Morning-after-Pill

Morning-after-Pill

Die Pille danach ist ein hormonelles Mittel zur postkoitalen Empfängnisverhütung, das nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eine ungewollte Schwangerschaft verhindern kann. Als aktive Substanz wird das Gestagenderivat Levonorgestrel eingesetzt.

Die Pille danach muss so früh wie möglich, spätestens jedoch 72 Stunden nach dem ersten ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Sie wird zur Notfallverhütung eingesetzt, zum Beispiel nach einer Vergewaltigung oder wenn bekannt ist, dass ein anderes Verhütungsmittel versagt hat. Die Pille danach ist nicht zur regelmäßigen Empfängnisverhütung geeignet und stört den natürlichen Menstruationszyklus. [1]

Die Wirkungsweise der Pille danach ist dominiert von ihrer ovulationshemmenden Wirkung. Zusätzlich wird eine Hinderung der Durchgängigkeit der Eileiter für Eizelle und Spermien diskutiert. Ob die Pille danach auch die Nidation bereits befruchteter Eizellen hemmt, ist unklar. Hat sich die Eizelle bereits in der Gebärmutterschleimhaut eingenistet, kann die Schwangerschaft durch die Pille danach nicht mehr unterbrochen werden.

Die Pille danach ist im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern in Deutschland und Österreich nur auf Rezept erhältlich.

Inhaltsverzeichnis

Präparate

In Deutschland wird ebenso wie in den meisten anderen Ländern seit einigen Jahren nur noch ein Präparat auf der Basis des Wirkstoffes Levonorgestrel, eines synthetischen Gestagens (Gelbkörperhormon), empfohlen.

Je nach Land sind unterschiedliche Produkte im Handel: Unofem bzw. Duofem, NorLeva, Norlevo, Vikela, Postinor, Plan B (USA) und andere. Ferner enthalten die meisten Präparate heute nur noch eine einzige Tablette mit 1,5 mg Levonorgestrel. Früher wurden 2 Tabletten mit jeweils 0,75 mg Levonorgestrel gegeben. Für die Wirkung ist es unerheblich, ob die notwendige Dosis auf 2 oder nur eine Tablette aufgeteilt wird.

Bis vor einigen Jahren wurde Tetragynon (Handelsname), eine Kombination aus den Hormonen Östrogen und Gestagen, verwendet. Dieses Präparat ist jedoch nicht mehr empfehlenswert, da es mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden ist. Früher wurden gelegentlich auch vier Tabletten einer bestimmten Antibabypille verabreicht, da diese die gleichen Inhaltsstoffe aufwies. Diese Methode ist veraltet und sollte nicht mehr verwendet werden.

Wirkung

Die Wirksamkeit der „Pille danach“ ist abhängig vom Zeitpunkt der Einnahme nach dem Geschlechtsverkehr. Eine mögliche Schwangerschaft wird umso sicherer verhindert, je früher die Einnahme erfolgt. Bei Einnahme der ersten Dosis innerhalb von 24 Stunden liegt die Rate der Schwangerschaften bei etwa 0,4 %. Wird die „Pille danach“ erstmalig am zweiten Tag nach dem Geschlechtsverkehr genommen, beträgt die Schwangerschaftsrate etwa 1,2 % und 2,7 % bei Einnahme am dritten Tag.[2][3]

Der genaue Wirkungsmechanismus der Notfallkontrazeption ist nicht vollständig geklärt. Als Hauptwirkung der „Pille danach“ wird in der medizinischen Fachliteratur die Verhinderung des Eisprungs (Ovulation) angegeben, also die ovulationshemmende Wirkung. Der Eisprung ist die Voraussetzung für eine Befruchtung der Eizelle durch ein Spermium.[2][3] Die Reifung der Eizelle und der Eisprung werden durch Hormone gesteuert. Ein sprunghafter Anstieg der Konzentration des Luteinisierenden Hormons (LH) im Blut löst etwa in der Mitte des Zyklus den Eisprung aus. Hormone aus der Gruppe der Gestagene hemmen die Ausschüttung von LH. Levonorgestrel – der Wirkstoff der Pille danach – ist ein künstlich hergestelltes Gestagen, das gezielt die LH-Ausschüttung und damit den Eisprung verhindert.

