Ariel Sharon

Ariel Sharon
Ariel Scharon bei einer Pressekonferenz

 Ariel Scharon?/i (hebräisch: אריאל שרון; genannt אריק Arik; * 27. Februar 1928 als Ariel Scheinermann in Kfar Malal in der Scharonebene) ist ein israelischer Politiker und ehemaliger General. Von 2001 bis 2006 war er Ministerpräsident.

Inhaltsverzeichnis

Politische Bedeutung

Scharon war Parteivorsitzender des Likud und Gründer der Nachfolgepartei Kadima. Vor seiner Zeit als Regierungschef hatte er verschiedene Ministerposten inne: einmal Landwirtschaftsminister, zweimal Verteidigungsminister, einmal Außenminister. Nach seinem Schlaganfall Ende 2005 musste er im April 2006 als Ministerpräsident für amtsunfähig erklärt werden (siehe unten, Erkrankung).

Der ehemalige General hat aufgrund seiner Biografie und seines politischen Wirkens eine stark polarisierende Wirkung. Insbesondere in Israel betrachten ihn viele als Helden, der den Staat vom Unabhängigkeitskrieg an stets bedeutend mitgeprägt hat. In Teilen der arabischen Öffentlichkeit und bei einigen Menschenrechtsgruppen gilt er hingegen als „Kriegsverbrecher“. Für sein hartes Vorgehen gegen die Palästinenser erhielt er den Spitznamen „Der Bulldozer“. Andrerseits sind seine Gegner in der israelischen Rechten der Meinung, er sei als Ministerpräsident den Palästinensern gegenüber viel zu kompromissbereit gewesen. Infolge seines Ansehens konnte er jedenfalls manche dieser Kompromisse gut in der Öffentlichkeit durchsetzen.

Familie

Scharons Vater Shmuel (Samuel) kam aus Brest Litovsk und die Mutter aus Mohilev in Weißrussland[1]. Der Vater hatte gerade in Tbilissi sein Landwirtschaftsstudium abgeschlossen, als er 1921 als aktiver Zionist vor der Roten Armee floh und zusammen mit der Mutter nach Palästina auswanderte. Seine Frau Vera Schneeroff konnte deshalb ihr Studium der Medizin nicht abschließen, was sie ihr Leben lang bereute. Im Unterschied zu vielen Einwanderern jener Zeit war sie weder sozialistisch eingestellt, noch teilte sie den Zionismus ihres Mannes.

Die Familie ging nicht in einen sozialistischen Kibbuz, sondern in den Moschaw Kfar Malal, wo die Entscheidungen zwar kollektiv getroffen wurden, aber jeder sein eigenes Land besaß. Dass Ariel Scharon nach Meinung einiger Biografen ein Außenseiter unter den Dorfkindern war, wird auf die politische Einstellung seiner Mutter und die väterliche Lebensart zurückgeführt. Als einziger studierter Landwirt und wenig kompromissbereiter Mensch verstand es der Vater, sich wiederholt über die Entscheidungen der Gemeinschaft hinwegzusetzen.

Frühe Jahre

Dienst in der Hagana

Bereits im Alter von 13 Jahren begann Scharon am Wachdienst des Moschaws mitzuwirken und besuchte das Gymnasium in Tel Aviv. Im Jahre 1942 trat Scharon 14-jährig der Untergrundorganisation Hagana bei, dem Vorläufer der israelischen Armee. Mit 17 Jahren machte Scharon, der nie ein herausragender Schüler war, das Abitur. Da sein Vater die Aktionen des Palmach gegen national-konservative Gruppen (wie Lechi und Etzel) ablehnte, die gegen die Briten kämpften, trat Scharon nicht dieser Eliteeinheit, sondern der Siedlungspolizei bei. Schon seit dem 21. Dezember 1947 war die Hagana dauerhaft mobilisiert worden und Scharon nahm an mehreren ihrer Aktionen teil.

Unabhängigkeitskrieg

Zu Beginn des israelischen Unabhängigkeitskrieges von 1948 war Scharon Zugführer in einer Infanteriekompanie, die zur Alexandroni-Brigade gehörte. Er kämpfte unter anderem in der ersten Schlacht um Latrun (26. Mai 1948), wo er schwer verwundet und sein Zug fast vollkommen ausgelöscht wurde. Später wurde er zum Aufklärungsoffizier im Bataillon ernannt, das zuerst im Norden gegen die Iraker, später, kurz vor Kriegsende, im Süden gegen Ägypten kämpfte.

