche und gesamte Mobbingquote

Die Schätzungen für die momentane Zahl der Mobbingbetroffenen in Deutschland belaufen sich auf über 1.000.000 Erwerbstätige (2,7 %).[12] In der Schweiz sind es knapp 100.000 Erwerbstätige, die sich als Mobbingopfer deklarieren (4,4 %).[14] Für Österreich gibt es keine repräsentativen Zahlen. Bei einer Befragung in oberösterreichischen zufällig ausgewählten Groß- und Mittelbetrieben mit Betriebsrat (30 Betriebe und 249 Arbeitnehmer) fühlten sich 5,3 % der Befragten momentan von Mobbing betroffen.[8] Auf Österreich hochgerechnet wären das über 200.000 Erwerbstätige. Die Zahl der Betroffenen innerhalb eines Jahres oder auf das ganze Erwerbsleben bezogen ist deutlich höher als die tatsächliche Mobbingquote.

Knorz und Zapf zeigten in ihrer Gießener Stichprobe auf, dass bei den Tätern in der Mehrzahl aller Fälle beide Geschlechter vertreten sind.[15] Andere Studien zeigen, dass die Täter hauptsächlich Männer, die Opfer dagegen mehrheitlich Frauen sind.[16] Dies mag an der höheren Erwerbstätigkeitsquote der männlichen Bevölkerung und insbesondere am Vorgesetztenstatus liegen, den Männer häufiger innehaben.[12] Außerdem sind Frauen grundsätzlich eher bereit, über Mobbing zu sprechen, sich psychische und gesundheitliche Probleme einzugestehen und Hilfsangebote wahrzunehmen. Männer betrachten Mobbing eher als zu verschweigendes individuelles Versagen.[17]

Ursachen

Die Mobbingforschung versucht, die Ursachen dieses Phänomens zu ergründen. Es wird allgemein angenommen, dass einerseits situative Faktoren sowie andererseits Persönlichkeitsmerkmale des Opfers und des Täters für das Auftreten von Mobbing verantwortlich sind. Forscher, die Mobbing als komplexen psychosozialen Prozess betrachten, lassen dem Arbeitsumfeld, der Organisation, allen Beteiligten und dem Wesen zwischenmenschlicher Interaktion in Organisationen eine maßgebliche Bedeutung zukommen.[18]

Manche Mobbingforscher bescheinigen, dass Mobbingopfer im Durchschnitt ängstlicher, unterwürfiger und konfliktscheuer sind.[19][20] Da es sich bei den Studien dazu ausschließlich um Querschnittsuntersuchungen handelt, sind die Befunde stark umstritten. Ohne Längsschnittstudien ist nicht auszuschließen, dass diese Unterschiede in der Persönlichkeit von Opfern nicht die Ursache, sondern die Folge von Mobbing sind.[21][22]

Als weitere Ursache für Mobbing gilt die Persönlichkeit des Mobbers. Einige gehen davon aus, dass Menschen zu Mobbern werden, um ihr schwaches Selbstvertrauen zu kompensieren.[23] Mobber benutzen demnach die Opfer als Prügelknaben und als Projektionsfläche für ihre eigenen negativen Emotionen.[24] Untersuchungen von Olweus (unter anderem Untersuchung von Stresshormonen und projektive Tests) unterstützen diese Annahme nicht. Seine Forschungsergebnisse weisen auf das Gegenteil hin; das heißt, dass die Täter im Durchschnitt selbstbewusster und weniger ängstlich sind.[22] Leymann beruft sich auf eigene Forschungsergebnisse, wonach grundsätzlich jede Person Täter werden kann, wenn die situationsbezogenen Voraussetzungen passen.[25]

Am weitesten verbreitet ist unter Forschern die Annahme, dass strukturelle Faktoren Mobbing auslösen.[26][25][27][28] So ist Mobbing eine Waffe (soziale Sanktion) im innerbetrieblichen Wettstreit um knappe Ressourcen (Aufstiegspositionen, Arbeitsplatzsicherheit). Bei wachsender volkswirtschaftlicher Konjunktur nimmt das innerbetriebliche Mobbing daher ab, in der Rezession – wenn vor allem die Arbeitslosigkeit bedrohlicher wird – zu.