Neben der Wirkung auf den Eisprung wurde experimentell eine Verminderung der Beweglichkeit und Funktionsfähigkeit von Spermien durch die Notfallkontrazeption festgestellt. Die Gabe von Levonorgestrel führt zu einer verminderten Zahl von Spermien in der Gebärmutter. Levonorgestrel bewirkt, dass das Sekret der Drüsen der Gebärmutterschleimhaut weniger sauer wird (der pH-Wert des Sekretes erhöht sich), was eine verminderte Beweglichkeit der Spermien zur Folge hat. Daneben bewirkt Levonorgestrel ein zäheres Sekret des Gebärmutterhalses. Infolge dessen wird die Wanderung weiterer Spermien aus der Vagina in die Gebärmutter unwahrscheinlicher.[2]

Ob die „Pille danach“ die Einnistung (Nidation) bereits befruchteter Eizellen in die Gebärmutterschleimhaut hemmt, ist wissenschaftlich umstritten. Direkte Hinweise für eine solche Nidationshemmung existieren nicht. Für indirekte Hinweise, wie beispielsweise Veränderungen der Struktur und Funktion der Gebärmutterschleimhaut durch die Gabe der „Pille danach“, die möglicherweise die Einnistung der befruchteten Eizelle verhindern könnten, existieren sowohl bestätigende als auch verneinende Untersuchungen. Insgesamt werden solche Effekte, die nach Befruchtung der Eizelle erfolgen (post-fertilization effects) als wenig relevant für die empfängnisverhütende Wirkung der „Pille danach“ angesehen. Diskutiert wird, ob die Fehlschläge der Notfallkontrazeption nicht darauf zurückzuführen sind, dass die „Pille danach“ die Einnistung einer befruchteten Eizelle gerade nicht beeinträchtigt.[2]

Wissenschaftlich gesichert ist, dass die „Pille danach“ wirkungslos ist, wenn sich die befruchtete Eizelle bereits in der Gebärmutterschleimhaut eingenistet hat. Die Einnahme der „Pille danach“ wirkt sich nicht negativ auf bereits bestehende Schwangerschaften aus.[2][4]

Unerwünschte Wirkungen

Sehr häufig (in über 10 % der Fälle auftretende) unerwünschte Wirkungen nach Einnahme von Levonorgestrel sind Übelkeit, Kopfschmerzen und Unterbauchschmerzen. Unabhängig von der Menstruation können Blutungen auftreten (Zwischenblutungen). Die nachfolgende Menstruationsblutung kann verspätet einsetzen. Bei Erbrechen bis zu drei Stunden nach Einnahme der Pille danach wird eine erneute Einnahme von Levonorgestrel empfohlen. Übelkeit und Erbrechen können mit Metoclopramid behandelt werden.[3]

Juristische Sicht

In 17 europäischen Ländern ist die Pille danach ohne Rezept erhältlich. Da sie sobald wie möglich nach ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen werden sollte, ist es wichtig, dass Frauen sie schnell erhalten können. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt aufgrund der guten Verträglichkeit des neuen Präparats, und weil eine ärztliche Untersuchung vor der Einnahme nicht nötig ist, die Pille danach rezeptfrei zugänglich zu machen. Frauen können damit ungewollte Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche vermeiden.

Österreich

Seit 2005 sind Liberalisierungsbestrebungen im Gange. Übergangsweise existiert eine „Notfallregelung“ auf Länderebene, so dass in den östlichen Bundesländern die Apotheker im freien Ermessen das Präparat auch ohne Rezept aushändigen dürfen.