Nach dem Krieg wurde die Alexandroni-Brigade in den Reservestatus versetzt und Scharon wurde Offizier der Aufklärung in der Golani-Brigade, in der er bald zum Hauptmann befördert wurde und einen Bataillonskommandeurskurs besuchte. Im Jahre 1950 wurde er zum Aufklärungsoffizier für das gesamte Zentralkommando ernannt. Wegen der Folgen einer Malaria nahm Scharon 1951 eine mehrmonatige Auszeit und bereiste zum ersten Mal Europa und Nordamerika. Im November 1952 begann Scharon unter der Führung von Mosche Dajan erstmals mit Kommandoaktionen hinter den feindlichen Linien. Am Ende des Jahres entschloss er sich jedoch zum Rückzug aus dem aktiven Dienst.

Er begann ein Studium der Geschichte und Kultur des Nahen Ostens an der Hebräischen Universität Jerusalem, an der er sich schon einmal 1947 erfolglos für Landwirtschaft eingeschrieben hatte. Am 29. März 1953 heiratete er seine erste Frau Margalit (kurz Gali), eine Rumänin, die er 1947 kennengelernt hatte. Margalit starb im Jahre 1962 bei einem Autounfall. Durch einen Unfall mit einem Gewehr der Familie starb auch ihr gemeinsamer Sohn 1967 früh. Scharon heiratete später Margalits jüngere Schwester Lily, mit der er zwei Söhne, Omri und Gilad zeugte. Lily Scharon starb im Jahre 2000.

Militärische Karriere

Die Einheit 101

Nachdem terroristische Überfälle in den Jahren 1951 137, 1952 162 und 1953 noch einmal 160 meist zivile Opfer durch die schwer zu überwachenden Grenzen Israels bis in die Vororte Tel Avivs gefordert hatten, wurden mehrere Versuche unternommen, Gegenschläge gegen Zentren des Terrors auszuführen. Diese waren jedoch wenig effektiv und wurden nicht von speziell ausgebildeten Truppen ausgeführt, die dabei oft schwere Verluste erlitten. Auch Scharon führte einen dieser misslungenen Gegenschläge aus. Seine militärische Analyse der Aktion bewegte David Ben Gurion dazu, Mordechai Maklef mit der Gründung einer Spezialeinheit, der Einheit 101, zu beauftragen. Ende Juli 1953 wurde Scharon mit ihrer Führung betraut, weshalb er sein Studium zurückstellen musste.

Scharon wählte das Personal sorgfältig aus. Im Oktober 1953 hatte die in Camp Sataf stationierte Einheit 45 Mitglieder, die einem harten Training unterworfen wurden. Die Einheit begann mit als „Abschreckungsoperationen“ bezeichneten Militäraktionen im Feindesland. Bei ihren Kommandounternehmen im feindlichen Hinterland wurde keine Rücksicht auf Zivilisten genommen. Bei einem gemeinsam mit einer Kompanie Fallschirmjäger unternommenen Angriff auf das jordanische Dorf Qibya wurden 69 Menschen getötet. Die meisten Opfer waren Zivilisten, die sich trotz Räumungsbefehls in ihren Häusern versteckt hielten, die von den Israelis gesprengt wurden. In seiner Autobiografie schreibt Ariel Scharon:

„Wenn die zivilen Opfer auch eine Tragödie waren, war der Angriff auf Qibya doch ein Wendepunkt. Nach so vielen Niederlagen und Fehlschlägen war nun deutlich, dass die israelischen Truppen wieder dazu in der Lage waren, Ziele weit im feindlichen Hinterland zu finden und zu treffen. Was dies für die Moral der Armee bedeutete, kann kaum übertrieben werden.“

