Mühlbergtunnel I

Mühlbergtunnel I
Maintalbrücke Gemünden mit Mühlberg und Nordportal des Mühlbergtunnels (links).

Der Mühlbergtunnel (vormals auch Mühlbergtunnel I) ist ein 5.528 Meter langer Eisenbahntunnel der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg. Er unterquert, südwestlich der Stadt Gemünden am Main, den 420 m hohen Mühlberg und trägt daher seinen Namen.

Die Röhre nimmt zwei Gleise auf auf, die planmäßig mit 250 km/h befahren werden. Er ist, nach dem Landrückentunnel (10.779 m) der zweitlängste Tunnel im Streckenabschnitt zwischen Fulda und Würzburg und bis heute der drittlängste Eisenbahntunnel in Bayern (nach dem Euerwangtunnel und dem Irlahülltunnel). Bis zur Eröffnung der beiden 7.700 m bzw. 7.260 m langen Röhren der Neubaustrecke Nürnberg–Ingolstadt war der Mühlbergtunnel, von etwa 1988 bis 2006, der längste in Betrieb befindliche Tunnel in Bayern.

Inhaltsverzeichnis

Lage

In seinem Verlauf durchquert er, von Nord nach Süd, das Gebiet der Gemeinden Gemünden, Lohr und Karlstadt.

Die Trasse verläuft dabei in süd-südöstlicher Richtung. Einer 1.660 m langen Gerade am Nordportal folgt eine 2,6 km lange Linkskurve (Radius 7.000 m, einschließlich zweier Übergangsbögen von je 315 m Länge), die zum Südportal hin in eine 1.231 m lange Gerade übergeht. Im Bereich des Südportals beginnt ein Übergangsbogen, der außerhalb des Tunnels in eine Kurve von ebenfalls 7.000 m Radius führt. (Alle Trassierungsdaten: Planungsstand 1983)[1]

Vom Nordportal (Bau-Km 275,2) zum Südportal (Bau-Km 280,7) steigt die Gradiente durchgehend mit 12,5 Promille an.[2] Dabei erfolgt der Aufstieg zur so genannten Marktheidenfelder Platte. Am Südportal des Mühlbergtunnels liegt der zweite Scheitelpunkt der Strecke (neben dem Landrückentunnel).[3]

Am Nordportal liegt die Schienenoberkante auf einer Höhe von 184,695 m ü. NN, am Südportal auf 253,605 m. Die Überdeckung (über Bergfirst) liegt bei bis zu 190 m. (Planungsstand von 1983)[4]

Nördlich des Bauwerks schließt sich die 794 Meter lange Maintalbrücke Gemünden an, wenige Kilometer südlich folgt der Betriebsbahnhof Rohrbach mit der Einmündung der Nantenbacher Kurve.

Geschichte

Planung

Am 17. September 1975 wurde das Raumordnungsverfahren für den Schnellfahrstreckenabschnitt Gemünden am MainWürzburg eingeleitet. Im Mai 1976 wurde ein Vorentwurf für diesen Abschnitt vorgelegt. Am 21. Juni 1978 genehmigte der Bundesverkehrsminister die Errichtung des Streckenabschnitts zwischen Burgsinn und Würzburg.[5]

Erste Vermessungsarbeiten für den Mühlbergtunnel begannen am 13. März 1979. Am 2. Oktober 1979 begann die Ausschreibungs- und Entwurfsplanung. Nachdem das Raumordnungsverfahren für den Streckenabschnitt zwischen Gemünden und Würzburg am 20. Mai 1981 abgeschlossen wurde, wurde das Planfeststellungsverfahren für den Bereich des Mühlbergtunnels (Km 275,217 bis 281,115) am 14. August gleichen Jahres eingeleitet. Am 26. März 1982 wurde die Ausschreibung für die Errichtung des Mühlbergtunnels veröffentlicht. Die Submission folgte am 18. Mai 1982, kurz bevor (am 29. Mai) der Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt des Mühlbergtunnels Bestandskraft erlangte.[5]