Äußerst schlechte Arbeitsorganisation und Produktionsmethoden wie etwa unklare Zuständigkeiten,[29] Monotonie, Stress, allgemeine Mängel in der Kommunikations- und Informationsstruktur, ungerechte Arbeitsverteilung, Über- und Unterforderung, widersprüchliche Anweisungen, mangelnder Handlungsspielraum[30] oder Kooperationszwänge[31] gelten als Ursachen für Mobbing. Begünstigende Faktoren, wie etwa „Wasser predigen und Wein trinken“ seitens des Managements,[32][33] Konkurrenz unter den Mitarbeitern[34] oder eine Organisationskultur, die keine hemmenden Mechanismen gegen Mobbing hat, kommen hinzu.[35][36] Tief greifende organisatorische Veränderungen gelten ebenfalls als Auslöser für Mobbing. Das Risiko, gemobbt zu werden, ist in Organisationen, in denen technologischer Wandel oder eine Änderung der Eigentümerstruktur stattfinden, deutlich größer.[37]

Stufen der Konflikteskalation nach Friedrich Glasl

Gewerkschaften und Forscher berichten, dass einige Unternehmen Mobbing als Strategie verwenden, um ihre Mitarbeiter zur Kündigung zu bewegen.[38] Mittels Mobbing können Arbeitgeber bestimmte Arbeitnehmer zur Kündigung bewegen und somit den Kündigungsschutz oder allfällige Abfindungszahlungen bei Arbeitgeberkündigung umgehen.[8]

Auf der theoretischen Betrachtungsebene werden unterschiedliche soziale Phänomene angeführt, welche als Ursache für Mobbing herangezogen werden. Manche Experten nennen Stigmatisierung[3] und Sündenbockphänomene[39][35] als Ursachen. Heinemann beschreibt Mobbing als ein Ingroup/Outgroup-Phänomen, wo ein Individuum von einer sozialen Gruppe ausgeschlossen wird.[5] Andere Forscher konstatieren, dass ein Konflikt die Ursache für Mobbing ist. Oswald Neubergers Ansicht, dass Mobbing ein eskalierter Konflikt ist, ist unter Mobbingforschern umstritten.[40][9] Empirische Befunde zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen Mobbing und Rollenkonflikt gibt.[41]

Folgen

Mobbing hat weit reichende negative Folgen für die Gesundheit sowie für die berufliche und private Situation des Opfers, wobei insbesondere Neuberger darauf hinweist, dass die Täter-Opfer-Unterscheidung sehr problematisch, weil zu einfach, ist.

Regelmäßige feindselige Angriffe rufen negative Gefühle und starke Verunsicherungen bei den Betroffenen hervor, was zumeist nicht ohne Folgen auf ihr Arbeits- und Leistungsverhalten bleibt. 98,7 % der deutschen Mobbingopfer geben an, dass sich Mobbing darauf auswirkt. Am häufigsten nennen Opfer laut Mobbing-Report Demotivation (71,9 %), starkes Misstrauen (67,9 %), Nervosität (60,9 %), sozialen Rückzug (58,9 %), Ohnmachtsgefühle (57,7 %), innere Kündigung (57,3 %), Leistungs- und Denkblockaden (57,0 %), Selbstzweifel an den eigenen Fähigkeiten (54,3 %), Angstzustände (53,2 %) und Konzentrationsschwächen (51,5 %).[12] Beruflich kann Mobbing zu Kündigung, Versetzung und Erwerbsunfähigkeit des Opfers führen.[12]

Laut Mobbing-Report erkranken 43,9 % der Betroffenen wegen Mobbing, wovon fast die Hälfte davon länger als sechs Wochen krank wird.[12] Posttraumatische Belastungsstörungen gelten beispielsweise als gesundheitliche Mobbingfolgen.[21]

Die privaten und familiären Auswirkungen von Mobbing auf die Betroffenen sind vielschichtig. Zu den häufigsten Folgen gehören laut Mobbing-Report Unausgeglichenheit (23,7 %), soziale Isolation (21,6 %), Streit in der Familie beziehungsweise Partnerschaft (19,7 %), allgemeine Belastung (16,6 %), finanzielle Probleme (15,4 %), Antriebslosigkeit (13,9 %), Aggressivität (9,6 %), Überschattung des Privatlebens (9,6 %) und Depressionen (9,3 %).[12]