Die Fallschirmjäger

Nachdem Mosche Dajan Ende 1953 zum israelischen Generalstabschef ernannt worden war, wurde die Einheit 101 in die Fallschirmjägertruppe integriert. Scharon wurde der Chef des Bataillons, das nach Einschätzung der israelischen Führung erfolgreich arbeitete. Nach der Qibya-Aktion wurden jedoch nur noch rein militärische Ziele angegriffen. Neben der herausgehobenen Position der Fallschirmjäger führte die Tatsache, dass Scharon seine persönlichen Kontakte zu Ben Gurion und Dajan zu scharfer Kritik an den Methoden der Armee und für seine persönlichen Ambitionen nutzte, zu Problemen Scharons mit seinen Vorgesetzten in der Armee. Zu Konflikten kam es auch mit dem neuen Verteidigungsminister Pinchas Lawon, der, besorgt um die außenpolitischen Auswirkungen der Aktionen, Scharon vergeblich zu zügeln versuchte. In diese Zeit fällt auch der großangelegte Angriff der Einheit auf das ägyptische Hauptquartier in Gaza am 28. Februar 1955, der weitreichende politische Konsequenzen zur Folge hatte; er war etwa ein Mitgrund für die verstärkte Inanspruchnahme sowjetischer Militärhilfe durch Gamal Abdel Nasser. Eine weitere bedeutende Aktion war der Angriff auf das jordanische Militärhauptquartier in Kalkilia im Oktober 1956.

Die Suezkrise

In der Suezkrise spielte Scharons 202. Fallschirmjäger-Brigade eine entscheidende Rolle. Das 890. Fallschirmjäger-Bataillon sicherte nach einer Luftlandung den Ostausgang des strategisch wichtigen Mitla-Passes. Der Rest der Brigade unter Scharon kämpfte sich in zwei Tagen auf dem Landweg die 200 km durch feindliches Gebiet zum Pass vor.

Scharon bat mehrmals erfolglos darum, den Pass angreifen zu dürfen, erhielt aber nur Erlaubnis, ihn aufzuklären, um ihn, falls er unbesetzt sein sollte, später einzunehmen. In großzügiger Auslegung seiner Anweisungen schickte Scharon einen für reine Aufklärungszwecke sehr starken Spähtrupp, der in der Passmitte durch schweres Feuer festgenagelt wurde. Scharon schickte daraufhin auch den Rest seiner Brigade zur Unterstützung. In dem sich nun entwickelnden Gefecht konnten die Israelis den Pass zwar erobern, 38 israelische Soldaten kamen jedoch dabei ums Leben.

Mehrere Jahre später gingen einige Teilnehmer der Schlacht an die Presse und warfen Scharon vor, er habe seine Aufklärer leichtfertig in Gefahr gebracht, um die Ägypter zu provozieren. Andere Veteranen der Aktion nahmen Scharon hingegen in Schutz. Es war das erste Mal, dass der Sinn einer Aktion der Israel Defense Forces in der israelischen Öffentlichkeit so intensiv diskutiert wurde.

Karriere-Stillstand in der Zwischenkriegszeit

Der Mitla-Zwischenfall fand das Missfallen von Scharons Vorgesetzten und brachte seine militärische Karriere auf Jahre hinaus beinahe zum Stillstand. Er blieb Kommandeur der Fallschirmjäger, bis er im Herbst 1957 von Dajan für ein Jahr nach England auf das Stabs College geschickt wurde. Dort schrieb er eine analytische Arbeit mit dem Titel: Command Interference in Tactical Battlefield Decisions: British and German Approaches. Nach seiner Rückkehr wurde er Oberst und Kommandeur der Infanterie-Schule, eine Aufgabe, die ihm wegen ihrer Inaktivität nicht zusagte. Später kam eine Kommandantur einer Reserve-Infanteriebrigade hinzu. Scharon begann auch einen Panzer-Lehrgang und besuchte einen Abendkurs für Jura bei der Tel Aviver Abteilung der Hebräischen Universität (den Abschluss machte er schließlich 1966). Auf Druck von Ben Gurion ernannte ihn Tzur schließlich zum Kommandeur einer Reserve-Panzerbrigade, abermals eine inaktive Rolle, die ihm aber wegen seines Interesses für die strategische Bedeutung von Panzern eher zusagte. Aber erst als Ende 1963 Jitzchak Rabin, ein späterer Arbeitsparteipolitiker, zum Generalstabschef ernannt wurde, wurde Scharon wieder einbezogen und zum Kommandeur des Nördlichen Oberkommandos unter Awraham Joffe ernannt. 1966 wurde er schließlich von Rabin in den Rang eines Generalmajors (Aluf) befördert, zum Direktor des militärischen Trainings ernannt und Kommandeur einer Reserve-Division.