Während sich im Jahre 2007 die Grünen und die SPÖ eindeutig für eine Liberalisierung ausgesprochen haben, ist die FPÖ gegen die Aufhebung der Rezeptpflicht und die ÖVP ohne klare Stellung. Ein wichtiger Streitpunkt ist, dass durch die Aufgabe der Rezeptpflicht auch das Werbeverbot entfallen würde.[5][6]

Schweiz

In der Schweiz ist die Pille danach seit November 2007 als eine einzelne Tablette zu 1,5 mg Levonorgestrel erhältlich (Handelsname NorLevo® Uno von Sandoz). Das Arzneimittel darf nur nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Apotheker abgegeben werden.[7]

Dänemark

In Dänemark ist die Pille danach in jeder Apotheke frei erhältlich. Geführt wird sie unter dem Handelsnahmen NorLevo (1,5 mg Levonorgestrel).

Deutschland

Die Pille danach ist in Deutschland verschreibungspflichtig. Obwohl sich der zuständige Ausschuss des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Jahr 2004 dafür ausgesprochen hat, die Pille danach auf der Basis des Hormons Levonorgestrel aus der Rezeptpflicht zu entlassen, wurde die Abgaberegelung nicht geändert. Um die Rezeptpflicht aufzuheben, müsste eine entsprechende Vorlage des Bundesministeriums für Gesundheit durch den Bundesrat verabschiedet werden. In den Jahren 2004 und 2005 wurde das Bundesministerium für Gesundheit in dieser Frage nicht aktiv. In der großen Koalition ist diese Änderung nicht Bestandteil des Koalitionsvertrages.

Frankreich

Hier ist die Pille danach seit Mitte der neunziger Jahre rezeptfrei erhältlich und wird außerdem seit kurzer Zeit an den Schulen von den dort ansässigen Krankenschwestern ausgegeben.

Griechenland

In Griechenland ist die Pille danach ebenfalls rezeptfrei und in jeder Apotheke erhältlich.

Großbritannien

In Großbritannien ist die Pille danach rezeptfrei erhältlich und wird auch in Schulen an Schülerinnen verteilt.

Niederlande

Anfang dieses Jahrhunderts schlossen sich die Niederlande der französischen Regelung an. Das Präparat ist rezeptfrei erhältlich.

Luxemburg

Seit Juli 2005 ist die Pille danach in Luxemburg ohne Rezept erhältlich.

USA

Die Pille danach kann in den USA seit April 2009 rezeptfrei auch an 17-jährige Frauen abgegeben werden. Diese Änderung erfolgte nach einer richterlichen Anweisung an die FDA, die Altersbegrenzung zu begründen oder die Freigabe zu ändern. Die FDA bestätigte daraufhin, dass sie nichts gegen eine Ausgabe des Medikamentes an 17-Jährige habe.[8]

Siehe auch

Weblinks

Quellenangaben

  1. http://www.ratgeber-pille.net/Pille-danach.html
  2. a b c d e Horacio B. Croxatto, Maria E. Ortiz, Andrés L. Müller: Mechanisms of action of emergency contraception. In: Steroids. 2003 Nov;68(10–13):1095–8.
  3. a b c Freimut Leidenberger, Thomas Strowitzki, Olaf Ortmann (Hrsg.): Klinische Endokrinologie für Frauenärzte. 3. Auflage. Springer Verlag, Heidelberg 2005. ISBN 3-540-44162-X. S.226–228
  4. David A. Grimes, Elizabeth G. Raymond: Emergency contraception. In: Ann Intern Med. 2002 Aug 6;137(3):180–9. PMID 12160366. Volltext, zuletzt eingesehen am 18. Dezember 2008.
  5. Streit um rezeptfreie "Pille danach"
  6. Frauenministerin erhofft sich davon weniger Abtreibungen - Appell an Gesundheitsministerin Kdolsky
  7. Alle Informationen über NorLevo Uno
  8. Pressemitteilung der FDA: FDA Action on Plan B (levonorgestrel) Tablets, 22. April 2009
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