Die Folgen von Mobbing gehen ganz erheblich über einen bloßen Verlust von Lebensqualität des Mobbingopfers hinaus. Sie führen oftmals zu massiven gesundheitlichen Schäden. Es ist von entsprechend hohen volks- und betriebswirtschaftlichen Kosten auszugehen: Schätzungen zufolge reichen diese finanziellen Schäden weit in den zweistelligen Milliardenbereich hinein.[42] Sie sind verursacht durch Heilbehandlungen und Rehabilitationskuren oder gar Dauerarbeitslosigkeit, Erwerbsunfähigkeit und Frühverrentung der Betroffenen.[43]

Dem einzelnen Unternehmen entstehen nennenswerte finanzielle Belastungen. Dazu gehören Minderleistung, Fluktuation und Fehlzeiten des von Mobbing betroffenen Mitarbeiters. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) beziffert die betrieblichen Kosten eines durch Mobbing bedingten Fehltages auf 103 bis 410 Euro. Dazu kommt die wesentlich höheren „indirekten“ Kosten: direkte und indirekte Fehlerkosten, Kosten durch direkten Leistungsverlust der beteiligten Mitarbeiter, Kosten durch Störungen der sozialen Arbeitsgemeinschaft, Motivations- und Kreativitäts- und Imageverlust. Gesicherte Berechnungen zu den durchschnittlichen Kosten von Mobbingfällen gibt es noch nicht.

Prävention und Intervention

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, etwas gegen Mobbing zu unternehmen. In vielen Fällen (laut Mobbing-Report 22,5 %) sehen Mobbingopfer als einzigen Ausweg die eigene Kündigung.[12] Von Seiten der Opfer und des Betriebes können Maßnahmen ergriffen werden, um Mobbing einzudämmen.

Praktiker empfehlen Betroffenen, dem Täter Grenzen zu setzen,[44] soweit es ihnen möglich ist und sie sich in der dazu notwendigen seelischen Verfassung befinden. Es gilt als außerordentlich wichtig, dass das Opfer dem Mobber frühestmöglich ein klares „Stopp!“ signalisiert. Ansonsten kann sich der Täter bestätigt darin fühlen, ruhig weiter mobben zu können. Diese Aktion wirkt nach Esser/Wolmerath zweifach.[45] Zum einen stellt sie eine innere Umkehr beim Betroffenen dar, sich nicht mehr als wehrloses Opfer zu fühlen.

Auch kleine Gesten der Gegenwehr bringen den Mobbingbetroffenen aus der inneren Defensive heraus

Esser/Wolmerath[45]

Zum anderen signalisiert die Aktion dem oder den Mobbern das Ende des „leichten Spiels“. Dabei sollte es dem Betroffenen klar sein, dass das erste Anzeichen einer Gegenwehr voraussichtlich zu einer Veränderung der Situation führt, bei der eine Eskalation wahrscheinlich ist. Es empfiehlt sich die Unterstützung eines Mobbingberaters zu suchen.

Betroffene, die den Täter nicht selber zur Rede stellen können, können sich Hilfe innerhalb des Betriebes suchen. Erster Ansprechpartner ist immer der Vorgesetzte, oder falls dieser am Mobbing beteiligt ist, dessen Vorgesetzter. Kollegen kommen genauso als Unterstützung in Frage. Gespräche mit dem Täter sollen grundsätzlich zu Dritt geführt werden. Der Dritte dient dabei als Zeuge, Katalysator, Moderator, Coach oder Mediator. Der Betriebsrat beziehungsweise der Personalrat kann als Interessensvertreter des Mitarbeiters als Partner für Mobbingopfer geeignet sein. Ganz besonders, wenn Führungskräfte am Mobbing beteiligt sind. Insbesondere in kleineren Firmen und im öffentlichen Dienst (Personalrat) kann es passieren, dass sich der Betriebsrat mit den Angreifern solidarisiert. Externe Beratungsstellen stellen eine weitere Anlaufstelle für Mobbingopfer dar.[46]

Als ein nützliches Hilfsmittel für Opfer gilt ein „Mobbingtagebuch“,[46] in dem das Opfer den Verlauf der Mobbingsituation so genau wie möglich festhalten soll. Dabei hält der Betroffene jedes Mal die Uhrzeit und die jeweilige Situation fest, in der gemobbt wurde, wer welche Handlung begangen hat, wer mit anwesend war und die Situation eventuell mitbekommen hat, und wie er sich dabei gefühlt hat. Eventuelle körperliche oder gesundheitliche Reaktionen als Folge und der zeitliche Abstand, in dem sie aufgetreten sind, werden vermerkt.