Der Sechstagekrieg

Vor dem Sechstagekrieg machte sich Scharon zusammen mit Joffe und Matti Peled dafür stark, die ursprüngliche Taktik zu ändern, die Eroberungen entlang eines Stufenplans vorsah und zu Beginn auf eine Front entlang des Gazastreifens beschränkt war. Scharon plante einen Angriff, der sowohl gleichzeitig und von Beginn an alle verfügbaren Kräfte ins Kampfgeschehen einbindet, als auch die gesamte Sinaifront umfassen sollte. Nach der Ernennung Dajans zum Verteidigungsminister konnte sich diese Vorstellung durchsetzen. Im Krieg kommandierte Scharon die mächtigste Panzerdivision an der Sinaifront (die beiden anderen Divisionen waren die von Tal und Joffe), der der Durchbruch im Gebiet von Kusseima und Abu-Ageila gelang. Es war schließlich auch Scharon, der die 6. ägyptische Division vernichtend schlug. Rabin ernannte Scharon daraufhin zum Kommandeur des Sinai, wodurch er auch für die Versorgung der in der Wüste verstreuten ägyptischen Soldaten zuständig war.

Als Chef der militärischen Ausbildung begann er sofort nach dem Krieg, verschiedene Ausbildungszentren in das Westjordanland zu verlegen, um die Gebiete zu sichern. Am Ende hatte er beinahe alle ehemaligen jordanischen Militärlager und Kasernen besetzt, die an den wichtigen strategischen Punkten lagen. Er versuchte auch Dajan davon zu überzeugen, die Familien der Soldaten in der Nähe dieser Kasernen anzusiedeln, war jedoch zunächst nicht erfolgreich. Im Jahre 1969 wurde er Chef des Südkommandos der israelischen Streitkräfte.

Der Jom-Kippur-Krieg

Nach dem Angriff arabischer Staaten auf Israel zum Auftakt des Jom-Kippur-Krieges 1973 wurde Scharon aus dem militärischen Ruhestand zurückgerufen. Ihm gelang es in eigenmächtiger Initiative, unter Missachtung der Anweisungen seines Vorgesetzten Generalleutnant Chaim Bar-Lew, mit seiner Panzerdivision die ägyptischen Angriffslinien im Sinai zu durchbrechen, südlich der Bitterseen die auf dem Ostufer verbliebene 3. Ägyptische Armee einzukesseln und über den Sueskanal überzusetzen. Die israelische Armee stand nun jenseits des Sueskanals, etwa 100 km vor Kairo. So half er entscheidend mit, eine drohende Niederlage Israels abzuwenden. Seither gilt er in Israel vielen als Held.

Politischer Werdegang

Von 1973 bis 1974 und von 1977 bis 2006 war er Abgeordneter der Knesset. In der Likud-Regierung von Menachem Begin amtierte Scharon zunächst als Landwirtschaftsminister (1977-1981), dann als Verteidigungsminister (1981-83). Als Landwirtschaftminister wurde er ab 1977 einer der wichtigsten Fürsprecher der Siedlerbewegung.

In Folge der israelischen Besetzung des Süd-Libanons verübten die mit Israel verbündeten libanesisch-christlichen Falange-Milizen 1982 in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila Massaker an palästinensischen Kämpfern und Zivilisten. Ein israelischer Untersuchungsausschuss, die Kahan-Kommission, gab 460 Opfer als gesichert an und ging aufgrund von Geheimdienstinformationen von etwa 800 zivilen und militärischen Opfern aus. Die Kahan-Kommission warf Scharon zwar nicht Komplizenschaft, aber doch fahrlässiges Unterlassen vor und befand ihn daher 1983 als politisch indirekt mitschuldig, wodurch er als Verteidigungsminister zum Rücktritt gezwungen wurde[2]. Zu einer strafrechtlichen Verurteilung kam es nicht, weil Ariel Scharon an den Massakern weder militärisch noch politisch involviert gewesen war. Im Jahr 2001 wurde der Fall erneut von Überlebenden des Massakers vor ein belgisches Gericht gebracht. Die Klage wurde in Belgien erhoben, da das belgische Strafrecht ein einzigartiges „Weltrechtsprinzip“ enthält, welches Klagen gegen Ausländer wegen im Ausland verübter Verbrechen zulässt. Auf internationalen Druck wegen der Gefahr einer politischen Instrumentalisierung wurde dieses Rechtsprinzip in Folge abgeändert. Des belgische Kassationsgericht lehnte darauf hin seine Zuständigkeit ab.[3]

In den folgenden Kabinetten blieb Scharon zunächst Minister ohne Geschäftsbereich (1983-84), von 1984 bis 1990 Minister für Handel und Industrie und Bauminister (1990-92). In dieser Zeit entwickelte er weitreichende israelische Siedlungspläne im palästinensischen Westjordanland mit dem umstrittenen Siedlungsring um Ostjerusalem, zu dem auch Ma'ale Adumim gehört.

