- Muroidea
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Mäuseartige Waldmaus (Apodemus sylvaticus)
Systematik Klasse: Säugetiere (Mammalia) Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria) Überordnung: Euarchontoglires Ordnung: Nagetiere (Rodentia) Unterordnung: Mäuseverwandte (Myomorpha) Überfamilie: Mäuseartige Wissenschaftlicher Name Muroidea Illiger, 1815 Die Mäuseartigen (Muroidea) bilden eine Überfamilie der Mäuseverwandten (Myomorpha) innerhalb der Nagetiere (Rodentia). Mit rund 1500 Arten umfassen sie mehr als ein Viertel der beschriebenen Säugetierarten.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Innerhalb dieser großen Artenvielfalt herrscht eine beträchtliche Variation an Körperformen und Lebensweisen. Gemeinsame Merkmale finden sich unter anderem im Bau des Schädels und des Unterkiefers. Der einzelne Schneidezahn ist wie bei allen Nagetieren zu einem Nagezahn umgebildet, dahinter klafft eine als Diastema bezeichnete Lücke. Eckzähne und Prämolaren fehlen stets, und pro Kieferhälfte haben sie nicht mehr als drei Molaren, manchmal jedoch nur mehr einen oder zwei. Die Vorderpfoten tragen vier mit Krallen versehene Zehen, der Daumen ist mit einem Nagel ausgestattet und sehr klein. Die Hinterpfoten haben meist fünf mit Krallen versehene Zehen. Fellfärbung, Körperbau und Schwanzlänge unterscheiden sich je nach Habitat und Lebensweise erheblich.
Verbreitung und Lebensraum
Mäuseartige sind weltweit verbreitet, ursprünglich fehlten sie nur in der Antarktis und auf abgelegenen ozeanischen Inseln. Sie zählen zu den wenigen Gruppen der Höheren Säugetiere, die schon vor Ankunft der Menschen auch in Australien vorkamen. Im Gefolge des Menschen haben sich einige Gattungen, darunter Mäuse und Ratten, auch auf Gebiete ausbreiten können, die vorher nicht von Mäuseartigen besiedelt waren, sodass die Tiere faktisch überall vorkommen, wo es auch Menschen gibt.
Der Lebensraum deckt eine große Bandbreite, die von der Tundra bis zum tropischen Regenwald und von Gebirgsregionen bis in Wüsten reicht, ab.
Lebensweise
Auch in Bezug auf die Lebensweise gibt es eine große Vielfalt. So gibt es neben Bodenbewohnern auch unterirdisch lebende und gänzlich baumbewohnende Arten, neben tagaktiven auch nachtaktive und neben einzelgängerischen auch Arten, die in großen Gruppen leben.
Die Nahrung variiert ebenfalls, viele Arten sind jedoch vorwiegend Pflanzenfresser, die sich von Gräsern, Samen, Knollen und anderem pflanzlichem Material ernähren. Es gibt jedoch auch Allesfresser und einige Arten, die sich beispielsweise auf Insekten oder andere Wirbellose spezialisiert haben.
Die Fortpflanzung der Mäuseartigen ist generell durch eine hohe Fruchtbarkeit, eine kurze Trächtigkeitsdauer und eine geringe Lebenserwartung charakterisiert.
Systematik
Innerhalb der Nagetiere sind die Springmäuse die vermutliche Schwestergruppe der Mäuseartigen. Die innere Systematik wurde seit Einführen des Taxons der Mäuseartigen immer wieder umgestellt. Erst neuere molekulargenetische Untersuchungen führten zu einer gewissen Stabilität, widersprechen aber den auf morphologischen Merkmalen basierenden Systematiken und decken noch nicht alle Untergruppen ab. Die hier verwendete Systematik folgt Musser & Carleton (2005), Steppan et al. (2004) sowie Jansa & Weksler (2004):
Überfamilie Mäuseartige (Muroidea)
- Die Stachelbilche (Platacanthomyidae Alston, 1876) wurden wegen Ähnlichkeiten ihrer Backenzähne oft zu den Bilchen gestellt. Inzwischen ist ihre Einordnung bei den Mäuseartigen nicht mehr strittig, die genaue Position innerhalb dieser aber noch unsicher.
- Die Spalacidae Gray, 1821 sind vorwiegend unterirdisch lebende Tiere und bilden eine gut definierte Verwandtschaftsgruppe. Wurzel- und Maulwurfsratten sind Schwestergruppen und werden häufig zusammengefasst.