Das EU-Strategiepapier KOM(2002) 118 endg. bezeichnet Legislativmaßnahmen gegen Mobbing als gerechtfertigt.

Außerdem bietet sich in diesem Tagebuch die Möglichkeit, eventuelle Arztbesuche zu dokumentieren, die aufgrund der Vorfälle nötig sind. Im Falle einer Gerichtsverhandlung dient das Mobbingtagebuch als Hilfe zur Beweissicherung.

Betriebliche Strategien gegen Mobbing lassen sich in Prävention und Intervention einteilen.

Als zentrale Maßnahmen der Mobbingprävention gilt der Aufbau einer Organisations- und Führungskultur, die eine konstruktive Zusammenarbeit garantiert, in der jeder Einzelne von allen wertgeschätzt wird. Sekundäre Maßnahmen sind: Aufklärung (Broschüren, Plakate, Diskussionen, …), Installation einer betriebsinternen Infrastruktur gegen Mobbing am Arbeitsplatz (etwa Betriebsvereinbarung für Fairness am Arbeitsplatz), die systematische Sammlung von Daten über Mobbing im Betrieb oder die Beseitigung von betrieblichen Rollenkonflikten.[47]

Bei der Intervention geht es zuerst darum, den Mobber zu stoppen. Mediation gilt als Möglichkeit in dieser Phase.[47] Mediation bietet ausschließlich Erfolgschancen, wenn der Täter eine Lösung des Konfliktes möchte. Nachdem dem Mobber Einhalt geboten wurde, kommt der Unterstützung des Opfers eine gewichtige Bedeutung zu. Ebenso muss der Täter so unterstützt werden, dass er sein Verhalten nicht nur im aktuellen Fall, sondern grundsätzlich ändert. Psychotherapie, Selbsthilfegruppen und medizinische Therapien gelten als geeignete Unterstützungsmaßnahmen für das Opfer und den Täter.[47]

Verantwortlich für die Gestaltung der Unternehmens- und Führungskultur, für den Arbeitsschutz und für die Intervention in konkreten Mobbing-Fällen ist der Arbeitgeber. Wenn er diese Aufgabe nicht nachweislich erfüllt, kann er vom Opfer arbeits- und zivilrechtlich belangt werden.

Rechtliche Situation

Hauptartikel: Mobbing (Arbeitsrecht)

Die Gesetzgebung in Bezug auf Mobbing am Arbeitsplatz in unterschiedlichen Ländern ist stark verschieden. In manchen Ländern (etwa Schweden, Frankreich oder Spanien) gibt es gesetzlich verankerte Bestimmungen zum Schutz gegen Mobbing am Arbeitsplatz. In anderen Ländern besteht kein oder nur kaum Schutz gegen Mobbing, solange nicht einzelne Handlungen rechtliche Tatbestände erfüllen.

Mobbing in der Schule

Hauptartikel: Mobbing in der Schule

Mobbing in der Schule (auch „Bullying“ genannt) bedeutet ein gegen Schüler gerichtetes „Gemeinsein“, Ärgern, Angreifen, Schikanieren und Sekkieren.[48] Die Täter bevorzugen vor allem schwächere und ängstlichere Opfer.[49] Der Psychologe und Mobbingforscher Olweus unterscheidet zwischen zwei Idealtypen von Mobbingopfern an Schulen, dem passiven Opfer und dem provozierenden Opfer.[22] Laut dem Schulforscher Wolfgang Melzer kann Mobbing in der Schule nicht auf bestimmte Täter- und Opferpersönlichkeiten zurückgeführt werden, sondern auf das Schulklima.[50]

Siehe auch

Literatur

Wissenschaftliche Literatur zu Mobbing am Arbeitsplatz

  • Heinz Leymann: Mobbing – Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann. Rowohlt, Hamburg 1993, ISBN 3-499-13351-2.
  • Oswald Neuberger: Mobbing – Übel mitspielen in Organisationen. Hampp, München 1994, ISBN 3-87988-093-X.
  • Klaus Niedl: Mobbing/Bullying am Arbeitsplatz – Eine empirische Analyse zum Phänomen sowie zu personalwirtschaftlich relevanten Effekten von systematischen Feindseligkeiten. Hampp, München 1995, ISBN 3-87988-114-6.