Nach dem Regierungswechsel 1992, bei dem die Arbeitspartei unter Jitzchak Rabin den Likud ablöste, war Scharon Mitglied der Knesset. Dort gehörte er der außenpolitischen und der Verteidigungskommission an. Als schärfster innenpolitischer Gegner Rabins kritisierte Scharon Rabin wegen des Oslo-Friedensprozesses als Verräter. 1996, im Jahr nach der Ermordung Rabins, errang der Likud unter Benjamin Netanjahu einen neuen Wahlsieg; Scharon wurde Minister für die nationale Infrastruktur und förderte in dieser Funktion massiv den Ausbau der israelischen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten. 1998 ernannte Netanjahu Scharon zum Außenminister. In diesem Amt fordert Scharon seine Landsleute auf, sich in den besetzten Gebieten „so viele Berggipfel wie möglich zu nehmen“.

1999 besiegte die Arbeitspartei unter Ehud Barak den Likud, dessen Vorsitzender Netanjahu in den Strudel einer Finanzaffäre geraten war. Netanjahu trat als Parteichef zurück und Scharon wurde zunächst übergangsweise, im September 1999 dann endgültig sein Nachfolger.

Am 28. September 2000 besuchte Scharon in Begleitung von rund 1.000 Journalisten, Polizisten, Militärs und Politikern, den sowohl von Muslimen als auch von Juden und Christen als heilig deklarierten Tempelberg in Jerusalem, um zu verdeutlichen, dass der Tempelberg auch den Juden gehört. Er wollte damit auch verdeutlichen, dass seiner Meinung nach Israel die Kontrolle über ein vereinigtes Jerusalem an jedem Ort behalten müsse. Dieser Auftritt stand im Gegensatz zu Dayans Entscheidung bei der Eroberung Ostjerusalems 1967, keine israelischen Flaggen auf dem Tempelberg zu hissen, der darin eine überflüssige Provokation der Palästinenser gesehen hatte. Bei seinem Besuch, begleitet von zahlreichen bewaffneten Sicherheitskräften, sagte Scharon, er sei mit einer Friedensbotschaft gekommen:

„Ich bin überzeugt, dass wir mit den Palästinensern zusammenleben können.“

Obwohl der Besuch mit der moslemischen Verwaltung des Tempelbergs abgestimmt war, kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen; bei Demonstrationen im Anschluss wurde auch mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen und etliche verletzt und getötet. Der Tempelbergbesuch Scharons fällt zeitlich mit dem Beginn der Zweiten Intifada zusammen, welche nach arabischer Lesart durch diesen ausgelöst wurde. Die Palästinenser bezeichnen die zweite Intifada auch griffig als „Al-Aqsa“-Intifada, benannt nach der gleichnamigen Moschee auf dem Tempelberg. Andererseits gab es schon in der unmittelbaren Zeit davor tödliche Anschläge und weitreichende Pläne der Palästinenser für den bewaffneten Aufstand.

Premierminister

Ariel Scharon (2004)

Nach dem Scheitern der Friedensgespräche gewann Scharon am 6. Februar 2001 eine Sonderwahl um das Ministerpräsidentenamt und wurde daraufhin am 7. März 2001 Israels Premierminister. Besonders attraktiv war für viele Wähler sein Versprechen, dem Sicherheitsbedürfnis der israelischen Bevölkerung höchste Priorität einzuräumen und den Terror zu beenden. Dieses Versprechen konnte er allerdings während seiner Amtszeit nicht erfüllen. Scharon lehnte Jassir Arafat als Gesprächspartner auf palästinensischer Seite ab, warf ihm Urheberschaft am Terror vor, isolierte Arafat international und ließ eine öffentliche Erörterung der gezielten Tötung Arafats oder seine Ausweisung aus den palästinensischen Gebieten zu, bis er ihn in der weitestgehend zerstörten Muqataa unter Hausarrest stellte.

