- Molecular farming
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Molecular farming bezeichnet die Produktion rekombinanter Proteine in lebenden Zellen oder Organismen. Hierfür wird ein fremdes Gen in das Erbgut eines anderen Organismus, beispielsweise eines Tieres oder einer Pflanze, integriert. Diese genetisch veränderten Organismen (GVOs) produzieren anschließend aufgrund der codierten Information des fremden Gens ein neues, rekombinantes Protein.
Die Mehrheit dieser Proteine wird derzeit in Mikroorganismen, zum Beispiel Escherichia coli (E.coli) und Saccharomyces cerevisiae oder Säugetierzellkulturen, hauptsächlich in Zellen der Ovarien chinesischer Hamster (CHO-Zellen), hergestellt. [1] Die Säugetierzellkultur ist im Vergleich zu den mikrobiologischen Systemen technisch aufwendiger und teurer, wird jedoch favorisiert, wenn eine korrekte posttranslationale Modifikation des rekombinanten Proteins erforderlich ist. [2]
Transgene Pflanzen stellen hier eine vielversprechende Alternative zur Produktion rekombinanter Proteine dar. Die Produktion in pflanzlichen Systemen ist relativ günstig, es besteht kaum ein Risiko der Produktkontamination mit bakteriellen Toxinen oder Viren und Pflanzen sind in der Lage, posttranslationale Modifikationen höherer Eukaryoten vorzunehmen. [2] Neben intakten Pflanzen, die im Gewächshaus oder auf dem Feld wachsen, eignen sich auch pflanzliche Zellkulturen, welche beispielsweise in Bioreaktoren kultiviert werden können, zur Produktion rekombinanter Proteine. Hierbei wachsen die Pflanzen unter sterilen Bedingungen in Nährlösungen heran. Ein Beispiel dieser Technologie ist der von Ralf Reski entwickelte Moosbioreaktor, ein Photobioreaktor mit genetisch verändertem Physcomitrella patens [2] [3]
In klinischen Studien werden die ersten in transgenen Pflanzen produzierten pharmazeutischen Wirkstoffe bereits geprüft. Derzeit werden beispielsweise ein in Tabak produzierter Antikörper gegen Karies, mehrere tumorspezifische Antikörper, der Blutgerinnungshemmer Aprotinin, eine gastrische Lipase zur Behandlung der Bauchspeicheldrüseninsuffizienz und Enterotoxin B als Impfstoff untersucht. [4] Eine Zulassung für eine PMP (plant made pharmaceutical) produzierende Pflanze gibt es aber weltweit noch nicht. Bislang befinden sich lediglich einige Proteine, zum Beispiel rekombinantes Hühnerei-Avidin und Trypsin aus Mais als kommerzialisierte Produkte auf dem Markt, die für Forschung und Diagnostik verwendet werden dürfen. [5] [6] [7] [8]
Anfang 2006 wurde in den USA ein erstes plant made pharmaceutical zugelassen. Der von der Firma Dow AgroSciences hergestellte Impfstoff für Tiere gegen das Newcastle Disease Virus wurde auf der Basis pflanzlicher Zellkulturen produziert. [8]
Die Produktion rekombinanter Proteine entwickelte sich bereits vor mehr als 25 Jahren. Im Jahr 1982 wurde das erste rekombinant hergestellte Medikament, das in dem Bakterium Escherichia coli gentechnisch hergestellte Humaninsulin, von der FDA (Food and Drug Administration) zugelassen. [9] Heutzutage befinden sich bereits mehr als 300 Produkte auf dem Markt oder in einer fortgeschrittenen klinischen Phase. [2]
In Deutschland waren 2008 134 gentechnisch hergestellte Arzneimittel mit 98 verschiedenen Wirkstoffen zugelassen, 17 davon aus deutscher Produktion. [10]
Quellenangaben
- ↑ Eva L. Decker and Ralf Reski (2007): Moss bioreactors producing improved biopharmaceuticals. Current Opinion in Biotechnology 18, 393-398 [1]
- ↑ a b c d Eva L. Decker, Ralf Reski (2007): Current achievements in the production of complex biopharmaceuticals with moss bioreactors. Bioprocess and Biosystems Engineering 31(1), 3-9 [2]
- ↑ Annette Hohe, Ralf Reski (2005): From axenic spore germination to molecular farming – one century of bryophyte in vitro culture. Plant Cell Rep 23, 513-521 [3]
- ↑ Das Biotechnologie und Life Sciences Portal Baden-Württemberg: Molecular Farming - Biofabrik Pflanze
- ↑ Hood, E.E. et al. (1997) Commercial production of avidin from transgenic maize: characterization of transformant, production, processing, extraction and purification. Mol. Breed. 3, 291–306. [4]
- ↑ Woodard, S.L. et al. (2003) Maize-derived bovine trypsin: characterization of the first large-scale, commercial product from transgenic plants. Biotechnol. Appl. Biochem. 38, 123–130. [5]
- ↑ Julian K-C. Ma, Rachel Chikwamba, Penny Sparrow, Rainer Fischer, Richard Mahoney and Richard M. Twyman (2005): Plant-derived pharmaceuticals – the road forward. Trends in Plant Science Vol.10 No.12, 580 – 585 [6]
- ↑ a b bioSicherheit: Pharmapflanzen
- ↑ Goeddel DV, Kleid DG, Bolivar F, Heyneker HL, Yansura DG, Crea R, Hirose T, Kraszewski A, Itakura K, Riggs AD (1979): Expression in Escherichia coli of chemically synthesized genes for human insulin. Proc Natl Acad Sci USA 76, 106–110 [7]
- ↑ DIB - BioTech 2008: Die wirtschaftliche Bedeutung von Biotechnologie und Gentechnik in Deutschland
Weblinks
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