Repräsentativstudien zu Mobbing am Arbeitsplatz

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Herbert Fussy, Ulrike Steiner (Red.): Österreichisches Wörterbuch. 40. Auflage. öbvhpt, Wien 2006, ISBN 978-3-209-05511-8.
  2. Ursula Kraif (Red.): Duden. Das Fremdwörterbuch. 9. Auflage. Dudenverlag, Mannheim 2007, ISBN 978-3411-04059-9 (Der Duden in zwölf Bänden, Bd. 5).
  3. a b Björn Eriksson: Mobbning. En sociologisk diskussion. In: Sociologisk Forskning. Bd. 2001, Nr. 2, ISSN 0038-0342, S. 8–43.
  4. a b Heinz Leymann. Handanleitung für den LIPT-Fragebogen. Leymann Inventory of Psychological Terror. Dgtv, Tübingen 1996, ISBN 3-87159-333-8 (Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie, Materialien, Bd. 33)
  5. a b Peter-Paul Heinemann: Mobbning – gruppvåld bland barn och vuxna. Natur och kultur, Stockholm 1972, ISBN 91-27-17640-1.
  6. Dan Olweus: Hackkycklingar och översittare – forskning om skolmobbning. Almqvist & Wiksell, Stockholm 1973, ISBN 91-20-03674-4.
  7. Ola Agevall: The Production of Meaning in Bullying Relation. Artikel präsentiert auf The Society for the Study of Social Problems 54th Annual Meeting. San Francisco 2004, 13.–15. August 2004.
  8. a b c Christoph Seydl: Mobbing im Spannungsverhältnis sozialer Normen – eine dissonanztheoretische Betrachtung mit Untersuchung. Trauner, Linz 2007, ISBN 978-3-85499-312-4.
  9. a b Martin Wolmerath, Axel Esser. Mobbing – Ansätze für die Betriebsratsarbeit. In: Arbeitsrecht im Betrieb. Bd. 2000, Nr. 7, 2000, ISSN 0174-1225, S. 388–391.
  10. Dieter Zapf. Mobbing – eine extreme Form sozialer Belastung in Organisationen. In: Psychologie der Arbeitssicherheit. Bd. 10, 2000, ISBN 3-89334-356-3, S. 142–149.
  11. Österreichischer Gewerkschaftsbund: Was ist Mobbing? (zugegriffen am 1. Dezember 2007).
  12. a b c d e f g h Bärbel Meschkutat, Martina Stackelbeck, Georg Langenhoff: Der Mobbing-Report – Repräsentativstudie für die Bundesrepublik Deutschland (PDF; 614 KB). Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002, ISBN 3-89701-822-5.
  13. FOCUS online: Ursachenforschung
  14. Alain Kiener, Maggie Graf, Jürg Schiffer, Ernesta von Holzen Beusch, Maya Fahrni: Mobbing und andere psychosoziale Spannungen am Arbeitsplatz in der Schweiz (PDF; 669 KB). Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Bern 2002
  15. Carmen Knorz, Dieter Zapf: Mobbing – eine extreme Form sozialer Stressoren am Arbeitsplatz. In: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie. Bd. 40, 1996, ISSN 0932-4089, S. 12–21.
  16. Ståle Einarsen, Anders Skogstad: Bullying at Work. Epidemiological Findings in Public and Private Organizations. In: European Journal of Work and Organizational Psychology. Bd. 5, Nr. 2, 1996, ISSN 1359-432X, S. 185–201.
  17. Dieter Zapf: Mobbing in Organisationen – Überblick zum Stand der Forschung (PDF; 2,55 MB). In: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie. Bd. 43, 1999, ISSN 0932-4089, S. 1–25.
  18. Maarit Vartia: Workplace Bullying – A Study on the Work Environment, Well-Being and Health. (PDF; 618 KB) Finnish Institute of Occupational Health, Helsinki 2003, ISBN 951-802-518-5.
  19. Thomas Rammsayer, Kathrin Schmiga: Mobbing und Persönlichkeit – Unterschiede in grundlegenden Persönlichkeitsdimensionen zwischen Mobbing-Betroffenen und Nicht-Betroffenen. In: Wirtschaftspsychologie. Bd. 2/2003, 2003, ISSN 1615-7729, S. 3–11.
  20. Iain Coyne, Elizabeth Seigne, Peter Randall: Predicting Workplace Victim Status from Personality. In: European Journal of Work and Organizational Psychology. Bd. 9, 2000, ISSN 1359-432X, S. 335–349.
  21. a b Heinz Leymann: The Content and Development of Mobbing at Work. In: European Journal of Work and Organizational Psychology. Bd. 5, 1996, ISSN 1359-432X, S. 165–184.
  22. a b c Dan Olweus: Mobbning – vad vi vet och vad vi kan göra. Liber, Stockholm 1986, ISBN 91-40-71638-4.
  23. Marie-France Hirigoyen: Le harcèlement moral – la violoence perverse au quotidien. Syros, Paris 1998, ISBN 978-2-84146-599-6.
  24. Oswald Neuberger. Mobbing – übel mitspielen in Organisationen. Hampp, München 1995, ISBN 3-87988-146-4.
  25. a b Heinz Leymann: Vuxenmobbning – om psykiskt våld i arbetslivet. Studentlitteratur, Lund 1986, ISBN 91-44-24281-6.
  26. Ståle Einarsen, Anders Skogstad: Bullying at Work – Epidemiological Findings in Public and Private Organizations. In: European Journal of Work and Organizational Psychology. Bd. 5, 1996, ISSN 1359-432X, S. 185–201.