Scharon errang am 28. Januar 2003 mit seiner Likud-Partei einen neuen, großen Wahlerfolg. In der zweiten Amtszeit von Scharons Regierung wurde mit der Errichtung eines 720 km langen Trennungszaunes teilweise inmitten der Palästinensergebiete begonnen, der über eine Distanz von 20 km mit Beton verstärkt und dessen internationaler rechtlicher Status äußerst umstritten ist.

Am 23. März 2004 kündigte die Hamas zum wiederholten Male und als Reaktion auf die gezielte Tötung Ahmad Yasins an, Scharon ermorden zu wollen. Nur wenige Tage nach der Tötung Yasins geriet Scharon erneut unter Druck. Abgeordnete der Schinui-Partei, die an der Regierung beteiligt waren, forderten Scharons Rücktritt. Am 28. März hatte die Generalstaatsanwältin Edna Arbel bekanntgegeben, dass sie gegen Scharon und seine Söhne Anklage wegen Korruption erheben wollte. Mitte Juni 2004, entschied der israelische Generalstaatsanwalt Menachem Masus nach monatelangen Ermittlungen, Regierungschef Scharon nicht anzuklagen. Da der Verdacht nicht zu erhärten war und somit eine Verurteilung unwahrscheinlich erschien, wurde das Verfahren eingestellt. Scharon hatte gleichzeitig mit Masus auch einen anderen Konflikt: Dieser hatte Scharon öffentlich getadelt, da Scharon in Bezug auf das Westjordanland und dem Gazastreifen von den „besetzten Gebieten“ sprach - abweichend vom offiziellen israelischen Sprachgebrauch, der „umstrittene Gebiete“ verwendet. Scharon legte trotz des schwebenden Ermittlungsverfahrens keinen gesteigerten Wert auf ein entspanntes Verhältnis zum Chefankläger und bestand weiterhin auf seiner Wortwahl.

Im Dezember 2003 legte Scharon den als „Scharon-Plan“ bekannten einseitigen Abzugsplan aus dem Gazastreifen und Teilen des Westjordanlandes vor, wonach alle Siedlungen im Gazastreifen und vier im Westjordanland aufgelöst werden sollten. Trotz internationaler Kritik an der fehlenden Abstimmung mit den Palästinensern sahen viele diesen Plan als Schritt in die richtige Richtung und Abkehr von der bisherigen Siedlungspolitik Israels. Andere sehen darin nur die Einsicht, dass der militärische Aufwand, die Siedlungen in Gaza zu halten, auf Dauer nicht tragbar war. Der Plan kostete Scharon Sympathien bei der Siedlungsbewegung und der politischen Rechten Israels, brachte ihm aber Zustimmung im gemäßigten und linken Spektrum. Um den Plan, der seiner früheren Politik widersprach, durchzusetzen, beendete er die Koalition mit Schinui und Schas und ging eine Große Koalition mit der Arbeitspartei ein. Manche sahen keinen echten Widerspruch zu seiner früheren Politik, sondern nur ein Ablenkungsmanöver, um die Grenzverschiebungen im Westjordanland durch den Trennungszaun zugunsten Israels der internationalen Aufmerksamkeit zu entziehen. Innerparteilich hatte er einen Machtkampf mit den Gegnern des Plans unter Finanzminister Benjamin Netanjahu zu bestehen, der im August 2005 kurz vor Vollzug des Gaza-Abzugs von seinem Amt zurücktrat.

Am 21. November 2005 kündigte Scharon seinen Rücktritt vom Ministerposten und den Austritt aus dem Likud an. Nachdem der Widerstand im Likud gegen den Abzug gewachsen war, hatte er im selben Monat eine neue Partei mit dem Namen Kadima („Vorwärts“) gegründet, die bei den folgenden Neuwahlen ihre gute Chance nutzte.