Der Bauabschnitt des als Objekt 29 bezeichneten Tunnels umfasste eine Länge von 5.950 m (Bau-Km 275,174 bis 281,115). Neben zählten die beiden Voreinschnitte dazu.[1] Die ursprünglich (Stand: 1983) geplante Tunnellänge lag dabei bei 5.513 m.[6] Davon sollten 5.513 m in bergmännischer Bauweise, lediglich 13 m in offener Bauweise errichtet werden.[4] Dabei war ein 1.525 m langer Vortrieb von Norden und ein 3988 m langer Vortrieb von Süden vorgesehen.[2] Der überwiegend von Süd nach Nord laufende Vortrieb ist der Verwendung des Ausbruchsmaterials einem Südportal anschließenden Dammes (so genannter Karlburger Damm, etwa Bau-Km 284,5 bis 285,5) geschuldet. Über eine Baustraße sollten auch 120.000 m³ Material aus dem Nordvortrieb dorthin transportiert werden.[7]

Im Zuge der Ausführungsplanung war der Tunnel aus Gründen der wirtschaftlicheren Unterhaltung sowie des Forst- und Landschaftsschutzes um 20 m vorgezogen worden.[1] In der Mitte (Bau-Km 277,9) sollte für die Bauphase ein 120 m tiefer Lüftungsschacht abgeteuft werden, im Bereich der Kreuzung mit dem zukünftigen Schönraintunnel (Bau-Km 279,2) ein 100 m Lüftungsschacht. Der geplante Ausbruchsquerschnitt der gebohrten Lüftungsschächte lag bei 2,10 m.[8]

Der Auftrag zur Errichtung des Tunnels wurde am 8. Juni 1982 an die ARGE Mühlbergtunnel I vergeben, die sich aus den Unternehmen Bilfinger Berger und Universale-Bau zusammensetzte.[7] Die geplanten Gesamtbaukosten für den Bauabschnitt (Tunnel einschließlich Voreinschnitte) lagen bei 135 Millionen D-Mark (rund 69 Millionen Euro; Preisstand: etwa 1982).[4]

Dem Bau ging, von 1975 bis 1982, ein geologisches Erkundungsprogramm mit 30 Kernbohrungen, 18 Meißenbohrungen, einem Schurf und einer luftbildgeologischen Strukturuntersuchung, voraus.[1]

Zur Abgrenzung von dem ursprünglich als Mühlbergtunnel II bezeichneten Schönraintunnel trug der Mühlbergtunnel in der Planungs- und Bauphase auch den Titel Mühlbergtunnel I. Er wurde auch als Objekt 29 des Südabschnitts bezeichnet (Objekt 28 war die angrenzende Maintalbrücke Gemünden, Objekt 30 der Überholbahnhof Rohrbach).[1]

Bau

Der offizielle Baubeginn war am 26. Juli 1982 im Bereich der Gemarkung Wiesenfeld.[5] Nach dem Herstellen der Baustraßen, dem Freimachen des Baugeländes und dem Einrichten der Baustelle begannen die Arbeiten zur Errichtung des dem Südportal vorgelagerten Einschnitts.[7]

Am 20. September 1982 begann der Vortrieb vom Südportal in nördlicher Richtung.[5] Der Tunnel wurde am 19. November 1982 um 11:00 Uhr am Südportal[5] durch die Tunnelpatin Rosemarie Barbara Lemmrich feierlich auf den Namen Rosemarie-Tunnel getauft. Anschließend wurde er, in Anwesenheit des Staatssekretärs im Bundesverkehrsministeriums Alfred Bayer feierlich angeschlagen.[1] Mit Beginn des Vortriebs in nördlicher Richtung wurde auch mit dem Anlegen einer 5 km langen Baustraße, die vom Nordportal über den Mühlberg zu einer bestehenden Straße führte, begonnen.[7] Die Bauarbeiten am nördlichen Portal, bei Hofstetten begannen am 17. Februar 1983. Am 5. April gleichen Jahres wurde dort mit dem Vortrieb der Kalotte begonnen.[5] Der beidseitige zweite Angriff diente der Verkürzung der Bauzeit.[8] Der beidseitige Sprengvortrieb wurde nach der Neuen Österreichischen Tunnelbauweise gefahren.[8]

Hergestellt wurde (nach Planungsstand von Ende 1983) eine bis zu 12,8 m breite und 7,77 bis 8,32 m hohe (Schienenoberkante–Scheitel) Tunnelröhre. Um einen Nutzquerschnitt zwischen 81 m³ (Gerade) und 99 m³ (Kurve, mit Nachspannbereich der Oberleitung) zu erzielen, wurde ein Querschnitt zwischen 127 und 141 m ausgebrochen. Insgesamt sollten 730.000 m³ Material ausgebrochen werden. Die Entwurfsgeschwindigkeit lag bei 250 km/h.[4]

Nach dem Planungsstand von Ende 1983 wurde mit dem Durchschlag im April 1985 gerechnet.[7]

Betrieb

Die Röhre wurde 1986, als Teil eines 28 Kilometer langen Abschnitts, in Betrieb genommen und wird seit 1988 von regulären Reise- und Güterzügen befahren.