- Blindmäuse (Spalacinae Gray, 1821)
- Blindmulle (Myospalacinae Lilljeborg, 1866)
- Wurzelratten (Rhizomyinae Winge, 1887)
- Maulwurfsratten (Tachyoryctinae Miller & Gidley, 1918)
- Auch die Eumuroida Steppan et al., 2004 bilden eine gut definierte Verwandtschaftsgruppe und enthalten vier Abstammungslinien, die sich am Anfang des Oligozän innerhalb kurzer Zeit voneinander trennten. Die Verwandtschaftsverhältnisse untereinander sind jedoch noch unsicher.
- Die Maushamster (Calomyscidae Vorontsov & Potapova, 1979) stehen innerhalb der Eumuroida isoliert da.
- Die Nesomyidae Major, 1897 sind in Afrika und auf Madagaskar verbreitet. Sie sind als Verwandtschaftsgruppe nicht unumstritten.
- Die Madagaskar-Ratten (Nesomyinae Major, 1897) umfassen sämtliche auf Madagaskar lebenden Mäuseartigen und bilden vermutlich die Schwestergruppe aller anderen Nesomyidae. Auch ihr Status als Verwandtschaftsgruppe ist jedoch nicht sicher.
- Afrikanische Felsenmäuse (Petromyscinae Roberts, 1951)
- Der Afrikanische Hamster (Mystromyinae Vorontsov, 1966) ist enger mit den Afrikanischen Felsenmäusen verwandt.
- Die Delanys Sumpfklettermaus (Delanymyinae Musser & Carleton, 2005) kann aufgrund weniger Daten noch nicht eindeutig zugeordnet werden.
- Die Hamsterratten (Cricetomyinae Roberts, 1951) sind vermutlich die Schwestergruppe der Baummäuse.
- Baummäuse (Dendromurinae G. M. Allen, 1939)
- Die Wühler (Cricetidae Fischer, 1817) haben sich innerhalb kurzer Zeit in fünf Abstammungslinien aufgeteilt. Neotominae, Tylomyinae und Sigmodontinae werden häufig als Neuweltmäuse zusammengefasst, haben sich aber etwa zur gleichen Zeit wie die anderen Unterfamilien voneinander gertrennt.
- Die Hamster (Cricetinae Fischer, 1817) bilden eine gut definierte, homogene Verwandtschaftsgruppe.
- Die Wühlmäuse (Arvicolinae Gray, 1821) bilden ebenfalls eine gut definierte Verwandtschaftsgruppe.
- Neotominae Merriam, 1894
- Tylomyinae Reig, 1984
- Sigmodontinae Wagner, 1843
- Langschwanzmäuse (Muridae Illiger, 1811)
- Für die Furchenzahn-Waldmaus (Leimacomyinae Musser & Carleton, 2005) liegen kaum Daten vor. Ihre systematische Stellung ist deshalb noch unsicher.
- Die Mähnenratte (Lophiomyinae Milne-Edwards, 1867) bildet die Schwestergruppe der Rennmäuse und der Deomyinae.
- Die Rennmäuse (Gerbillinae Gray, 1825) bilden eine sehr gut definierte, homogene Verwandtschaftsgruppe.
- Die Deomyinae Thomas, 1888 (Stachelmäuse und andere) bilden die Schwestergruppe der Rennmäuse.
- Die Altweltmäuse (Murinae Illiger, 1811) sind eine sehr artenreiche Unterfamilie. Hierher gehören auch die Lamellenzahnratten und weitere Gruppen, die oft selbst im Rang einer Unterfamilie geführt werden.
Literatur
- Guy G. Musser, Michael D. Carleton: Muroidea. In: Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World: A Taxonomic and Geographic Reference. 3. Auflage. The Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005, S. 894–1531, ISBN 0-8018-8221-4 (englisch).
- Scott J. Steppan, Ronald M. Adkins, Joel Anderson: Phylogeny and Divergence-Date Estimates of Rapid Radiations in Muroid Rodents Based on Multiple Nuclear Genes. In: Systematic Biology. Jahrgang 53, Nr. 4, August 2004, S. 533–553, doi:10.1080/10635150490468701 (englisch; PDF, 294 KB).
- Sharon A. Jansa, Marcelo Weksler: Phylogeny of Muroid Rodents: Relationships Within and Among Major Lineages as Determined by IRBP Gene Sequences. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Jahrgang 31, Nr. 1, April 2004, S. 256–276, doi:10.1016/j.ympev.2003.07.002 (englisch; PDF, 755 KB.
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