Erkrankung

Am 18. Dezember 2005 erlitt Scharon einen leichten Schlaganfall. Dabei wurde ein offenbar angeborener Herzfehler entdeckt, der am 5. Januar 2006 operiert werden sollte. Am Vorabend der Operation wurden starke Hirnblutungen festgestellt, vermutlich infolge eines weiteren Schlaganfalls. Scharon wurde in ein künstliches Koma versetzt und musste sich in den nächsten Tagen mehreren neurochirurgischen Operationen unterziehen. Die Regierungsgeschäfte wurden an den stellvertretenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert übertragen. Ab dem 9. Januar begannen die behandelnden Ärzte, die Betäubungsmittel abzusetzen. Dieser Vorgang sollte ursprünglich innerhalb von 36 Stunden abgeschlossen sein. Bei Tests am Samstag, dem 14. Januar, wurden zwar Gehirnaktivitäten in beiden Hirnhälften gemessen, es gab jedoch keine Anzeichen für ein Erwachen aus dem Koma. Daher wurde öffentlich die Befürchtung geäußert, das Koma könne tatsächlich eine Folge des Schlaganfalls sein. [4]

Es galt als sicher, dass Scharon sein Amt nicht mehr ausüben können würde. Dies brachte eine schwierige Situation für die israelische Politik mit sich, da insbesondere die in den letzten Jahren verfolgte Politik gegenüber den Palästinensern und die neue Partei Kadima eng mit der Person Scharons verbunden waren. In der israelischen Öffentlichkeit wurde Kritik an der medizinischen Versorgung Scharons laut; man hätte ihm demnach nicht gestatten sollen, ohne ärztliche Begleitung auf seine abgelegene Farm zurückzukehren. Ein Journalist der Zeitung Ha'aretz formulierte: „Israel hat nun zwei Ministerpräsidenten verloren, weil sie nicht ausreichend geschützt wurden: Rabin vor Gewalt und Scharon vor Krankheit.“

Unter den zahlreichen Genesungswünschen waren auch solche von politischen Gegnern, aus der arabischen Welt und aus der Palästinensischen Autonomiebehörde; lediglich Mitglieder der Hamas und der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad wünschten Scharon öffentlich den Tod.

Am 11. Februar 2006 entschieden sich die Ärzte zu einer weiteren Notoperation, nachdem Untersuchungen Schäden am Verdauungstrakt des Politikers und Probleme bei der Blutversorgung der inneren Organe gezeigt hatten. Erklärungen der behandelnden Ärzte zufolge sei Scharons Zustand nach der Operation „kritisch, aber stabil“. Anfang April 2006 erfolgte ein weiterer chirurgischer Eingriff zur Schließung der Schädelöffnungen, die durch die vorherigen Operationen verursacht worden waren. Am 11. April 2006 beschloss das israelische Kabinett, Scharon für dauerhaft amtsunfähig zu erklären. Sein Nachfolger im Ministerpräsidentenamt wurde sein Stellvertreter Ehud Olmert.

Inzwischen wurde Ariel Scharon als Dauerkoma-Patient in ein Pflegeheim verlegt.

Sein langjähriger Berater Dov Weisglass sagte am 21. April 2008 der Jerusalem Post, Scharons Zustand habe sich wenig verändert. Scharon atme ohne die Hilfe von medizinischen Geräten und könnte nach dem Urteil der Ärzte wahrscheinlich noch lange in diesem Zustand bleiben.

Literatur

  • Ariel Scharon, David Chanoff: Warrior: An Autobiography, Simon & Schuster, New York 2001, ISBN 0-7432-2566-X
  • IBP USA: Israel Prime Minister Ariel Sharon Handbook, International Business Publications, USA 2003, ISBN 0-7397-6341-5
  • Norman H. Finkelstein: Ariel Sharon, Lerner Pub Group 2005, 112 S., ISBN 0-8225-9523-0, (Biographie)
  • Joschka Fischer: Es gibt keinen Weg zurück, in: Die Zeit, 12. Januar 2006, Nr. 3
  • Gadi Blum, Nir Hefez: Ariel Scharon. Die Biografie. Verlag Hoffmann & Campe, Hamburg 2006.

Film

  • Ariel Scharons letzter Kampf. Dokumentarfilm, Frankreich, 2007, 93 Min., Regie: Michaël Prazan, Produktion: arte, Erstausstrahlung: 21. Mai 2008, Inhaltsangabe von arte (mit Trailer)

Weblinks

Quellen

  1. Terredisrael.com: Biographie von Ariel Sharon (französisch)
  2. Israelisches Außenministerium: Bericht der Kahan-Kommission (englisch)
  3. Trial Watch - Ariel Sharon
  4. BBC-Meldung zur Erkrankung

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