Am 17. November 1986 stellte der ICE-Vorläuferzug InterCityExperimental im Tunnel mit 345 km/h einen neuen Geschwindigkeitsrekord für Schienenfahrzeuge in Deutschland auf.[9] Während der ICE-Weltrekordfahrt am 1. Mai 1988 übersprang der Zug im Tunnel bei Streckenkilometer 292,6 erstmals die 400-km/h-Marke, bevor er im Einmalbergtunnel mit 406,9 km/h einen neuen Geschwindigkeits-Weltrekord für Schienenfahrzeuge aufstellte.[10][11]

Technische Besonderheiten

Der Tunnel weist eine Reihe von technischen Besonderheiten auf.

Als einer der ersten Eisenbahntunnel in Deutschland erhielt er zur Betriebserprobung eine Feste Fahrbahn (Bauart Rheda[12]), anstelle eines konventionellen Schotterbettes.[10]

Etwa in seiner Mitte überquert der Mühlbergtunnel den nur wenige Meter tiefer liegenden Schönraintunnel der Nantenbacher Kurve. Eine Treppe verbindet die beiden Röhren und kann als Fluchtweg genutzt werden. Der zwischen 1990 und 1993 errichtete Schönraintunnel wurde während des laufenden Zugbetriebs im Mühlbergtunnel unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen vorgetrieben.

Beim Kilometer 293,3 wurde eine Überleitstelle (mit vier Weichen) eingerichtet. Die Einrichtung des Gleiswechsels, wie sie in einem Abstand von rund 7 km entlang der Strecke vorgesehen sind, konnte aufgrund der Länge der Röhre sowie der unmittelbar nördlich anschließenden Brücke nicht auf freier Strecke platziert werden.

Dem Nordportal ist ein Stellwerksgebäude mit einem Wendeplatz (18 m) vorgelagert. Diese Zufahrt sollte im Wesentlichen der Wartung der Anlagen dienen. Auch am Südportal war eine Zufahrt mit Wendeplatz vorgesehen. (Stand: 1983)[1]

Literatur

  • Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Nürnberg, Projektgruppe H/W Süd der Bahnbauzentrale (Hrsg.): Neubaustrecke Hannover – Würzburg: Mühlbergtunnel I. Vortrieb, Ausbau, Ausstattung und Kosten. Broschüre, September 1983, 34 S.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Bundesbahn (1983), S. 6 f.
  2. a b Bundesbahn (1983), S. 4 f.
  3. Rüdiger Block: ICE-Rennbahn: Die Neubaustrecken. In: Eisenbahn-Kurier Special: Hochgeschwindigkeitsverkehr. Nr. 21, 1991, ohne ISSN, S. 36–45.
  4. a b c d Bundesbahn (1983), S. 24 f.
  5. a b c d e f Bundesbahn (1983), S. 26 f.
  6. Bundesbahn (1983), S. 2
  7. a b c d e Bundesbahn (1983), S. 12
  8. a b c Bundesbahn (1983), S. 16 f.
  9. Hörstel/Niedt (1991), S. 88–94
  10. a b K. G. Baur: Fulda−Würzburg und zurück. In: Eisenbahn-Kurier, Nr. 205, Oktober 1989, ISSN 0170-5288, S. 32–37.
  11. Jürgen Hörstel, Marcus Niedt: ICE – Neue Züge für neue Strecken. Orell-Füssli-Verlag, Zürich/Wiesbaden 1991, S. 105–107, ISBN 3-280-01994-X
  12. Heinz Dürr, Knut Reimers (Hrsg.): Hochgeschwindigkeitsverkehr. 1. Auflage. Hestra-Verlag, 1991, ISBN 3-7771-0234-2 (Jahrbuch des Eisenbahnwesens, Band 42), S. 123

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