  27. Maarit Vartia: The Source of Bullying – Psychological Work Environment and Organizational Climate. In: European Journal of Work and Organizational Psychology. Bd. 5, 1996, ISSN 1359-432X, S. 203–214.
  28. Dieter Zapf, Carmen Knorz, Matthias Kulla: On the Relationship between Mobbing Factors and Job Content, Social Work Environment and Heal Outcomes. In: European Journal of Work and Organizational Psychology. Bd. 5, 1996, ISSN 1359-432X, S. 215–237.
  29. Heinz Leymann: The Content and Development of Mobbing at Work. In: European Journal of Work and Organizational Psychology. Bd. 5, ISSN 1359-432X, S. 165–184.
  30. Anita von Schéele: Mobbning – en arbetsmiljöfråga. Arbetarskyddsnämnden, Stockholm 1993, ISBN 91-7522-386-4.
  31. Dieter Zapf/Carmen Knorz/Matthias Kulla: On the Relationship between Mobbing Factors, and Job Content, Social Work Environment, and Health Outcomes. In: European Journal of Work and Organizational Psychology. Bd. 5, 1996, ISSN 1359-432X, S. 215–237.
  32. Anna Luzio-Lockett: Enhancing Relationships within Organizations – an Examination of a Proactive Approach to „Bullying at Work“. In: Employee Counselling Today. Bd. 7, 1995, ISSN 0955-8217, S. 12–22.
  33. Andreas Patrick Daniel Liefooghe: Employee Accounts of Bullying at Work. In: International Journal of Management and Decision Making. Bd. 4, 2003, ISSN 1462-4621, S. 24–34.
  34. Adrienne B. Hubert, Marc van Veldhoven: Risk Sectors for Undesirable Behaviour and Mobbing. In: European Journal of Work and Organizational Psychology. Bd. 10, 2001, ISSN 1359-432X, S. 415–424.
  35. a b Carroll M. Brodsky: The Harassed Worker. Lexington Books, Lexington 1976, ISBN 0-669-01041-3.
  36. Peter Randall: Adult bullying – Perpetrators and Victims. Routledge, London 1997, ISBN 0-415-12672-X.
  37. Vittorio Di Martino, Helge Hoel, Cary L. Cooper: Preventing Violence and Harassment in the Workplace (PDF-Datei; 388 KB). Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg 2003, ISBN 92-897-0211-7.
  38. Christopher B. Meek: The Dark Side of Japanese Management in the 1990s – Karoshi and Ijime in the Japanese Workplace. In: Journal of Managerial Psychology. Bd. 19, 2004, ISSN 0268-3946, S. 312–331.
  39. Ingela Thylefors: Syndabockar – om mobbning och kränkande särbehandling i arbetslivet. Natur och kultur, Stockholm 1999, ISBN 91-27-07559-1.
  40. Oswald Neuberger: Mobbing – übel mitspielen in Organisationen. Hampp, München 1995, ISBN 3-87988-146-4.
  41. Ståle Einarsen, Bjørn Inge Raknes, Stig Berge Matthiesen. Bullying and Harassment at Work and Their Relationships to Work Environment Quality – an Exploratory Study. In: European Work and Organizational Psychologist. Bd. 4, ISSN 0960-2003, S. 381–401.
  42. Focus online: Mobbing: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt (der Artikel bezieht sich auf Expertenaussagen im Bereich von „40 bis 100 Milliarden Mark“).
  43. Deutscher Gewerkschaftsbund: Die Kosten, die durch Mobbing entstehen (Zugriff am 27. April 2006).
  44. Kanton Luzern: Zum Umgang mit Mobbing und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz (PDF; 262 KB), zugegriffen am 1. Mai 2006.
  45. a b Axel Esser, Martin Wolmerath: Mobbing – der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretung. Bund-Verlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-7663-3214-7.
  46. a b Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (Hrsg.): Fair Play. Vereinbarung für eine würdevolle Zusammenarbeit. Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, Wien 2007, ISBN 3-85010-168-1.
  47. a b c Arbeitspapier des Europäischen Parlaments SOCI 108 EN
  48. Peter K. Smith, Helen Cowie, Ragnar F. Olafsson, Andy P. D. Liefooghe: Definitions of Bullying – A Comparison of Terms Used, and Age and Gender Differences, in a Fourteen-Country International Comparison. In: Child Development. Bd. 73, Nr. 4, 2002, ISSN 0009-3920, S. 1119–1133.
  49. Norbert Kühne: Pöbeln, demütigen und schikanieren. Mobbing im Kindergarten. In: klein&groß – Zeitschrift für Frühpädagogik, Bd. 2007, Nr. 12, 2007, ISSN 0863-4386, S. 45-46.
  50. Ulrich Winterfeld: Gewalt in der Gesellschaft – ein Thema für Psychologen. In: Report Psychologie. Jg. 32, Nr. 11–12, 2007, ISSN 0344-9602, S. 481.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • mobber — noun A member of a mob …   Wiktionary

  • mobber — n. mobile communicator based on the Jabber protocol for cell phones with GPRS …   English contemporary dictionary

  • mobber — mob·ber …   English syllables

  • mobber — mob|ber sb., en, e, ne …   Dansk ordbog

  • mobber — ˈmäbə(r) noun ( s) Etymology: mob (IV) + er : one that mobs …   Useful english dictionary

  • flash mobber — noun Someone who participates in a flash mob …   Wiktionary

  • flash mobber — See: flash mob …   English dictionary

  • mob — mobber, mobbist, n. mobbish, adj. mobbishly, adv. mobbishness, n. mobbism, n. /mob/, n., adj., v., mobbed, mobbing. n. 1. a disorderly or riotous crowd of people. 2. a crowd bent on or engaged in lawless violence. 3. any group or coll …   Universalium

  • Bossing — Mobbing oder Mobben (von englisch to mob „anpöbeln, angreifen, bedrängen, über jemanden herfallen“ und mob „Meute, Gesindel, Pöbel, Bande“) steht im engeren Sinn für „Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, den Betroffenen aus dem Betrieb… …   Deutsch Wikipedia

  • Mobben — Mobbing oder Mobben (von englisch to mob „anpöbeln, angreifen, bedrängen, über jemanden herfallen“ und mob „Meute, Gesindel, Pöbel, Bande“) steht im engeren Sinn für „Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, den Betroffenen aus dem Betrieb… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”